TE OGH 2018/1/30 11Os138/17d

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Patrick L***** und Nikolaus A***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 26. Juli 2017, GZ 42 Hv 37/17k-200, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung wegen Schuld des Angeklagten L***** werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die (verbleibenden) Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Patrick L***** und Nikolaus A***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 2 StGB (I./a./ und b./) sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 erster Fall, Abs 4 erster Fall StGB (II./A./ bzw II./B./) schuldig erkannt.

Danach haben in F***** und andernorts
– zusammengefasst wiedergegeben –

I./ L***** und A***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in zwei Angriffen zwischen Oktober 2014 und Anfang 2015 fremde bewegliche Sachen, und zwar insgesamt 87 kg Raugold (entspricht etwa 82,167 kg Feingold) sowie 50 kg Silbermünzen im Wert von ca 2.600.000 Euro durch Einbruch Christian B***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem sie

a./ vergrabene und von einem geschlossenen Betongebilde ummantelte Gold- und Silbermünzen händisch ausgruben, das Betongehäuse gewaltsam öffneten und die Münzen an sich nahmen,

b./ einen mit Beton ausgegossenen Kamin aufstemmten und die darin versteckten Münzen an sich nahmen;

II./ in einem nicht näher festzustellenden Zeitraum ab Dezember 2014 Vermögensbestandteile, die aus dem zu Punkt I./a./ und b./ beschriebenen Verbrechen herrühren, verborgen, und zwar:

A./ L*****, indem er rund 1,3 Mio Euro in Gold- und Silbermünzen – bevor er diese zumindest zum Teil verkaufte – in einem Bankschließfach sowie in einem Safe in seinem Keller versteckte,

B./ A*****, indem er rund 1,3 Mio Euro in Gold- und Silbermünzen – bevor er zumindest Teile davon verkaufte und das lukrierte Bargeld an Verwandte und Bekannte verschenkte – zunächst im Keller seiner Wohnung und sodann in einem Safe versteckte,

wobei sie die Tat jeweils in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert begingen.

Dagegen richtet sich die vom Angeklagten L***** auf § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, jene des Angeklagten A***** aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO wendet sich gegen die Schuldsprüche I./a./ und b./.

Rechtliche Beurteilung

I./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*****:

Die Beschwerde (Z 3) moniert, dass das dem Verteidiger zugestellte Protokoll über die Hauptverhandlung „weder vom Vorsitzenden noch vom Schriftführer, ja nicht einmal vom Leiter der Geschäftsabteilung“ unterfertigt worden sei, weshalb „rechtlich gesehen überhaupt kein HV-Protokoll vorhanden“ sei. Eine Verletzung des § 271 Abs 6 StPO wird solcherart schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die in den Akten erliegende Urschrift des Protokolls über die Hauptverhandlung vom 26. Juli 2017 die vermissten Unterschriften enthält (ON 198 S 125, ON 199 S 5) und die für die Beteiligten des Verfahrens bestimmten Ausfertigungen keiner Unterfertigung bedürfen (Danek, WK-StPO § 271 Rz 39; 15 Os 72/04).

Die die erstgerichtlichen Annahmen zum Wert der gestohlenen Sachen kritisierende Mängelrüge (Z 5) spricht insgesamt keine entscheidenden – die Schuld- oder Subsumtionsfrage beeinflussende – Tatsachen an, weil auch die Annahme der von den Angeklagten zugestandenen und im Rechtsmittel relevierten Beute in Höhe von (jeweils) ca 1 Mio Euro (US 7) die Wertgrenzen des § 128 Abs 2 StGB und des § 165 Abs 4 StGB unberührt lässt (RIS-Justiz RS0099497).

Im Übrigen blieben die Feststellungen (US 6), wonach die beiden Angeklagten arbeitsteilig und aufgrund eines gemeinsamen Tatplans Raugold und Silbermünzen im Wert von ca 2.600.000 Euro stahlen, sich dadurch in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag unrechtmäßig bereichern wollten und überdies im Wissen und Wollen handelten, ein Behältnis aufzubrechen (I./), nicht offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall): Die Tatrichter leiteten ihre Annahmen zum objektiven Tatablauf aus den (insofern geständigen) Einlassungen der Angeklagten sowie
– betreffend die strittig gebliebene Schadenshöhe – aus den polizeilichen Ermittlungsergebnissen, der Aussage des Zeugen Samuel Z***** sowie einer von ihm erstellten Liste über die in den Verstecken deponierten Münzen ab. Die – eine geringere Beute reklamierenden – Verantwortungen der Angeklagten wurden dabei berücksichtigt, aber nicht für überzeugend erachtet; die subjektive Tatseite wurde mängelfrei aus dem äußeren Verhalten erschlossen (US 7 f; RIS-Justiz RS0098671).

Auf dieser Basis sprechen die bloße Bestreitung des Vorliegens tragfähiger Beweise, die Behauptung, die Verfahrensresultate reichten für die zur Schadenshöhe getroffenen Urteilsannahmen nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit hin, sowie der Vorwurf „unstatthafter Vermutungen zu Lasten des Angeklagten“ und der Verwendung von „typischen Begründungsfloskeln“ kein aus Z 5 beachtliches Defizit an. Dass dem Nichtigkeitswerber die Urteilsgründe nicht „nachvollziehbar“ genug erscheinen und aus seiner Sicht auch andere, für ihn günstigere Schlüsse denkbar gewesen wären, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS-Justiz RS0098400, RS0099455).

Welche konkreten „widerstreitenden Verfahrensergebnisse“ bei der Urteilsbegründung „umgangen“ worden sein sollten (Z 5 zweiter Fall), lässt die Beschwerde überhaupt offen (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

2./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*****:

Die gegen die Annahme der Qualifikation nach § 129 Abs 1 Z 2 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) erklärt nicht, weshalb die Urteilsannahmen (wonach die Angeklagten den als „Versteck“ benutzten, im Schlossinneren befindlichen „inaktiven Kamin“, der „nach dem Platzieren der Münzen zubetoniert“ worden war, mit Hilfe von Schlaghammer und Meißel gewaltsam öffneten, sodann aus dem Kamin Edelmetall entnahmen und untereinander aufteilten – US 5 und 6; I./b./), keine hinreichende (objektive) Tatsachenbasis für die Annahme eines Einbruchsdiebstahls (§ 129 Abs 1 Z 2 StGB) bieten sollten: Dass es sich insofern um kein zum Aufbewahren von Sachen dienendes und sie umschließendes Gebilde handelte (vgl RIS-Justiz RS0094000; Stricker in WK2 StGB § 129 Rz 74 ff; Salimi in SbgK § 129 Rz 66 f; Leukauf/Steininger/Messner, StGB4 § 129 Rz 23), welches mit Gewalt geöffnet wurde, um den Tätern die Möglichkeit zu verschaffen, sich des ihrem unmittelbaren Zugriff bis dahin entzogenen Inhalts zu bemächtigen (RIS-Justiz RS0094030), wird nur behauptet, aber nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (RIS-Justiz RS0116565). Gleiches gilt für das Vorbringen, dass Deliktsobjekte des § 129 Abs 1 Z 2 StGB zwingend Sperrvorrichtungen zum Öffnen und Verschließen aufweisen müssten (vgl aber: 13 Os 114/93; Stricker in WK2 StGB § 129 Rz 75; Salimi in SbgK § 129 Rz 69).

Da Gegenstand der Subsumtionsrüge (Z 10) allein die nach § 29 StGB zu bildende Subsumtionseinheit ist (RIS-Justiz RS0120980; Ratz in WK² StGB § 29 Rz 1 f und 5), entbehrt auch die weitere Beschwerdeargumentation, die sich gegen die Einbruchsqualifikation des (zu I./a./ inkriminierten) mit Hilfe von Hammer und Meißel erfolgten Ausgrabens der im Schlossgarten vergrabenen und einbetonierten Münzen (US 5) richtet, einer Darlegung (neuerlich RIS-Justiz RS0116565), inwiefern eine geänderte rechtliche Beurteilung dieser Einzeltat die rechtliche Beurteilung der Diebstähle in ihrer Gesamtheit (§ 29 StGB) als ein Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 2 StGB ändern sollte (RIS-Justiz RS0120980; Ratz in WK² StGB § 29 Rz 5 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Änderungen des Verteidigers bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO – ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene, vom Erstangeklagten ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gemäß §§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO – sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht;

Textnummer

E120646

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00138.17D.0130.000

Im RIS seit

19.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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