TE Bvwg Beschluss 2018/2/6 L508 2181339-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.2018
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Entscheidungsdatum

06.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

L508 2181337-1/7E

L508 2181341-1/7E

L508 2181339-1/7E

BESCHLUSS

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA:

Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2017, Zl: XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA:

Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2017, Zl: XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA:

Georgien, vertreten durch die Mutter XXXX als gesetzliche Vertreterin, wiederum vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2017, Zl: XXXX , beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerinnen (nachfolgend kurz: BF) sind allesamt Staatsangehörige aus Georgien. Bei der BF1 handelt es sich um die Cousine bzw. Freundin der BF2 und die Mutter der BF3. Alle drei Beschwerdeführerinnen stellten nach legaler Einreise mittels Flugzeug am 03.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der verschiedenen Befragungen gab die BF1 befragt zu ihren Fluchtgründen im wesentlichen zu Protokoll, dass sie Georgien deswegen verlassen habe, weil die Zustände dort unerträglich seien und die BF3 seit ihrer Geburt sehr krank sei. Diese sei geistig behindert und leide an einer schweren Form der Epilepsie. Eine ausreichende medizinische Behandlung sei ihr in Georgien nicht gewährt worden. Die Krankheit der BF3 habe sich verschlechtert und müsste diese im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sterben. In Georgien sei die BF3 mit falschen Medikamenten behandelt worden. Zudem würde die BF1 von den Verwandten ihres verstorbenen Mannes verfolgt werden. Ihr Ehemann habe aufgrund familiärer Probleme Selbstmord begangen bzw. habe ihn seine Familie in den Selbstmord getrieben. Der Grund für die Streitigkeiten sei auch in politischen Ursachen gelegen und habe sich die BF1 bei der "Nationalen Bewegung" politisch engagiert. An die Polizei hätte sich die BF1 nicht gewandt, da dies keinen Sinn gehabt hätte. Auch nach dem Tod ihres Mannes sei die BF1 stets von den Verwandten ihres Ehemannes bedroht und schikaniert worden. Die Verwandten ihres Ehemannes seien darüber hinaus einflussreich und mit dem ehemaligen Premierminister verwandt. Die BF2 gab im wesentlichen zu Protokoll, dass sie nur zur Unterstützung der BF1 und BF3 mitgereist sei und keine eigenen Fluchtgründe habe. Ihre Cousine, folglich die BF1, sei nicht gesund und wäre daher ihre Begleitung notwendig gewesen. Darüber hinaus bestätigte sie die Angaben der BF1 zu den Fluchtgründen und den einzelnen Vorfällen. Weiters gab sie an, dass ihre Cousine (Freundin) Suizidgedanken habe. Zum Beweis ihres Vorbringens wurden von den Beschwerdeführerinnen zahlreiche Unterlagen in Vorlage gebracht.

3. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 21.11.2017, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab gewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) Weiters stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass den Asylwerbern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVM § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen die Asylwerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG bestehe eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dies im wesentlichen mit der Begründung der mangelnden Asylrelevanz.

4. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das BVwG. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

5. Die gegenständlichen Beschwerden samt erstinstanzlichen Verwaltungsakten langten am 03.01.2018 in der Außenstelle Linz und bei der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung ein.

6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.01.2018 wurde den Beschwerden gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

7. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

2.1. Obwohl gem. § 17 iVm § 58 VwGVG seit 01.01.2014 der § 66 Abs. 2 AVG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr anzuwenden ist und gem. § 58 VwGVG stattdessen § 28 Abs. 3 VwGVG mit genanntem Datum in Kraft trat, womit das Erfordernis des § 66 Abs. 2 leg.cit, wonach die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, weggefallen ist, und sich die Regelungsgehalte beider Normen nicht somit gänzlich decken, findet die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu § 66 Abs. 2 AVG grundsätzlich weiterhin Anwendung.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG. (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm. 11).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10.09.2014, Ra 2014/08/0005 die im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 angeführten Grundsätze im Hinblick auf Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichtes gemäß § 28 Abs 3 VwGVG nochmals bekräftigt und führte ergänzend aus, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung im Sinn des § 24 VwGVG zu vervollständigen sind (vgl hierzu auch VwGH Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung auch eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).

Im Erkenntnis vom 17.10.2006 (Zl 2005/20/0459) hat der VwGH betont, dass eine Behebung nach § 66 Absatz 2 AVG nur zulässig ist, wenn eine weitere Verhandlung/Einvernahme erforderlich ist, was nicht der Fall wäre, wenn die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens durch schriftliches Parteiengehör saniert hätten werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht führen, nicht gegeben sind. Weder steht, wie anhand der darzustellenden Ermittlungsmängel zu zeigen ist, der maßgebliche Sachverhalt fest, noch ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Dies vor allem, weil die aufzuzeigenden Ermittlungslücken derart erheblich sind, dass zu deren Beseitigung über eine der Feststellung des Sachverhalts dienende mündliche Verhandlung hinausgehende weitere Ermittlungsschritte zu setzen wären, welche durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, welches – anders als das Bundesverwaltungsgericht – eine asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde ist (so ist die sog. Staatendokumentation beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingerichtet, vgl. § 5 BFA-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012), rascher und effizienter durchgeführt werden können.

2.2.1. Aus folgenden Gründen muss angenommen werden, dass das BFA den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat:

2.2.2.1. Die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens resultiert im vorliegenden Fall bereits daraus, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF1 getroffen hat. Die BF2 gab im Rahmen der Einvernahme an, dass es ihrer Cousine, folglich der BF1, gesundheitlich schlecht gehe und sie diese deswegen nach Österreich begleitet habe. Darüber hinaus gab diese an, dass ihre Cousine Selbstmordgedanken hege. Die belangte Behörde hat es aber unterlassen, die BF1 mit diesem Vorbringen zu konfrontieren und hierzu nähere Ermittlungen zu tätigen.

Die belangte Behörde hat es sohin völlig außer Acht gelassen, sich mit dem Gesundheitszustand der Beschwerdeführerinnen umfänglich auseinanderzusetzen. Auch in der Beschwerde wird vorgebracht, dass insbesondere die BF1 Selbstmordgedanken habe und wurde zum Beweis für die psychische Erkrankung der BF1 eine Aufenthaltsbetätigung von der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des Kardinal Schwarzenberg Klinikum vom 29.11.2017 in Vorlage gebracht.

Mit Erkenntnis vom 28.06.2005, Zl. 2005/01/0080-6 hat der VwGH zu einem inhaltlichen Asylverfahren festgestellt, dass neben einer posttraumatischen Belastungsstörung "grundsätzlich auch andere geistige bzw psychische Erkrankungen, wenn sie einen entsprechenden Schweregrad erreichen, im gegebenen Zusammenhang maßgeblich sein können." Wesentlich seien unter dem Gesichtspunkt der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der aktuelle detaillierte Gesundheitszustand der betroffenen Person und die physischen und psychischen Auswirkungen einer Abschiebung unter Berücksichtigung der konkreten medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat der Abschiebung. Im Beschwerdefall wurde hiezu ausdrücklich die Beiziehung eines "psychiatrischen Sachverständigen" für notwendig erachtet (vgl S. 6-8 des oz. Erk.).

Obzwar die belangte Behörde über den psychisch labilen Zustand der BF1 in Kenntnis war, hat diese die BF1 weder hinreichend über ihren Gesundheitszustand noch über etwaige medizinische Behandlungserfordernisse befragt. Die belangte Behörde konnte ohne Konfrontation der BF1 über die Angaben der BF2 nicht den Schluss ziehen, dass keine psychische Erkrankung der BF1 besteht bzw. eine Besserung ihres Gesundheitszustandes eingetreten ist. Es ist zudem auch klar, dass bei tatsächlichem Vorliegen einer Traumatisierung oder einer anderweitigen psychischen Erkrankung von einer pauschalen Unglaubwürdigkeit der Antragstellerin nicht gesprochen werden könnte.

Seitens des BFA wäre daher eine Abklärung durch einen entsprechenden geeigneten Sachverständigen erforderlich gewesen. Darüber hinaus wäre es im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH Aufgabe der belangten Behörde gewesen, jedenfalls Feststellungen zur Gesundheitssituation der BF1 und zu konkreten Behandlungs-möglichkeiten in Georgien zu treffen.

Die belangte Behörde hat sohin das Vorbringen der psychischen Erkrankung nicht hinreichend gewürdigt. Es genügt in diesem Zusammenhang hinzuzufügen, dass bei Bestehen einer tatsächlichen schweren psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerinnen, eine allenfalls getätigte Beweiswürdigung zur Begründung der Unglaubwürdigkeit keine entsprechende Berücksichtigung finden wird können.

In diesem Zusammenhang wird auf die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach psychische Erkrankungen im Hinblick auf konstatierte Unstimmigkeiten im Aussageverhalten zu berücksichtigen sind (VwGH 15.03.2010, 2006/01/0355-13 unter Hinweis auf VwGH 16.04.2009, 2007/19/1193, VwGH 20.02.2009, 2007/19/0827 bis 0829, VwGH 28.06.2005, 2005/01/0080 mwH). Bis zur Abklärung des psychischen Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerinnen, kann nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass allfällige konstatierten Unstimmigkeiten im Aussageverhalten der Beschwerdeführerinnen auf ihre Erkrankung zurückzuführen sind.

Ob nach Art. 3 EMRK zu berücksichtigende sehr außergewöhnliche Umstände ("very exceptional circumstances") vorliegen, ist eine von der belangten Behörde zu beurteilende Rechtsfrage. Diese Beurteilung setzt aber nachvollziehbare Feststellungen über die Art der Erkrankung des Betroffenen und die zu erwartenden Auswirkungen auf den Gesundheitszustand im Falle einer (allenfalls medizinisch unterstützten) Abschiebung voraus (vgl. die hg. Erk. vom 31.3.2010, 2008/01/0312, 0313, und vom 26.4.2010, 2007/01/1272, jeweils mwN). VwGH 16.12.2009, 2007/01/0918, VwGH 31.3.2010, 2008/0312, 0313, VwGH 17.11.2010, 2008/23/0360. Dies hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall unterlassen und wird dies im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.

2.2.2.2. Ferner ist festzuhalten, dass sich auch die Ermittlungstätigkeit der belangen Behörde zum Gesundheitszustand der BF3 mangelhaft darstellt. Das Bundesamt hat es unterlassen die BF3 einer ärztlichen Untersuchung zuzuführen und wurde es somit erkennbar unterlassen, sich mit dem Gesundheitszustand der BF3 gehörig auseinanderzusetzen. Seitens der belangten Behörde wurde nicht konkret und aktuell festgestellt, an welcher Krankheit die BF3 tatsächlich leidet. Diese Unterlassung der Feststellung des Gesundheitszustandes stellt einen groben Mangel im Ermittlungsverfahren dar. Die belangte Behörde hätte jedenfalls eine ärztliche Untersuchung in Auftrag geben müssen und darauf basierend entsprechende Feststellungen zum Gesundheitszustand zu treffen gehabt, denn nur wenn offenkundig ist, an welcher Krankheit die Antragstellerin tatsächlich leidet, können auch spezifische Feststellungen zur Behandlungsmöglichkeit in Georgien getroffenen werden. Eine derartige korrekte Vorgangsweise, folglich die Beauftragung einer fachärztlichen Untersuchung sowie in weiterer Folge ein fachärztlicher Befund zum Gesundheitszustand der BF3 wurden von der belangten Behörde aber völlig unterlassen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass es Aufgabe der belangten Behörde sein wird, im fortgesetzten Verfahren auch Ermittlungen zur Menschenrechtslage von vulnerablen Personen, im gegenständlichen Fall Menschen mit Behinderung bzw. gesundheitlicher Beeinträchtigung, zu tätigen; dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst feststellte, dass Rechtsschutzorgane Menschenrechtsverletzungen gegenüber vulnerablen Gruppen nur unzureichend nachgehen.

2.2.2.3. Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde sohin mit dem psychischen Gesundheitszustand sämtlicher Beschwerdeführerinnen im erforderlichen Maße hinreichend auseinander zu setzen haben. Auf die im Beschwerdeverfahren in Vorlage gebrachte Krankenhausbestätigung betreffend die BF1 wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Die belangte Behörde wird somit vorerst konkrete Feststellungen zum Gesundheitszustand (beispielsweise unter Beiziehung eines Psychiater und Neurologen) aller drei Beschwerdeführerinnen zu treffen haben und sodann Feststellungen über die Behandlungsmöglichkeiten dieser Krankheiten in Georgien. Überdies ist zu klären, inwieweit eine psychische Erkrankung mit ihren Fluchtgründen im Zusammenhang steht.

Insbesondere wird sich die belangte Behörde auch mit dem nunmehr in der Beschwerde neu erstatteten Vorbringen, dass die BF1 und BF2 homosexuell seien und es sich bei ihnen um ein Paar handeln würde, auseinanderzusetzen haben und werden dahingehend entsprechende Ermittlungen, insbesondere auch Feststellungen zur Situation von homosexuellen Personen in Georgien, zu treffen sein. Letztlich wird das Vorbringen der Homosexualität auf seine Asylrelevanz zu prüfen sein (Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe) und wird sich die belangte Behörde damit sowohl beweiswürdigend als auch im Rahmen der rechtlichen Würdigung umfassend auseinanderzusetzen haben.

Der EuGH hat vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie (nunmehr: Richtlinie 2011/95/EU) in den verbundenen Rechtssachen C- 199/12 bis C-201/12 im Urteil vom 7. November 2013 zur Verfolgung wegen der sexuellen Orientierung folgende Vorgaben gemacht:

Art. 10 Abs. 1 lit. d der Statusrichtlinie ist dahin auszulegen, dass das Bestehen strafrechtlicher Bestimmungen, die spezifisch Homosexuelle betreffen, die Feststellung erlaubt, dass diese Personen als eine bestimmte soziale Gruppe anzusehen sind (vgl. Rn. 49). Der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, stellt noch keine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 iVm Art. 9 Abs. 2 lit. c der Statusrichtlinie dar. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, das eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar (vgl. Rn. 61). Die nationalen Behörden haben, wenn ein Asylbewerber geltend macht, dass in seinem Herkunftsland Rechtsvorschriften bestünden, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellten, im Rahmen ihrer Prüfung der Ereignisse und Umstände nach Art. 4 der Statusrichtlinie alle das Herkunftsland betreffenden relevanten Tatsachen einschließlich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften dieses Landes und der Weise, in der sie angewandt werden, zu prüfen, wie dies in Art. 4 Abs. 3 lit. a der Statusrichtlinie vorgesehen ist (vgl. Rn. 58). Von einem Asylwerber kann nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden (vgl. Rn. 71).

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes: Das BVwG hätte daher auch bei Wahrunterstellung weitere Feststellungen - etwa unter Heranziehung weiterer Länderberichte - treffen müssen, aus denen nachvollziehbar geschlossen werden kann, inwieweit im Herkunftsland des Revisionswerbers die gesetzlich angedrohten Freiheitsstrafen über Homosexuelle tatsächlich verhängt werden, um das Fehlen einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Verfolgung nachvollziehbar begründen zu können (vgl. zur "maßgeblichen Wahrscheinlichkeit" das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/18/0100 bis 0101, mwN). VwGH 16.11.2016, Ra 2015/18/0295

Darüber hinaus wird die belangte Behörde Feststellungen zur Schutzfähigkeit des georgischen Staates vor etwaigen weiteren Übergriffen der Verwandten zu treffen haben und wird auch entsprechend zu berücksichtigen sein, dass die Beschwerdeführerinnen angaben, dass die Probleme auch auf politischen Gründen fußen und es sich bei den Gegnern um Verwandte des ehemaligen Premierministers handeln würde.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren eine Einvernahme unter besonderer Berücksichtigung der Vulnerabilität der Beschwerdeführerinnen vorzunehmen haben.

2.2.3. Die belangte Behörde hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für die Beschwerdeführerinnen im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.

Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben. Im Rahmen einer ergänzenden detaillierten Befragung der Beschwerdeführerinnen zu ihren Fluchtgründen, einer medizinischen und psychologische Untersuchung sämtlicher Beschwerdeführerinnen durch einen Facharzt, einer befürchtenden Verfolgung aus privaten bzw. politischen Motiven sowie aufgrund einer etwaigen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe und nach ergänzenden Länderfeststellungen wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen zu haben.

Unter diesen Gesichtspunkten leiden die angefochtenen Bescheide unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen die Beschwerdeführerinnen gerichteten Bedrohung und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung der Beschwerdeführerinnen in Hinblick auf den Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten, wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen.

2.3. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann – im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG – nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

2.4. Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ra 2014/03/0063 sowie VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005 und VwGH Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Schlagworte

Behandlungsmöglichkeiten, Ermittlungspflicht, Homosexualität,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, politische Aktivität,
psychiatrische Erkrankung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L508.2181339.1.01

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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