TE OGH 2017/9/21 17R130/17i

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Veröffentlicht am 21.09.2017
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Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht hat durch den Richter Mag. Edelmann als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Mag. Schirnhofer und MMag. Hornberg in der Exekutionssache der betreibenden Partei N ***** GmbH, ..., vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei M... G..., ..., wegen € 608,58 samt Anhang, über Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 09.08.2017, 27 E 613/17s-10, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

         Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

         Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

         Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 30.05.2017 bewilligte das Bezirksgericht Floridsdorf der Betreibenden wider die Verpflichtete aufgrund des Versäumungsurteiles des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 30.03.2017, Vollstreckbarkeitsdatum 11.05.2017, 14 C 91/17z, zur Hereinbringung von Zinsen und Kosten die Forderungsexekution gemäß § 294a EO sowie die Fahrnisexekution.

Die Drittschuldneranfrage ergab die H... e.U. als Dienstgeber (ON 2 Stand 29.05.2017).

Das Zahlungsverbot wurde der Drittschuldnerin am 02.06.2017 zugestellt. In ihrer Drittschuldnererklärung vom 07.06.2017 gab die Drittschuldnerin bekannt, dass die Verpflichtete am 31.05.2017 durch Dienstnehmerkündigung ausgeschieden ist (ON 3).

Nach einem Fahrnisvollzug, anlässlich dessen eine Teilzahlung von € 100,-- erfolgte, bei dem aber keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden, gab die Verpflichtete am 13.06.2017 ein Vermögensverzeichnis nach § 47 EO ab.

Nach Überweisung des Exekutionsverfahrens an das Bezirksgericht Wiener Neustadt beantragte die Betreibende am 27.07.2017 den neuerlichen Vollzug der bewilligten Exekution gemäß § 294a EO durch neuerliche Anfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und sodann Zustellung des Zahlungsverbotes an den bekanntgegebenen Drittschuldner. Die Zustellung des Zahlungsverbotes gemäß der bewilligten Exekution nach § 294a EO an den Drittschuldner sei nicht möglich gewesen, weil die Anfrage beim Hauptverband mangels gespeicherter Daten keinen Drittschuldner ergeben habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, das Zahlungsverbot sei dem in der Hauptverbandsanfrage bekanntgegebenen Drittschuldner zugestellt worden, damit sei die Exekution konsumiert. Stelle sich später heraus, dass der Verpflichteten gegen diesen Drittschuldner keine pfändbare Forderung zustehe, sei die Exekution ins Leere gegangen, eine neuerliche Anfrage sei unzulässig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Betreibenden mit einem auf Bewilligung der neuerlichen Hauptverbandabfrage gerichteten Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin argumentiert, das Erstgericht gehe von einem aktenwidrigen Sachverhalt aus. Das Bezirksgericht Floridsdorf habe zwar die Fahrnis- und Gehaltsexekution am 30.05.2017 bewilligt und den nach Anfrage bekanntgegebenen Drittschuldner darin angeführt, in der Folge aber mit Beschluss vom 25.07.2017 den Antrag der Betreibenden vom 19.07.2017 auf Exekutionsbewilligung abgewiesen, dies mit der Begründung, dass zwar zum gegenständlichen Akt eine bewilligte Fahrnis- und Forderungsexekution gemäß § 294a EO vorliege, die Gehaltsexekution aber negativ verlaufen sei, weil das Bezugsverhältnis bereits vor Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner beendet worden sei. Das Verfahren sei daher nicht konsumiert und könne mit Antrag auf neuerliche Drittschuldneranfrage fortgesetzt werden. Dies bedeute im Ergebnis, dass die Anfrage an den Hauptverband keinen Dienstgeber ergeben habe. Aus diesem Grund habe die Verpflichtete am 27.07.2017 genau die vom Bezirksgericht Floridsdorf angeregte neuerliche Anfrage beantragt. Eine Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner habe nämlich gar nicht stattgefunden, weil es zur Zeit der Zustellung keinen Drittschuldner gegeben habe. Aus diesem Grund sei die Exekution nicht konsumiert.

Hiezu war zu erwägen:

Bei der Forderungsexekution bei unbekanntem Drittschuldner gemäß § 294a EO handelt es sich nicht etwa um ein besonderes Exekutionsmittel oder um eine besondere Art der Forderungsexekution, sondern vielmehr um eine normale Forderungsexekution iSd § 294 EO. Die Besonderheit dieser Bestimmung liegt darin, dass die gemäß § 54 EO erforderliche Bezeichnung des Rechtsgrundes der Forderung und des Drittschuldners unterbleiben kann; daher kann selbstverständlich auch die Angabe des Rechtsgrundes der zu pfändenden Forderung im entsprechenden Feld des Antragsformblatts unterbleiben. Exekutionsobjekt sind hier zunächst (nur) alle denkbaren Forderungen nach § 290a EO, wobei sich die Exekution nach Bekanntwerden des Drittschuldners aufgrund der Anfrage an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger durch Zustellung des Zahlungsverbotes an den konkreten Drittschuldner auf die konkrete Forderung gegen diesen „kanalisiert“.

Die „Kanalisierung“ erfolgt durch die Zustellung eines Zahlungsverbotes an den konkreten Drittschuldner (3 Ob 201/93; 3 Ob 247/10k). Da vor diesem Zeitpunkt eine Forderungsexekution auf alle potentiellen Forderungen nach § 290a EO anhängig ist, sind andere Exekutionsanträge desselben Gläubigers auf solche – wenn auch konkret bezeichnete – Forderungen nach § 290a EO unzulässig (3 Ob 201/93; RIS-Justiz RS0004256).

Bei positiver Beantwortung der Drittschuldneranfrage durch den Hauptverband durch Bekanntgabe eines Drittschuldners ist die gegen diesen bestehende Forderung durch Zustellung eines Zahlungsverbotes zu pfänden; mit der Pfändung kommt es zur erwähnten „Kanalisierung“ der Exekution, und zwar auch dann, wenn das Einkommen des Verpflichteten unter dem Freibetrag liegt.

Unklar ist die Rechtslage im Fall, dass die Auskunft durch den Hauptverband unrichtig ist, wenn also insbesondere ein Drittschuldner angegeben wird, gegen welchen dem Verpflichteten keinerlei Forderungen zustehen. Vor allem früher wurde hier überwiegend vertreten, in solchen Fällen könne ohne Weiteres (im Wege eines neuerlichen Vollzuges) eine weitere Anfrage an den Hauptverband gestellt werden; abweichend davon wird aber zunehmend vertreten, dass die Exekution durch Zustellung des Zahlungsverbotes an den vermeintlichen Drittschuldner bereits „kanalisiert“, daher ein neuerlicher Vollzugsversuch durch Anfrage nach § 294a EO unzulässig sei (Oberhammer in Angst/Oberhammer³ § 294a Rz 1 ff).

Die letztgenannte Ansicht wird nicht nur von Oberhammer (in Angst/Oberhammer³ § 294a Rz 5) als „zutreffend“ vertreten, sondern entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Landesgerichtes Wiener Neustadt (zuletzt 17 R 103/14i u.a.), wonach durch die Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Drittschuldner diese kanalisiert wird, auch wenn sich in der Folge herausstellt, dass die Exekution ins Leere gegangen ist bzw. das Bezugsende bekanntgegeben wird. Daran ändert auch ein Bezugsende zwischen - inhaltlich richtiger - Bekanntgabe des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und der Zustellung des Zahlungsverbotes nichts.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung ist in der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels begründet.

Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Textnummer

EWN0000025

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00239:2017:01700R00130.17I.0921.000

Im RIS seit

19.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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