Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Dr. E in Wien, vertreten durch Dr. Hermann Sperk, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 14. Juli 1997, Zl. 642.628/2-5/97, betreffend Zurückweisung wegen entschiedener Sache in einer Angelegenheit nach dem Opferfürsorgegesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Mai 1966 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 10. Jänner 1966 (auf Gewährung eines Ausbildungsschadens) stattgegeben, "die Anspruchsberechtigung gemäß § 1 Abs. 2 lit. e Opferfürsorgegesetz (OFG) anerkannt" und gemäß § 4 Abs. 3 OFG "an Dr. Editha Grossmann ein Opferausweis mit der W.Nr. 15.789 ausgestellt".
Mit Eingabe vom 26. September 1980 stellte die Beschwerdeführerin an die Salzburger Landesregierung "den Antrag auf Erweiterung meines Opferausweises auf eine Amtsbescheinigung und die gleichzeitige Gewährung einer Rente nach dem Opferfürsorgegesetz". Sie brachte zu diesem Antrag Folgendes vor:
"Wie aus den noch im Original zu erbringenden Unterlagen anzunehmen ist, besteht doch eine große Wahrscheinlichkeit, dass mein schon lange andauernder Zustand im Zusammenhang mit den seinerzeit erlittenen Verfolgungen steht. Weiters wäre geltend zu machen, dass ja mein Vater, der für mich unterhaltspflichtig wäre, als Volljude nach Israel flüchten musste und dort verstorben ist. Da ja nach den letzten Novellen zum Opferfürsorgegesetz auch der Lebensgefährtin eines politisch oder rassisch Verfolgten ein Unterhaltsanspruch zusteht, erscheint es mir als unbillige Härte, wenn dieser der eigenen Tochter, die selbst verfolgt wurde, verweigert würde. Weiters stelle ich gleichzeitig das Ansuchen um Nachsicht. Da ich derzeit stationär in der Landesnervenklinik Salzburg, 'Station Psychosomatische', bin erbitte ich die Möglichkeit, die fehlenden Unterlagen, nach meiner Entlassung erbringen zu dürfen."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 11. August 1981 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin "auf Anerkennung als Opfer der politischen Verfolgung gemäß § 1 Abs. 2 c OFG, BGBl. Nr. 183/1947 in der geltenden Fassung mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abgewiesen" (Spruchpunkt 1. dieses Bescheides). In der Begründung führte der Landeshauptmann von Salzburg zu dieser Entscheidung im Wesentlichen Folgendes aus:
"Angstzustände, die durch die allgemeine politische Situation in jener Zeit entstanden sind, können nicht als Auswirkungen politischer Verfolgung im Sinne des Gesetzes angesehen werden, da es in diesen Fällen an der erforderlichen konkreten Angriffshandlung fehlt. Eine Kränkung wegen Unterbindung der Berufstätigkeit kann ebenfalls nicht als solcher Verfolgungstatbestand gewertet werden.
Des Weiteren ist im Gegenstand noch festzuhalten, dass nähere Präzisierungen, wann die Auswanderung des Vaters der Antragstellerin erfolgte und aus welchen Gründen bzw. ob vorher Familiengemeinschaft bestanden hat, ebenso fehlen wie letztlich die im Verfahren zu Wort gekommenen Ärzte die Ursächlichkeit der von der Antragstellerin ins Treffen geführten Kindheitssituation offen gelassen haben und lediglich von einem wahrscheinlichen überwiegenden Anteil am jetzigen Leidenszustand der Antragstellerin (Landesnervenklinik Salzburg BZ. 103) sprechen. Auch Herr Dr. Willibald Kammel erklärt keineswegs unbedingt, dass der nunmehr bestehende schizophrene Zustand der Antragstellerin als umweltbedingt angesehen werden muss und dass es sich hier um einen Einzelfall handeln würde, weil dies im Allgemeinen als unwahrscheinlich gilt. Herr Dr. Wilfried Daim führte in diesem Zusammenhang aus, dass es natürlich sehr schwer abzuwägen sei, wie sehr die politischen Umstände der Kindheit als wesentlich für die Konstituierung der sehr umfangreichen neurotischen Erscheinungen anzusehen sind. Ausdrücklich stellt er fest, dass diese Erlebnisse nicht die einzigen Komponenten für den derzeitigen Zustand der Antragstellerin sein können.
Nachdem jedoch im Gegenstand einschlägige Maßnahmen einer Behörde oder der NSDAP von der Antragstellerin nicht nachgewiesen werden konnten, war spruchgemäß zu entscheiden".
In einer am 14. Juni 1996 vom Sozialamt (Magistratsabteilung 12) aufgenommen Niederschrift beantragte die Beschwerdeführerin "die Ausstellung einer Amtsbescheinigung gemäß § 1 Abs. 2 lit. c OFG". Sie brachte dazu Folgendes vor:
"Ich bin derzeit Inhaberin eines Opferausweises für Ausbildungsschaden. Durch die Verfolgungen während der Kriegszeit bin ich an folgenden Krankheiten erkrankt: Nervenleiden, Schlafstörungen, Nervosität, Angstzustände, nervöse Magenbeschwerden, Kontaktschwierigkeiten.
Ich lebte 1938 in einem Kinderheim in Altenburg, Kamp und wurde dort auf Grund meiner Abstammung (Mischling ersten Grades) gehänselt, meine Mutter beleidigt und beschimpft. Ich wurde nie tätlich angegriffen, aber pausenlos gedemütigt und beleidigt. Außerdem litt ich als Kind darunter, dass ich keinen Vater hatte (Vater 1938 nach Israel emigriert!). Gleichzeitig ersuche ich um Gewährung einer Opferrente sowie einer UR. Ich beziehe lediglich Sozialhilfe S 8.000,-- von der MA 12 und ein PG 3 vom Pflegegeldreferat. Über die Vorgangsweise wurde ich informiert."
Mit Schreiben vom 20. Juni 1996 erteilte der Landeshauptmann von Wien als Opferfürsorgebehörde erster Instanz der Magistratsabteilung 15 den Auftrag, ein medizinisches Gutachten zu erstatten. In dem genannten Schreiben wurde unter anderem ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe am 17. Juni 1996 die Ausstellung einer Amtsbescheinigung gemäß § 1 Abs. 2 lit. c OFG beantragt und dazu angegeben, "als Mischling ersten Grades verfolgt worden zu sein und deshalb ein Nervenleiden davongetragen zu haben".
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Walter Salzmann erstattete daraufhin das Gutachten vom 2. August 1996. In der Zusammenfassung dieses Gutachtens führte er unter anderem aus, es bestehe kein Zweifel "an der überwiegenden Kausalität der NS-Zeit am Leidensschicksal der Patientin". Als Einstufung wurde in diesem Gutachten eine "neurotische Persönlichkeitsstörung ... V/e/585 ... 50% MRS, da lebenslanges Defizit und Therapieresistenz" vorgeschlagen.
Mit einem Schreiben vom 22. August 1996 informierte der Landeshauptmann von Wien die belangte Behörde vom Ergebnis des bisherigen Verwaltungsgeschehens und legten den "OF-Akt" der Beschwerdeführerin mit dem Hinweis vor, dass ähnlich gelagerte Fälle vom Amt der Wiener Landesregierung positiv erledigt worden seien. In dem genannten Schreiben wird unter anderem ausgeführt, dass "die Bedingungen des § 1 Abs. 2 lit. c OFG sowohl in rechtlicher als auch ärztlicher Hinsicht gegeben sind".
Mit Schreiben vom 3. Oktober 1996 antwortete die belangte Behörde dahingehend, dass "der Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 11. August 1981 im Hinblick auf das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens, dem auch der ho. ärztliche Dienst vollinhaltlich beigepflichtet hat, gemäß § 68 Abs. 2 AVG entsprechend abzuändern wäre".
Nachdem der Landeshauptmann von Wien mit Schreiben vom 9. Oktober 1996 mitteilte, eine Aufhebung des Bescheides vom 11. August 1981 könne nicht erfolgen, ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom 6. November 1996 um Klärung der in diesem Schreiben im Einzelnen dargestellten Sachverhaltsfragen.
Daraufhin setzte die Behörde erster Instanz das Ermittlungsverfahren weiter fort. Im Verlauf der weiteren Ermittlungen kam sodann hervor (Aktenvermerk vom 4. Februar 1997), dass für die Beschwerdeführerin seit 3. Juli 1996 vom Bezirksgericht Josefsstadt ein Sachwalter bestellt worden war.
Mit Schreiben vom 17. Februar 1997 teilte der für die Beschwerdeführer bestellte Sachwalter der Opferfürsorgebehörde erster Instanz Folgendes mit:
"Als Sachwalter von Frau Dr. Grossmann, bestellt vom Bezirksgericht Josefstadt für die Vertretung vor Ämter, Behörden und Gerichten, möchte ich nach Rücksprache mit meiner Klientin ihre Fragen wie folgt beantworten.
Der Vater der Antragstellerin ist im Mai 1933 nach Palästina emigriert. Frau Dr. Grossmann teilte dazu mit, dass nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland sowohl die politische als auch die finanzielle Situation unerträglich wurde, neben der politischen Verfolgung verlor er auch seine finanzielle Existenz.
Eine Familienzusammenführung wurde nach 1945 nicht durchgeführt, da die Mutter der Antragstellerin nicht nach Israel auswandern wollte.
Frau Dr. Grossmann befand sich im Sommer 1938 für circa zwei bis drei Monate im Kinderheim Altenburg, danach lebte sie wieder bei ihrer Mutter bzw. anschließend in einem Kinderheim in der Liniengasse.
Betreffend der bestehenden Sachwalterschaft möchte ich weiters darauf hinweisen, dass meine Klientin ihre finanziellen Angelegenheiten nach wie vor selbst zu regeln befugt ist. Betreffend des Schriftverkehrs darf ich ihnen mitteilen, dass Frau Dr. Grossmann unter ihrer neuen Adresse, Wiesberggasse 6B/2/6, 1160 Wien, erreichbar ist. Mitteilungen, die meine Vertretungsbefugnis betreffen, bitte ich unter o.a. Vereinsadresse an mich zu richten. Ich hoffe, dass damit der positiven Erledigung des Ansuchens meiner Klientin entsprochen werden kann."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. März 1997 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1996 auf Anerkennung als Opfer im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. c OFG und Ausstellung einer Amtsbescheinigung gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Über den Antrag auf Gewährung von Rentenfürsorge werde gesondert entschieden werden.
Zur Begründung dieser Entscheidung führt der Landeshauptmann Folgendes aus:
"Frau Dr. Editha Grossmann beantragte die Anerkennung als Opfer und gab an auf Grund der erlittenen rassischen Verfolgung an einem Gesundheitsschaden zu leiden.
Mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 11. August 1981 Zl. 3/07-4526/30-1981, der in Rechtskraft erwachsen ist, wurde ein gleich lautender Antrag bereits abgewiesen, da keine Maßnahme einer NS-Behörde oder der NSDAP nachgewiesen wurde, die sich gegen die Person der Antragswerberin gerichtet hätte.
In der Niederschrift vom 17. Juni 1996 stellte Frau Dr. Editha Grossmann einen gleich lautenden Antrag und gab als Gründe für ihrer Gesundheitsschädigung die Trennung von ihrem Vater sowie verbale Angriffe gegen ihrer Person im Kinderheim in Altenberg an. Sie führt das derzeit bestehende Nervenleiden auf diese Ereignisse zurück. Da die Trennung vom Vater bereits einige Jahre vor seiner Emigration (aus Abstammungsgründen) erfolgte und auch nicht nachgewiesen ist, dass der Aufenthalt im Kinderheim in Altenberg aus Verfolgungsgründen bzw. durch die NS-Behörde erfolgte, ist keine Änderung der Sachlage eingetreten. Da auch keine Änderung in der Rechtslage vorliegt, wird auf Grund obzitierter Gesetzesstelle der Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1997 wurde der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. März 1997 erhobenen Berufung "keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt".
Über diesen Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis auf die Anfechtungsmöglichkeit vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts hinaus hat der angefochtene Bescheid folgenden Wortlaut:
"Da zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides weder eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes noch eine Änderung der maßgeblichen Rechtslage eingetreten war, erweist sich die Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache durch die Verwaltungsbehörde erster Instanz als rechtmäßig.
Rechtsgrundlagen der Entscheidung:
§§ 1 Abs. 2 lit. c, 16 Abs. 1 OFG bzw. § 68 Abs. 1 AVG."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach ihrem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht auf Sachentscheidung über ihren Antrag verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Opferfürsorgegesetz (OFG) sind als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen anzusehen, die in der Zeit vom 6. März 1933 bis zum 9. Mai 1945 aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität oder auf Grund einer Behinderung durch Maßnahmen eines Gerichtes, einer Verwaltungs- (im Besonderen einer Staatspolizei-)Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen in erheblichem Ausmaß zu Schaden gekommen sind. Als solche Schädigungen in erheblichen Ausmaße sind unter anderem anzusehen:
c) eine Gesundheitsschädigung, durch die die Erwerbsfähigkeit nach den Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 um mindestens 50 vH gemindert ist,
e) der Abbruch oder eine mindestens dreieinhalbjährige Unterbrechung des Studiums oder einer Berufsausbildung.
Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz OFG finden auf das Verfahren, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, Anwendung.
Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind zufolge § 68 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
"Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG war nach dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides allein die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde mit Recht gehindert war, über das 1996 gestellte Ansuchen der Beschwerdeführerin eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 20. April 1995, Zl. 93/09/0341, und vom 23. Jänner 1997, Zl. 95/09/0189).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 93/09/0341, und die darin angegebene Judikatur) ist Voraussetzung für die Zurückweisung wegen "entschiedener Sache" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG die tatsächliche Identität der Sache. Haben sich seit der Erlassung des rechtskräftigen Bescheides wesentliche Änderungen im Sachverhalt ergeben, so liegt keine Identität der Sache vor. Gegenstand der aus der formellen Rechtskraft folgenden materiellen Rechtskraft ist nur der im Bescheid enthaltene Abspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, und zwar auf Grund der Sachlage, wie sich in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zu Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde gestützt hat.
Im vorliegenden Fall verweist der angefochtene Bescheid der belangten Behörde auf "zutreffende Gründe" des erstinstanzlichen Bescheides. Abgesehen davon, dass die belangte Behörde damit die Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin unterließ, enthält der erstinstanzliche Bescheid keine hinreichende Begründung, auf die das angenommene "formalrechtliche" Prozesshindernis der entschiedenen Sache rechtlich fehlerfrei gestützt werden konnte.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Antrag aus dem Jahr 1996 darauf hingewiesen, Inhaberin eines Opferausweises im Sinn des § 1 Abs. 2 OFG zu sein. Auch dieser Gesichtspunkt hätte Gegenstand der behördlichen Prüfung zu sein gehabt.
Die Behörde erster Instanz hat in ihrem Bescheid vom 20. März 1997 in Bezug auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg nämlich bloß festgestellt, dieser habe den Antrag der Beschwerdeführerin deshalb abgewiesen, weil keine konkrete Maßnahme einer NS-Behörde oder der NSDAP nachgewiesen worden sei. In dieser Hinsicht ist auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Mai 1966 zu verweisen, demzufolge rechtskräftig feststeht, dass die Beschwerdeführerin Opfer im Sinn des § 1 Abs. 2 OFG ist. Sie ist aufgrund dieser bescheidförmigen Anerkennung demnach "aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität oder auf Grund einer Behinderung durch Maßnahmen eines Gerichts einer Verwaltungs- (im Besonderen einer Staatspolizei-) Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen in erheblichen Ausmaß zu Schaden gekommen". Entscheidungsbedürftig bzw. nicht entschieden ist, ob die Beschwerdeführerin als Opfer im Sinne des § 1 Abs. 2 OFG ausschließlich die anerkannte Schädigung im Sinne der lit. e des § 1 Abs. 2 leg. cit. davontrug, oder - wie sie geltend machte - durch die anerkannte Verfolgung auch im Sinn der lit. c des § 1 Abs. 2 leg. cit. an ihrer Gesundheit zu Schaden gekommen ist. Dass die Beschwerdeführerin in ihrem 1980 gestellten Antrag keine hinreichenden Maßnahmen darlegte bzw. kein geeignetes Sachvorbringen erstattete, um einen Zusammenhang ihrer anerkannten Verfolgung mit ihrem damals konstatierten gesundheitlichen Zustand annehmen zu können bzw. vom Landeshauptmann vom Salzburg ein solcher Zusammenhang als nicht erwiesen angesehen wurde, steht der sachlichen Entscheidung über den 1996 gestellten Antrag, in dem die Beschwerdeführerin einen solchen Zusammenhang behauptungsmäßig konkretisierte und der durch das eingeholte Sachverständigengutachten belegt wurde, nicht entgegen. Anders als im Jahr 1980 hat die Beschwerdeführerin in ihrem 1996 gestellten Antrag - selbst nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides - für ihr Nervenleiden nicht nur "Angstzustände, die durch die allgemeine politische Situation entstanden sind", geltend gemacht. Dass die mit der Emigration ihres jüdischen Vaters in Zusammenhang stehenden Gründe, oder die Behandlung bzw. der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Kinderheim in Altenburg für die 1981 ergangene Ablehnung des Antrages durch den Landeshauptmann von Salzburg sachverhaltsmäßig erheblich gewesen wäre, haben die Behörde nicht festgestellt. Eine hinreichend festgestellte tatsächliche Grundlage für die Zurückweisung des 1996 gestellten Antrages der Beschwerdeführerin wegen entschiedener Sache ist demnach nicht vorgelegen.
Die belangte Behörde belastete somit, indem sie den auf entschiedene Sache gestützten Zurückweisungsbescheid der Behörde erster Instanz zu Unrecht bestätigte, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher aus den dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Mai 2000
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997090345.X00Im RIS seit
20.11.2000