Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
WeisungenText
Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
N.N. ist schuldig,
er habe als Beamter, vor etwa 80 Mitarbeitern der Parkraumüberwachung im Zuge einer Besprechung die Entscheidung der LPD Wien – nämlich, dass die Doppelbegehung aufgehoben und nunmehr wieder Einzelbegehungen durchzuführen sind – massiv kritisiert und nicht nur seine persönliche Meinung einfließen lassen, sondern dabei seine Rede mit ordinären Ausführungen und persönlichen Angriffen auf Führungsorgane der LPD und hetzerischen Aussagen versehen. Auszugsweise lautet dies wie folgt:
„i bin mit der Zeitung aufs Häusl gangan und hob ned gwusst soll i scheißen oder speibn soll, wie i glesn hab, 11 Polizisten am Wochenende bei Routineamtshandlungen verletzt und de dazöhn ma Wien ist die sicherste Stadt. Für des wos i gsagt hob, scheißen oder speibn entschuldig i mi, aber i hätt mi wirklich ankotzn kenna. Mia liagn si selber in Sack. Das sind politische Ämter, auch ein Herr Landespolizeivizepräsident der einen 5-Jahresvertrag hat, der im September orennt,“
„I sag euch, dass ich des sowohl umsetze. Bleib dabei. Jeder kann sagn, i brauch des nicht machen, habts a Hohlkreuz, hobs eana an Gartenschlauch eingsetzt, tans eana verbiegen. Na i verbieg me net. I steh zu dem.“
Und ich weiß auch, dass vielleicht viele da drin sitzen und sogn, is eh nicht schlecht jetzt habns vielleicht amal ane in die Goschn krieagt, mir hobn kane in die Goschn kriagt.“
„I hab ins Ministerium amal gschriebn, vor einem guten Jahr, wies mir wieder eine Statistik unterjubelt haben und das Ministerium hat mir quasi zruckgschriebn, dass i a Volltrottl bin. Ich kann mit den neuen Medien nicht umgehn.“
„Und die Sicherheitspartnerschaft – Wien ist eine lebenswerte Stadt, Wien ist eine sichere Stadt. Kummt dann der N.N. daher und sagt na, de Leut, de an der Basis san, de 500 sagn uns genau das Gegenteil, die Statistik sagt uns das Gegenteil. Na, was net sein kann, darf net sein. Alles bitte was passiert. Aber i hörs ja täglich. I hörs von der Angela Merkel, i hörs überall. Jeder einzelne Flüchtling ist ein Einzelfall. Dann hab ma halt 6000 Einzelfälle.“
„meine Einstellung kennt man in dieser Richtung auch, die ist sehr soziallastig. Aber irgendwann san mal auch Grenzen da. Und wann mir wer sagt, die Wahrheit hats immer ghasen ist zumutbar und a wans weh tut. Heut ist die Wahrheit nicht mehr zumutbar. Weil die Wahrheit darf man nimmer sagen.“
er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BGD sowie § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. der DA „Allgemeine Polizeidienstrichtlinien“, GZ. P4/113730/1/2014 und der DA „Sprachgebrauch in der Exekutive“, GZ: P4/452459/1/2012 vom 28.12.2012 i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,
Über den Beschuldigten wird gemäß § 115 BDG ein Schuldspruch ohne Strafe verhängt.
Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.
BEGRÜNDUNG
Der Verdacht Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, ergibt sich aus der Disziplinaranzeige.
Sachverhalt:
Im Zuge einer Besprechung mit ca. 80 PÜG-Mitarbeitern betreffend den Dienstauftrag der PÜG vom 28.03.2017, Pkt.: „Doppelbegehung“ (dieser wurde mit Dienstauftrag vom 24.04.2017 widerrufen) wurde von dem im Betreff angeführten Beamten die diesbezügliche Entscheidung der LPD kritisiert und teilweise mit ordinären Ausführungen, persönlichen Angriffen auf Führungsorgane und hetzerischen Passagen versehen und somit die zu erwartende Professionalität seiner Führungsaufgabe und die Sachlichkeit seiner Amtsführung ad absurdum geführt.
Bei den Angehörigen der Parkraumüberwachungsgruppe handelt es sich um Bedienstete des Magistrats der Stadt Wien, die auf Grund von § 17 Dienstordnung 1994 bzw. § 14 Vertragsbedienstetenordnung 1995 zur Dienstleistung bei der Landespolizeidirektion Wien abgeordnet sind und bezüglich Dienst- und Fachaufsicht dieser Behörde sowie dem Weisungsrecht des Landespolizeipräsidenten unterstellt sind.
Die Besprechung wurde von einer unbekannten Person (unbekannten Personen) mit Handy-Audioaufzeichnungen oder ähnlichem dokumentiert und dem Herrn Landespolizeivizepräsidenten in Form eines USB-Sticks übermittelt.
Konkret ergeben sich aus der Aufzeichnung nachstehende, unangepasste und fragwürdige Passagen:
I) Polizisten gehen auch nicht zu zweit hat der Herr Landesvizepolizeipräsident gesagt. Des is so. Das ist definitiv so, bitte, ich verstehe euren Unmut, ich versteh euer Gelächter, mir geht’s seit Freitag, i hätt am Freitag frei ghobt, i bin einakumman, i hob in H. dann angerufen und es geht seit Freitag weder den Sch. und uns dementsprechend guat, in dieser Richtung auch vernünftig. I steh knapp vor Fünfe auf, und des war für mi, i hoi ma die Zeitung und i hab ned gwusst und des sog i jetzt so salopp und wenn ana mit den Ausdruck net, wan ana damit ned umgehn kann bitte ich um Nachsicht, i bin mit der Zeitung aufs Häusl gangan und hob ned gwusst soll i scheißen oder speibn soll, wie i glesn hab, 11 Polizisten am Wochenende bei Routineamtshandlungen verletzt und de dazöhn ma Wien ist die sicherste Stadt. Für des wos i gsagt hob, scheißen oder speibn entschuldig i mi, aber i hätt mi wirklich ankotzn kenna. Mia liagn si selber in Sack. Das sind politische Ämter, auch ein Herr Landespolizeivizepräsident der einen 5-Jahresvertrag hat, der im September orennt, wo der Landeshauptmann ein großes Mitspracherecht hat und es geht definitiv auch, und ich steh nicht an des definitiv auch so zu sagen um Zahlen. Mir hobn voriges Jahr antreten müssen, weil ma um 5 Millionen weniger ghabt habn. Des Geld, des ihr einaholts, ist schon verbudgetiert, is schon verplant, des is so. Es geht nicht um eine Sicherheit, bei den liegt des offensichtlich in dieser Richtung nicht an, und daher bitte ist das ab 2.5. in dieser Richtung zu tun.
II) Ich bitte dahingehend um Nachsicht, dass wir nicht am Ende der Fahnenstange sind, wir haben a Rückgrat, wir können unsere Bedenken dementsprechend äußern, aber wenn jede Diskussion erstickt wird – ja aber - dann brauch ich ah net redn und brauch a net diskutieren.
III) Und wurscht, is steh zu dem was i da sog, i steh zu dem was i do sog, vielleicht hörn es einige nicht gerne, vielleicht hörn es einige in der Landespolizeidirektion nicht gerne. I hab überhaupt ka Problem. I hab kanns mehr, weil ich bin knappe 60, i bin am ende des letzten Drittels angelangt ich bin in der Endphase meines beruflichen Lebens. I sag euch, dass ich des sowohl umsetze. Bleib dabei. Jeder kann sagn, i brauch des nicht machen, habts a Hohlkreuz, hobs eana an Gartenschlauch eingsetzt, tans eana verbiegen. Na i verbieg me net. I steh zu dem. Aber meine soziale Intelligenz sagt mir a, ein militärisch organisierte Formation, für de hab mi vor knappe 40 Jahren entschieden, hab ich gewisse Sachen, de i net mittrag, zu tun. Auch ein Sch. funktioniert. (…unverständlich…) I scheu me net, dass i da sag, warum und wieso des is. Und ich weiß auch, dass vielleicht viele da drin sitzen und sogn, is eh nicht schlecht jetzt habns vielleicht amal ane in die Goschn krieagt, mir hobn kane in die Goschn kriagt.
IV) In diesem Sinne bitte, in diesem Sinne bitte – ich persönlich habe klipp und klar gesagt, wie ich dazu steh. Ich glaub man hätt sich mit der Doppelbegehung auch, auch aus diversen Gründen anfreunden können. Viele können das nicht. Aber entscheidende Stellen, was der Auslöser ist, es ist so. Es hat drei Tage eine Schockstarre gegeben, weil wir konterkarieren eigentlich die Linie der Stadt Wien und der Landespolizeidirektion, weil Wien ist so lebenswert und so sicher. Und wann wir sagen, Doppelbegehung weil die Übergriffe mehr werden, arbeiten wir gegen die eigene Firma. Da fehlen mir dazu die Worte.
V) I bin 40, i bin 40 Jahr in dem Gschäft, und i was, was für Entwicklung das de Zeit gnommen hat. Das weiß ich auch, dass weiß ich auch, das was i definitiv. Die Veränderungen sind in jeder Richtung da. Des was ma. I hab ins Ministerium amal gschriebn, vor einem guten Jahr, wies mir wieder eine Statistik unterjubelt haben und das Ministerium hat mir quasi zruckgschriebn, dass i a Volltrottl bin. Ich kann mit den neuen Medien nicht umgehn.
VI) Der Polizeivizepräsident ist auf fünf Jahre bestellt worden. Viele haben geglaubt, wenn Leiterpositionen zeitlich befristet werden, es wird besser. Weil sonst drahn ma nach fünf Jahren o. Wenn der das net macht und so. Das die politische Funktion - der Landeshauptmann redet mit beim Landespolizeipräsidenten. Und am 1. September rennt der Vertrag ab. Und die Sicherheitspartnerschaft – Wien ist eine lebenswerte Stadt, Wien ist eine sichere Stadt. Kummt dann der SCH. daher und sagt na, de Leut, de an der Basis san, de 500 sagn uns genau das Gegenteil, die Statistik sagt uns das Gegenteil. Na, was net sein kann, darf net sein. Alles bitte was passiert. Aber i hörs ja täglich. I hörs von der Angela Merkel, i hörs überall. Jeder einzelne Flüchtling ist ein Einzelfall. Dann hab ma halt 6000 Einzelfälle in der Woche, ah zu dem steh i. Und wir sind schon bereit und Österreich hat immer geholfen, Österreich wird immer helfen und meine Einstellung kennt man in dieser Richtung auch, die ist sehr soziallastig. Aber irgendwann san mal auch Grenzen da. Und wann mir wer sagt, die Wahrheit hats immer ghasen ist zumutbar und a wans weh tut. Heut ist die Wahrheit nicht mehr zumutbar. Weil die Wahrheit darf man nimmer sagen.
VII) Und wir haben, wir entwickeln und dorthin, was net sein darf, darf ma a net sagn. Offensichtlich. Was man net will, weil ma immer wieder, auch in Vorwahlzeiten leben auch durch die Medien oder sonst irgendwas. Wir entblöden uns nicht. Jetzt sag im noch amal, mir ist wurscht, wir entblöden uns nicht. Und a jeder was, woher meine politische Gesinnung liegt oder wo mein Stammhaus eigentlich ist. Aber wir entblöden sich das ma heute Pizza verteilen, weil ma sagn, i muss zu den Leut, will zu mir ins Bundeskanzleramt kommt ja kana. Ich hab guate Lust dass i heute hinfahr und anläut. Wir machen nur mehr Business, wir machen nur mehr Show. Ich kann heut kann Plan mehr als Bundeskanzler hinstellen. De müssen alle gestylt sein. Da andere hat angefangen mit Bungeejumping 90er Jahr. 2017 tuat der andere Pizza verkaufen. Da nächste stellt sich als Django hin, der räumt in der Politik auf. Wurscht wer des is. Ob rot, grün, schwarz, blau. A jeder muaß heut ausschaun, er muss ins Bild passen. Er muss verkaufbar sein. I kom vom Fußball. Augsburg steigt ab, weil de haben an Trainer mit 1,65 m und der steht mit einer Jacke vom Kleiderbauer durt. Die Mannschaft wird sich denken, wenn der Trainer draußen steht, was will uns der sagen. Soweit sama, net was der kann. Und de Trotteln verliern wirklich. Weil der verkörpert ja, der steht so draußen, billigsdorfer von Kleiderbauer Lederjacke, 1,65 Meter, was kann der. Fußballer muss ma sein. Brauchst net kicken können, muast ausschaun wie da (Salchitsch?). Des is vollkommen wurscht. Des ist leider des, wir gengan nur mehr auf des. Wir gengan nur mehr auf des. Da brauch i des und dann red ma, wir müssn die Mitteschicht erreichen. Da hab i die Mittelschicht. Wann i will drah i, wann i will drah i, wann i will drah i die Meinungsforscher alle ab. 500 PÜG`ler, i brauch ka Meinungsumfrage, de san repräsentativ, de san mit de Sirs und mit Gsindel zam, de kumman aus alle Schichten, Akademiker bis zum Sandhasn. I steh net an, des zu sagn. Mir haben a so a breite Palette, wir haben alles. Wir haben alles und i bin stolz auf des. Wir haben auch soziale Verantwortung. Wir haben a soziale Verantwortung und dann zu sagen, des is des net, wir brauchen da – es wird schon, es wird nie aner sagn, man rechnet schon mit dem Geld, des is schon verbudgetiert worden, des is schon verplant.
VIII) Freunde, ich versteh, ich versteh. Ich bin bei euch. Ich komme, ich komm ja auch aus diesen Kreisen. Ich will nicht sagen, die PÜG ist mein Kind. Ich bin ja seit Anbeginn der Zusammenlegung. Ich war ja mit federführend von Polizeiseite für die Zusammenlegung, für die Gespräche im Rathaus, was die Gemeinde eh net verstanden hat, das i des machen kann als C-Beamter, und bei ihnen sitzen lauter Akademiker dort. Der W. hat gsagt, wir schicken den hin, der sich auskennt. Die Botschaft habens auch net verstanden (Aussage sorgt für Gelächter).
IX) Symbolisch – Euch haben sie das Geld weggenommen, wir lassen euch draußen. Das heißt, da haben wir weniger Geld, dafür brauch ich mehr. Dann haben wir gesagt Doppelbegehung weils gefährlicher wird, und heut stell ma uns hin und sagen eigentlich is eh alles a Schaß, is eh nicht gefährlich, weil Wien ist die sicherste Stadt. Ich gratuliere euch, dass ihr da leben dürftst, zahlt euren Obolus. Daher in Zukunft, wann wir wählen bitte, die richtige Liste. Denn immer bedenken eins, in der Wahlzelle seid ihr alleine bitte. Wir haben ein Wahlgeheimnis.
Verantwortung:
Mit den Punkten I, III, IV und teilweise Punkt VI wurde der Beamte laut einem Schreiben des Herrn Landespolizeivizepräsidenten bereits im Zuge einer Besprechung konfrontiert bzw. wurden ihm diese wesentlichen Passagen zur Kenntnis gebracht. Der Beamte meinte, dass er möglicherweise manche Inhalte der Auftragsänderung falsch interpretiert habe und „vor den Kontrollorganen in Bildern zeichnen müsse“.
Mit einem Schreiben wurde via Abteilungsleitung AFA der Beamte ersucht, eine Stellungnahme zu den bereits angeführten sowie weiteren Punkten seiner Aussagen abzugeben. Mit einem Schreiben wurde von dem Beamten mitgeteilt, dass der verschrifteten – offensichtlich illegal aufgenommenen und weitergegebenen - Audioaufzeichnung nur generelle Aussagen zu entnehmen sind, die überdies komplett aus dem Zusammenhang gerissen sind. Da die Originalaufnahme ihm nicht vorliege, kann er diese weder dementieren noch bestätigen. Ergänzend wird von dem Beamten darauf hingewiesen, dass die Grenzen der Zulässigkeit, insbesondere in Hinblick auf die EMRK, nicht überschritten wurden.
Der Beamte befand sich seit seiner Dienstzuteilung im Urlaub bzw. befindet er sich im Krankenstand. Am 10.08.2017 wurde der Beschuldigte im Zuge einer telefonischen Kontaktaufnahme eine allfällige Anhörung bzw. Einsichtnahme in die Abschrift der Aufzeichnung angeboten. Von dem Beamten wurde angegeben, dass er sich diesbezüglich mit seinem Rechtsvertreter in Verbindung setzen werde. Bei einer telefonischen Kontaktaufnahme wurde von dem Beamten mitgeteilt, dass er dzt. keine weiteren Angaben machen wolle, es wurde jedoch um Ausfolgung einer Kopie der schriftlichen Ausfertigung gebeten bzw. deren Abholung zugesagt.
Anlastungen durch die Dienstbehörde:
Der Beamte steht im Verdacht, schuldhafte Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 BDG 1979 begangen zu haben.
Rechtsgrundlage:
Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anders bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
Gemäß Dienstordnung der LPD Wien, GZ P4/444849/2012 vom 23.01.2013, § 2, Verhalten der Polizeibediensteten, haben neben den durch die §§ 43 ff BDG und § 5 VBG sowie den im Sicherheitspolizeigesetz und der darauf basierenden Richtlinienverordnung festgelegten allgemeinen Dienstpflichten der Bediensteten alle Polizeibediensteten den Leitbildgrundsatz der Wiener Polizei „Sicherheit und Hilfe“ in den Mittelpunkt ihres Verhaltens zu stellen und dabei durch Höflichkeit und Entgegenkommen das grundsätzliche Angebot zur partnerschaftlichen Begegnung zwischen Polizei und Bürger deutlich zu machen. Innerhalb und außerhalb des Dienstes haben sich Polizeibedienstete so zu verhalten, dass sie die Achtung und das Vertrauen der Bevölkerung erwerben und wahren. Auch im Konfliktfall sollte der Beamte durch seine Kompetenz, Ruhe und das Deutlichmachen seines objektiven Standpunktes die auf persönliche Integrität und Fakten beruhende Autorität in Verbindung mit der Ausübung seiner dienstlichen Funktion beweisen.
Entsprechend der DA “Allgemeine Polizeidienstrichtlinien, GZ. P4/113730/1/2014 vom 19.05.2014, Punkt II.2. Auftreten, bekennt sich der Bedienstete der Bundespolizei dazu, dass eine professionelle Aufgabenerfüllung im Rahmen jedes Zusammenwirkens mit anderen Personen, neben der erforderlichen persönlichen und fachlichen Qualifikation, auch eine den allgemeinen gesellschaftlichen Umgangsformen angemessene Höflichkeit, ein respektvolles und der Menschenwürde entsprechendes Auftreten sowie ein gepflegtes Erscheinungsbild bedingt, um insbesondere das Vertrauen der Bevölkerung und das Ansehen des Polizeikorps zu stärken.
Gemäß der DA „Sprachgebrauch in der Exekutive“, GZ: P4/452459/1/2012 vom 28.12.2012, wird unter sprachlicher Diskriminierung jene Form des Sprachgebrauchs verstanden, durch die andere Menschen bewusst oder unbewusst in ihrer Würde angegriffen, herabgesetzt, abgewertet, beleidigt udglm. werden. Es ist im Sinne einer professionellen Aufgabenerfüllung unabdingbar erforderlich, dass sich alle MitarbeiterInnen der Sicherheitsexekutive sowohl während der Ausübung des Dienstes als auch außerhalb desselben solcher Umgangsformen und sprachlicher Ausdrucksformen zu bedienen haben, die den Eindruck einer diskriminierenden, erniedrigenden, entwürdigenden oder voreingenommenen Vorgansweise bzw. einen Rückschluss auf eine solcherart motivierte Grundhaltung erst gar nicht aufkommen lassen.
Disziplinäre Würdigung durch die Dienstbehörde:
Ein Beamter ist gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Weiters hat ein Beamter gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anders bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
Entsprechend einer Entscheidung der Disziplinarkommission beim BMI vom 27.05.2015, GZ 9-DK/15, hat gemäß § 44 Abs. 1 BDG der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Das bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbarten Erlässe, sowie schriftliche Befehle des zuständigen Landespolizeikommandos und schriftliche oder mündliche Befehle/Dienstaufträge/Diensteinteilungen seiner Vorgesetzten, zu befolgen hat. Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einem militärisch organisierten Wachkörper wie der Exekutive Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu garantieren. Wie auch die Disziplinaroberkommission (bis 31.12.2013) schon wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung (DOK/08).
Grundsätzlich ist jeder Beamte verpflichtet, die seinen dienstlichen Bereich betreffenden Normen, worunter auch Weisungen wie Dienstanweisungen und Dienstaufträge gehören, zu kennen (VwGH 26.01.2012, 2011/09/0181).
In den, vom Beschuldigten, im Zuge der Besprechung gegenüber ca. 80 PÜG-Mitarbeitern gemachten Äußerungen, in welchen er die Entscheidungen der LPDmit teilweise ordinären Ausführungen und persönlichen Angriffen auf Führungsorgane kritisiert, sowohl innenpolitische als auch europapolitische Entscheidungen in Frage stellt bzw. „lächerlich“ darstellt und seine politischen Ansichten empfiehlt, werden schuldhafte Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 BDG 1979 – unter Berücksichtigung der zitierten DA - erblickt. Die im Zuge der Besprechung wiederholte Diskreditierung der Führungsarbeit sowohl der Gemeinde als auch der LPD und die Unterstellung eines mangelnden Interesses betreffend die Sicherheit von PÜG-Organen entbehrt der von einem Beamten in dieser Position zu erwartenden Professionalität und verletzt nachhaltig und massiv das Vertrauen in dessen Führungsverhalten. Die Besprechung, welche dem Thema und dem anberaumten Zeitpunkt nach offensichtlich nur aufgrund der Änderung der „Doppelbegehung“ auf „Einzelbegehung“ anberaumt wurde, wurde in vielen Bereichen von den subjektiven Ansichten des Beschuldigten geprägt und hätte unter Zugrundelegung der Entscheidung der LPD Wien objektiv – ohne der vielen „unnötigen, sich wiederholenden Seitenhieben“ abgewickelt werden können.
Zum Schuldspruch:
Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens einstimmig zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung schuldhaft begangen hat.
Der Vorwurf lautet dahingehend, dass sich der Beamte weisungswidrig verhalten hätte, indem er im Zuge einer Besprechung vor etwa 80 Mitarbeitern des PÜG eine Anordnung der Geschäftsleitung nicht nur mit seiner persönlichen Weltanschauung und gespickt mit deftigen Kraftausdrücken kommentierte, sondern der Vortrag im Gesamten betrachtet eine unsachliche Kritik an der Kompetenz der Geschäftsleitung darstellte.
Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Dies bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbaren Erlässe, sowie die schriftlichen Befehle seiner zuständigen Dienstbehörde und mündliche Befehle seiner Vorgesetzten zu befolgen hat.
Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einer Sicherheitsbehörde Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeiliche Aufgaben zu garantieren.
Unter „Weisung“ ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation.
Der Aufbau und die Struktur einer polizeilichen Organisationseinheit erfordern für ein reibungsloses Funktionieren ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft zwischen Bediensteten auf verschiedenen Hierarchieebenen, welches durch das Instrument der Weisung abgesichert ist.
Die gegenständliche Dienstanweisung betreffend den Sprachgebrauch in der Exekutive dient der Sensibilisierung der Mitarbeiter und einer Bewusstseinsschaffung hinsichtlich der Wortwahl. Es ist im Sinne einer professionellen Aufgabenerfüllung unabdingbar erforderlich, dass sich alle Mitarbeiter der Sicherheitsexekutive sowohl während der Ausübung des Dienstes als auch außerhalb desselben solcher Umgangsformen und sprachlicher Ausdrucksformen zu bedienen haben, die den Eindruck einer diskriminierenden, erniedrigenden, entwürdigenden oder voreingenommenen Vorgangsweise bzw. einen Rückschluss auf eine solcherart motivierte Grundhaltung erst gar nicht aufkommen lassen.
Dazu sei angemerkt, dass es zwar vom menschlichen Standpunkt her nachvollziehbar sein mag, dass der Beamte aufgrund seiner fachlichen Kompetenz über die Änderung des Dienstauftrages emotional aufgebracht war und dies in weiterer Folge in entsprechender emotional aufgebrachter Weise transportiert hat, er aber aufgrund seiner Führungsposition einerseits in der Lage sein muss, seine emotionalen Ausbrüche und seine persönliche Meinung hintan zu halten und andererseits er als Fachbereichsleiter die Linie der Geschäftsleitung als verlängerter Arm sachlich zu vertreten hat.
Die Ausführungen des Beschuldigten, man müsse mit den PÜG-Organen milieubedingt einen derart derben Sprachgebrauch benützen, da diese ihn sonst nicht verstanden hätten, widerspricht nicht nur obiger Dienstanweisung, sondern jeglichen Complianceregeln des Innenressort und geht damit ins Leere.
Der Senat vertritt die Ansicht, dass es sicherlich nicht im Sinne der obigen Dienstanweisung sein kann, sich eines heftigen und derben Sprachgebrauchs zu bedienen, sich dafür zu entschuldigen, und diese Wortwahl nicht einstellt sondern weiterführt. Dadurch würde ja selbige Regelung völlig ad absurdum geführt werden.
Es darf nicht übersehen werden, dass der Beschuldigte durch seine Äußerungen im Gesamten betrachtet - und nicht nur auszugsweise – die Kompetenz der Geschäftsleitung in unangemessener Weise in Frage gestellt hat.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Definition der Meinungsfreiheit geprüft:
Die Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht und wird in der österreichischen Verfassung als ein gegen die Staatsgewalt gerichtetes Grundrecht garantiert, um zu verhindern, dass die öffentliche Meinungsbildung und die damit verbundene Auseinandersetzung mit Regierung und Gesetzgebung beeinträchtigt oder gar verboten wird. In engem Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit sichert die Informationsfreiheit den Zugang zu wichtigen Informationen, ohne die eine kritische Meinungsbildung gar nicht möglich wäre. Das Verbot der Zensur verhindert die Meinungs- und Informationskontrolle durch staatliche Stellen.
Der VwGH vertritt in seiner Judikatur zur Meinungsfreiheit folgendes:
Auch dem Beamten sind in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis alle Grundrechte - soweit sie in Betracht kommen - gewährleistet. Sachliche Kritik ist durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, und findet dort seine Grenze, wo das zulässige Maß an sachlicher Kritik überschritten wird und auf unangemessene, beleidigende oder auf verletzende Art und Weise erfolgt.
Auszuführen ist, dass in gegenständlichem Fall definitiv keine sachliche Kritik stattgefunden hat, sondern sich der Beamte unangemessen und diskriminierend über die Vorgangsweise der Geschäftsleitung geäußert hat und diese Äußerung mit seinem persönlichen Weltbild wiedergab, anstatt die neue Linie seiner Vorgesetzten sachlich zu vertreten.
Zu dieser unglücklichen Wortwahl gab sich der Beamten einsichtig und führte auch aus, dass er dies aus heutiger Sicht sicherlich anders formulieren würde.
Natürlich habe er aber immer die Linie seiner Vorgesetzten geachtet und umgesetzt, sodass davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte niemals die Absicht hatte, den vorliegenden Dienstauftrag zu negieren bzw. zu boykottieren.
Was bleibt, ist eine unangemessene deftige Wortwahl vor Publikum, weshalb seitens des Senates ein Schuldspruch ohne Strafe für ausreichend und angemessen erscheint.
Gemäß § 115 BDG kann im Falle eines Schuldspruchs von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn
1. dies ohne Verletzung dienstlicher Interesse möglich ist und
2. nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beamten von weiteren Verfehlungen abzuhalten.
Die Beurteilung einer Verletzung dienstlicher Interessen hat alle Folgen für Funktionsfähigkeit und Ansehen des Beamtentums in Betracht zu ziehen, mit denen die Dienstpflichtverletzung verbunden war. Sind die Folgen als unbedeutend zu erachten, so erscheinen dienstliche Interessen nicht verletzt. Dabei sind unter dem Begriff „Folgen“ nicht nur die unmittelbaren Tatfolgen, sondern ganz allgemein die Auswirkungen der Tat (KUCSKO-STADLMAYER, S 77, wo in diesem Zusammenhang auf S 45f verwiesen wird) zu verstehen.
Für das Ausmaß der Verletzung dienstlicher Interessen ist mittelbar auch die Schwere der Dienstpflichtverletzung, das heißt Unrechtsgehalt und Verschulden des Beamten, maßgeblich.
Die zweite Voraussetzung für das Absehen von der Strafe bilden spezialpräventive Erwägungen, wobei die angeführten Voraussetzungen wieder kumulativ vorliegen müssen.
Das Verschulden des Beschuldigten ist vorliegendenfalls als gering zu bezeichnen, da er zwar die Sachlichkeit außer Acht gelassen hat, jedoch in dieser Situation emotional aufgebracht war. Ihm ist es vorrangig um die Sicherheit seiner Mitarbeiter – für die er sich verantwortlich zeigte – gegangen und nicht darum, dass die Statistik stimmt und Einnahmeeinbußen die Folge der oben angeführten Vorgangsweise war.
Es ist davon auszugehen, dass die Folgen bzw. die Auswirkungen dieser Dienstpflichtverletzung für den Beamtenstand insofern gering bzw. unbedeutend sind, als dem Beschuldigten aufgrund des nunmehr durchgeführten Disziplinarverfahrens vor Augen geführt wurde, dass seine Wortwahl in dieser Art und Weise nicht angebracht war.
Der Senat hat sich somit den Argumenten der Disziplinaranwaltschaft angeschlossen, der eine niedrige Strafe beantragte.
Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind außerdem die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistungen.
Nach der jüngsten Judikatur des VwGH hat sich der Senat zudem ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig erscheint.
Eine Bestrafung muss grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlungen stehen und muss spezial-und generalpräventiv erforderlich sein.
Der Beamte hat insofern gegen eine schriftliche Weisung verstoßen, indem er sich als Vorgesetzter gegenüber ihm unterstellten Beamten einer Ausdrucksweise bediente, die nicht nur entbehrlich sondern eines Vorgesetzten schlichtweg unwürdig ist.
Als mildernd konnten die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, die sehr gute Dienstbeschreibung und die zahlreichen Belobigungen, die zeigen, dass es sich tatsächlich um einen engagierten Beamten handelt, der nicht nur von sich, sondern auch von den Mitarbeitern Arbeitsleistung einfordert, herangezogen werden.
Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
15.02.2018