TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/6 L524 2153506-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.2018
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Entscheidungsdatum

06.02.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L524 2153506-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx und RA Dr. Lennart Binder, LL.M., Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2017, Zl. 15-1082350707-151076024/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_01, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte er im Wesentlichen vor, dass er Araber und Sunnit sei. Er habe in XXXX , Provinz Diyala, gelebt. Seinen Ausreiseentschluss habe er 2014 gefasst. Im Juli 2015 habe er den Irak über Kurdistan verlassen. Als Fluchtgrund brachte er vor, dass er vertrieben worden sei und Angst vor dem IS habe.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 23.03.2017 legte der Beschwerdeführer seinen Personalausweis und jenen seines jüngeren Bruders, seinen Staatsbürgerschaftsnachweis, eine Teilnahmebestätigung betreffend einen Deutschkurs, einen Integrationspass der Stadt XXXX sowie Fotos seines Bruders vor. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, dass er mit seinem Vater, seinem Bruder und drei Schwestern in XXXX , Diyala, gelebt habe. Seine Mutter sei bereits verstorben. Seine Familie lebe jetzt in der Türkei. Der Beschwerdeführer sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Er habe keine Freundin, nur Bekannte. Sein Bruder sei auch als Asylwerber in Österreich. Dieser lebe in Wien und er stehe in Kontakt zu ihm. Der Beschwerdeführer habe sechs Jahre die Schule besucht, danach sechs Jahre die Mittelschule und diese mit Matura abgeschlossen. Die Familie habe ein Restaurant sowie Geschäfte besessen und eine Landwirtschaft betrieben. Er habe abwechselnd im Restaurant, in der Wäscherei bzw. Nähstube und im Geschäft gearbeitet. Im Juni 2015 habe er den Irak verlassen. Er habe zu dieser Zeit in einem Camp bei den Kurden im Norden gelebt. Diese hätten ihm geholfen.

Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er Folgendes vor (um Schreibfehler bereinigt):

"Mein Grund für meine Flucht ist, dass der Ort, an dem ich gelebt habe, nicht sicher war. Es waren dort IS, Milizen, die Armee. Die Leute der Armee und der Polizei kamen und haben Leute einfach verhaftet, da sie Sunniten waren. Die Milizen kamen auch und haben auch Leute mitgenommen, da sie Sunniten waren. Wohin hätten wir gehen sollen, wir haben dort gut gelebt und waren vermögend. Wir hatten Geschäfte dort. Sie wollten immer gegen uns arbeiten. Sie wollten alles von uns haben. Wir konnten nichts machen. Wir sind noch jung. Mein Bruder kann nicht gut sehen. Ich habe auch Fragmente von einer Explosion in meinem Körper. Das Land ist nicht mehr gut. Man kann dort nicht mehr leben. Die Milizen sind gegen uns. Die Kurden sind gegen uns. Es gibt auch keine Regierung. Die Regierung sind nur Marionetten. Die Regierung sind die Milizen. Ich will nur mit meinem Bruder in Sicherheit leben, ohne getötet zu werden. Ich will nicht beschimpft werden. Wir wussten nicht, wenn wir aus dem Haus gegangen sind, ob wir wieder heim kommen. Wäre ich mit meinem Bruder unterwegs gewesen, wäre ich tot. Es gab eine Explosion und ich habe überall Splitter in meinem Körper. Manchmal sind sie auch zu einem nach Hause gekommen und haben einen einfach getötet. Wir sind ins XXXX Camp gegangen und haben gehofft, dass wir dort in Sicherheit wären. Neben dem Roten Kreuz haben uns die Kurden gut behandelt, wenn das Rote Kreuz weg war, haben sie uns wie Hunde behandelt. Es war dort alles schmutzig. Wir haben den Irak verlassen und hier in Österreich haben wir festgestellt, was Leben heißt. Man wird hier einfach respektiert. Ich möchte nur in Sicherheit leben. Wir haben in einer korrekten, guten Umgebung gelebt. Wir hatten alles. Wir hatten Geld und Geschäfte. Hier wollen wir nur in Sicherheit leben. Ich bin nicht schuld, dass ich Sunnit bin. Was kann ich dafür, dass die Regierung und die Milizen kämpfen. Wir haben das Leben gehasst. Es gab nur Bomben und Explosionen. Die Schiiten nehmen uns nicht und die Kurden nehmen uns auch nicht. Also sind wir hierhergekommen. Ich bin 29 Jahre alt und habe alles verloren. Wie soll ich heiraten, wie soll ich Kinder bekommen." Dies seien alle seine Fluchtgründe. Ansonsten habe er keine Fluchtgründe.

Der Beschwerdeführer gab weiters an, er sei nie persönlich bedroht worden und habe keine Probleme mit den Behörden gehabt. Er gehöre keiner politischen Partei an und sei auch nicht wegen seiner politischen Einstellung verfolgt oder bedroht worden. Er sei nie in Haft gewesen und es sei auch kein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig. Seine ganze Familie sei bedroht, weil sie Sunniten seien. Auf ihre Türe sei geschrieben worden, dass sie weggehen sollten. Sonst habe es keine Bedrohungen gegeben. Danach erklärte der Beschwerdeführer, er werde auch bedroht, weil er zum Clan der XXXX gehöre und Sunnit sei. Er habe eine SMS erhalten, in der gestanden sei, dass sie kommen und ihn töten würden. Drei oder vier Tage später sei an der Türe "Geh weg" gestanden und etwa eine Woche später habe es eine Explosion gegeben. Er habe nicht gedacht, dass es ernst gemeint gewesen sei. Erst als er im Krankenhaus aufgewacht sei, habe er festgestellt, dass es kein Spiel sei.

Nach Rückübersetzung des Protokolls erklärte der Beschwerdeführer, dass er seine Meinung bezüglich der Frage, ob er jemals persönlich bedroht worden sei, ändern wolle und er doch persönlich bedroht worden sei. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer weiter befragt. Er erklärte, er habe eine SMS bekommen, in der gestanden sei: "Wir haben die Stadt übernommen, was macht ihr hier, ihr müsst verschwinden." Die Nummer, von der die SMS geschickt worden sei, habe er nicht gekannt. Er habe nicht zurückgerufen, da er Angst gehabt habe; er habe nicht gewusst, wer das geschrieben habe. Auf den Vorhalt, dass er zuvor angegeben habe, die SMS nicht ernst genommen zu haben und jetzt das Gegenteil behaupte, erklärte der Beschwerdeführer, dass er doch keine Angst gehabt hätte, aber er habe nicht gewusst, was passieren würde.

3. Mit Bescheid des BFA vom 29.03.2017, Zl. 15-1082350707-151076024/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_01, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

In der Begründung werden zunächst die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund in der Erstbefragung sowie die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA wörtlich wiedergegeben. Weiters werden die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente angeführt (Personalausweis des Beschwerdeführers und seines jüngeren Bruders, Staatsbürgerschaftsnachweis sowie drei Fotos seines Bruders).

Das BFA stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe, er irakischer Staatsangehöriger, Araber und sunnitischer Moslem sei. Er sei ledig und habe keine Kinder. Er sei schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrollen auf unbekannter Route nach Österreich eingereist. Der Zeitpunkt der Einreise in Österreich sei nicht erwiesen. Der Beschwerdeführer sei gesund und er wäre bereit und in der Lage, jede Arbeit anzunehmen und zu verrichten. Es könne nicht festgestellt werden, dass er das nicht auch im Irak tun könnte.

Nicht festgestellt werden könne, dass er sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor einer Verfolgung verlassen habe. Selbst bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen seien keine weiteren Ausreisegründe hervorgekommen.

Im Falle einer Rückkehr sei er keiner Gefährdung durch den Staat Irak ausgesetzt. Es könne nicht festgestellt werden, dass er bei einer Rückkehr einer Bedrohung durch private Personen ausgesetzt wären. Eine Rückkehr in den Irak sei ihm zumutbar und möglich. Es könne nicht festgestellt werden, dass ihm in seinem Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen gewesen sei oder dass er bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt würde. Es könne nicht festgestellt werden, dass er von allfälligen negativen Lebensumständen im Irak in höherem Maße betroffen sei als jeder andere Staatsbürger in einer vergleichbaren Lage. Das BFA gehe davon aus, dass er sich im Irak niederlassen könnte und er auch in der Lage sei, dort selbständig seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Der Beschwerdeführer sei mindestens seit seiner Asylantragstellung am 13.08.2015 in Österreich. Sein Bruder XXXX , geb. XXXX , lebe als Asylwerber in Wien. Der Beschwerdeführer sei in einer Asylunterkunft in XXXX untergebracht und sein Bruder lebe in einer Asylunterkunft in Wien. Er stehe mit seinem Bruder via Telefon in Internet in Kontakt. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Österreich über schützenswerte private Bindungen verfüge. Der Beschwerdeführer sei mittellos und lebe von der Grundversorgung. Er habe eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs (Deutsch als Zweitsprache für Asylwerber) vorgelegt. Er habe an zwei von sieben Veranstaltungen des Integrationspasses der Stadt XXXX teilgenommen. Es existierte unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Abschiebung seiner Person aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in den Irak entgegenstünden. Danach traf das BFA Feststellungen zur Lage im Irak.

Beweiswürdigend führte das BFA aus (Schreibfehler im Original):

"Befragt zu Ihrem Fluchtgrund gaben Sie sinngemäß an, dass der Grund weshalb Sie den Irak verlassen hätten, gewesen wäre, dass der Ort an dem Sie gelebt hätten nicht sicher gewesen wäre. Es hätte an diesem Ort IS, Milizen und die Armee gegeben. Die Armee und die Polizei wären gekommen und hätten Sunniten einfach so verhaftet. Die Milizen wären auch einfach gekommen und hätten Leute mitgenommen, die Sunniten wären. Sie hätten nicht gewusst, wohin Sie hätten gehen sollen, da Sie dort gelebt hätten und vermögend gewesen wären. Ihr Bruder hätte nicht gut sehen können, und Sie hätten Fragmente einer Explosion in Ihrem Körper. Das Land wäre nicht mehr gut und Sie hätten dort nicht mehr leben können. Es hätte keine Regierung mehr gegeben und Sie hätten mit Ihrem Bruder nur in Frieden leben wollen. Es wäre zu einer Explosion gekommen und Sie hätten überall Splitter in ihrem Körper. Sie wären in s Camp XXXX gegangen und wären dort von den Kurden gut behandelt worden, wenn die Leute des Roten Kreuzes dabei gewesen wären. Sie wären wie Hund behandelt worden wenn die Leute des Roten Kreuzes nicht dabei gewesen wären. Es wäre dort auch sehr schmutzig gewesen. Sie hätten in einer korrekten, guten Umgebung gelebt und alles gehabt. Sie hätten Geld und Geschäfte gehabt. Hier hätten Sie nur in Sicherheit leben wollen. Sie wären nicht schuld, dass Sie Sunnit wären. Die Schiiten würden Sie nicht nehmen und die Kurden würden Sie auch nicht nehmen.

Trotz mehrfacher nachfrage, gaben Sie an, keine weiteren Fluchtgründe zu haben.

Als Sie gefragt wurden, ob Sie jemals in irgendeiner Form persönlich bedroht worden wären, gaben Sie an, dass dies nicht der Fall gewesen wäre.

Als Sie gefragt wurden, ob Sie jemals wegen Ihrer Religion bedroht oder Verfolgt worden wären, gaben Sie an dass Sie aufgrund Ihres sunnitischen Glaubens bedroht worden wären. Auf Nachfrage gaben Sie an, dass die gesamte Familie bedroht worden wäre, da jemand "geh weg" auf Ihre Tür geschrieben hätte. Dies wäre Anfang Juni 2015 gewesen.

Befragt nach Bedrohungen oder Verfolgungen aufgrund Ihrer Rasse, gaben Sie an, dass Sie aufgrund Ihrer Klan Zugehörigkeit telefonisch bedroht worden wären. Sie hätten eine SMS erhalten, in welcher zu lesen gewesen wäre, dass Sie zum Klan der XXXX gehören würden und Sunnit wären. Man würde kommen und Sie töten. 3 oder 4 Tage danach wäre " geh weg" auf Ihre Tür geschrieben worden. Eine Woche danach hätte es die Explosion gegeben.

Die Explosion hätte vor dem Geschäft in welchen Ihr Bruder und Sie gearbeitet hätten stadtgefunden. Es wären viele Leute verletzt worden, da es eine sehr belebte Straße gewesen wäre.

Nach der erfolgten Rückübersetzung gaben Sie an, dass Sie Ihre Meinung bezüglich der Frage, ob Sie jemals persönlich bedroht worden wären ändern wollen und gaben an, dass Sie doch persönlich bedroht worden wären.

Auf Nachfrage wiederholten Sie die Bedrohung mittels SMS, allerdings mit einem anderslautenden Inhalt. Diesmal meinten Sie, dass in der SMS zu lesen gewesen wäre: Wir haben die Stadt übernommen, was macht Ihr hier, Ihr müsst verschwinden. Sie hätten nicht versucht herauszubekommen, wem die Nummer gehören würde, da Sie Angst gehabt hätten. Als Ihnen vorgehalten wurde, dass Sie zuvor angegeben hätten, dass Sie die SMS nicht ernst genommen hätten, gaben Sie an, dass Sie doch keine Angst gehabt hätten. (Vgl. Einvernahme vom 23.03.2017: "F: Haben Sie nicht versucht die Nummer zurückzurufen?

A: Ich hatte Angst, ich wusste nicht wer das geschrieben hat. F:

Vorher haben Sie gesagt, dass Sie diese SMS nicht ernstgenommen hätten, jetzt sagen Sie ganz was anderes, was entspricht der Wahrheit? A: Ich hatte doch keine Angst, aber ich wusste nicht was passieren wird.")

Es ist somit für die entscheidende Behörde nicht logisch nachvollziehbar, dass Sie erst angeben, dass es keine persönliche Verfolgung und Bedrohung gegeben hätte, später Ihre Meinung änderten und erst nach der erfolgten Rückübersetzung doch noch eine persönliche Bedrohung vorgebracht haben.

Es ist auch nicht logisch nachzuvollziehen, dass sich der Wortlaut der SMS, mit welcher Sie bedroht wurden, verändert hat.

Ein weiteres Indiz für eine nicht glaubhafte Geschichte, ist, dass Sie erst angeben, dass Sie die SMS nicht ernstgenommen haben, später aber behaupten, aus Angst vor dieser SMS den Absender nicht rückgerufen zu haben, um wieder später, nach dem Ihnen dieser Sachverhalt vorgehalten wurde, angeben, doch keine Angst gehabt zu haben.

Auch Ihre Angaben zu Ihrer Ausreise sind nicht glaubwürdig. Sie gaben an, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder mit dem Auto, illegal in die Türkei ausgereist wären. Dies wäre im Juni 2015 gewesen. Ihr Bruder wäre bis in die Türkei bei Ihnen gewesen. In der Türkei hätte das Rote Kreuz Ihren Bruder übernommen, da er von der angeblichen Explosion noch verletzt gewesen wäre. In der Erstbefragung gaben Sie, im Zusammenhang mit der Flucht, über Ihren Bruder nichts an.

Ihr Bruder gab hingegen bei seinem Fluchtzeitpunkt an, dass er ca. 2 Monate vor Antragstellung (30.10.2015) den Irak verlassen hätte, was auf ein Datum um den 30.08.2015 schließen lässt. Es würde somit über ein Monat Zeitunterschied zwischen den Tagen an denen Sie beide den Irak verlassen hätten liegen. Da Sie aber auch auf Nachfrage angegeben haben, den Irak gemeinsam mit Ihrem Bruder verlassen zu haben, ist auch dieser Teil Ihrer Geschichte nicht glaubhaft.

Weiters gaben Sie bei der Erstbefragung an, dass Sie Ihre Reisebewegung von Diala aus begonnen hätten. Auch Ihr Bruder machte gleichlautende Angaben. Bei der Einvernahme durch das BFA gaben Sie hingegen an, von den Kurden im Flüchtlingscamp nicht gut behandelt worden zu sein. Es ist somit nicht logisch nachzuvollziehen, wenn Sie angeben, im XXXX Flüchtlingscamp gewesen zu sein und dort von den Kurden nicht gut behandelt worden zu sein, aber bei der Erstbefragung angegeben haben, dass Sie von Diala aus ausgereist wären.

Da Ihnen am Beginn der Einvernahme durch das BFA die Gelegenheit gegeben wurde, eventuelle Fehler der Erstbefragung richtig zu stellen, Sie allerdings dezidiert angegeben haben, dass alles korrekt protokolliert wurde und dies auch auf der Niederschrift der Erstbefragung durch Ihre Unterschrift bestätigt haben, ist es für die entscheidende Behörde nicht nachzuvollziehen, weshalb sich solche Widersprüche ergeben. Es muss somit davon ausgegangen werden, dass auch dieser Teil der Geschichte nicht glaubwürdig ist.

Eine staatliche Verfolgung haben Sie nicht vorgebracht und Sie gaben selber an, keinerlei Probleme mit den irakischen Behörden gehabt zu haben.

Auch auf mehrmaliges Nachfragen, konnten Sie keine weiteren Beweggründe für Ihre Ausreise aus dem Irak vorbringen. Auch auf die Frage, ob Sie Gelegenheit hatten alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder ob Sie noch etwas hinzufügen wollen, was noch nicht zur Sprache gekommen wäre, gaben Sie an, dass Sie alles gesagt haben.

Somit haben Sie selbst, dezidiert weiter Fluchtgründe ausgeschlossen und wollten auch die angesprochenen Themen nicht weiter kommentieren.

Aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren und bei Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen ergeben sich keine Hinweise auf das Bestehen einer konkret gegen Sie gerichteten Verfolgung."

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass ein asylrelevanter Sachverhalt als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG nicht habe festgestellt werden können. Es sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Nach Abwägung aller Interessen sei festzustellen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen besondere Bedeutung zukomme. Ein möglicher Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte sei jedenfalls als gerechtfertigt und notwendig anzusehen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

5. Mit Schreiben vom 16.01.2018 wurden die Parteien vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihnen mitgeteilt, welche Berichte zur Lage im Irak der Entscheidung zugrunde gelegt würden. Dem Beschwerdeführer wurde auch die Möglichkeit eingeräumt, ein ergänzendes Vorbringen zu seiner Integration in Österreich, insbesondere auch zu seinen familiären und privaten Bindungen, zu erstatten und diesbezügliche Unterlagen vorzulegen.

6. Das BFA verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass es im Irak zu einem sprunghaften Rückgang der durch Gewalt getöteten Zivilisten gekommen sei und zitierte diverse Statistiken.

7. Der Beschwerdeführer verwies in seiner Stellungnahme auf das UNHCR Flash Update vom 23.04.2017 und führte dazu aus, dass Mossul nach wie vor nicht befreit sei. Weiters wird auf besonders gefährdete Personengruppen hingewiesen. Ein Vorbringen zur Integration in Österreich sowie familiären und privaten Bindungen wurde weder erstattet noch wurden diesbezügliche Unterlagen vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, sunnitischer Moslem und Araber. Der Beschwerdeführer lebte mit seinem Vater, seinem Bruder und drei Schwestern in XXXX , Diyala. Die Mutter des Beschwerdeführers ist bereits verstorben.

Der Beschwerdeführer verließ ca. im Juli 2015 den Irak. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 13.08.2015.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer hat zwölf Jahre die Schule im Irak besucht und mit Matura abgeschlossen. Im Familienbesitz befinden sich ein Restaurant, Geschäfte und eine Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer hat abwechselnd im Restaurant, in der Wäscherei bzw. Nähstube und im Geschäft gearbeitet.

Der Beschwerdeführer lebt in XXXX . Er ist nicht verheiratet, führt keine Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Der Bruder des Beschwerdeführers lebt als Asylwerber in Wien. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt zu seinem Bruder.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, dass er von Unbekannten mit dem Tod bedroht worden sei, ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise einer individuellen Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht berufstätig. Der Beschwerdeführer hat von 07.11.2016 bis 30.11.2016 an einem Deutschkurs (Deutsch als Zweitsprache für Asylwerber) und an zwei Veranstaltungen im Rahmen des Integrationspasses der Stadt XXXX teilgenommen.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Nach neun Monaten heftigen Kämpfen um Mossul erklärte Premier Abadi am 9. Juli 2017 die Stadt für befreit. Es werden jedoch weiterhin Sprengkörper, Minen, Waffen und versteckte IS-Kämpfer beseitigt.

Nach einer Blitzkampagne von 10 Tagen erklärte Premier Abadi die vollständige Einnahme Tal Afars sowie der gesamten Provinz Niniveh durch die ISF. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul und wurde von 2000 IS-Kämpfern verteidigt. Die einfache Eroberung wird als Beweis für die Schwäche der Gruppe sowie die Präferenz im Untergrund weiterzukämpfen, verstanden.

Nach der erfolgreichen Einnahme von Mossul und Tal Afar durch die ISF, befürchten IS-Kämpfer ihre letzten Hochburgen im Irak zu verlieren. Familien von IS-Kämpfern fliehen Berichten zufolge täglich aus der Stadt al-Sharbat, südlich von Mossul gelegen, in unbekannte Destinationen. Die Stadt Hawija, welche 55 km südwestlich der erdölreichen Stadt Kirkuk liegt, ist voraussichtlich das nächste Ziel der ISF und der US-geführten Anti-IS-Koalition. Die verbliebenen IS-Kämpfer bestehen vor allem aus lokalen Kämpfern, welche beharrlich um die letzten Gebiete im Irak kämpfen werden. Unterdessen bereiten sich die ISF und kurdische Kräfte auf eine mögliche Entstehung von Post-IS Milizen vor und konzentrieren sich auf Überwachungsmaßnahmen durch Grenzkontrollen, Checkpoints und geheimdienstliche Aufklärung, aber auch auf Aufstandsbekämpfungen.

Es gab eine Reihe intensiver, hochgradig koordinierter Militäroffensiven, die von der Regierung gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) durchgeführt wurden, mit dem Ziel, den IS aus dem Land zu vertreiben. Diese Offensiven führten dazu, dass die territoriale Kontrolle des IS im Irak beendet wurde. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist der sichtbare Rückgang der Sicherheitsvorfälle in Gebieten, die bisher als IS-Hotspots in nichtumkämpften Gebieten ausgewiesen wurden. Dies ist einerseits auf die grundsätzlich schweren Verluste des IS und andererseits darauf zurückzuführen, dass IS-Kämpfer in umkämpfte Gebiete verlegt wurden.

Die Offensiven in Mossul, Tal Afar, Hawija und im westlichen Anbar haben erfolgreich dazu beigetragen, den IS zurückzudrängen und ihrer territorialen Kontrolle im Irak ein Ende zu bereiten. Die Sicherheitsvorfälle im Irak sind sichtbar zurückgegangen, unter anderem auch in Bagdad. Dies ist hauptsächlich auf die Intensität der Militäroffensiven zurückzuführen, was den IS dazu zwang viele IS-Kämpfer an der Front einzusetzen. Der IS kann seine Angriffe im ganzen Land nicht mehr so aufrechterhalten, wie es einmal war.

Das Gouvernement Anbar ist nach der Fallujah-Offensive im Juni 2017 weiterhin volatil. Nach der Befreiung Falludschas haben irakische Truppen und sunnitische Stammeskämpfer weiterhin IS-Städte geräumt und Territorien im Nordwesten gesichert, etwa in Haditha. Die Lage änderte sich allmählich während der Hawija-Offensive im September 2017, als sich die irakische Regierung dazu entschloss, die militärischen Operationen zu verstärken, um den IS im Westen von Anbar zu stoppen, mit dem Ziel, die IS-Truppen vollständig aus dem Irak zu vertreiben und der Wiederherstellung der irakisch-syrischen Grenze. Die irakischen Sicherheitskräfte konnten al-Qaim am 03.11.2017 zurückerobern. Militärische Fortschritte gab es danach in der Nachbarstadt Rawa, wo das letzte verbliebene IS-Gebiet am 11.11.2017 erobert und 10.000 Zivilisten befreit wurden.

In Bagdad ereignete sich im Juli 2016 die tödlichste Attacke seit 2003. Es gab danach eine Serie von Selbstmordanschlägen. Die Sicherheitslage verbesserte sich mit dem Beginn der Mossul-Offensive und nach einer kurzzeitigen Verschlechterung zu Beginn des Jahres 2017 verringerten sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle wieder und nahmen mit der Niederlage des IS im Juli 2017 weiter ab. Im Juni 2017 wurden die wenigsten Angriffe verzeichnet. Irakweit betrachtet passieren in Bagdad die meisten Angriffe.

Diyala besteht aus einer einzigartigen und vielfältigen ethnischen und religiösen Bevölkerung. Es leben dort Araber, Kurden, Turkmenen und sowohl Schiiten als auch Sunniten. Das Gouvernement Diyala wurde im Jänner 2015 als erstes vom IS befreit. Vom IS ausgeführte Angriffe richten sich meist gegen schiitische Milizen, etwa an Checkpoints, die dann Gegenangriffe auslösen. Angriffe finden meist im Zentrum und im Norden des Gouvernements statt. Die meisten sicherheitsrelevanten Angriffe gab es im Juli 2014. Seither ist ein deutlicher Rückgang zu vermerken.

In Kirkuk leben Kurden, Turkmenen und Araber. Die Provinz ist für 40 % der Erdölproduktion verantwortlich. Die Sicherheitslage war zwischen Juli 2016 und November 2017 weitgehend stabil, mit Ausnahme des Distrikts Hawija. Dieser Distrikt stand seit Juni 2014 unter Kontrolle des IS. Vor dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum gab es in der Stadt Kirkuk nur wenige sicherheitsrelevante Vorfälle.Nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum verschlechterte sich die Situation im September/Oktober 2017. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der KRG (KRI) in Erbil während des kurdischen Referendums im September 2017 verschärfte die Spannungen zwischen der ethnisch vielfältigen Bevölkerung in Kirkuk. Die irakischen Truppen haben im Oktober 2017 die Kontrolle über wichtige Regierungsgebäude in der Stadt Kirkuk, den Flughafen, die Militärbasis und ein Ölfeld übernommen. Am 20.09.2017 starteten die ISF eine Offensive in Hawija. Die Rückeroberung der Gebiete dauerte nur wenige Tage. Am 05.10.2017 verkündete der irakische Premier den Sieg. Nach dem Rückzug der Peshmerga aus dem Gouvernement ist die bewaffnete Konfrontation abgeklungen.

Im Gouvernement Ninewa begann im Oktober 2016 die Mossul-Offensive, die Anfang Juli 2017 endete. Nachdem Ost-Mossul im Jänner 2017 befreit wurde, folgte die Befreiung des bevölkerungsreicheren Westen Mossuls. Die Gewaltakte haben nachgelassen. Es gibt sporadische Selbstmordattentate gegen irakische Streitkräfte und Mitglieder der PMU/PMF. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Attacken in Ninewa bewegt sich zwischen zwei und fünf. Zwischen Jänner und April 2017 lag sie noch zwischen zehn und 15. Von April bis September 2017 sank die Zahl kontinuierlich auf ca. zwei. Nach der Mossul-Offensive erfolgte die Tal Afar-Offensive. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul. In Tal Afar ist geteilt zwischen Sunniten und Schiiten und es leben dort hauptsächlich Turkmenen. Am 01.09.2017 erklärte Premier Abadi den Sieg über den IS in Tal Afar, der das Ende der Kontrolle des IS in Ninewa markierte.

Das Gouvernement Salah al-Din wurde in den frühen Stadien der Offensive der irakischen Streitkräfte gegen den IS befreit. Tikrit, Saddam Husseins Geburtsort, ist ein großes Symbol der sunnitischen Herrschaft im Zentralirak. In Salah al-Din befindet sich auch der schiitische al-Askari Schrein in Samarra, eine der heiligsten Stätten im schiitischen Islam. Der Angriff auf den Schrein im Jahr 2006 löste eine gewaltwelle zwischen sunnitischen und schiitischen Gruppierungen aus, die sich auf andere Teile des Landes ausbreitete. Schiitische PMU-Milizen begannen im April 2015 die IS-Milizen aus der Stadt zu vertreiben. Die Sicherheitslage ist vergleichsweise stabil.

Die südlichen Gouvernements waren nicht direkt von den Konflikten in den nördlichen und zentralen Gouvernements betroffen. In relativ geringem Ausmaß gab es auch hier IS-Angriffe (durchschnittlich drei bis zehn pro Monat). Die Gouvernements Basra und Babil sind dabei in erster Linie betroffen. Bei den Vorfällen handelt es sich um IEDs, Autobomben oder Scheißereien. Im Nordwesten von Babil befindet sich die Stadt Jurf al-Sakhr, die einzige mehrheitlich sunnitische Stadt im Gouvernement ist. Die Stadt wurde 2014 vom IS befreit, aber anders als andere befreite Städte bleibt sie entvölkert und zwar wegen ihrer Lage. Die Stadt liegt an der Straße, die zu den heiligen schiitischen Städten im Süden führt – Najaf und Karbala. Im ölreichen Gouvernement Basra gibt es Kämpfe zwischen rivalisierenden Stämmen und Ackerland und Landbesitz.

Die Sicherheitslage in den nördlichen Gouvernements in der Region Kurdistan (KRI/KRG) ist stabil und in der Hand der kurdischen Behörden. Auch diese Gouvernements waren nicht direkt von den Militäroffensiven betroffen. Die Sicherheitslage ist nach dem Abzug kurdischer Peshmerga-Gruppen aus Kirkuk und anderen zuvor kontrollierten Gebieten unverändert. Die Peschmerga-Streitkräfte behalten weiterhin die Kontrolle über das Territorium der KRI. Der Grenzübergang zum Iran ist wieder geöffnet. Internationale Flüge von und nach KRI sind nicht möglich. Inlandsflüge zwischen Bagdad und der KRI sind weiterhin möglich.

Bis Dezember 2017 gab es ca. 2,6 Millionen Binnenvertriebene (IDPs). Die Gesamtzahl der IDPs sank um 9 %. Dieser Rückgang wurde in 17 von 18 Gouvernements verzeichnet. Die Zahl der Rückkehrer stieg im Dezember 2017 um 17 %. DTM hat seit Beginn der Krise im Dezember 2013 erstmal mehr Rückkehrer (3,2 Millionen) als Binnenvertriebene (2,6 Millionen) verzeichnet. Ende 2015 gab es 468.780 Rückkehrer, Ende 2016 waren es 1,370.862 und Ende 2017 3,220.362. Die Rückkehr erfolgte in die Gouvernements Anbar (38 %), Ninewa (30 %) und Salah al-Din (14 %). Eine Rückkehr erfolgt in 82 % der Fälle in diese 3 Gouvernements. Es sind gleichzeitigt die Herkunftsregionen von 86 % der IDPs. Die meisten IDPs kommen aus Ninewa (57 %), Anbar (15 %) und Salah al-Din (14 %).

Grundsätzlich kann sich eine Person in Bagdad, Teile des Gouvernements Anbar, in Diyala, Kirkuk, Salah al-Din und den südlichen Gouvernements (Babil, Basra, Kerbala, Najaf, Muthana, Thi-Qar, Missan, Qadissiya and Wassit) ansiedeln.

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat. Etwa ein Zehntel der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Rund 90% der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. Es gibt Lebensmittelgutscheine für Bedürftige. Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich.

Es gibt inzwischen regelmäßige Linienflüge wichtiger Luftfahrtgesellschaften, u. a. aus Europa und Staaten des Nahen Ostens, nach Bagdad (Royal Jordanian, Middle East Airlines, Turkish Airlines). Es gibt Inlandsflüge zwischen Sulaymaniya und Basra sowie Bagdad (Iraqi Airways), weiters gibt es Inlandsflüge zwischen Erbil und Bagdad, Basra sowie Najaf (Iraqi Airways, Fly Baghdad). Mitunter kehren Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM) aus Deutschland über Amman freiwillig nach Irak zurück. Seit 01.01.2017 werden für Rückkehrer aus Österreich insgesamt drei Reintegrationsprojekte angeboten: RESTART II von der Internationalen Organisation für Migration (IOM), IRMA plus von der Caritas Österreich und ERIN vom Bundesministerium für Inneres (BM.I). Das Projekt ERIN betrifft Rückkehrer in den Irak. 2015 kehrten 754 Personen in den Irak zurück. Die meisten von IOM Österreich im Jahr 2016 unterstützten Personen kehrten in den Irak(1.396 Personen) zurück. Im ersten Halbjahr 2017 unterstützte IOM Österreich insgesamt 1.716 Menschen (1.286 Männer und 430 Frauen) bei der freiwilligen Rückkehr in ihre Herkunftsländer. Die mit Abstand größte Gruppe (356 Personen) kehrte in den Irak zurück, womit sich der Trend aus dem Vorjahr fortsetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sowie zu seinen familiären Lebensumständen im Herkunftsstaat, seiner illegalen Einreise nach Österreich sowie seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren sowie aus den Verwaltungsakten. Es ist kein Grund ersichtlich, daran zu zweifeln.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist und Leistungen aus der Grundversorgung bezieht ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 05.02.2018.

Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage nachvollziehbar, umfangreich und fundiert zusammengefasst. Das BFA ist zu Recht davon ausgegangen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung wegen seiner Religionszugehörigkeit bzw. Clanzugehörigkeit glaubhaft zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen zum Sachverhalt und der dazu führenden Beweiswürdigung an.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde vom BFA vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben, der immer noch die gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Das BFA hat auch die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in der angefochtenen Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und teilt das Bundesverwaltungsgericht auch die tragenden Erwägungen im angefochtenen Bescheid. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet.

Mit dem gesamten Vorbringen in der Beschwerde, dass etwas nicht nachvollziehbar sei, der Beschwerdeführer genaue Angaben habe machen können, er seine Asylgründe schlüssig, ausführlich und glaubhaft angeführt habe, wird der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht konkret und im Einzelnen entgegengetreten, sondern die Beweiswürdigung bloß unsubstantiiert bestritten.

Wie das BFA zu Recht ausführte, brachte der Beschwerdeführer zunächst keine persönliche Bedrohung vor. Er schilderte im Rahmen der freien Erzählung seines Fluchtgrundes ausschließlich die allgemeine Lage in seinem Heimatort. Erst auf mehrfaches Nachfragen behauptete der Beschwerdeführer, es habe eine Bedrohung gegeben. Wie das BFA aber richtig ausführte, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, dieses glaubhaft vorzubringen, da es ihm nicht möglich war, die Bedrohung konsistent und überzeugend zu schildern.

Auch das Aussageverhalten des Beschwerdeführers, nämlich sein Vorbringen beliebig abzuändern, spricht nicht dafür, dass dieses den Tatsachen entspricht. So ist es nicht glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer zunächst behauptet, er sei nie persönlich verfolgt oder bedroht worden und nach Rückübersetzung des Protokolls behauptet, er sei doch persönlich bedroht worden (AS 38).

Ergänzend wird auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung erklärte, dass er vertrieben worden sei und Angst vor dem IS habe (AS 9). In der Einvernahme vor dem BFA behauptete er dagegen, keine Probleme mit dem IS gehabt zu haben und sprach auch nicht davon, Angst vor dem IS gehabt zu haben (AS 35). Diese unterschiedlichen Angaben runden das bereits gewonnene Bild ab, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund nicht glaubhaft ist.

Es ist daher insgesamt dem BFA dahingehend zu folgen, wenn es ausführt, dass der Beschwerdeführer trotz mehrfacher Aufforderung nicht in der Lage war, ein stichhaltiges, detailliertes und auch nachvollziehbares Vorbringen rund um seinen Fluchtgrund darzulegen und er durch seine widersprüchlichen Aussagen, bloß vagen, abstrakten und teilweise nicht nachvollziehbaren Angaben eine Verfolgung nicht habe glaubhaft machen können.

Das BFA hat den Beschwerdeführer ausführlich einvernommen, ihm in der Einvernahme die aufgetretenen Widersprüche vorgehalten und in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides schlüssig dargelegt, warum die Angaben des Beschwerdeführers unglaubwürdig sind. Das Bundesverwaltungsgericht kann daher nicht finden, dass das BFA seinen Ermittlungspflichten nicht nachgekommen wäre. Fallbezogene Recherchen waren daher nicht erforderlich (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach das BFA den Beschwerdeführer hinsichtlich einer ihm drohenden persönlichen Verfolgung absichtlich missverstanden habe, kann nicht gefolgt werden, zumal nicht einmal ausgeführt wird, worin der Beschwerdeführer eine Absicht des BFA erkennen will.

Auch das Vorbringen, dass die intensive Gefahr von Repressalien der mit der irakischen Armee immer enger verflochtenen radikal-schiitische Milizen gegenüber der sunnitischen Zivilbevölkerung bestünde, lässt alleine daraus keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers ableiten. Gleiches gilt auch für die Ausführungen in der Stellungnahme, wonach die staatlichen Institutionen des Iraks zunehmend von Schiiten kontrolliert werden.

Die Feststellungen zur Situation im Irak beruhen auf folgenden Quellen:

* Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 07.02.2017 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak

* UK Home Office, Country Policy and Information Note, Iraq:

Return/Internal relocation, September 2017

* Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement, Fact Sheet Irak, Nr. 63 bis 65, 10.06.2017 bis 13.10.2017

* Lifos Thematic Report, The Security Situation in Iraq: July 2016–November 2017, 18.12.2017

* IOM Iraq, Displacement Tracking Matrix, DTM Round 86, December 2017

Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer trat diesen Feststellungen in der Stellungnahme nicht konkret und substantiiert entgegen. In der Stellungnahme wird auf das UNHCR Flash Update vom 23.04.2017 verwiesen und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass Mossul nach wie vor nicht befreit sei. Dieser Bericht weist mangelnde Aktualität auf, da sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen aktuelleren Berichten ergibt, dass Mossul vom IS befreit ist. Soweit in der Stellungnahme auf besonders gefährdete Personengruppen wie Polizisten, Soldaten, Richter, Rechtsanwälte und Mitglieder des Sicherheitsapparats hingewiesen wird und dies im Hinblick auf die Verfolgungsintensität des Beschwerdeführers zu beurteilen sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer gar nicht vorgebracht hat, einer besonders gefährdeten Personen gruppe anzugehören.

In Bezug auf den in der Beschwerde gestellten Antrag, einen länderkundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak und den spezifischen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Punkten befasse, wird festgehalten, dass hier kein tauglicher Beweisantrag vorliegt. Ein tauglicher Beweisantrag liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.01.1996, 94/13/01529). Weiters handelt es sich hierbei um einen als unzulässig zu erachtenden Antrag auf Einholung eines Erkundungsbeweises. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – und somit auch im Asylverfahren – unzulässig (vgl. zB VwGH 15.1.2009, 2007/01/0443, 30.9.1997, 96/01/0794, 20.6.1996, 95/19/0064). Daher ist die Behörde nicht gemäß § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 46, Rz 16 mwN).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 2.9.2015, Ra 2014/19/0127).

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Die belangte Behörde ist ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung nachgekommen. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Verbindung mit der Beschwerde immer noch entsprechend aktuell und vollständig. Das BFA hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und das Bundesverwaltungsgericht teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet (VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht – unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) –, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

Da der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer eine über die allgemeinen Gefahren der im Irak gebietsweise herrschenden bürgerkriegsähnlichen Situation hinausgehende Gruppenverfolgung droht. Dass im Irak eine generelle und systematische Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensrichtung stattfindet, kann aus den länderkundlichen Feststellungen zur Lage im Irak nicht abgeleitet werden. Der Beschwerdeführer hat demnach nicht bereits aufgrund seiner sunnitischen Glaubensrichtung eine individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (VwGH 09.05.2016, Ra 2016/01/0068; 17.12.2015, Ra 2015/20/0048 mwN).

Auch das deutsche Verwaltungsgericht München geht nicht von einer Gruppenverfolgung von Sunniten im Irak aus (vgl. VG München, Urteil vom 22.05.2017, M 4 K 16.35780, Rz 18 und Urteil vom 28.03.2017, M 4 K 16.32031: Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung von Sunniten im Irak erforderliche Gefahrendichte liegt nicht vor. Es findet keine systematische Diskriminierung oder Verfolgung von religiösen und ethnischen Minderheiten durch Behörden statt. Auch wenn die Situation im Irak unübersichtlich und in einigen Gebieten durch Kampfhandlungen der ISIS gefährlich ist, reicht die abstrakte Gefahr, Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden, zur Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht aus).

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aus in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen droht. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen ebenso wie allfällige persönliche und wirtschaftliche Gründe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Es besteht im Übrigen keine Verpflichtung, Asylgründe zu ermitteln, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat (VwGH 21.11.1995, 95/20/0329 mwN).

Es gibt bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

2. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Die Zuerkennung von subsidiärem Schutz setzt somit voraus, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat entweder eine reale Gefahr einer Verletzung insbesondere von Art. 2 oder 3 EMRK bedeuten würde oder für ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Irak mit sich bringen würde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095, mit weiteren Nachweisen). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236 mwN).

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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