Entscheidungsdatum
20.07.2017Index
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
WMG §11Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Lammer über die Beschwerde des Herrn C. S. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 2.5.2017, Zl. MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2017/01561044-001, betreffend Rückforderung von Leistungen der Mindestsicherung gemäß § 21 WMG, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als dem Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs 3 WMG die Rückerstattung in Teilbeträgen bewilligt wird; der Beschwerdeführer hat den Rückforderungsbetrag von 830,01 Euro in sieben Monatsraten zu je 100 Euro mit Fälligkeit der ersten Rate am 1.9.2017 und einer Restrate von 130,01 Euro zurückzuerstatten.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 2.8.2016, Zl. MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2016/00660144-001, wurden dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 4.7.2016 ab 1.8.2016 bis 30.6.2017 - unter Anrechnung seines Arbeitslosengeldes von 19,49 Euro täglich (ab 21.8.2016) - Mindestsicherungsleistungen zuerkannt (im Rückforderungszeitraum für die Monate November 2016, Jänner 2017, Februar 2017 in Höhe von jeweils 233,57 Euro monatlich, für Dezember 2016 von 253,06 Euro und für März 2017 von 292,04 Euro).
Über Aufforderung gemäß § 16 Abs 1 WMG vom 4.4.2017 übermittelte der Beschwerdeführer unter anderem einen Dienstvertrag vom 17.3.2017 betreffend sein Beschäftigungsverhältnis ab 1.4.2017 bei der A. GmbH sowie die diesbezügliche Anmeldung bei der WGKK ab 1.4.2017.
Daraufhin wurde mit Bescheid vom 2.5.2017 die zuletzt mit Bescheid vom 2.8.2016 zuerkannte Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs mit 30.4.2017 eingestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2.5.2017 wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 21 WMG verpflichtet, die für den Zeitraum 1.11.2016 bis 31.3.2017 zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von 830,01 Euro zurückzuzahlen. Begründend wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer neben seinem Arbeitslosengeld vom AMS auch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts und eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten vom AMS (ab 4.10.2016 bis 31.12.2016 in Höhe von insgesamt 6,28 Euro täglich, ab 1.1.2017 bis 24.2.2017 in Höhe von 6,87 Euro täglich) bezogen habe. Das Verschulden sei weder geringfügig noch werde durch die Rückforderung eine Notlage herbeigeführt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer ausführt, dass ihm das AMS Beihilfen zu den Kursnebenkosten, die ihm aufgrund des Kurses entstanden seien, gewährt habe. Er habe sich nicht zu einem Kurs angemeldet. Dies sei vom AMS aus erfolgt, da das AMS sein Arbeitslosengeld ansonsten eingestellt hätte. Er stelle seine Einnahmen den Ausgaben grob gegenüber, damit ersichtlich sei, dass es sich bei seinen Einnahmen ab Beginn des AMS Kurses noch immer um das Existenzminimum gehandelt habe. Unter anderem beantrage er einen Zahlungsaufschub, da er nur 1.485 Euro netto verdiene und die Miete 717 Euro betrage.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 21 Abs 1 WMG haben Hilfe empfangende Personen jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen.
Gemäß § 21 Abs 2 WMG sind Leistungen, die aufgrund einer Verletzung der Anzeigepflicht gemäß Abs 1 zu Unrecht empfangen wurden, mit Bescheid zurückzufordern. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen.
Gemäß § 21 Abs 3 WMG kann die Rückforderung in Teilbeträgen erfolgen oder unterbleiben, wenn die anzeigepflichtige Person glaubhaft macht, dass die Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruht, die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde, der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre oder der Betrag unbedeutend ist.
Unbestritten steht fest, dass der Beschwerdeführer im Rückforderungszeitraum 1.11.2016 bis 31.3.2017 neben seinem Arbeitslosengeld von 19,49 Euro täglich auch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts sowie eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten bezogen hat; und zwar im November 2016 von 75,36 Euro, im Dezember 2016 und Jänner 2017 von jeweils 188,40 Euro, im Februar 2017 von 212,97 Euro und im März 2017 von 164,88 Euro (insgesamt somit 830,01 Euro). Der Beschwerdeführer hat diesen zusätzlichen Bezug zu keinem Zeitpunkt gemeldet.
Bei der Bemessung der Mindestsicherung ist von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen, der grundsätzlich alle Einkünfte des Hilfesuchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen (vgl. VwGH 14.5.2007, 2005/10/0189; 9.9.2009, 2006/10/0260). Von diesem weitgefassten Einkommensbegriff sind lediglich die im § 11 WMG taxativ angeführten Einkünfte von der Anrechnung ausgenommen. Da die Beihilfe des AMS zur Deckung des Lebensunterhalts sowie die Kursnebenkostenbeihilfe des AMS nicht unter den Ausnahmen des § 11 WMG angeführt sind, sind die in Rede stehenden AMS-Kursbeihilfen somit dem Einkommen zuzurechnen, das dem Beschwerdeführer tatsächlich auch für den Lebensunterhalt zur Verfügung stand. Dass die Teilnahme an Kursen mit Fahrtkosten und zusätzlicher Verpflegung verbunden ist, ändert nichts an der Anrechenbarkeit der aufgrund der Kursteilnahme erzielten Einkünfte. Bei den in Rede stehenden AMS-Beihilfen handelt es sich somit um ein anrechenbares Einkommen, welches bei der Zuerkennung der Leistungen des Beschwerdeführers im Zeitraum November 2016 bis März 2017 zu berücksichtigen gewesen wäre.
Da der Beschwerdeführer als Hilfe empfangende Person verpflichtet gewesen wäre, die in Rede stehende Änderung seiner Einkommenssituation, nämlich den Bezug der Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts und der Beihilfe zu den Kursnebenkosten des AMS ab 4.10.2016, unverzüglich der belangten Behörde anzuzeigen und der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, sind die Voraussetzungen für die Rückforderung gemäß § 21 WMG als erfüllt anzusehen. Dafür, dass die festgestellte Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruhen würde, haben sich keine Anhaltspunkte ergeben. In Anbetracht der Höhe der zu Unrecht zusätzlich bezogenen Mindestsicherungsleistungen von 830,01 Euro ist der Betrag keinesfalls unbedeutend und würde auch die Rückforderung eine Notlage nicht herbeiführen, da der Beschwerdeführer nunmehr einer Erwerbstätigkeit mit einem Nettoeinkommen von 1.485 Euro monatlich nachgeht.
Der Beschwerdeführer ist daher verpflichtet, die im Zeitraum 1.11.2016 bis 31.3.2017 zu Unrecht empfangenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 830,01 Euro zurückzubezahlen. Da das Verwaltungsgericht Wien aufgrund der vom Beschwerdeführer dargelegten finanziellen Situation die Rückerstattung in einem Betrag jedenfalls für nicht zumutbar erachtet, wurde dem Beschwerdeführer die Rückerstattung in Teilbeträgen bewilligt, wobei sieben Monatsraten zu je 100 Euro und eine Restrate von 130,01 Euro mit Fälligkeit der ersten Rate am 1.9.2017 als zumutbar erscheinen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Mindestsicherung; Rückersatz; Anzeigepflicht; Rückforderung; Meldung; Einkommensbegriff, umfassender; EinkommenssituationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.035.7340.2017Zuletzt aktualisiert am
16.02.2018