Entscheidungsdatum
09.02.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2136426-3/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX geb. XXXX alias XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.01.2018, Zl. 15-1100642410-152081972, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, brachte am 30.12.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.
Bei der Erstbefragung am 30.12.2015 gab der Beschwerdeführer vor der Polizeiinspektion Wels im Wesentlichen an, den im Spruch angeführten Namen zu führen und am XXXX geboren zu sein. Er führte an über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien nach Österreich gelangt zu sein. Er habe nirgendwo um Asyl angesucht.
Am 15.03.2016 wurde ein Aufnahmegesucht gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO an Kroatien übermittelt.
Mit Schreiben des Bundesamtes vom 18.05.2016 wurde der Mitgliedstaat Kroatien darauf hingewiesen, dass keine fristgerechte Ablehnung Kroatiens auf das geführte Konsultationsverfahren erfolgte und daher die Zuständigkeit Kroatiens für das Asylverfahren aufgrund Verfristung gem. Artikel 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO bestehe.
Am 23.08.2016 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, in Anwesenheit eines Rechtsberaters einvernommen. Er legte eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses vor. Er verfüge über keine Verwandten in Österreich laut eigenen Angaben.
Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er sich am 28.01.2016 einer Untersuchung zur Altersbestimmung unterzogen hatte und ein Mindestalter von 21,52 Jahren zum Asylantragszeitpunkt und damit die Volljährigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich im Sachverständigengutachten vom 28.01.2016 festgestellt worden war. Auf Vorhalt des Ergebnisses gab der Beschwerdeführer an, er sei 17 Jahre und er könne das Ergebnis der Altersfeststellung nicht verstehen.
Der Beschwerdeführer behauptete, er habe im Rahmen der Erstbefragung nicht mit Sicherheit die Länder angeben können, durch welche er nach Österreich gelangt sei. Er habe nur angegeben, dass er nach Griechenland gereist sei und in der Folge durch ihn unbekannte Länder nach Österreich gereist sei.
Der Beschwerdeführer behauptete, es habe Verständigungsschwierigkeiten gegeben.
Er könne keine Angaben zu seinem Aufenthalt in Kroatien tätigen, weil er durch verschiedene Balkanländer gereist sei und irgendwo übernachtet habe, jedoch nicht wisse, wo. Es sei in Kroatien keine Entscheidung im Asylverfahren hinsichtlich seiner Person ergangen.
Am Ende der Einvernahme änderte der Beschwerdeführer seine Angaben dahingehen, dass er anführte, er sei nicht - wie in der Erstbefragung stehend - Analphabet, sondern habe acht Jahre lang die Schule besucht. In Afghanistan sei er bei einem Fernsehsender beschäftigt gewesen.
Am 25.08.2016 langte eine Stellungnahme vom selben Tag beim BFA ein, in welcher insbesondere ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer niemals in Kroatien gewesen sei. Dies habe er auch mehrmals während den Einvernahmen angegeben. Verwiesen wurde darauf, dass die Situation von Asylwerbern in Kroatien schlecht sei.
2. Mit Bescheid des BFA vom 15.09.2016, Zl. 15-1100642410-152081972, wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gem. § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers. Im Wesentlichen wurde darin ausgeführt, dass eine Zuständigkeit Kroatiens nicht vorliege, weil kein illegaler Grenzübertritt ins Schengengebiet erfolgt sei. Die Einreise des Beschwerdeführers über die Balkanroute sei nicht rechtswidrig erfolgt und zumindest geduldet worden. Es würde auch kein Eurodactreffer vorliegen.
Am 14.11.2016 langte beim BVwG eine Information des BFA ein, wonach die Überstellungsfrist des Beschwerdeführers am 14.11.2016 verlängert wurde auf 18 Monate und daher erst am 15.11.2017 ende. Diese sei verlängert worden, da dessen Aufenthalt unbekannt sei und er deshalb als "flüchtig" eingestuft worden sei. Laut Bericht einer österreichischen Polizeiinspektion vom 13.11.2016 wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht mehr in der Unterkunft aufhältig sei. Festgehalten wurde, dass Mitbewohner der Polizei mitgeteilt hätten, der Beschwerdeführer halte sich angeblich in Wien auf. Nach mehrmaliger Intervention beim Unterkunftgeber wurde der Polizeiinspektion mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer zuletzt am 10.11.2016 im Laufe des Nachmittages in der Unterkunft aufhältig gewesen sei. Die Abmeldung von der Unterkunft wurde daher veranlasst.
3. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der Folge mit Beschluss vom 05.12.2016,
W240 2136426-1/4E, der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2016, Zl. 15-1100642410-152081972, gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und den vorzitierten Bescheid behoben.
Begründend wurde insbesondere ausgeführt, der dem Bescheid vom 15.09.2016 zugrunde liegende Sachverhalt erweise sich vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ein- bzw. Durchreise des Beschwerdeführers in bzw. durch die Mitgliedsstaaten der EU - insbesondere in Bezug auf Kroatien - als mangelhaft, da auch im gegenständlichen Fall die näheren Umstände der Reisebewegungen nicht ausreichend ermittelt und folglich auch keine umfassenden Tatsachenfeststellungen darüber getroffen worden seien. Insbesondere fehle es an konkreten Feststellungen zur Frage, ob die Ein- bzw. Durchreise des Beschwerdeführers in bzw. durch Kroatien staatlich organisiert war, um klären zu können, ob das gegenständliche Verfahren im Vergleich zum slowenischen Vorabentscheidungsverfahren einen gleich- oder ähnlich gelagerten Sachverhalt aufweise.
Am 12.01.2017 erfolgte die neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Der Beschwerdeführer gab auf Nachfrage an, dass er einen Deutschkurs besuche.
Der Beschwerdeführer zeigte ein Handyvideo über Nachrichten, welche eine Frau vorlese, und er behauptete, dass seine Stimme im Hintergrund zu hören sei.
Der Beschwerdeführer führte aus, er habe vor Kurzem erfahren, dass seine Eltern eigentlich sein Onkel und seine Tante seien und er adoptiert sei. Nunmehr wisse er, dass er sechs weitere Brüder habe, welche sich in Europa befinden würden. Wo sich diese befinden, wisse er nicht und er habe auch keinen Kontakt zu diesen. Er lebe in keiner familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Befragt zu seiner Einreise nach Österreich gab er an, dass er in Griechenland Fingerabdrücke abgegeben habe und er sei mit dem Flüchtlingsstrom bzw. mit der Massenbewegung mitgeflüchtet. Er wisse nicht, durch welche Länder er gereist sei. Er sei nirgendwo behördlich angehalten und keiner Grenzkontrolle unterzogen worden. Sie seien alle mit dem Zug und mit dem Bus nach Österreich gereist. Durch welche Länder sie gefahren seien, wisse er nicht. Es seien dann viele vom Flüchtlingsstrom weiter nach Deutschland gereist, er habe sich aber entschieden, dass er in Österreich bleibe.
Befragt nach der Organisation der Reise, gab der Beschwerdeführer an, er wisse es nicht, wer diese organisiert habe. Er sei einfach mit den anderen Flüchtlingen eingestiegen. Er habe weder Polizisten noch Schlepper gesehen. Durch diese ganze Reise sei er krank geworden und man habe ihn in Österreich medizinisch versorgt.
Auf Nachfrage gab er an, es seien ihm nur in Griechenland Fingerabdrücke abgenommen worden.
Er habe in den Ländern, durch die er gereist sei, keine Schriftstücke oder Bestätigungen von Behörden erhalten.
Der Beschwerdeführer bestritt in Kroatien gewesen zu sein.
Er habe sich an Österreich gewöhnt und besuche einen Deutsch-Kurs. Er sei sehr gut integriert und er wolle sich in Österreich weiterbilden.
Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses vor.
4. Mit Bescheid des BFA vom 09.02.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz erneut gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Begründung des Dublin-Tatbestandes wurde im Bescheid des BFA vom 09.02.2017 insbesondere wie folgt festgestellt:
"Festgestellt wird, dass Ihre Einreise nach Österreich und Kroatien illegal erfolgte.
Auf Ihrem Fluchtweg wurden Sie ausschließlich von der griechischen Polizei erkennungsdienstlich behandelt. Es erfolgte keine Grenz- und Personenkontrolle durch die kroatische, mazedonische oder serbische Polizei. Ihre Personaldaten wurden nur von den griechischen Behörden erfasst.
Festgestellt wird, dass sich Kroatien gemäß Art. 13/1 i. V. m. Art. 22/7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates für die Führung Ihres Asylverfahrens für zuständig erklärt hat und auf das Konsultationsverfahren nicht abgelehnt hat."
Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bewusst und vorsätzlich mit Zug und Bus durch verschiedene Länder bis Österreich illegal durchgereist sei, weshalb er die kroatische Grenze illegal passiert habe und der Beschwerdeführer spätestens am 30.12.2015 illegal nach Österreich gelangt sei.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das BFA im Bescheid weiterhin eine Zuständigkeit Kroatiens behaupte, jedoch weder auf die massiven Mängel im kroatischen Asylverfahren eingehe, noch in adäquater Weise auf den vom BVwG geforderten Verbesserungsauftrag und auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers in Österreich eingehe. Es liege kein illegaler Grenzübertritt in das Schengengebiet vor. Den Flüchtlingen sei die Durchreise gestattet worden. Die Einreise des Beschwerdeführers sei jedenfalls zumindest geduldet gewesen und es könne daher per Definition keine illegale Einreise gewesen sei. Das BFA gehe auch auf die Mängel der Betreuung von Asylwerber im kroatischen Asylverfahren nicht in konkreter Wiese ein. Er habe eigenständig Deutsch gelernt und es sei ihm gelungen, sich ein starkes Netz sozialer Kontakte aufzubauen.
5. Das Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.02.2017, Zl. 15-1100642410-152081972, wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.03.2017 gemäß § 38 2. Satz AVG 1991 idgF iVm § 17 VwGVG idF BGBl I Nr. 24/2017, ausgesetzt. Der Grund der Aussetzung war, dass am 13.09.2016 der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien (Vrhovno sodisce Republike Slovenije) in einem ähnlich gelagerten Fall mit Beschluss (Zahl C-490/16) dem EuGH Fragen hinsichtlich der Auslegung des Tatbestandes der "illegalen Einreise" nach Art 13 Abs 1 Dublin III-VO vorgelegt hatte und am 14.12.2016 der VwGH zu Zl. EU 2016/0007,0008-1 (Ra 2016/19/0303 und 304) eine ähnlich gelagerte Konstellation dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hatte. Die Entscheidung im gegenständlichen Verfahren war bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt worden.
6. Mit Beschluss des BVwG vom 27.03.2017 war der Beschwerde gegen den Bescheid des Beschwerdeführers gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
7. Mittels Verfahrensanordnung des BVwG vom 21.08.2017 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass der EuGH das Vorabentscheidungsersuchen des VwGH betreffend aufgrund des österreichischen Vorabentscheidungsersuchens mit Urteil vom 26.07.2017, C-646/16 entschieden hatte, dass die seinerzeitigen Einreisen "während des Flüchtlingsstroms" nicht legal waren und die Regelungen der Dublin III-VO daher vollumfänglich Anwendung finden. Im selben Sinn wurde mit Urteil vom selben Tag das slowenische Vorabentscheidungsersuchen C-490/16 (A.S.) entschieden. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt Gründe bekanntzugeben, falls mittlerweile über die im bisherigen Verfahren vorgebrachten Gründe hinaus weitere Gründe vorliegen, die einer Ausweisung seiner Person aus Österreich in seinen Herkunftsstaat entgegen stehen würden, insbesondere schwere gesundheitliche Beschwerden und Erkrankungen oder solche, die im Bereich Ihres Privat- und/oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gelegen sind
8. Am 04.09.2017 langte eine Stellungnahme ein, in welcher ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer mittlerweile seit mehr als zwei Jahren in Österreich aufhältig sei. Er habe bereits entsprechende Anstrengungen unternommen, sich in Österreich anzupassen. Im Falle der Abschiebung sei eine massive Verschlechterung bis hin zum Suizid zu befürchten. Er habe die deutsche Sprache erlernt und ein starkes soziales Netz aufgebaut. Im gegenständlichen Fall sei ein außergewöhnlicher humanitärer Bedarf gegeben. Zusammen mit der Stellungnahme wurde ein aktueller Bericht über die Lage in Kroatien übermittelt.
Am 08.09.2017 langten eine mit 05.09.2017 datierte Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses sowie ein psychotherapeutischer Befundbericht betreffend den Beschwerdeführer ein. Im Befundbericht wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unter massiven Ängsten leide. Er zeige auffallende Starre, Anspannung, Zittern und Niedergeschlagenheit. Der Beschwerdeführer führte insbesondere große Angst, Konzentrationsstörungen, massiver sozialer Rückzug und wiederkehrende Suizidgedanken an. Diagnostiziert wurden beim Beschwerdeführer Reaktion auf schwere Belastung und suizidale Einengung. Es wurden dringend Psychotherapie, fachärztliche und medikamentöse Unterstützung empfohlen.
9. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der Folge mit Beschluss vom 05.12.2016,
W240 2136426-1/4E, das mit Beschluss vom 07.03.2017 gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ausgesetzte Verfahren fortgesetzt und in Erledigung der Beschwerde den bekämpften Bescheid des BFA vom 09.02.2017 behoben sowie die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass es dem BVwG zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich sei aufgrund der vorliegenden Unterlagen zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer überstellungsfähig sei oder ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, die bei einer Überstellung zu einer Verletzung gemäß Art. 3 EMRK führen könnten. Demnach erscheine es im konkreten Einzelfall aufgrund des dargelegten Krankheitsbildes angezeigt, ein fachärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand und die Überstellungsfähigkeit des Beschwerdeführers einzuholen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl werde daher im fortgesetzten Verfahren den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und die vorhandenen Behandlungs- bzw. Versorgungsmöglichkeiten in Kroatien zu erheben haben. Sodann werde es sich auf der Grundlage zeitnaher, die aktuellen Entwicklungen berücksichtigenden Berichte, mit der aktuellen Lage in Kroatien auseinander zu setzen und ausgehend davon die Frage zu klären haben, ob im konkreten Fall des Beschwerdeführers ein Selbsteintritt Österreichs zur Vermeidung einer Grundrechtsverletzung nach Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC geboten sein könnte.
10. Am 20.10.2017 wurde eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin vorgenommen. In der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 24.10.2017 wurden eine "Milde Anpassungsstörung F 43.2, differentialdiagnostische Belastung ohne Krankheitswert" festgestellt", das Vorliegen sonstiger psychischer Krankheitssymptome wurde verneint. Zur Zeit der Befundaufnahme finde sich eine relativ symptomarme Anpassungsstörung F43.2 mit sorgenvoller Haltung. Therapeutische und medizinische Maßnahmen wurden von der Ärztin nicht angeraten.
Am 15.11.2017 langte eine mit 12.11.2017 datierte Stellungnahme zur gutachterlichen Stellungnahme ein. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass aufgrund des Ergebnisses des psychiatrischen Gutachtens um die Zulassung der inhaltlichen Führung des Asylverfahrens in Österreich ersucht werde, da beim Beschwerdeführer behandlungsbedürftige krankheitswertige psychische Störungen erkannt worden seien und im Falle einer Abschiebung nach Kroatien die massive Gefahr bestehe, dass sich die Erkrankungen noch verschlimmern würden.
Vorgelegt wurden Beweismittel über die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers, im Detail Fotos über seine Tätigkeit im Rahmen seiner Praktika bei österreichischen Rundfunktstationen.
11. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 17.11.2017 wurde ausgeführt, dass er Depressionen habe und aufgrund von Fußschmerzen nicht gut gehen könne. Die Fußschmerzen habe er sich in Afghanistan beim Fußballspielen zugezogen. Das seien keine dauerhaften Schmerzen im Fuß. Er leide auch an Juckreiz an den Armen und am Oberkörper, dies sei jedoch nicht so schlimm. Er habe dafür eine Salbe und Tabletten zur Einnahme erhalten. Er nehme noch zusätzlich Medikamente ein, jedoch nicht immer, sondern nur, wenn er depressiv sei. Der Beschwerdeführer verwies auf seine Teilnahmebestätigungen, er habe drei Monate einen Kurs besucht und Videoaufnahmen bzw. Filme bearbeitet, dies sei ein Bereich im Journalismus. Er mache dies zurzeit bei einem Interkulturellen Entwicklungszentrum und bei anderen Integrationsprojekten. Er habe bei österreichischen Rundfunkstationen Praktika absolviert. Er habe auch eine Prüfung mit der höchsten Punktezahl absolviert. Im Bereich der EU, in Norwegen oder Island seien keine Verwandten aufhältig, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Er sei seit zwei Jahren in Österreich und sei durchgehend gemeldet gewesen ohne Unterbrechung. Die Überstellungsfrist sei bereits lange abgelaufen. Sein Antrag hätte bereits längst entschieden werden sollen. Er sei nie in Kroatien gewesen, sondern durch ihm unbekannte Länder mit dem Flüchtlingsstrom mitgereist. Er habe sich sehr gut integriert und die Sprache gelernt. Er habe viele Freunde und soziale Kontakte in Österreich.
Der anwesende Vertreter führte aus, dass die Verlängerung der Überstellungsfrist im November 2016 grundlos erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei gemeldet gewesen. Auch die 18monatige Frist wäre bereits abgelaufen, hätte das BVwG nicht eine aufschiebende Wirkung zuerkannt. Es wurde aufgrund der Dauer seines Aufenthalts und aus humanitären Gründen darum ersucht das Verfahren in Österreich zuzulassen.
Der Beschwerdeführer gab an, dass sein Praktikum noch bis April 2018 andauere und er verstehe nicht, weshalb Kroatien für sein Verfahren zuständig sein soll und nicht Österreich.
Der Beschwerdeführer legte folgende Unterlagen vor:
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psychotherapeutischer Befundbericht einer Psychotherapeutin vom 05.09.2017, wonach beim Beschwerdeführer "F 43.0 Reaktion auf schwere Belastungen und suizidale Einengung" vorliegen, welcher bereits im Zuge des Parteiengehörs vor dem BVwG vorgelegt worden war,
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Bestätigung vom 03.10.2017, dass der Beschwerdeführer einen Test im Zuge eines Integrationskurses erfolgreich bestanden hat,
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Bestätigung, dass der Beschwerdeführer vom 04.07.2017 bis zum 04.10.2017 an einem Videojournalismus-Workshop teilnahm
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Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs am 14.11.2017
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Nachweis über die freiwillige und unentgeltliche Arbeit im Interkulturellen Entwicklungs-Zentrum vom 14.11.2017
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Antrag auf Mitgliedschaft in einem österreichischen Kulturverein
12. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 06.01.2018, Zl. 15-1100642410-152081972, wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gem. § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.
Die Feststellungen zur Lage in Kroatien wurden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 14.11.2017, Versorgung (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Versorgung).
Derzeitige Unterbringungskapazitäten für Asylwerber in Kroatien (Stand: 7.11.2017):
Zentrum Zagreb (Hotel Porin): 600 Plätze (Auslastung: 439)
Zentrum Kutina: 100 Plätze (Auslastung: 48)
Das Hotel Porin soll bald renoviert werden und eine größere Anzahl von Asylwerbern währenddessen anderweitig untergebracht werden. Kutina wird weiterhin für Familien und Vulnerable benutzt. Anhand der derzeit verfügbaren Unterbringungskapazitäten besteht momentan kein Bedarf zur Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze für Asylwerber bzw. Dublin-Rückkehrer (VB 8.11.2017).
Das geschlossene Zentrum Jezevo wird weiterhin für Fremde genützt, welche aus verschiedenen Gründen festgenommen wurden bzw. auf ihre Abschiebung oder Rückkehr warten. Durchschnittlich sind ca. 20 - 30 Personen dort aufhältig.
Die beiden Transitzentren in Tovarnik (serbische Grenze) und Trilj (bosnische Grenze) sind in Betrieb gegangen und haben eine Kapazität von ca. 90 Plätzen pro Zentrum. Sie werden nicht für den Asylbereich sondern für die Verwahrung festgenommener illegaler Migranten genutzt. Beide Objekte wurden vom VB besichtigt und haben einen sehr hohen Standard an Infrastruktur (VB 8.11.2017).
Mehrere NGOs bieten derzeit in den Unterbringungszentren für Asylwerber ihre Dienste an. Das Kroatische Rote Kreuz leistet psychosoziale Hilfe, organisiert fachärztliche Untersuchungen und Transport, besorgt bestimmte Medikamente und organisiert andere Aktivitäten. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) leistet psychosoziale Hilfe. Der Verband baptistischer Kirchen organisiert unter anderem auch den Transport zu einem Zahnarzt. Das Rehabilitationszentrum für Stress und Trauma leistet psychosoziale Hilfe. Das kroatische Zentrum für rechtliche Angelegenheiten biete rechtliche Beratungen an. Médecins du Monde bietet die ganze Bandbreite der Gesundheitsfürsorge an. In den beiden offenen Unterbringungszentren wurde je eine Arztpraxis/Ärzteambulanz organisiert, welche täglich geöffnet ist. In Zagreb wird sie von Médecins du Monde geführt, welche auch zweimal im Monat Besuche von Fachärzten für Gynäkologie, Pädiatrie und Psychologie organisieren. Außerdem steht für die Asylwerber in Kroatien generell auch ärztliche Nothilfe, notwendige Behandlung von Krankheiten und ernsthaften psychischen Störungen zur Verfügung (VB 8.11.2017).
Derzeit gibt es keine registrierten drogensüchtigen Asylwerber in Kroatien. Wenn sich aber ein Asylwerber bei seinem ersten Gesundheitscheck als drogenabhängig deklariert (das gilt auch für Dublin-Rückkehrer, falls im Rahmen des Dublin-Verfahrens keine medizinischen Unterlagen übermittelt wurden), wird eine medizinische Überprüfung vorgenommen und eine für den Betreffenden notwendige Therapie festgelegt. Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen Asylwerber auf einer höheren Dosis oder anderen Substitutionsmedikamenten bestanden haben und angaben, diese auch in anderen Mitgliedsstaaten erhalten zu haben. Kroatien betont jedoch, dass jedem Asylwerber, welcher sich als Drogensüchtiger deklariert, nach medizinischen Tests seitens der zuständigen Behörde, die notwendige Therapie vorgeschrieben wird (VB 8.11.2017).
Quellen:
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VB des BM.I für Kroatien (8.11.2017): Bericht des kroatischen Innenministeriums, per E-Mail
2. Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2017; für weitere Informationen siehe dieselbe Quelle).
Von Jänner bis einschließlich Juli 2017 verzeichnete Kroatien 902 Asylanträge. Im selben Zeitraum entzogen sich 661 Personen dem Asylverfahren durch Untertauchen (VB 28.8.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2016update.pdf, Zugriff 14.8.2017
-
VB des BM.I für Kroatien (28.8.2017): Bericht des VB, per E-Mail
3. Dublin-Rückkehrer
Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn Rückkehrer Kroatien vor dem Ende ihres ursprünglichen Verfahrens verlassen haben und das Verfahren daher suspendiert wurde, müssen sie bei Rückkehr gemäß Art. 18(2) der Dublin-III-VO neuerlich einen Asylantrag stellen. Wer hingegen vor Verlassen des Landes seinen Antrag explizit zurückgezogen hat bzw. eine Zurückweisung erhalten hat, gilt in so einem Fall als Folgeantragsteller (AIDA 3.2017).
Dublin-Rückkehrer nach Kroatien haben bei Rückkehr Zugang zum Verfahren. In der Regel werden Neuanträge eingebracht (VB 9.11.2016).
Die NGO ECRE kritisierte Ende 2016, dass vor allem Vulnerable von Dublin-Überstellungen nach Kroatien betroffen seien und führt aus, dass die Unterbringungsbedingungen in Kroatien zwar keinen kompletten Überstellungsstopp rechtfertigen mögen, rät aber dennoch dazu, von der Überstellung vulnerabler Personen Abstand zu nehmen (ECRE 15.12.2016).
Gemäß Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs dürfen Migranten im Rahmen Dublin-VO nach Kroatien zurückgeschickt werden, die im Zuge der sogenannten "Flüchtlingskrise" von 2015/2016 von Kroatien "durchgewunken" worden waren. Die Weiterreise der betreffenden Migranten erfolgte dem EuGH zufolge illegal und die Dublin-Regeln sind anzuwenden (DS 26.7.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2016update.pdf, Zugriff 14.8.2017
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DS - Der Standard (26.7.2017): Entscheidung zu Asylregeln:
Kroatien befürchtet hunderte Rückschiebungen, http://derstandard.at/2000061843511/EU-Hoechstgericht-zu-Asylregeln-Kroatien-befuerchtet-hunderte-Rueckschiebungen, Zugriff 14.8.2017
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ECRE - European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016):
Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system,
https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 21.8.2017
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VB des BM.I für Kroatien (9.11.2016): Bericht des VB, per E-Mail
4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Als vulnerabel gelten unmündige Personen, Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, alte und gebrechliche Personen, ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, AlleinerzieherInnen mit minderjährigen Kindern, psychisch Kranke, Opfer von Menschenhandel und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychologischer, physischer und sexueller Gewalt (z.B. FGM-Opfer). Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände ist ihnen geeignete Unterstützung-auch medizinisch - zu bieten. Speziell geschulte Beamte sollen Vulnerable identifizieren. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß Vulnerabilität tatsächlich systematisch identifiziert wird. Generell hängt dies wohl eher vom zuständigen Beamten ab. Für Vulnerable gibt es kein institutionalisiertes Früherkennungssystem. Anträge von Unbegleiteten Minderjährigen Asylwerbern (UMA) haben Priorität (AIDA 3.2017).
In Gesetz und Praxis wird die Identifizierung spezieller Bedürfnisse als kontinuierlicher Prozess während des Verfahrens gesehen. Dabei ist man in der Unterbringung stark auf die tägliche Mitarbeit der dort tätigen NGOs angewiesen, die gegebenenfalls Vulnerable erkennen und entsprechend ihrer Bedürfnisse weiterverweisen können. Eine erste Einschätzung nimmt bei deren Ankunft im Unterbringungszentrum "Hotel Porin" das Kroatische Rote Kreuz vor, wo in vielen Fällen bereits spezielle Bedürfnisse erkannt werden können (ECRE 15.12.2016).
Unbegleiteten Minderjährigen (UM), die den Wunsch nach Asyl erkennen lassen, ist vom Zentrum für soziale Wohlfahrt noch vor Antragstellung ein geeigneter Vormund zur Seite zu stellen. Das geschieht in der Regel sofort (Kutina) oder dauert bis zu 4 Wochen (Zagreb). Vormunde sind in der Regel Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Überlastung und Verständigungsprobleme können dazu führen, dass die Rolle der Vormunde eher formal bleibt und sie nicht aktiv im Sinne ihrer Schutzbefohlenen tätig werden. 2016 wurden auch Mitarbeiter des Kroatischen Roten Kreuzes in einigen Fällen als Vormunde bestellt. Der Vormund hat im besten Interesse des Kindes alle notwendigen Abklärungen mit Behörden, NGOs, usw. zu treffen. Ist ein UM über 16 Jahre und verheiratet, ist kein Vormund zu bestellen (AIDA 3.2017).
Es werden weiterhin unbegleitete Minderjährige in Heimen untergebracht, darunter auch Einrichtungen für verhaltensauffällige Kinder, ohne eine geeignete Vormundschaft und ohne Zugang zu Bildung (HRW 12.1.2017).
Bei Zweifeln am Alter einer Person sollen zuerst die vorhandenen Informationen, inklusive der Meinung der Experten, die mit dem Kind täglich arbeiten, bewertet werden. Wenn dies nicht genügt, ist mit schriftlichem Einverständnis des Kindes und des Vormunds eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese besteht aus allgemeiner medizinischer Untersuchung und Röntgen der Zähne oder der Hand. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, ist der ASt. als Erwachsener zu behandeln, der Antrag darf aber nicht (nur) deswegen abgelehnt werden. Im Zweifel ist von der Minderjährigkeit auszugehen. Diese Vorgehensweise wurde aber noch nie angewandt. In der Praxis haben Mitarbeiter der Zentren für soziale Wohlfahrt auf Basis der physischen Erscheinung entschieden. Die bei der Betreuung von UM zuständigen Behörden haben sich auf ein "Protocol on treatment of separated children-foreign nationals" geeinigt, um einheitliche Abläufe bei Betreuung und Schutz von UM garantieren zu können. Auch UNHCR hat dazu Input geliefert (AIDA 3.2017).
Alle Kinder von Asylwerbern im schulpflichtigen Alter, die im sogenannten "Hotel Porin" untergebracht sind, können nahegelegene Volksschulen und Kindergärten besuchen. Nationale Kapazitäten zur Integration der Kinder von Flüchtlingen und Migranten in das kroatische Bildungssystem, werden durch ein von UNICEF unterstütztes Aufbauprogramm weiter gestärkt (UNICEF 15.3.2017; vgl. UNHCR 1.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2016update.pdf, Zugriff 14.8.2017
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ECRE - European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016):
Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system,
https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 21.8.2017
-
HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - European Union, https://www.ecoi.net/local_link/334735/476552_de.html, Zugriff 21.8.2017
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UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (15.3.2017):
Refugee and Migrant Crisis in Europe. Humanitarian Situation Report # 21, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/54644, Zugriff 31.8.2017
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UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (1.2017): EUROPE'S REFUGEE SITUATION RESPONSE UPDATE #34, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1490269116_unhcr-update-on-the-emergency-response-in-europe-january-2017.pdf, Zugriff 21.8.2017
5. Non-Refoulement
Es gibt weiterhin Berichte über sogenannte "Push-backs" von Migranten an der Grenze zu Serbien (HRW 12.1.2017; vgl. UNHCR 1.2017; AIDA 3.2017).
Es gibt eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien und Tunesien. Bisher wurde das Konzept des sicheren Herkunftslandes meist bei Algeriern und Marokkanern angewandt. Laut Gesetz ist ein sicherer Drittstaat einer, in welchem ein Antragsteller sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko einen ernsten Schaden zu erleiden; welcher das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und welcher effektiven Zugang zum Asylverfahren gewährt. Ob dies zutrifft ist eine Einzelfallentscheidung. Wen ein Antragsteller bereits in einem anderen Staat Schutz erhalten hat oder Refoulement-Schutz genießt, kann sein Antrag in Kroatien als unzulässig zurückgewiesen werden (AIDA 3.2017).
Es bestehen bei Rückkehr nach Kroatien derzeit offenbar keine Risiken bezüglich Kettenabschiebung in andere Länder. Obwohl das Gesetz erlaubt, Anträge als unzulässig abzulehnen wenn ein Antragsteller aus einem sicheren Drittland bzw. einem europäischen sicheren Drittland kommt oder dort bereits Flüchtlingsstatus hat, wurden diese Bestimmungen - zumindest bis Ende 2016 - noch nicht in der Praxis angewandt (ECRE 15.12.2016).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2016update.pdf, Zugriff 14.8.2017
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ECRE - European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016):
Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system,
https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 21.8.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - European Union, https://www.ecoi.net/local_link/334735/476552_de.html, Zugriff 21.8.2017
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UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (1.2017): EUROPE'S REFUGEE SITUATION RESPONSE UPDATE #34, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1490269116_unhcr-update-on-the-emergency-response-in-europe-january-2017.pdf, Zugriff 21.8.2017
6. Versorgung
Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung und gilt ab dem Zeitpunkt, an dem sie den Willen zur Asylantragsstellung erkennen lassen. Nur für Folgeantragsteller gelten Einschränkungen. Die monatliche finanzielle Unterstützung gibt es ab Unterbringung in einem Zentrum. Diese betrug Ende 2016 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, erhöht sich der Betrag. Trotzdem gilt die Unterstützung als sehr gering bemessen. Seit Mitte 2016 dürfen Asylwerber in Zagreb die öffentlichen Verkehrsmittel gratis benützen. Asylwerber (AW) deren Verfahren nach 9 Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für AW wird durch die Sprachbarriere und hohe Arbeitslosigkeit behindert. AW haben keinen Zugang zu Jobtrainings, sie können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 3.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2016update.pdf, Zugriff 14.8.2017
a. Unterbringung
Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für Asylwerber (AW). Auf Antrag können sie auf eigene Kosten außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über 2 offene Unterbringungszentren für AW, in Zagreb (Kapazität: 600 Plätze) und in Kutina (Kapazität: 82 Plätze) (AIDA 3.2017). Andere Quellen begnügen sich damit die Unterbringungskapazität in beiden Zentren mit rund 700 anzugeben (UNHRC 28.4.2017). Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt, wobei Kutina primär der Unterbringung vulnerabler AW dient. Bezüglich der Unterbringungsbedingungen werden keine besonderen Probleme berichtet. Es gibt in den Zentren u.a. präventive Maßnahmen gegen sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, Sprachkurse, Arbeitsvermittlung usw. Mehrere NGOs sind in den Zentren präsent und bieten Unterstützungsmaßnahmen an (AIDA 3.2017).
Mit Stand 20.8.2017 waren in den kroatischen Unterbringungseinrichtungen insgesamt ca. 600 Personen aufhältig (VB 28.8.2017).
In beiden Zentren erhalten die Bewohner drei Mahlzeiten pro Tag und schwangere Frauen, Wöchnerinnen und Kinder bis 16 Jahre erhalten auch eine Nachmittagsjause. In Kutina gibt es Küchen, in denen die AW selbst kochen können. In Zagreb ist dies in Planung. Spezielle Anforderungen an die Ernährung (z.B. ärztliche Verschreibung oder religiöse Gründe) werden berücksichtigt, wobei es 2016 diesbezüglich scheinbar auch einige Probleme gab. Nach Angaben des Kroatischen Roten Kreuzes bieten 204 Sozialarbeiter täglich psychosoziale Unterstützung und organisieren soziale und pädagogische Aktivitäten mit Asylsuchenden in Zagreb (Montag-Samstag) und Kutina (Montag-Sonntag). Hauptaktivitäten sind: Unterstützung (Unterbringung, Erstinformation, usw.); Individuelle und familiäre psychosoziale Unterstützung nach Bedarf; Unterstützung von unbegleiteten Minderjährigen; Besondere Betreuung für Personen mit psychischen Problemen und potenziellen Opfern von Folter und Trauma; Spiel- und Bildungsaktivitäten mit Kindern; Unterstützung bei Schulaufgaben; Einführung in die kroatische Kultur, Sitten und Gebräuche; Gruppen- und Einzelarbeit mit einzelnen Frauen, einschließlich Einzelgesprächen zur Verhütung von Menschenhandel und sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt; Konflikt- und Gewaltprävention, Workshops zur Verhütung des Menschenhandels;
Sportliche Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Empfangszentren;
Sprachkurse für Kroatisch und Englisch; Hygieneförderung und Gesundheitserziehung; Jobcenter; Bibliothek; Friseursalon;
Bereitstellung von Informationen, praktische Unterstützung im täglichen Leben; Verweis an das Innenministerium zur Gesundheitsversorgung, an spezialisierte Einrichtungen der psychologischen und psychischen Gesundheit; und Organisation von Gemeindeversammlungen in Kutina und Zagreb (Vox Populi). Der Jesuitische Flüchtlingsdienst hat einen Computerraum mit neun Computern in Zagreb eingerichtet. Das Klassenzimmer ist täglich von Montag bis Freitag mit der Anwesenheit eines Dolmetschers und freiwilligen Unterstützern geöffnet. Gelegentlich ist die Klasse auch samstags und sonntags geöffnet. Seit November 2016 halten Freiwillige einmal wöchentlich einen Computerkurs nur für Frauen und einmal wöchentlich einen gemischten Kurs ab. 2016 waren viele internationale und nichtstaatliche Organisationen wie IOM, UNICEF, Save the Children und nationale NGOs (Kroatisches Rotes Kreuz, Croatian Law Center, JRS, Center for Peace Studies, u.a.) in beiden Empfangszentren aktiv. Es wurden auch verschiedene soziale und pädagogische Aktivitäten für Frauen und Kinder organisiert. Kroatisch- Sprachkurse werden vom Kroatischen Roten Kreuz, dem Center for Peace Studies und dem Jesuitischen Flüchtlingsdienst organisiert. Im Empfangszentrum Kutina sind die Freiwilligen des Centre for Peace Studies einmal wöchentlich (Montag nachmittags und abends) präsent. Freiwillige führen seit Februar 2014 psychosoziale Hilfstätigkeiten für Asylsuchende im Zentrum in Zagreb durch (Informationen über Asylsystem, kroatische Kultur und Geschichte, psychosoziale Unterstützung, kroatische Sprache). Freiwillige halten Vorträge zu verschiedenen Themen. Sie sind montags und mittwochs von 18:30 bis 21:00 Uhr und am Samstag von 15:00 bis 18:00 Uhr im Zentrum in Zagreb präsent. Das Innenministerium erlaubt ihnen, ein Zimmer für den Kroatisch-Unterricht zu verwenden. Das des Centre for Peace Studies organisiert seine Tätigkeiten an den Abenden, da tagsüber das Kroatische Rote Kreuz aktiv ist, deren Angebot man ergänzen und nicht ersetzen will. Die Freiwilligen sind auch keine professionellen Lehrer der kroatischen Sprache, sondern verwenden alternative aber wirksame Methoden. Das bietet das für Asylwerber und Schutzberechtigte auch Besichtigungstouren in Zagreb, Sensibilisierungsworkshops für die kroatische Öffentlichkeit, usw. an (AIDA 3.2017).
Einzelne von Österreich nach Kroatien zurückgekehrte Asylwerber beschrieben die Unterbringungseinrichtung Hotel Porin als "as good as a hotel" (UNHCR 26.5.2017).
Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben. Wenn eine rechtskräftig negative Entscheidung vorliegt und die postulierte Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist, muss das Zentrum verlassen werden. In Einzelfällen gab es, obwohl rechtlich nicht vorgesehen, immer wieder humanitäre Ausnahmen (AIDA 3.2017).
Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Jezevo mit 84 Plätzen. Es hat kürzlich einen neuen Flügel mit 28 Plätzen für die besondere Unterbringung von Familien, Frauen und Kindern erhalten, obwohl laut NGO-Angaben in den letzten Jahren Kinder nicht mit ihren erwachsenen Begleitpersonen inhaftiert wurden. 2016 wurden gemäß kroatischem Innenministerium keine vulnerablen Asylwerber inhaftiert (AIDA 3.2017).
Geplant ist die Errichtung zweier Transitzentren in Tovarnik und Trilj, in denen in Zukunft das Grenzverfahren abgewickelt werden soll. Ihre Kapazität wird angeblich bei je 62 Plätzen liegen und über einen eigenen Flügel für Vulnerable verfügen (AIDA 3.2017).
Quelle:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2016update.pdf, Zugriff 14.8.2017
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