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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision der Steiermärkischen Landesregierung in Graz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 24. März 2015, LVwG 50.32- 278/2015-15 und LVwG 50.32-279/2015-14, betreffend Nichtigerklärung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde Fohnsdorf in Fohnsdorf, vertreten durch Mag. Dr. Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1, 2. AGmbH in H, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Land Steiermark hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Aufgrund des Ansuchens um Baubewilligung der zweitmitbeteiligten Bauwerberin vom 16. April 2014 für Um- und Ausbauarbeiten eines näher bezeichneten Einkaufszentrums wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. August 2014 der Zu- und Umbau bei einem bestehenden Verkaufsgebäude für den Verwendungszweck Verkauf, Lager und Nebenräume sowie die Errichtung von 17 PKW-Abstellplätzen auf dem Grundstück Nr. 542/6, KG H, sowie eine Erweiterung der Verkaufsflächen unter Erteilung von Auflagen bewilligt. Dieser Bescheid wurde aufgrund eines Rechtsmittelverzichts der Bauwerberin am 4. August 2014 rechtskräftig.
2 In weiterer Folge wurden die mitbeteiligten Parteien mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 über die Einleitung eines Nichtigkeitsverfahrens durch die Steiermärkische Landesregierung hinsichtlich des mit dem vorgenannten Bescheid vom 1. August 2014 bewilligten Bauvorhabens in Kenntnis gesetzt.
3 Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. November 2014 wurde der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. August 2014 gemäß § 8 Abs. 2 und 5 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010, in der Fassung LGBl. Nr. 96/2014, iVm § 101 Abs. 1 Steiermärkische Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 115/1967, idgF, sowie iVm § 68 Abs. 4 Z 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, idgF, für nichtig erklärt.
4 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien jeweils Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG), welches mit dem angefochtenen Erkenntnis den Beschwerden Folge gab und den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. November 2014 ersatzlos behob (Spruchpunkt I.) und die ordentliche Revision für zulässig erklärte (Spruchpunkt II.).
5 Die Zulässigkeit der Revision begründete das LVwG damit, dass im gegenständlichen Verfahren "eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage fehlt".
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der Steiermärkischen Landesregierung, in der in der gesonderten Darstellung zur Zulässigkeit ("II. Zulässigkeit der Revision") ausgeführt wird, die Revision sei - wie das LVwG richtigerweise entschieden habe - zulässig, "da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und hinsichtlich der eine eindeutige Rechtsprechung fehlt."
7 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
11 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 24.3.2016, Ro 2016/11/0005, mwN; vgl. zu einer behaupteten uneinheitlichen Rechtsprechung auch VwGH 24.4.2015, Ro 2014/17/0126, wonach der bloß formelhafte Hinweis auf eine nicht näher bezeichnete Rechtsfrage nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 25a Abs. 1 VwGG entspricht).
12 Diesem Erfordernis entspricht zunächst die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht, weil sie nur ganz allgemein auf das Fehlen von Rechtsprechung zu "einer Rechtsfrage" hinweist, ohne jedoch konkret die ungeklärte Rechtsfrage darzulegen.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. aus vielen etwa VwGH 14.4.2016, Ro 2016/11/0011, mwN).
14 Entspricht die (auf das Fehlen von Rechtsprechung des VwGH gestützte) Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das LVwG nicht den an eine solche Begründung zu stellenden Anforderungen, weil nicht dargelegt wird, konkret welche Rechtsfrage der VwGH noch nicht beantwortet hat, so reicht es für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision nicht aus, dass der Revisionswerber lediglich wiederholend auf die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis verweist; er hat vielmehr von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen (vgl. hierzu den bereits zitierten Beschluss VwGH 24.3.2016, Ro 2016/11/0005, und etwa VwGH 21.6.2017, Ro 2016/03/0011, mwN).
15 Im vorliegenden Revisionsfall hat die Revisionswerberin in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision lediglich wiederholend auf die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis verwiesen und reicht dies vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung nicht aus, um eine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, aufzuwerfen.
16 Die Revision war daher zurückzuweisen.
17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere §§ 51 und 49 Abs. 6 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 25. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2015060012.J00Im RIS seit
20.02.2018Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018