TE OGH 2018/1/31 13Os132/17m

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Veröffentlicht am 31.01.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ettel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A***** wegen Verbrechen nach § 3g VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 5. September 2017, GZ 22 Hv 54/17s-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl A***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen zweier Verbrechen nach § 3g VerbotsG schuldig erkannt.

Danach hat er sich in I***** auf andere als die in §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er den Nationalsozialismus und die Person Adolf Hitler sowie dessen Lebensaufgabe verherrlichend

1. vom Jahr 2012 bis zum 19. Mai 2016 ein gemaltes Portrait von Adolf Hitler im Wohnzimmer für Besucher und Familienmitglieder wahrnehmbar zur Schau stellte, wobei dieses Portrait zumindest von Erna B*****, Amin B*****, Gernot B***** und Andrea S***** wahrgenommen wurde;

2. bis zum 19. Mai 2016 eine Tasse mit dem mehrfachen Konterfei von Adolf Hitler und der Aufschrift „Ein Volk, Ein Reich, Ein Führer“ als alltäglichen Gebrauchsgegenstand zur Verwendung durch andere Personen bereitstellte, selbst verwendete und zumindest für Erna B*****, Amin B*****, Gernot B***** und Andrea S***** wahrnehmbar zur Schau stellte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5, 6 und (richtig) 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich unter Hinweis auf den Widerspruch gegen die Verlesung des „Berichtes des Landesamtes für Verfassungsschutz ON 11“ (ON 29 S 65 f), den der Schwurgerichtshof als eine gemäß § 252 Abs 2 StPO zu verlesende Urkunde beurteilte (ON 29 S 67), gegen den nachfolgenden Vortrag von dessen erheblichem Inhalt gemäß § 252 Abs 2a StPO (ON 29 S 69). Damit geht die Beschwerde schon daran vorbei, dass der kritisierte Vortrag nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung vom 5. September 2017 (ON 29) mit „ausdrücklicher Zustimmung [...] des Verteidigers“ erfolgte (ON 29 S 69). Die Zustimmung des Angeklagten zu einem Vortrag gemäß § 252 Abs 2a StPO beinhaltet aber dessen Einverständnis (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO), dass die vom Vortrag umfassten Aktenstücke in der Hauptverhandlung vorkommen, weil der Vortrag die Verlesung nach § 252 Abs 1 oder Abs 2 StPO substituiert. Eine Zustimmung zum Vortrag stellt demnach eine umfassende Willenserklärung zum Vorkommendürfen dar (RIS-Justiz RS0127712).

Im Übrigen ist die Beurteilung des Berichts des Landesamtes Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vom 3. März 2017 hinsichtlich der Biographie des Angeklagten „im Hinblick auf seinen Werdegang als Südtirolaktivisten, sowie seine allenfalls vorhandenen, extrem radikalen Einstellungen“ (ON 11) als gemäß § 252 Abs 2 StPO zu verlesendes Schriftstück zutreffend (vgl RIS-Justiz RS0098456).

Der (zur Widerlegung des Berichts ON 11 gestellte) Antrag auf Einholung eines psychologischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Angeklagte keine extrem radikalen Einstellungen, insbesondere keine nationalsozialistischen Einstellungen habe (ON 29 S 69), zielte – wie schon das Erstgericht zutreffend ausführte (ON 29 S 71) – auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung. Denn der Antragsteller legte nicht dar, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS-Justiz RS0118444, RS0118123; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 mwN).

Die Fragenrüge (Z 6) kritisiert die Hauptfragen 1 und 2 als unzureichend konkretisiert (§ 312 Abs 1 StPO), weil diesen nicht zu entnehmen sei, durch welche konkrete Tathandlung das „Zurschaustellen“ des Portraits von Adolf Hitler und das „Verherrlichen des Nationalsozialismus und der Person Adolf Hitlers sowie dessen Lebensaufgabe“ erfolgt sei.

Der Konkretisierung der Tat ist durch Aufnahme der den einzelnen Deliktsmerkmalen entsprechenden tatsächlichen Gegebenheiten, die die Subsumtion des von den Geschworenen ihrem Wahrspruch zugrunde gelegten Sachverhalts und deren Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof überhaupt erst ermöglichen (RIS-Justiz RS0119082; Lässig, WK-StPO § 312 Rz 19 ff), Rechnung zu tragen. Davon ausgehend macht der Beschwerdeführer jedoch nicht klar, warum es im vorliegenden Fall erforderlich sein sollte, über die in den Hauptfragen angeführten Umstände (US 1 f) hinaus weitere Tatdetails zu beschreiben (vgl RIS-Justiz RS0100780 [T6] sowie Lässig in WK2 VerbotsG § 3g Rz 18).

Die Rechtsrüge (Z 11 lit a) behauptet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen, weil der Wahrspruch infolge fehlender Anführung der konkreten Tatumstände einschließlich des Bedeutungsinhalts des Verhaltens die Beurteilung der dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn nicht ermögliche. Dabei übersieht der Nichtigkeitswerber, dass die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlagen des normativen Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch“ (einschließlich des Bedeutungsinhalts einer äußeren Handlung oder Textstelle) auf der Feststellungsebene angesiedelt und somit den Geschworenen vorbehalten ist. Bejahen diese die Schuldfrage, ist davon auszugehen, dass sie eben jene Voraussetzungen als erwiesen angenommen haben, aufgrund derer das zu beurteilende Sachverhaltselement dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch“ entspricht. Dessen Bejahung ist daher einer Anfechtung mit Rechts- oder Subsumtionsrüge entzogen (RIS-Justiz RS0119234; Lässig in WK² VerbotsG § 3g Rz 17).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt demgemäß dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht;

Textnummer

E120650

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00132.17M.0131.000

Im RIS seit

19.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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