TE Bvwg Beschluss 2018/2/6 W180 2184998-1

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Veröffentlicht am 06.02.2018
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Entscheidungsdatum

06.02.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W180 2184998-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Georg PECH über die Beschwerde von XXXX , Betriebsnummer XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 5.1.2017, Zahl II/4-DZ/15-5254778010, betreffend Direktzahlungen 2015:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Am 04.05.2015 stellte der Beschwerdeführer elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (im Folgenden: AMA oder belangte Behörde) vom 28.04.2016, Zahl II/4-DZ/15-2887677010, wurden dem Beschwerdeführer 5,01 Zahlungsansprüche zugewiesen und ihm Direktzahlungen in der Höhe vom EUR 1.576,47 gewährt. Davon entfielen auf die Basisprämie EUR 1.086,47 und auf die Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden ("Greeningprämie") EUR 490,00.

Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

3. Mit Abänderungsbescheid vom 31.08.2016, Zahl II/4-DZ/15-421206710, gewährte die AMA dem Beschwerdeführer einen geringfügig höheren Prämienbetrag (EUR 1.577,41; um EUR 0,94 mehr als im Vorbescheid). Die Änderung resultierte daraus, dass die Berechnung der Zahlungsansprüche auf vier Nachkommastellen umgestellt wurde; es wurden nunmehr 5,0130 Zahlungsansprüche zugewiesen. Weitere Änderungen erfolgten nicht. Das Ergebnis einer am 11.08.2016 am Betrieb des Beschwerdeführers erfolgten Vor-Ort-Kontrolle der AMA fand in diesem Bescheid noch keine Berücksichtigung.

Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

4. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 11.8.2016 wurden Unregelmäßigkeiten bei der Flächenberechnung festgestellt. Das Kontrollorgan ging offensichtlich davon aus, dass 2 Ackerflächen nicht vom Beschwerdeführer bewirtschaftet werden und bezeichnete diese als "nicht vorgefunden".

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.01.2017 berücksichtigte die AMA die vorgenannte Vor-Ort-Kontrolle, wies dem Beschwerdeführer nur noch 4,6044 Zahlungsansprüche zu und gewährte ihm Direktzahlungen in Höhe von nunmehr EUR 1.411,01. Dabei wurde von einer ermittelten beihilfefähigen Fläche von 4,6044 ha ausgegangen. Wegen Übererklärung erfolgte ein Abzug in Höhe von 13,31%, d.s. EUR 142,52, bei der Basisprämie. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass bei der Vor-Ort-Kontrolle am Heimbetrieb einige Flächen beanstandet worden seien und eine sanktionsrelevante Vor-Ort-Kontrolle-Abweichung von 0,4086 ha angegeben, woraus sich schlussendlich eine Kürzung um das 1,5fache der Differenzfläche ergebe.

6. Gegen diesen Abänderungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die Flächen tatsächlich vom gegenständlichen Beschwerdeführer bewirtschaftet worden seien.

7. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte im Rahmen der Beschwerdevorlage Folgendes aus: Im Zuge der Beschwerdebearbeitung sei eine Nachkontrolle veranlasst worden. Bei der Nachkontrolle am 28.11.2017 seien die beanstandeten Feldstücke 7 und 12 ermittelt worden. Wäre die AMA noch für den Beschwerdefall zuständig, so könnten die Flächen berücksichtigt werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):

Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am Heimbetrieb des Beschwerdeführers wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt, weil das Kontrollorgan offensichtlich davon ausging, dass 2 Ackerflächen nicht vom Beschwerdeführer bewirtschaftet werden. Bei einer Nachkontrolle hat sich herausgestellt, dass diese sehr wohl vom Beschwerdeführer bewirtschaftet werden.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurde von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. I Nr. 376/1992 idgF iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

Zu A)

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

[ ]

e) "landwirtschaftliche Fläche" jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird; [ ]"

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [ ].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[ ]."

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [ ].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[ ]."

§ 28 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:

"(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

3.3. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greening-prämie"), abgelöst. Die Gewährung der Basisprämie erfolgt gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 i.V.m. Art. 18 VO (EU) 640/2014 nach Maßgabe der ermittelten beihilfefähigen Fläche. Die Gewährung der Greeningprämie erfolgt gemäß Art. 43 Abs. 9 VO (EU) 1307/2013 im Ausmaß der mit beihilfefähiger Fläche aktivierten Zahlungsansprüche.

Im vorliegenden Fall wendet sich der Beschwerdeführer gegen sanktionsrelevante Abzüge. Offenbar wird der Großteil der beanstandeten Fläche jedoch vom Beschwerdeführer genutzt.

Der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichten die Behörde, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz verwirklicht das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbietet, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grund zu legen. Vor dem Hintergrund des Amtswegigkeitsprinzips und des Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit, hätte die belangte Behörde den wahren Sachverhalt hinsichtlich der genutzten Fläche somit ermitteln müssen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, 2. Teilband, Wien 2005, Manz Verlag, § 39 Rz 3ff).

Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abzug, amtswegige Ermittlungspflicht, Behebung der Entscheidung,
Berechnung, Bewirtschaftung, Direktzahlung, einheitliche
Betriebsprämie, Ermittlungspflicht, Flächenabweichung, INVEKOS,
Kassation, Kontrolle, Kürzung, mangelhaftes Ermittlungsverfahren,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Mehrfachantrag-Flächen,
Prämiengewährung, Unregelmäßigkeiten, Zahlungsansprüche,
Zurückverweisung, Zuteilung, Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W180.2184998.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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