TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/8 W215 1413040-5

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Veröffentlicht am 08.02.2018
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Entscheidungsdatum

08.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

1) W215 1412351-5/3Z

2) W215 1413040-5/2Z

3) W215 1423265-4/2Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK bezüglich der Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX und 3) XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2017, Zahlen 1) 507817903-140039506, 2) 516318602-140039697 und

3) 810564905-140039743, zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung

BGBl. I Nr. 145/2017, wird Spruchpunkt VI. der angefochtenen Bescheide ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die verheiratete Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen.

Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der Volksgruppe der Kumyken, reiste gemeinsam mit ihrem Ehegatten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beide stellten am 29.09.2009 Anträge auf internationalen Schutz.

Nach der Geburt der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich wurde für diese am 01.03.2010 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 08.03.2010, Zahlen 09 11.939-BAT,

09 11.938-BAT und 10 01.867-BAT, wurde die Anträge auf internationalen Schutz der Erstbeschwerdeführerin, deren Ehegatten und der Zweitbeschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß

§ 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurden die Erstbeschwerdeführerin, deren Ehegatten und die Zweitbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Gegen diese Bescheide fristgerecht erhobene Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 11.04.2011, Zahlen D12 412351-1/2010/3E, D12 412353-1/2010/3E und D12 413040-1/2010/2E gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen am 22.04.2011 in Rechtskraft.

2. Die Erstbeschwerdeführerin, deren Ehegatten und die Zweitbeschwerdeführerin kamen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, blieben illegal im Bundesgebiet und stellten am 13.05.2011 die zweiten Anträge auf internationalen Schutz.

Nach der Geburt der Drittbeschwerdeführerin in Österreich wurde für diese am 10.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 28.11.2011, Zahlen 11 04.709-BAG,

11 04.708-BAG (Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin), 11 04.710-BAG und 11 05.649-BAG wurde alle Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen

(Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG wurden alle aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 02.07.2012, Zahlen D12 412351-2/2011/3E, D12 412353-2/2011/4E (Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin), D12 413040-2/2011/4E und D12 423265-1/2011/4E, wurde dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerden gemäß

§ 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen am 26.07.2012 in Rechtskraft.

3. Die Beschwerdeführerinnen und der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin kamen ihrer Ausreiseverpflichtung erneut nicht nach, blieben weiterhin illegal im Bundesgebiet und die Beschwerdeführerinnen und der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin stellten am 25.10.2012 die dritten Anträge bzw. im Fall der Drittbeschwerdeführerin den zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheiden vom 26.03.2013, Zahlen 12 15.520-EAST Ost, 12 15.519-EAST Ost (Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin), 12 15.521-EAST Ost und 12 15.522-EAST Ost, wies das Bundesasylamt alle Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.) und wies die ganze Familie gemäß

§ 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt II.).

Gegen diese Bescheide fristgerecht erhobene Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 25.06.2013, Zahlen D12 412351-3/2013/5E, D12 412353-3/2013/7E (Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin), D12 413040-3/2013/5E und D12 423265-2/2013/5E, § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 und 2 AsylG als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen am 28.06.2013 in Rechtskraft.

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen blieben illegal im Bundesgebiet bis sie schließlich am 02.09.2013 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausreisten.

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin blieb seit dem 28.06.2013 illegal im Bundesgebiet aufhältig.

4. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen kehrten laut Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Juni 2014 illegal nach Österreich zurück und entzogen sich danach bewusst den österreichischen Behörden.

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin, der sich seit 28.06.2013 durchgehend illegal in Österreich aufhält, stellt am 11.07.2014 gemäß § 56 Abs. 1 AsylG einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen.

5. Nachdem sich die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen ab Juni 2014 erneut illegal im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten und bewusst den Behörden entzogen hatten, stellte die Erstbeschwerdeführerin am 06.10.2014 für sich und die Zweibeschwerdeführerin gegenständliche vierte Anträge bzw. für die Drittbeschwerdeführerin gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich der Erstbefragung am selben Tag gab die Erstbeschwerdeführerin zusammengefasst an, dass sie bereits im Juni 2014 illegal nach Österreich eingereist sei und davor in Dagestan drei bis vier Mal unbekannte Männer zur Erstbeschwerdeführerin nach Hause gekommen seien und nach deren Ehegatten gefragt hätten. Sie habe gesagt, dieser sei in Österreich. Man habe ihr nicht geglaubt und gedroht ihr die Kinder wegzunehmen, sollte ihr Ehegatte nicht zurückkehren. Die ersten Fluchtgründe seien aufrecht, es habe sich nichts geändert, die Erstbeschwerdeführerin habe damals alles angegeben. Die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen seien immer bei der Erstbeschwerdeführerin gewesen und hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Der Antrag des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin vom 11.07.2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2017, Zahl 821551910-14784354, als unzulässig zurückgewiesen. Eine dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2017 Zahl W237 2157392-1/4E, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet abgewiesen. Der Ehegatte hat somit nach wie vor keine Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet bzw. hält er sich, sollte er seiner Ausreiseverpflichtung immer noch nicht nachgekommen sein, seit 28.06.2013 illegal in Österreich auf.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2017, Zahlen 1) 507817903-140039506, 2) 51618602-140039697 und 3) 810564905-140039743, wurden die vierten Anträge der Erst – und Zweitbeschwerdeführerin bzw. der dritte Antrag der Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß

§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG "nach" Russische Föderation zulässig sind. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diese Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2017, Zahlen 1) 507817903-140039506, 2) 51618602-140039697 und 3) 810564905-140039743, zugestellt am 03.11.2017, erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht am 01.12.2017 Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht welche mit Beschlüssen vom 11.12.2017, Zahlen 1) W215 1412351-4/3E, 2) W215 1413040-4/3E und 3) W215 1423265-3/3E, behoben und die Angelegenheit jeweils gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG, zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurden. Die Revision wurde jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, für nicht zulässig erklärt.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde am 27.12.2017 von einer Referentin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein weiteres Mal zu ihren Asylgründen befragt und mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2017, Zahlen 1) 507817903-140039506, 2) 516318602-140039697 und 3) 810564905-140039743, wurden die vierten Anträge der Erst – und Zweitbeschwerdeführerinnen bzw. der dritte Antrag der Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerinnen Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen der Beschwerdeführerinnen gemäß § 46 FPG "nach" Russische Föderation zulässig sind. In Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt. In Spruchpunkt VII. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.

Gegen diese Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 29.12.2017, Zahlen

1) 507817903-140039506, 2) 516318602-140039697 und 3) 810564905-140039743, zugestellt am 08.01.2018, erhoben die Beschwerdeführerinnen fristgerecht am 01.02.2018 gegenständliche Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht.

6. Die Beschwerdevorlagen vom 02.02.2018 langten am 06.02.2018 im Bundesverwaltungsgericht ein, was dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch am selben Tag schriftliche mitgeteilt wurde.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wird für den 19.03.2018 um 08.30 Uhr eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, zu welcher das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und die Erstbeschwerdeführerin, zugleich als gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführerin, geladen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2017, Zahlen 1) 507817903-140039506, 2) 516318602-140039697 und 3) 810564905-140039743, wurden die vierten Anträge der Erst – und Zweitbeschwerdeführerinnen bzw. der dritte Antrag der Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerinnen Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen der Beschwerdeführerinnen gemäß § 46 FPG "nach" Russische Föderation zulässig sind. In Spruchpunkt VI. wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt. In Spruchpunkt VII. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus gegenständlichen Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt

(§ 58 Abs. 2 VwGVG).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

Zu Spruchpunkt VI. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt VI. der Bescheide wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt.

1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013).

2. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, jedenfalls binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu treffen hat (vgl. VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 bis 0285-6). Ansonsten hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, nach Ablauf der einwöchigen Frist, einen Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 38 VwGG zu richten (VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht angenommen, dass der Sachverhalt (nur) dann aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung als geklärt angesehen werden kann, wenn er nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz festgestellt wurde und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt - erstmalig und zulässigerweise - neu in konkreter Weise behauptet wurde (VwGH 21.01.1999, 98/20/0339; 25.03.1999, 98/20/0559, 98/20/0475 und 98/20/0577; 22.04.1999, 98/20/0567 sowie 98/20/0389; 08.06.2000, 98/20/0510 und 99/20/0111; 21.09.2000, 98/20/0296 und 23.01.2003, 2002/20/0533; speziell zum AsylG 2005 idF vor den Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz vgl. etwa 11.06.2008, 2008/19/0216, sh. dazu auch Halm-Forstuber/Höhl/Nedwed, aaO.). In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch regelmäßig betont, dass sich dies nicht zuletzt aus der Wichtigkeit des persönlichen Eindruckes für die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Angaben eines Asylwerbers ergebe (vgl. statt vieler etwa die VwGH Erkenntnisse 18.02.1999, 98/20/0423; 22. 04.1999, 98/20/0567).

Bezogen auf einen möglichen Entfall der Verhandlungspflicht in Asylverfahren hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung regelmäßig unterbleiben könne, wenn das Vorbringen erkennen lasse, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse. Habe der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände und Fragen bereits in erster Instanz releviert oder seien solche erst nachträglich bekannt geworden, sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde (an den Asylgerichtshof) aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft sei (vgl. dazu VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.). In weiteren Entscheidungen hat er die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung verneint, wenn der Sachverhalt "sichtlich nicht hinreichend geklärt erscheint" (vgl. VfGH 13.03.2013, U 1175/12 ua.), mangels vertiefender Ermittlungen zur behaupteten Verfolgung "gerade nicht" geklärt sei (vgl. VfGH 26.06.2013, U 1257/2012), der Asylgerichtshof notwendige Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Asylwerbers in wesentlichen Punkten unterlassen habe (vgl. VfGH 03.10.2013, U 477/2013), die Glaubwürdigkeit der Asylwerberin "großteils nur auf Grund ihres Vorbringens in erster Instanz beurteilt" habe, obwohl in der Beschwerde an ihn "wesentliches Tatsachenvorbringen erstattet wurde, welche die in erster Instanz durchgeführte Beweiswürdigung und die darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen begründet in Frage" gestellt habe (vgl. VfGH 03.10.2013, U 642/2012), in nicht nachvollziehbarer Weise und ohne Einräumung von Parteiengehör andere Feststellungen getroffen worden seien als zuvor im Verwaltungsverfahren, die dort zudem auf den durch die persönliche Einvernahme gewonnenen persönlichen Eindruck des Asylwerbers beruht hätten (vgl. VfGH 21.02.2014, U 152/2013), oder wenn seit Einbringung der Beschwerde bereits lange Zeit vergangen sei, sodass allein schon deswegen der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt einer Aktualisierung bedurft habe (vgl. VfGH 22.11.2013, U 729/2013, bezogen auf die im Rahmen einer Entscheidung über eine aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu klärende Frage des Ausmaßes der mittlerweile bestehenden Integration des Fremden).

Laut dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2014, 2014/20/0017, geht der Verwaltungsgerichtshof mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des

§ 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, davon aus, dass für die Auslegung der in

§ 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

In gegenständlichen Beschwerden wurden eine unschlüssige Beweiswürdigung und Begründungsmängel behauptet und die Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung beantragt. Zur Abklärung des maßgeblichen Sachverhaltes wird für den 19.03.2018 um

08.30 Uhr eine Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, zu welcher die Erstbeschwerdeführerin, zugleich auch als gesetzliche Vertreterin der Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen, sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schriftlich geladen werden. Die Ladungen werden den Parteien des Beschwerdeverfahrens zusammen mit gegenständlichen Erkenntnissen zugestellt werden. Da vor dieser erst für den 19.03.2018 anberaumten Beschwerdeverhandlung (noch) nicht abschließend beurteilt werden kann, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten könnte, gemäß der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß den Vorgaben des § 18 Abs. 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, jedenfalls binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerden zu treffen hat, waren im Zweifel die Spruchpunkte VI. der Bescheide ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

In diesen konkreten Fällen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In diesen Erkenntnissen wurde ausführlich dargelegt, dass vor der erst für den 19.03.2018 anberaumten Beschwerdeverhandlung (noch) nicht abschließend beurteilt werden kann, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten könnte, gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Bundesverwaltungsgericht aber seine Entscheidungen betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerden zu treffen hat und deshalb im Zweifel Spruchpunkte VI., in welchen den Beschwerden gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ersatzlos zu beheben waren. Es ergaben sich im Lauf der Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von ungeklärten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Weder weichen die gegenständlichen Entscheidungen von der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die oben zu A angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen, weshalb keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vorliegen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W215.1413040.5.00

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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