Entscheidungsdatum
06.02.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W184 2162606-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2017, Zl. 16 1136461210/161607108, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005, § 61 FPG und § 21 Abs. 5 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Nigerias, brachte nach der Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.11.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Eine Abfrage des Visa-Informationssystems VIS führte zu dem Ergebnis, dass die beschwerdeführende Partei im Besitz eines maltesischen Schengen-Visums mit der Gültigkeit vom 07.11.2016 bis 21.12.2016 war.
Bei der Erstbefragung am 29.11.2016 gab die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen an, dass er auf unbekanntem Weg nach Österreich gelangt sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 20.12.2016 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-Verordnung gestütztes Aufnahmegesuch an Malta, welches unbeantwortet blieb. Mit Schreiben vom 03.03.2017 teilte das Bundesamt der maltesischen Dublin-Behörde mit, dass aufgrund der nicht rechtzeitig erfolgten Antwort Verfristung eingetreten und Malta nunmehr für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens zuständig sei.
Bei der Einvernahme durch das Bundesamt am 13.04.2017 gab die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen an, dass er Malta nicht kenne.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Malta gemäß Art. 13 Abs. 1 (gemeint: Art. 12 Abs. 2) Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie II. die Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Malta gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.
Dieser Bescheid legt in seiner Begründung insbesondere auch ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung sowie die Grund- und Gesundheitsversorgung im Wesentlichen unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen. Im Einzelnen lauten die Länderfeststellungen folgendermaßen (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
"Allgemeines zum Asylverfahren
Für die Bearbeitung von Asylanträgen in erster Instanz zuständig ist das Büro des Flüchtlingskommissars (Office of the Refugee Commissioner, RefCom). Asyl und subsidiärer Schutz werden in einem Verfahren geprüft. Nach Registrierung des Asylantrags und Ersteinvernahme wird die Dublin-Zuständigkeit Maltas geprüft (AIDA 11.2015).
Reguläres und beschleunigtes Verfahren
In Malta gibt es ein reguläres und ein beschleunigtes Verfahren. Das beschleunigte Verfahren kommt bei offensichtlich unbegründeten oder unzulässigen Anträgen zur Anwendung, 2015 wurde es jedoch in keinem einzigen Fall angewendet. Das reguläre Verfahren wird bei den meisten Anträgen angewendet und ist in der Regel binnen 6 Monaten abgeschlossen, theoretisch ist aber keine Maximaldauer vorgegeben (AIDA 11.2015).
In der Praxis werden alle Fremden, die in Malta ohne die nötigen Papiere ankommen, inhaftiert. Wenn sie einen Asylantrag stellen, bleiben sie während des Verfahrens in Haft. Ist das Verfahren binnen 12 Monaten nicht abgeschlossen, werden sie entlassen. Aufgrund eines informellen Abkommens zwischen Italien und Malta wurden 2015 beinahe alle auf See geretteten Migranten, auch von maltesischen Kräften bzw. in maltesischen Gewässern Aufgegriffene, nach Italien gebracht. Dadurch gab es in Malta 2015 nur 99 Bootsflüchtlinge, was gegenüber den Vorjahren eine erhebliche Verringerung darstellt. Die meisten Asylwerber in Malta kamen 2015 mit dem Flugzeug und wurden daher nicht inhaftiert (AIDA 11.2015; vgl. USDOS 25.6.2015). Im Dezember 2015 wurde eine Prüfung der Haftgründe im Einzelfall eingeführt, wodurch die meisten Inhaftierten mittlerweile nach etwa 3 Monaten freikommen. In Bälde soll die automatische Haft ganz abgeschafft werden (AI 24.2.2016).
Abgelehnte Asylwerber, die in ihr Herkunftsland zurückgebracht werden sollen, können bis zu max. 18 Monaten inhaftiert werden (AIDA 11.2015; vgl. UN HRC 12.5.2015). Danach werden sie entlassen und in offenen Zentren untergebracht oder mit einer Arbeitserlaubnis auf freien Fuß gesetzt (USDOS 25.6.2015).
Beschwerde
Gegen Entscheidungen im regulären Verfahren ist binnen 14 Tagen administrative Beschwerde vor dem Refugee Appeals Board (RAB) möglich. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung. Gegen Entscheidungen des RAB ist ein kassatorisches Rechtsmittel ohne automatische aufschiebende Wirkung vor der ersten Kammer des Civil Court möglich. Wurden verfassungsmäßige Rechte verletzt, besteht die Möglichkeit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (AIDA 11.2015).
Für Beschwerden erhalten Asylwerber kostenlose staatliche Rechtshilfe. Davor muss rechtliche Hilfe selbst bezahlt oder von NGOs wahrgenommen werden (USDOS 25.6.2015; vgl. UN HRC 12.5.2015).
Folgeantrag
Asylwerber mit abgelehntem Antrag können theoretisch unbegrenzt Folgeanträge stellen, wenn neue Elemente vorliegen. Diese Elemente werden geprüft und die Entscheidung dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt (AIDA 11.2015).
Quellen
AI - Amnesty International: Amnesty International (24.2.2016):
Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights – Malta ;
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta ;
Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015 ;
Eurostat (26.11.2015): Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber - monatliche Daten ;
Eurostat (10.2.2016): Asylwerber und erstmalige Asylwerber – monatliche Daten ;
Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png ;
Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png ;
Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015 ;
UN HRC – United Nations Human Rights Council (12.5.2015): Report by the Special Rapporteur on the human rights of migrants, François Crépeau; Addendum; Mission to Malta (6-10 December 2014) ;
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 Dublin-Rückkehrer
Laut AIDA besteht die größte Schwierigkeit für Dublin-Rückkehrer im Zugang zum Verfahren. Wenn ein Antragsteller Malta ohne Erlaubnis verlassen hat, wird sein Asylantrag als implizit zurückgezogen betrachtet. Deswegen drohe die mögliche Abschiebung in den Herkunftsstaat. Zusätzlich können Rückkehrer wegen der illegalen Ausreise verhaftet werden und für die Dauer des Strafverfahrens (1-2 Monate) inhaftiert bleiben. Zugang zu Rechtsberatung besteht. Die Strafen reichen von einer Geldstrafe bis zu 2 Jahren Haft. Die Strafzumessung sei schwer vorherzusagen, es gäbe auch Fälle von zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafen (AIDA 11.2015). Eine Nachfrage bei den maltesischen Behörden hat jedenfalls ergeben, dass alle Dublin-Rückkehrer Zugang zum Asylverfahren in Malta hätten. Rückkehrer mit laufendem Verfahren könnten dieses fortsetzen. Wenn ihr Antrag als implizit zurückgezogen gilt, könne dieser innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens reaktiviert und das Verfahren fortgesetzt werden. Dublin-Rückkehrer hätten auch Zugang zu materieller Versorgung und medizinischer Basisversorgung in Malta (MT 9.3.2016; MT 16.3.2016).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta ;
MT - Permanent Representation of Malta to the European Union (9.3.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail;
MT – Permanent Representation of Malta to the European Union (16.3.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail.
Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Es gibt in Malta keine gesetzlich festgelegten Verfahren zur Identifizierung von Asylwerbern mit speziellen Bedürfnissen. Auch das beschleunigte Verfahren ist auf solche Fälle anwendbar. Seit März 2015 darf das beschleunigte Verfahren nur dann auf UMA angewendet werden, u. a. wenn sie aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen oder einen unzulässigen Folgeantrag stellen. Wenn Zweifel am Alter eines Antragstellers bestehen, wird dieser an die Agency for the Welfare of Asylum Seekers (AWAS) verwiesen, welche eine Altersfeststellung durchführt. Die Altersfeststellungsmethode ist nicht gesetzlich festgeschrieben, aber seit Ende 2014 wird ein ganzheitlicher Ansatz mit transkulturellen Interviews angewendet. Nur wenn dies keine Ergebnisse bringt, kann eine medizinische Altersfeststellung mittels Knochendichtemessung veranlasst werden. 2015 wurde für diese Zwecke ein eigenes Erstaufnahmezentrum (Initial Reception Center, IRC) für UMA und begleitete Minderjährige mit bis zu 2 erwachsenen Familienmitgliedern geschaffen. Wird Minderjährigkeit festgestellt, wird der Minderjährige in eine offene Unterbringung überstellt, wo das Verfahren weitergeht. Gegen das Ergebnis der Altersfeststellung ist kein Rechtsmittel möglich. Als Vormund für UMA wird ein Mitarbeiter von AWAS bestellt, der auch beim Interview anwesend ist. NGOs helfen bei der Beratung der UMA. NGOs beklagen knappe Personalressourcen bei den Vormunden und fordern bessere Ausbildung bezüglich Interkulturalität und Traumatisierung (AIDA 11.2015).
Personen, die in Haft einen Asylantrag gestellt haben und vulnerabel sind, können sich an die Agency for the Welfare of Asylum Seekers (AWAS) wenden, um eine Haftentlassung zu erreichen. AWAS führt eine Vulnerable Adults Assessment Procedure (VAAP) durch und empfiehlt dann gegebenenfalls die Haftentlassung. Die Behörden leisten dieser Empfehlung in der Regel Folge. Die Feststellung einer Vulnerabilität hat keine direkten Auswirkungen auf das Verfahren, sondern ist mehr auf das Thema Unterbringung bezogen. Anpassungen im Verfahren Vulnerabler sind gesetzlich nicht vorgesehen, ihnen wird aber in der Regel stattgegeben. Dazu muss ein Asylwerber aber fast notgedrungen rechtlich vertreten sein, was in erstinstanzlichen Verfahren in Malta eher selten ist. Gegebenenfalls wird das Interview in Fällen von Vulnerabilität von einem speziell ausgebildeten Verfahrensführer durchgeführt (AIDA 11.2015).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta Non-Refoulement
Folgeanträge haben erst dann aufschiebende Wirkung, wenn der Status als Asylwerber formell zuerkannt wurde, da erst dies den Non-Refoulement-Schutz, welcher allen Asylwerbern zukommt, auslöst (AIDA 11.2015).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta Versorgung
Im maltesischen Gesetz wird das Recht auf Versorgung nicht vom jeweiligen Verfahren abhängig gemacht. Diese steht Asylwerbern, die nicht in Haft sind, ab Antragseinbringung ohne Unterschied zu. Auch gibt es keine Bestimmungen zur maximalen Dauer der Versorgung. Lediglich Personen, welche bereits einmal eine offene Unterbringung verlassen haben, dürfen nicht generell damit rechnen, wieder untergebracht zu werden, was für Folgeantragsteller ein Problem sein kann (AIDA 11.2015).
Die Versorgung umfasst offene Unterbringung und ein tägliches Handgeld, welches als zu niedrig kritisiert wird. Die Höhe des Handgelds geht von EUR 2,33 für Kinder unter 17 Jahren, über EUR 2,91 für Dublin-Rückkehrer bis EUR 4,66 für erwachsene Asylwerber. Verpflegung und Kleidung können bereitgestellt oder in Form von Bargeld oder Gutscheinen gewährt werden. Es besteht für Asylwerber kein Zugang zur staatlichen Sozialhilfe, was ebenfalls kritisiert wird. Asylwerber in offener Unterbringung müssen EUR 8,- pro Woche Unkostenbeitrag für die Versorgung bezahlen (AIDA 11.2015).
Malta hat 8 Unterbringungszentren (6 betrieben von AWAS, 2 von NGOs) für Erstaufnahme und permanente Unterbringung mit einer Gesamtkapazität von 1.500 Plätzen. Dazu kommen rund 400 Plätze in privater Unterbringung (NGOs). Die Bedingungen der offenen Unterbringung unterscheiden sich von Zentrum zu Zentrum und sind generell eher herausfordernd. Die Zentren sind meist abgelegen, die Hygiene ist verbesserungsbedürftig und Überbelegung ein Problem (AIDA 11.2015).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta UMA/Vulnerable
In der Frage der Unterbringung sind laut Gesetz spezielle Bedürfnisse Vulnerabler (Kinder, UMA, Schwangere, Alte, Eltern mit Kleinkindern, usw.) individuell zu evaluieren. Das dient wohlgemerkt nicht der Identifizierung Vulnerabler, sondern der Berücksichtigung ihrer Unterbringungsbedürfnisse. Gesetzlich festgelegte Verfahren zur Identifizierung von Vulnerablen existieren in Malta nicht. Alleinstehende Frauen, UMA und manchmal auch Familien werden in eigenen offenen Zentren untergebracht. UMA werden in der Regel in Familienzentren oder getrennt untergebracht. Nur UMA über 16 Jahre können mit erwachsenen Asylwerbern untergebracht werden, was auch vorgekommen ist. Kinder haben Zugang zum Bildungssystem. (AIDA 11.2015; vgl. USDOS 25.6.2015).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta ;
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 Haft
Wer illegal nach Malta einreist, wird in der Regel inhaftiert. Wenn Betroffene einen Asylantrag stellen, bleiben sie während des Verfahrens in Haft. Aufgrund eines informellen Abkommens zwischen Italien und Malta wurden 2015 beinahe alle auf See geretteten Migranten, auch von maltesischen Kräften bzw. in maltesischen Gewässern Aufgegriffene, nach Italien gebracht. Dadurch gab es in Malta 2015 nur 99 Bootsflüchtlinge und die meisten Asylwerber kamen mit dem Flugzeug und wurden daher nicht inhaftiert. Asylwerber in Haft werden verpflegt und gekleidet. Zugang zu kostenloser staatlicher Gesundheitsversorgung in Haft ist generell gegeben, wird aber als eingeschränkt dargestellt, da keine Vollzeit-Anwesenheit von medizinischem Personal in den Haftzentren gegeben ist. Besonders Fälle mit psychischen Beeinträchtigungen haben Schwierigkeiten, identifiziert zu werden. Werden sie identifiziert, kommen sie aber umgehend zur Behandlung in das Mount Carmel Mental Health Hospital. Ist das Verfahren binnen 12 Monaten nicht abgeschlossen, werden inhaftierte Asylwerber entlassen (AIDA 11.2015).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta Medizinische Versorgung
Asylwerber haben kostenlosen Zugang zu staatlichen Gesundheitsdiensten. Sprachbarrieren, eingeschränkte Transportmöglichkeiten, etc. wirken jedoch einschränkend auf den Zugang zu medizinischer Versorgung. Es gibt keine spezielle Behandlung von Traumatisierten und Folteropfern, hauptsächlich da hierfür die Kapazitäten auf Malta fehlen. Wenn die materielle Versorgung – aus welchen Gründen auch immer – reduziert oder gestrichen wird, bleibt der Zugang zu Gesundheitsversorgung bestehen (AIDA 11.2015).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind (MedCOI 14.5.2012).
Quellen
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta ;
MedCOI – Medical COI (14.5.2012): Anfragebeantwortung, per E-Mail.
Schutzberechtigte
Nach Abschluss des Asylverfahrens – egal ob positiv oder negativ – dürfen Antragsteller im offenen Zentrum bleiben. Die Unterbringung wird nach AWAS-Evaluierung üblicherweise in Abständen von 4 Monaten erneuert. Schutzberechtigte auf Malta machen vermehrt Gebrauch von ihrem Recht auf Bildung, da NGOs durch ihre Beratungstätigkeit dieses Recht bekannter machen und die zuständigen Behörden dem mit gesteigerter Offenheit gegenüberstehen (AIDA 11.2015). Höhere Bildung ist aber für viele anerkannte Flüchtlinge ohne finanzielle Unterstützung nicht möglich (UN HRC 12.5.2015).
Subsidiär Schutzberechtigte dürfen sich im Land aufhalten und frei bewegen. Ihre Aufenthaltsgenehmigung gilt für ein Jahr und ist verlängerbar. Sie erhalten ein Ausweisdokument, dürfen arbeiten und haben Zugang zu grundlegenden Sozialleistungen, Integrationsprogrammen, Bildung und Ausbildung sowie zu medizinischer Notversorgung. Dasselbe gilt für abhängige Familienangehörige. Zusätzliche Leistungen, die anerkannten Flüchtlingen zukommen, wie Familienzusammenführung, erleichterte Erlangung der Staatsbürgerschaft, usw., stehen subsidiär Schutzberechtigten nicht offen (USDOS 25.6.2015).
Das zuständige maltesische Ministerium hat zur Förderung der Integration eine Netzseite eigerichtet, auf welcher in 7 Sprachen informiert wird. Es soll auch eine eigens mit Integration befasste Stelle eingerichtet werden, welche eine Integrationsstrategie umsetzen und Beschwerden bezüglich Gleichbehandlung entgegennehmen soll Diese Stelle soll auch in Haftzentren investigativ tätig werden dürfen. Auch mit der Integration Vulnerabler soll sich eine eigene Stelle beschäftigen (UN HRC 12.5.2015; vgl. AI 24.2.2016).
Quellen
AI - Amnesty International: Amnesty International (24.2.2016):
Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights – Malta ;
AIDA – Asylum Information Database (11.2015): ECRE - European Council for Refugees and Exiles / aditus foundation / JRS - Jesuit Refugee Service: Country Report: Malta ;
UN HRC – United Nations Human Rights Council (12.5.2015): Report by the Special Rapporteur on the human rights of migrants, François Crépeau; Addendum; Mission to Malta (6-10 December 2014) ;
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 "
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Lage von Asylwerbern in Malta schlecht sei. Das maltesische Asylwesen weise systemische Mängel auf. Aus diesen Gründen müsse Österreich das Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung ausüben.
Die beschwerdeführende Partei wurde am 30.08.2017 nach Malta abgeschoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführende Partei reiste im November 2016 mit einem gültigen maltesischen Schengen-Visum in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und brachte am 28.11.2016 in Österreich den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 20.12.2016 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-Verordnung gestütztes Aufnahmegesuch an Malta, welches unbeantwortet blieb, und mit Schreiben vom 03.03.2017 teilte das Bundesamt der maltesischen Dublin-Behörde mit, dass aufgrund der nicht rechtzeitig erfolgten Antwort Verfristung eingetreten und Malta nunmehr für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens zuständig sei.
Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Maltas wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Die beschwerdeführende Partei wurde am 30.08.2017 nach Malta abgeschoben.
Besondere, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Malta sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.
Zum Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt, dass keine Krankheiten vorliegen.
Die beschwerdeführende Partei verfügt in Österreich über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen und es liegen auch noch keine konkreten Schritte zur Integration in die österreichische Gesellschaft vor, wie etwa eine Deutschprüfung oder eine ausreichende Erwerbstätigkeit.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes, insbesondere den Niederschriften.
Die beschwerdeführende Partei wies auf Berichte über einzelne Missstände im zuständigen Mitgliedstaat hin. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Partei basieren auf dessen eigenen Angaben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 145/2017 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. (2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung) lauten:
Art. 3:
"(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) "
Art. 7 Abs. 1 und 2:
"(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt."
Art. 12:
"(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) (4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Abs. 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde."
Art. 17 Abs. 1:
"(1) Abweichend von Art. 3 Abs. 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt."
Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht dem Bundesamt bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Maltas ergibt. Dies folgt aus der Bestimmung des Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung.
Zu einer Verpflichtung Österreichs, vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung Gebrauch zu machen, wird bemerkt:
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 führen zu der damals geschaffenen Bestimmung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 Folgendes aus (952 BlgNR, 22. GP):
"Es ist davon auszugehen, dass diese Staaten Asylwerbern ein faires, den rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorschriften entsprechendes Asylverfahren einräumen. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zur Dublin-Verordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten als "sichere Staaten" - insbesondere die Grundsätze des Non-Refoulements beachtend - für Drittstaatsangehörige ansehen. Daher normiert Abs. 3 eine Beweisregel, nach der der Asylwerber besondere Gründe vorbringen muss, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Im Erkenntnis des VwGH vom 31.03.2005, 2002/20/0582, führt dieser - noch zum AsylG 1997 - aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat aufgrund des Dublin-Übereinkommens nicht darauf ankommt, dass dieser Mitgliedstaat dem Asylwerber alle Verfahrensrechte nach Art. 13 EMRK einräumt. Verlangt sei statt einer detaillierten Bewertung der diesbezüglichen Rechtslage des anderen Mitgliedstaats lediglich eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch Österreich durch die Überstellung. Dabei ist auf die "real risk"-Judikatur des EGMR abzustellen. Die Gefahrenprognose hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen. Dies wird durch die neue Beweisregel des Abs. 3 für Verfahren nach § 5 hervorgehoben, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Behörde entweder notorisch von solchen Umständen - die nur nach einer entscheidenden Änderung zum jetzigen Zustand im jeweiligen Staat vorliegen können - weiß oder diese vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden müssen."
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 17.11.2015, Ra 2015/01/0114; 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären, etwa durch eine Kettenabschiebung.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat (Rn. 82 bis 85), sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86).
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).
Die Beschwerdeausführungen zu verschiedenen Problemen des Asylwesens in Malta sind letztlich nicht geeignet, die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zu entkräften. Wie im angefochtenen Bescheid ausführlich und unter Heranziehung zahlreicher aktueller Berichte dargelegt wurde, ist in Malta insbesondere auch die Versorgung der Asylwerber grundsätzlich gewährleistet. Nach den Länderberichten zu Malta kann letztlich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Asylwerber im Fall einer Überstellung nach Malta konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Insgesamt gesehen herrschen somit im Mitgliedstaat Malta nach dem gegenwärtigen Informationsstand keineswegs derartige systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen, die mit der Situation in Griechenland vergleichbar wären.
Weder aus den Stellungnahmen des UNHCR noch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ergeben sich irgendwelche Hinweise darauf, dass etwa Malta bei der Vollziehung der Dublin III-Verordnung die Verpflichtungen nach der GFK, der EMRK oder nach dem Unionsrecht missachten oder unvertretbare rechtliche Sonderpositionen vertreten würde. Nicht zuletzt ist es vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben in Gestalt der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 gänzlich unwahrscheinlich, dass in Malta Asylwerber infolge der Verweigerung staatlicher Unterstützung in eine Notlage geraten könnten. In den Art. 17ff der Aufnahmerichtlinie ist die Pflicht der Mitgliedstaaten statuiert, für ausreichende materielle Aufnahmebedingungen und eine medizinische Versorgung von kranken Asylwerbern zu sorgen. Es bestehen gegenwärtig keine Anzeichen dafür, dass etwa Malta den diesbezüglichen Verpflichtungen nicht nachkäme.
Es liegen insbesondere auch keine Verurteilungen Maltas durch den EGMR oder EuGH vor, die eine Praxis systemischer Mängel des maltesischen Asylwesens, insbesondere im Fall von Dublin-Rücküberstellten aus anderen EU-Staaten, erkennen ließen. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich außerdem, dass die Verletzung einzelner Bestimmungen von Richtlinien nicht schon per se mit einem systemischen Mangel gleichzusetzen ist (EuGH 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, Rn. 82 bis 85).
Im gegenständlichen Fall führte zudem eine individuelle Prüfung der Situation der beschwerdeführenden Partei zu dem Ergebnis, dass dieser keiner besonders schutzbedürftigen Personengruppe angehört. Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist nach den aktuellen Länderberichten in Malta jedenfalls gewährleistet. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Befürchtungen hinsichtlich eventueller Mängel bei der zukünftigen Versorgung in Malta stellen sich letztlich in hohem Maße als spekulativ dar.
Auch sonst konnte die beschwerdeführenden Partei keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprächen, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.
Jedenfalls hat die beschwerdeführenden Partei die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Malta und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.
Ein nach Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC schützenswertes Privat- oder Familienleben der beschwerdeführenden Partei in Österreich wurde nicht dargelegt. Denn die beschwerdeführende Partei verbrachte den Großteil des Lebens im Herkunftsstaat und reiste erst vor wenigen Monaten in das österreichische Bundesgebiet ein. Er verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern stützte den Aufenthalt vielmehr nur auf den faktischen Abschiebeschutz aufgrund des gegenständlichen unzulässigen Antrages auf internationalen Schutz. Eine ins Gewicht fallende Integration der beschwerdeführenden Partei in die österreichische Gesellschaft, insbesondere durch eine ausreichende Erwerbstätigkeit oder durch ausreichende Sprachkenntnisse, ist nicht erkennbar.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.
§ 21 Abs. 6a BFA-VG lautet:
"Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden."
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Außerlandesbringung rechtmäßig, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W184.2162606.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.02.2018