TE Dok 2017/9/26 42021-DK/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2017
beobachten
merken

Norm

BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Verstoß Weisungen

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

N.N. ist schuldig,

er habe im Nachtdienst in der PI zunächst

?     die tschechische Staatsbürgerin, sohin eine dienstfremde Person, entgegen den bestehenden Vorschriften zu den im Keller befindlichen Umkleidekabinen der PI mitgenommen und auch in den dort befindlichen Kommandantenruheraum,

?    Sich gemeinsam mit der dienstfremden Person im Kommandantenruheraum im Keller aufgehalten zu haben, obwohl er diese Dienstzeit mit dem Code 108 – Führung, Koordination, Leitung und Einsatzplanung – in der Diensteinteilung eingetragen hatte,

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BGD § 44 Abs. 1 BDG i.V.m der DA „Allgemeine Polizeidienstrichtlinien“, GZ P4/113730/1/2014 vom 19.05.2014, Pkt. II.7. (Eigensicherung) und Pkt. II.9. (Parteienverkehr) bzw. dem LPK-Befehl „Exekutivdienstrichtlinien, GZ LPK-OEA1-1000/45-05 vom 19.10.2005, Pkt. 3. (Gestaltung und Verrichtung des Exekutivdienstes) und Pkt. 4 (Eigenobjektsicherung) i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen.

Über den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi. 2 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 3.600,- (in Worten: dreitausendsechshundert) verhängt.

Hingegen wurde der Beamte von dem Vorwurf,

er habe im Nachtdienst in der PI

?    unter Hinterlegung einer Telefonnummern den Kollegen mitgeteilt, dass er eine private Geburtstagsfeier eines Freundes besuchen werde und die PI danach verlassen zu haben,

?    und die amtsfremde Person zeitweilig alleine im Kommandantenruheraum zurückgelassen und sie sich dort alleine aufgehalten hat,

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BGD § 44 Abs. 1 BDG i.V.m der DA „Allgemeine Polizeidienstrichtlinien“, GZ P4/113730/1/2014 vom 19.05.2014, Pkt. II.7. (Eigensicherung) und Pkt. II.9. (Parteienverkehr) bzw. dem LPK-Befehl „Exekutivdienstrichtlinien, GZ LPK-OEA1-1000/45-05 vom 19.10.2005, Pkt. 3. (Gestaltung und Verrichtung des Exekutivdienstes) und Pkt. 4 (Eigenobjektsicherung) i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen.

gemäß § 126 Abs. 2 i.V.m. § 118 Abs. 1 Zi 2 BDG freigesprochen.

Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

Über Antrag des Beschuldigten wird gemäß § 117 BDG Ratenzahlung gewährt.

BEGRÜNDUNG

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, ergibt sich aus der Disziplinaranzeige.

 

Sachverhalt:

Es wurde ein Vorfall bekannt, wonach es im Nachtdienst in der PI N.N. zu möglichen, disziplinären Verfehlungen des im Betreff angeführten Beamten gekommen sein soll.

Laut Angaben eines Kollegen hat der Beamte bereits zu Dienstbeginn gegenüber den anwesenden Beamten angegeben, dass er für 2 Stunden Außendienst versehen werde. Da der Beamte dann aber länger abwesend gewesen sei, seien unter den Kollegen Erhebungen durchgeführt wurde und dabei sei in Erfahrung gebracht worden, dass der Beamte mit einer jungen Frau bei den Umkleideräumlichkeiten gesehen worden sei. Bei einer Nachschau im Beisein der dienstführenden Beamtin sei festgestellt worden, dass ein Raum offenbar von innen versperrt war. Nach einiger Zeit sei die Türe geöffnet worden und der Beamte habe mit einer jungen Frau das Zimmer verlassen. In dem Raum seien die Handtasche der Frau sowie diverse „Sexutensilien“ auf dem Ruhebett verstreut zurückgeblieben. Ergänzend gab der Zeuge auf Befragung an, dass der Beschuldigte ca. 30 Minuten nach dem Verlassen mit der Frau in die PI zurückkehrte und sich wieder in den Umkleide- bzw. Bereithalteraum begeben habe. Vor der Türe sei leises Geflüster und ein Vibrationsgeräusch (offensichtlich Vibrator, mit Sicherheit nicht ein Vibrationsalarm eines Mobiltelefons) wahrgenommen worden. Kurz danach sei der Beschuldigte von der dienstführenden Beamtin angerufen worden. Weiters wird von dem Beamten angegeben, dass der Beschuldigte in letzter Zeit immer wieder während des Dienstes für längere Zeit abwesend sei. Er vermutete, dass es sich bei der jungen Frau um jene Frau handelt, welche insbesondere männlichen Beamten dienstlich bekannt sei, möglicherweise geistig gehandicapt und auffällig oft mit männlichen Polizeibeamten Kontakt suche.

Von der dienstführenden Beamtin wurde niederschriftlich angegeben, dass sie in der besagten Nacht in der PI eine Regeldienstergänzung absolviert habe. Sie habe ihren Dienst vorerst in einer anderen PI angetreten, sich umgezogen und sei mit dem Beschuligten telefonisch in Kontakt getreten, dass sie noch etwas Zeit benötigte, bis sie in der PI in der sie Dienst hatte, war. Dort angekommen habe es der Beschuldigte sichtlich eilig gehabt, und ihr gegenüber angegeben, dass er in den Außendienst gehe und auch auf der Geburtstagsfeier eines guten Freundes vorbeischauen werde. Er habe ihr auch eine Telefonnummer notiert, unter welcher er erreichbar sei.

Merkwürdigerweise hat der Beschuldigte alle anwesenden Kollegen gefragt, wo sie sich später befinden bzw. in der PI aufhalten werden, da er später beabsichtige, im Kommandantenraum auszuruhen.

Der Beschuldigte hat dann die PI verlassen. Gegen 21.15 Uhr habe ihr ein Kollege mitgeteilt, dass er den Beschuldigten in Begleitung eines Mädchens, eventuell nicht mal 18 Jahre, in die Umkleideräume gehen gesehen habe.

Sie habe Nachschau halten wollen und auf dem Weg zu den Umkleidekabinen einen weiteren Kollegen aufgefordert, sie zu begleiten. Vor der Türe des Kommandantenraumes habe sie Stimmen von einer männlichen und einer weiblichen Person wahrgenommen. Plötzlich sei die Türe geöffnet worden und der Beschuldigte und eine Frau hätten das Zimmer und schließlich das Gebäude verlassen. Sie habe sich vorerst nicht zu erkennen gegeben und sei mit dem Kollegen hinter der Türe stehen geblieben.

Bei einer Nachschau im Zimmer seien die Tasche der Dame und verschiedene „Sexspielsachen“ auf dem Bett wahrgenommen worden. Die Fernbedienung für den Vibrator habe sich auf dem Tisch, in der Mitte des Raumes befunden. Da sie nicht ausschließen konnte, dass es sich bei der Frau um eine Unmündige handelt, habe sie in der Handtasche nach einem Ausweis gesucht, jedoch lediglich Lichtbilder gefunden. Die vorgefundenen Gegenstände seien fotografiert worden.

Soweit es dienstlich möglich war, habe sie danach immer wieder im Bereich des Kommandantenraumes Nachschau gehalten. Gegen 22.00 Uhr sei die Besatzung des Stkw, zwecks Ablöse, in die PI gekommen und einer der Beamten habe ihr mitgeteilt, dass er dem Beschuldigten mit einer Frau rund um die PI spaziere bzw. beim Schranken stehe und auf etwas warte. Kurz darauf sei sie wieder zum Kommandantenraum gegangen und habe die beiden Personen zurückkommen sehen.

Der Beschuldigte dürfte dabei bemerkt haben, dass sich jemand in den Umkleidekabinen befindet, habe die Dame vor der Türe zurückgelassen und sich vermutlich zur Toilette begeben.

Sie habe die Frau, die vor der Türe zu den Umkleidekabinen stand angesprochen und gefragt, wer sie sei und was sie hier eigentlich mache. Die Frau habe angegeben, dass sie auf einen Kollegen warte. Sie habe nochmals gefragt, was sie da mache, jedoch sei da der Beschuldigte hinzugekommen und habe ihr gegenüber angegeben: „Das passt schon, sie gehört zu mir, ich habe sie draußen getroffen.“ Anschließend der Beschuldoigte mit der Frau die PI verlassen.

Die dienstführende Beamtin hatte ein merkwürdiges Gefühl gehabt und kurze Zeit später wieder bei den Kommandantenräumen Nachschau gehalten. Dort habe sie festgestellt, dass die beiden Personen schon wieder im Zimmer waren. Sie habe Gelächter sowie undefinierbare Geräusche gehört. Sie habe überlegt, einfach in den Raum zu platzen, jedoch dann, gegen 23.30 Uhr, den Beschuldigten telefonisch kontaktiert und diesem mitgeteilt, dass der SLS Kommandant gebraucht werde. Der Beschuldigte sei sofort in die PI gekommen und habe sich ihr gegenüber betreffend die Anwesenheit der Frau gerechtfertigt (er kenne diese schon seit sie als Kind auf dem Rad gefahren sei, sie habe jetzt Probleme und er habe sich alles anhören müssen etc.). Sie habe während der Anwesenheit des des Beschuldigten in der PI nachsehen wollen, ob die Frau noch anwesend ist, jedoch sei ihr dies nicht gelungen, da der Beamte immer wieder mit ihr redete bzw. sie ablenken wollte. Er sei ihr ständig nachgegangen.

Schließlich habe sie den Beamten direkt darauf angesprochen, warum er fremde Leute in die Räume der Kollegen mitnehme. Er habe gesagt, dass dies alles nicht stimme und er nie jemanden mitnehmen würde. Da sie der Beamte anlog, habe sie es nicht der Mühe wert gefunden, weiter darüber zu diskutieren. Mit den anderen Beamten sei die Information des PI-Kommandanten vereinbart worden.

Von der Beamtin wird ergänzend angeführt, dass sie am Folgetag Tagdienst hatte und im Zuge eines Einsatzes im UKH den Beschuldigten in Begleitung der Frau von der Nacht, bei einem Spaziergang wahrgenommen habe. Ihrem Wissen nach habe der Beschuldigte an diesem Tag bis 14.00 Uhr Regeldienstergänzung gehabt.

Von einem weiteren Kollegen wurde niederschriftlich angegeben, dass bei der Besprechung zu Dienstbeginn dem Beschuldigten bekannt gegeben habe, dass er auf einem Zettel eine Telefonnummer hinterlegt habe, unter welcher er erreichbar sei. Weiters habe er mitgeteilt, dass er sich in den Außendienst begeben und dabei auf einer Geburtstagsfeier vorbeischauen werde. Zudem habe der Beamte auch wissen wollen, wo sich die Beamten später in der PI aufhalten würden.

Im Nachhinein betrachtet entstehe für ihn der Eindruck, dass der Beschuldigte nicht wollte, dass sich jemand in den Bereich der Ruheräume hinunter begibt.

Der Beamte gibt weiters an, dass er gegen 21.15 Uhr, im Zuge der Vorbereitung für den Außendienst im Kellerbereich bei seinem Kasten seine Haube geholt habe. Auf dem Retourweg sei er mit der dienstführenden Beamtin zusammengetroffen und diese habe ihn durch Zeichen bzw. unter Hinweis, dass sie den Beschuldigten suche, aufgefordert, ihr zu folgen. Beim Ruheraum der Kommandanten sei Licht wahrgenommen worden. Plötzlich sei die Türe aufgesperrt worden und der Beschuldigte habe mit einer zweiten Person das Zimmer verlassen. Ihre Anwesenheit sei vom Beschuldigten nicht wahrgenommen worden. Der Beschuldigte und die amtsfremde Frau seien dann vor dem Gebäude wahrgenommen worden.

Sie seien dann in den Kommandantenruheraum gegangen und hätten dort eine Handtasche, welche teilweise ausgeräumt war, auf dem Bett liegend wahrgenommen. Am Tisch mitten im Raum sei ein Vibrator gelegen und über Auftrag der dienstführenden Beamtin sei die vorgefundene Situation mit Fotos dokumentiert worden.

Von einem weiteren Zeugen wurde angegeben, dass bei der Besprechung zu Dienstbeginn Beschuldgiten bekanntgegeben worden sei, dass er auf einem Zettel eine Telefonnummer hinterlegt habe, unter der er erreichbar sei. Weiters sei angegeben worden, dass er sich in den Außendienst begeben werde und auch auf einer Geburtstagsfeier vorbeischauen möchte.

Gegen 21.15 Uhr habe er im Zuge des motorisierten Streifendienstes ein Dienststück in der PI vorbeigebracht und dabei beim Schranken den Beschuldigten mit einer jungen, weiblichen Person wahrgenommen. Er habe aufgrund des Aussehens angenommen, dass es sich um die Tochter des Beamten handelt und sich in der PI erkundigt, ob der Beschuldigte mit seiner Tochter gekommen sei. Anschließend habe er den Streifendienst wieder aufgenommen.

Laut der vorliegenden Diensteinteilung hat der Beamte im besagten Nachtdienst in der Zeit vom 19.30 bis 21.30 Uhr den Code 399 (Präventiver Streifendienst zu Fuß) eingetragen. Die restlichen Dienststunden sind mit dem Code 108 (Führung, Koordination – Leitung, Einsatzplanung und Einsatzleitung) gekennzeichnet.

Bei der besagten Frau handelt es sich um eine 20-jährige, tschechische Staatsbürgerin. Die Frau ist ohne Wohnsitz im Bundesgebiet aufhältig und wurde daher einer Identitätsfeststellung unterzogen. Bei einer, nach der ID-Feststellung durchgeführten Befragung durch zwei Beamtinnen die Frau an, dass sie vor ca. 3 Wochen einen Polizisten unter den Namen „Norbert“ kennengelernt habe. Da sie fortlaufend Probleme mit ihrer Schwester und ihrem Ex-Verlobten habe, habe sie des Öfteren Hilfe bei diesem Beamten gesucht. Sie habe den Beamten des Öfteren auf der Straße getroffen, um mit ihm zu reden. Für sie sei es nicht bedenklich gewesen, dass sich ein Polizist ihrer annimmt und sich mit ihr trifft, um über ihre Probleme zu reden.

Von der Frau wurde angegeben, dass sie sich in der besagten Nacht mit diesem „Norbert“ getroffen und sich auch im Umkleideraum der PI aufgehalten habe. Mit den aufgenommenen Fotos ihrer Handtasche und dem offen herumliegenden Inhalt konfrontiert gab die Frau an, dass sie etwas in der Tasche gesucht habe. Zu diesem Zweck habe sie alles ausräumen müssen und die Gegenstände aufs Bett gelegt. Danach habe sie mit dem Beamten das Zimmer verlassen, um vor der PI „eine zu rauchen“. Anschließend seien sie in die Umkleideräume zurückgekehrt und hätten sich unterhalten. Die Frage nach geschlechtlichen Handlungen mit „Norbert“ wurde laut vorliegendem Bericht mit einem „verschmitzten“ Lächeln verneint. Die Frau zeigte demnach auch typische Zeichen einer bereits misshandelten Person und gab auch von sich aus an, dass sie einmal bereits misshandelt worden sei und dass sie aus diesem Grund kein Verhalten dulden würde, mit welchem sie nicht einverstanden sei. Auch wiederholte Fragen bezüglich geschlechtlicher Handlungen mit „Norbert“ wurden verneint.

Der Beschuldigte wurde von der Frau anhand eines vorgelegten Lichtbildes als „Norbert“ identifiziert.

Verantwortung:

Dem Beschudlgiten wurde vom zuständigen Stadtpolizeikommandanten die Möglichkeit gegeben, sich zu dem Vorfall zu äußern. Von dem Beamten wurde vorerst angegeben, dass er sich im Außendienst befunden habe und dabei mit einer Frau aus dienstlichen Gründen Kontakt gehabt habe. Er sei mit der Frau nicht in die PI gegangen. Die Frau habe ihren Kummer über die Trennung von ihrem Verlobten geschildert und auch angegeben, dass er sie aus der Wohnung gewiesen habe. Mit dem Umstand konfrontiert, dass er auf dem Überwachungsmonitor der PI mit der Frau gesehen worden sei, wurde von dem Beamten nunmehr angegeben, dass er der Frau lediglich ein Essen zahlen wollte, er jedoch sein Portemonnaie in seinem Kasten vergessen habe und dieses holen wollte. Er habe nicht gewollt, dass die Frau in die Umkleideräumlichkeiten der PI mitkommt, sie habe sich aber nicht abweisen lassen. Mit dem Umstand konfrontiert, dass er seinen Umkleidekasten nicht in den Umkleideräumlichkeiten der PI-Kommandanten habe, gab der Beamte an, dass er aus seinem Kastenraum nicht nur das Portemonnaie, sondern auch gleich seinen Schlafsack geholt und diesen im Bereithalteraum – zugleich Umkleideraum der PI-Kommandanten - ausbreiten wollte. Vom Beschuldigten wurde weiters angegeben, dass es sich bei der Frau um eine 21-jährige Frau handelt, die er schon als kleines Mädchen gekannt und die früher in seinem Rayon gewohnt habe, dass er nach dem Verlassen der PI mit ihr beim Mac Donald essen gewesen sei und dass die Frau ihre Handtasche in der PI zurückgelassen habe, da diese schwer gewesen sei und sie diese nicht mitnehmen wollte.

Nach Rechtsbelehrung (Verdacht von zumindest disziplinären Verfehlungen) und Hinweis auf sein Entschlagungsrecht wurde von dem Beamten jede weiterer Kooperation und auch die Mitwirkung an der Aufnahme einer Niederschrift abgelehnt.

 

Anlastungen durch die Dienstbehörde:

Der Beamte steht im dringenden Verdacht, schuldhafte Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 sowie gemäß § 44 BDG 1979 i.V.m der DA „Allgemeine Polizeidienstrichtlinien“, GZ P4/113730/1/2014 vom 19.05.2014, Pkt. II.7. (Eigensicherung) und Pkt. II.9. (Parteienverkehr) bzw. dem LPK-Befehl „Exekutivdienstrichtlinien, GZ LPK-OEA1-1000/45-05 vom 19.10.2005, Pkt. 3. (Gestaltung und Verrichtung des Exekutivdienstes) und Pkt. 4 (Eigenobjektsicherung) begangen zu haben.

Rechtsgrundlage:

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Die - nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 einzuhaltenden - dienstlichen Aufgaben des Beamten ergeben sich aus dem Arbeitsplatz, der dem Beamten zugewiesen ist, und in inhaltlicher Hinsicht aus den maßgeblichen (Verwaltungs-)Vorschriften (VwGH v 23.04.2013, 2012/09/0045).

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Was die Unterstellung von Vorfällen unter § 43 Abs. 2 BDG 1979 betrifft, liegt das zu schützende Rechtsgut in der Funktionsfähigkeit des öffentliches Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft. Mit dem Hinweis auf die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben wird dem Beamten ganz allgemein ein dienstliches oder außerdienstliches Verhalten untersagt, das bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben das Einfließenlassen anderer als dienstlicher Interessen vermuten lässt (so Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 2te Auflage, 1996, 118). Diese Rückschlüsse können nur aus einem Verhalten gezogen werden, das mit seinem Aufgabenbereich in Zusammenhang steht (so genannter Dienstbezug). Dieser Dienstbezug kann ein allgemeiner sein, der sich aus jenen Aufgaben ergibt, die jeder Beamte zu erfüllen hat, er kann sich aber auch aus den besonderen Aufgaben des betroffenen Beamten ergeben (besonderer Dienstbezug; Hinweis E 10.12.1996, 93/09/0070) (VwGH v 16.10.2001, 2000/09/0012).

Für den Tatbestand des § 43 Abs. 2 i.V.m § 91 BDG 1979 kommt es nur darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt nach geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen. Es kommt weder auf die öffentliche Begehung der Tat noch darauf an, ob das Verhalten des Beamten in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (Hinweis E 13.11.1985, 84/09/0143, 18.10.1989, 89/09/0017). Dasselbe gilt auch für einen Weisungsverstoß nach § 44 Abs. 1 BDG 1979. (VwGH v 24.02.2011, 2009/09/0184).

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

Grundsätzlich ist jeder Beamte verpflichtet, die seinen dienstlichen Bereich betreffenden Normen, worunter auch Weisungen wie Dienstanweisungen und Dienstaufträge gehören, zu kennen (VwGH 26.01.2012, 2011/09/0181)

Entsprechend einer Entscheidung der Disziplinarkommission beim BMI vom 27.05.2015, GZ 9-DK/15, hat gemäß § 44 Abs. 1 BDG der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Das bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbarten Erlässe, sowie schriftliche Befehle des zuständigen Landespolizeikommandos und schriftliche oder mündliche Befehle/Dienstaufträge/Diensteinteilungen seiner Vorgesetzten, zu befolgen hat. Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einem militärisch organisierten Wachkörper wie der Exekutive Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu garantieren. Wie auch die Disziplinaroberkommission (bis 31.12.2013) schon wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung (DOK/08).

Laut der Dienstanweisung P4/113730/1/2014 vom 19.05.2014, „Allgemeine Polizeidienstrichtlinien“, Pkt. II.7. sind die Bestimmungen und Grundsätze der Eigensicherung unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Laut Pkt. II.9. darf Parteien und polizeifremden Personen das Betreten des gesicherten Dienststellenbereiches nur dann gewährt werden, wenn nach erfolgter Sichtkontrolle dem Anschein nach keine Gefährdung zu erwarten ist. Die Erstabklärung mit eintretenden Parteien und polizeifremden Personen hat grundsätzlich im Parteienraum zu erfolgen. Weiters ist Parteien das unbeaufsichtigte Bewegen und Verweilen innerhalb der gesicherten Dienststelle nicht zu ermöglichen und kann sonstigen polizeifremden Personen dies in Ausnahmefällen gestattet werden, wenn dadurch die exekutive Aufgabenerfüllung und die Sicherheit nicht gefährdet werden.

Laut LPK-Befehl LPK-OEA1-1000/45-05 vom 19.10.2005 „Exekutivdienstrichtlinien“, Pkt. 3.1 ist die Verrichtung des Exekutivdienstes die primäre Aufgabe des Wachkörpers Bundespolizei. Dabei gilt der Grundsatz, mit den verfügbaren Kräften eine möglichst hohe Außendienstpräsenz zu erreichen und sie mit einem Minimum an Verwaltungssaufwand in Anlassfall gezielt einsetzen zu können. Unter Außendienstpräsenz ist hier die tatsächliche Verrichtung des Exekutivdienstes außerhalb der Dienststelle zu verstehen. Dies gilt insbesondere für alle Bediensteten der Polizeiinspektionen und der operativen Teilorganisationen. Gemäß Pkt. 4.1. des zitierten LPK-Befehles ist Zweck der Eigenobjektsicherung, Gefahren, die durch äußere Einflüsse, technische Gebrechen und/oder aus dem inneren Betrieb resultierend, vorzubeugen, sie rechtzeitig zu erkennen und im Falle der Bedrohung abzuwehren.

Disziplinäre Würdigung durch die Dienstbehörde:

Im Verhalten des Beschuldigten, in seiner Ankündigung, während des Außendienstes eine private Geburtstagsfeier zu besuchen bzw. zutreffendenfalls des Umstandes, dass der Beamte tatsächlich eine derartige Feier während des Außendienstes besucht hat, werden schuldhafte Dienstpflichtverletzungen in Richtung § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 erblickt.

Aufgrund des Ermittlungsergebnisses hat der Beamte gegen 20.00 Uhr die PI verlassen und wurde gegen 21.15 Uhr im PI-Bereich wahrgenommen. Laut Diensteinteilung war der Beamte in der Zeit von 19.30 bis 21.30 Uhr zum Fußstreifendienst eingeteilt. Erst kurz nach 23.00 Uhr, nach einem Anruf von dienstführenden Beamtin, ist der Beamte erst wieder zu seinem Arbeitsplatz zurückgekehrt und somit für dienstliche Tätigkeiten zur Verfügung gestanden. Im Zusammenhang mit dem LPK-Befehl „Exekutivdienstrichtlinien“ wird eine schulhafte Dienstpflichtverletzung in Richtung § 44 Abs. 1 BDG 1979 erblickt.

Im Zusammenhang mit der Mitnahme einer polizeifremden Person in die Umkleideräume (gesicherter Dienststellenbereich) – im ggst. Fall auch unter Umgehung der vorgesehenen Kontrolle - und das alleinige Verweilen lassen dieser Person vor dem Umkleideraum werden im Zusammenhang mit der DA „Allgemeine Polizeidienstrichtlinien“ bzw. dem LPK-Befehl „Exekutivdienstrichtlinien“ schuldhafte Dienstpflichtverletzungen in Richtung § 44 Abs. 1 BDG 1979 erblickt.

Als erschwerend muss dem Beamten angelastet werden, dass es sich bei ihm um einen dienstführenden und zum Vorfallszeitpunkt um jenen, für den Dienstbetrieb verantwortlichen Vorgesetzten handelt, dem eine besondere Vorbildfunktion gegenüber sämtlichen anderen, dienstversehenden Beamten zukommt.

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Rechtsgrundlagen:

§ 44 (1) BDG: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt, zu befolgen.

Zum Schuldspruch:

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens einstimmig zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen zu den Punkten 2 und 3 schuldhaft begangen hat.

Der Vorwurf lautet dahingehend, dass sich der Beamte 2x weisungswidrig verhalten hat, indem er nicht nur eine dienstfremde Person in die Umkleideräumlichkeiten der PI mitgenommen hat, sondern dies an einem Abend 2x hintereinander über einen Zeitraum von etwa 1 ¾ Stunden, und zum anderen jedoch den Code 108 Führung und Leitung eingetragen hatte und den Code nicht der Leistung, die in weiterer Folge erbracht wurde, angepasst hat.

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Dies bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbaren Erlässe, sowie die schriftlichen Befehle seiner zuständigen Dienstbehörde und mündliche Befehle seiner Vorgesetzten zu befolgen hat.

Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einer Sicherheitsbehörde Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeiliche Aufgaben zu garantieren.

Unter „Weisung“ ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation.

Der Aufbau und die Struktur einer polizeilichen Organisationseinheit erfordern für ein reibungsloses Funktionieren ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft zwischen Bediensteten auf verschiedenen Hierarchieebenen, welches durch das Instrument der Weisung abgesichert ist.

Die Prüfung auf Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit kommt deshalb dem nachgeordneten Organ nicht zu, er muss jede dienstliche Anordnung befolgen, es sei denn, diese verstoße gegen strafgesetzliche Vorschriften. Das liegt im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor.

Gegenständliche Dienstanweisungen der LPD sind schriftliche Weisungen, welche allen Beamten via Veröffentlichung im Intranet zur Kenntnis gebracht worden sind.

Daher handelt der Beamte pflichtwidrig, wenn er dienstliche Anordnungen nicht befolgt.

Sind dienstliche Weisungen erkennbar erteilt, so sind sie grundsätzlich bindend und können nicht aus eigener Beurteilung zurückgewiesen werden. Ungehorsam drückt sich normalerweise in der gezielten Ablehnung oder in der nachlässigen Außerachtlassung einer Anordnung aufgrund bedingten Vorsatzes oder Fahrlässigkeit aus.

Wie bereits die Disziplinaroberkommission wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG grundsätzlich zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen grundlegende Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung (57/8-DOK/08 vom 11.11.2008).

Auch der VwGH hat § 44 BDG als so „grundsätzliche Bestimmungen des Dienstrechts“ gesehen, dass er bei der „unberechtigten Nichtbefolgung einer Weisung“ eine Disziplinarstrafe für „unbedingt erforderlich“ gehalten und die Voraussetzung der „geringen Schuld“ in § 118 Abs. 1 Z 4 BDG als keinesfalls gegeben angenommen hat (VwGH 21.2.1991, 90/09/0180).

Vorliegendenfalls wurde eine dienstfremde Person in Räumlichkeiten mitgenommen, wo diese definitiv nichts verloren hatte, wo sich Waffenschränke und private Utensilien wie etwa Geldbörsen von Polizisten befinden. Dies wurde von den Kollegen des Beschuldigten auch bestätigt und wurde durch sein Verhalten nicht nur der gesamte Dienstbetrieb gestört, sondern waren die Kollegen durch diesen Verhalten peinlich berührt.

 

Weiters wurde durch den Beschuldigten der ursprünglich eingetragene Code 108 der Leistung nicht angepasst. Dies wäre etwa, wie die beiden Senatsmitglieder während der Verhandlung anführten etwa der Code 106 allgemeine Dienststellentätigkeit gewesen oder aber auch bei einer Befragung der Frau als Partei, der Code 107. Diese amtsfremde Person wurde selbst seitens des Verteidigers als Partei bezeichnet, und Parteien werden grundsätzlich beamtshandelt. Diese Parteien werden entweder in Parteienräumlichkeiten bzw. EInvernahmezimmern befragt jedoch keinesfalls in Diensträumlichkeiten mitgenommen, die nicht für Parteien bestimmt sind und der Zutritt für diese verboten ist.

Zum Freispruch:

Die Teilnahme an der privaten Feier konnte nicht nachgewiesen werden, sodass in dubio pro reo für den beschuldigten Beamten entschieden wurde. Der Nachweis, dass die amtsfremde Person allein im Ruheraum geblieben wäre, konnte nicht erbracht werden. Die Zeugen konnten diesbezüglich keine zweckdienlichen Aussagen tätigen.

 

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind außerdem die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistungen.

Nach der jüngsten Judikatur des VwGH hat sich der Senat zudem ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig erscheint.

Eine Bestrafung muss grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlungen stehen und muss spezial-und generalpräventiv erforderlich sein.

Der Beamte hat insofern gegen schriftliche Weisungen verstoßen, indem er die dienstfremde Person in die Umkleideräumlichkeiten der PI mitgenommen hat und mit ihr für einige Zeit dort verweilte. In nächster Umgebung befinden sich die Waffenschränke und persönliche Gegenstände der diensthabenden Polizisten. Weiters hat der Beamte im Zuge der Dienstverrichtung den Code der erbrachten Leistung nicht angepasst, sodass er auch gegen diese Weisung verstoßen hat, wobei gerade er als Vorgesetzter bei der Diensteinteilung besonders gefordert ist und bei ihm auch ein strengerer Maßstab anzulegen ist.

Als mildernd konnte die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit gewertet werden.

Erschwerend waren das Vorliegen von mehreren Weisungsverstößen sowie die Vorgesetztenfunktion.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten