Norm
§17 Abs1 Z7 GlBGDiskriminierungsgrund
Ethnische ZugehörigkeitDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der BegründungText
Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/336/17 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 7 GlBG durch Rechtsanwaltskanzlei B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:
Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t n i c h t v o r.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller per Email eine Initiativbewerbung mit einer Anfrage über bestehende Karrieremöglichkeiten an Herrn Mag. C und Frau Dr. D, Partner der Kartellrechtsabteilung der Antragsgegnerin, gesendet habe.
Mit Email habe ihm die HR-Beauftragte der Kanzlei Frau E auf seine lnitiativbewerbung hin eine Absage erteilt mit dem Hinweis, dass man sich nicht für ihn entschieden habe, obwohl er die für die Besetzung der offenen Stelle geforderten Voraussetzungen erfüllen würde und ihn seine beruflichen und akademischen Qualifikationen „sehr positiv [auszeichnen]" würden.
Noch am selben Abend habe die Kanzleipartnerin Frau Dr. D auf die Webseite der Alumni-Assoziation …. eine Ausschreibung für die Stelle eines Rechtsanwaltsanwärters bei der Kartellrechtsabteilung der Kanzlei gestellt.
In Anbetracht dieses Umstandes sowie des Wortlautes der ihm zugeschickten Absage habe er sich schließlich mehrmals telefonisch sowohl an die HR-Beauftragte als auch die Kanzleipartnerin Frau Dr. D mit der Bitte um Rückmeldung gewendet. Daraufhin habe ihm Frau E telefonisch mitgeteilt, dass laut Frau Dr. D der Grund für die Absage seiner lnitiativbewerbung darin gelegen sei, dass das Kartellrechtsteam der Kanzlei sehr klein sei und über eine beschränkte Einstellungskapazität verfüge. Da die Mehrheit der MandantInnen der Kanzlei deutschsprachig sei, sei die zu besetzende Stelle ausschließlich an deutsche MuttersprachlerInnen adressiert.
Infolge dessen habe er Frau E mitgeteilt, dass er auf Grund seiner Ausbildung und seines beruflichen Werdeganges einem Muttersprachler gleichzustellen sei. Daraufhin habe ihm Frau E vergewissert, dass sie Frau Dr. D um eine ausführliche Rückmeldung ersuchen würde.
Im Laufe eines erneuten Telefongesprächs sei ihm jedoch lediglich wiederholt derselbe Absagegrund (keine deutsche Muttersprache) bestätigt worden. Auch dieses Mal seien ihm für die Absage keine weiteren Gründe genannt worden. Dies lasse für ihn lediglich den Schluss zu, dass die Kanzlei ausschließlich auf seine ethnische Herkunft abgestellt und seine akademischen und beruflichen Erfahrungen nicht mitberücksichtigt habe.
Frau Dr. D habe weder seine Sprachkenntnisse geprüft noch einen Nachweis über ausreichende Sprachkenntnisse — wie z.B. ein Sprachzertifikat — verlangt. Seine durchaus ausreichenden Sprachkenntnisse seien von Frau Dr. D noch nicht einmal im Rahmen eines Telefongesprächs geprüft worden. Nicht zuletzt habe die Kanzlei seine relevanten beruflichen Erfahrungen, insbesondere jene zu seinem Umgang mit deutschsprachigen Behörden und Mandanten, nicht berücksichtigt.
Er verfüge über ein deutsches Abitur. Für die Bewertung seiner Bewerbung sei ebenso bedeutend, dass er den größten Teil seines rechtswissenschaftlichen Studiums mit gutem Erfolg an der Universität Wien absolviert und sämtliche dahingehend relevanten Fächer, wie z.B. die Modulprüfungen Unternehmensrecht, Europarecht und Bürgerliches Recht, erfolgreich bestanden habe.
Somit erfülle er sämtliche akademischen Voraussetzungen zur Besetzung der von Frau Dr. D ausgeschriebenen Stelle.
Über seine akademischen Qualifikationen hinaus habe er in seiner Bewerbung darlegen können, dass er eine große Anzahl relevanter beruflicher Erfahrungen im Bereich des Kartellrechtes gesammelt habe. So sei er als Rechtspraktikant …. vorwiegend für deutschsprachige Mandanten tätig gewesen.
Er habe sämtliche relevanten beruflichen Erfahrungen sowohl in seinem Lebenslauf als auch in seinem Motivationsschreiben detailliert beschrieben und die dazugehörigen Dienstzeugnisse und Empfehlungsschreiben beigelegt.
In Anbetracht dessen vertrete er die Auffassung, dass der oben beschriebene Sachverhalt zur Bewerbungsabsage auf Grund einer „nicht-deutschen Muttersprache" einen Fall direkter Diskriminierung auf Grund seiner ethnischen Herkunft darstelle und dass keine objektiven Rechtfertigungsgründe für eine Absage vorlägen.
In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass keine Diskriminierung vorliege. Das Bewerbungsschreiben des Antragstellers enthalte zahlreiche schwere orthografische und sonstige Mängel. Auch das Anschreiben enthalte zahlreiche Fehler.
Die fehlerhafte Bezeichnung des Arbeitgebers alleine sei ein Grund, der in Unternehmen regelmäßig zur Absage bei Bewerbungen führe. Dieser Fehler lasse auf mangelnde Sorgfalt des Bewerbers schließen und sei ein Indiz für geringes Interesse an dem Unternehmen.
Der Antragsteller habe unverzüglich Rückmeldung zu seiner Bewerbung erhalten und sich daraufhin nochmals per Email gemeldet. Diese E-Mail sei offenbar nicht am Mobiltelefon getippt worden, sondern, wie sich insbesondere durch die Verwendung der Signatur erkennen lasse, von einem Desktop. Obwohl die inhaltliche Nachricht im ersten Absatz nur 11 Worte umfasse, gebe es darin einen schweren Rechtschreibfehler. Im zweiten Absatz werde eine fehlerhafte sprachliche Formulierung verwendet.
Insgesamt ergebe sich bereits aus dem äußeren Bild der schriftlichen Bewerbung, dass der Bewerber entweder nicht fehlerfrei Deutsch spreche bzw. schreibe und/oder bei der Bewerbung äußerst schlampig gewesen sei. Dies alleine seien ausreichende sachliche Gründe für die Ablehnung der Bewerbung.
Die Ablehnung der Bewerbung sei aus diesen Gründen erfolgt. Die im Telefongespräch allenfalls verwendete Formulierung sei nur gebraucht worden, um dem Bewerber seine mangelnde Eignung für die konkrete Position nicht direkt zu kommunizieren.
In der Anlage wurde das Bewerbungsschreiben beigeschlossen, wobei die Fehler handschriftlich gekennzeichnet wurden. Die Rückantwort-Mail des Bewerbers vom wurde - mit handschriftlichen Korrekturen - ebenfalls beigelegt.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen. Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des Sachverhaltes ausgereicht haben (§ 11 Abs. 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
…
"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).
Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren ethnischer Zugehörigkeit indizieren, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.
Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:
Der Antragsteller hat sich mit Email bei der Antragsgegnerin beworben. Die Begründung der Absage erweckte im Antragsteller den Eindruck, dass die zu besetzende Stelle ausschließlich an deutsche MuttersprachlerInnen adressiert gewesen sei.
In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar oder auf ein verpöntes Motiv iS des GlBG zurückzuführen war.
Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge sind hiervon umfasst.
Zur Nicht-Begründung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers durch die Antragsgegnerin hat sich auf Grund der Aktenlage für den Senat folgendes Bild ergeben:
Der Antragsgegner konnte dem Senat glaubwürdig - weil durch die Beilage der mit Korrekturvermerken versehenen Schreiben des Antragstellers an die Antragsgegnerin detailliert und sachlich nachvollziehbar dargestellt - darlegen, dass auf Grund der Bewerbungsunterlagen des Antragstellers bei diesem zum Zeitpunkt der Bewerbung nach den Standards der Antragsgegnerin in Hinblick auf die angestrebte Tätigkeit offenbar deutliche Mängel in punkto fehlerfreier Beherrschung der deutschen Grammatik und Rechtschreibung sowie der sprachlichen Ausdrucksweise vorgelegen sind.
Im Hinblick auf das sich bereits aus dem Berufsbild des/der Rechtsanwalts/Rechtsanwältin ergebende und für den Senat völlig nachvollziehbare Erfordernis der fehlerfreien Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift (auch hinsichtlich sprachlich korrekter Formulierungen) und die sich daraus bei der Personalauswahl durch eine Rechtsanwaltskanzlei ergebende Schwerpunktsetzung darauf haben sich für den Senat keine Hinweise auf intransparentes oder diskriminierendes Auswahlverfahren ergeben.
Dem Senat erscheint daher die Entscheidung der Antragsgegnerin, dem aus ihrer Sicht sprachlich nicht hinreichend qualifizierten Antragsteller eine Absage zu erteilen, im Hinblick auf die besonderen sprachlichen Erfordernisse im Beruf eines/einer Rechtsanwalts/Rechtsanwältin und dem Ablauf von Rekrutierungsprozessen – nämlich in einem solchen Fall alleine auf Grund der schriftlichen Unterlagen bereits eine negative Entscheidung zu treffen und keine weiteren „Erhebungen“ über die mündlichen Sprachkenntnisse eines/einer Bewerbers/Bewerberin mehr einzuholen - lebensnah und einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Praxis entsprechend auch sachlich nachvollziehbar.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Rechtfertigung der Antragsgegnerin, der im Telefongespräch verwendete Hinweis auf die „Muttersprache“ sei nur gebraucht worden, um dem Bewerber seine mangelnde Eignung für die konkrete Position nicht direkt kommunizieren zu müssen, sehr glaubhaft.
Gemäß den Beweismaßregeln des GlBG ist es der Antragsgegnerin daher gelungen, den Senat davon zu überzeugen, dass nicht die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers das für die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers ausschlaggebende Kriterium gewesen war, sondern dessen für die zu besetzende Stelle nicht hinreichend gute schriftliche Beherrschung der deutschen Sprache.
Der Antragsteller konnte hingegen nicht in ausreichendem Maße glaubhaft machen, dass seine ethnische Zugehörigkeit als Bulgare das für die Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin maßgebliche Motiv gewesen war.
Deshalb war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.
Grundsätzlich wird angemerkt, dass die Absage einer Bewerbung mit dem Hinweis auf die „Muttersprache“ bei einem/r nicht-deutschsprachigem BewerberIn den – gar nicht beabsichtigten - Eindruck eines Konnexes zur ethnischen Zugehörigkeit dieser Person erzeugen kann, weshalb gegebenenfalls einer Formulierung wie „einwandfreie Beherrschung der deutschen Sprache“ der Vorzug zu geben wäre.
Im vorliegenden Fall entstand darüber hinaus durch die fehlende Thematisierung der aus Sicht der Antragsgegnerin gegebenen Defizite beim Antragsteller der Eindruck, dass die Absage auf seine ethnische Zugehörigkeit zurückzuführen sei. Die Kommunikation der für die Antragsgegnerin maßgebenden Absagegründe hätte diesen falschen Eindruck vermeiden können.
Zuletzt aktualisiert am
15.02.2018