Entscheidungsdatum
09.02.2018Norm
BVergG 2006 §291Spruch
W138 2184913-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "A10 Tauern Autobahn, Abschnitt Liesertal,Bestandsbrücke L22 Sanierung km 118.860", der Auftraggeberin ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft, Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, vertreten durch die ASFINAG Baumanagement GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX vertreten durch die Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG, Ludersdorf 201, 8200 Gleisdorf vom 01.02.2018 "das Bundesverwaltungsgericht möge unverzüglich zu dem in Abschnitt I. näher bezeichneten Vergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens – zumindest aber für die Dauer von 6 Wochen – eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlags untersagt und der Antragstellerin der Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren binnen 14 Tagen zu Handen der Antragstellervertreter bei sonstiger Exekution auferlegt wird" folgenden Beschluss:
A)
Der Auftraggeberin wird gemäß § 328 BVergG 2006 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien:
Mit Schreiben vom 01.02.2018, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 22.01.2018, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin und die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung.
Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Die Auftraggeberin habe ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss des Bauauftrages "A10 Tauern Autobahn Abschnitt Liesertal Bestandsbrücke L22 Sanierung km 118.860" mit dem der gesamte Fahrbahnaufbau inklusive Abdichtung und Randbalken erneuert, sowie die Brückenentwässerung des Objektes L22 "Hangbrücke Rauchenkatsch" in km 118.860 auf der A10 Tauernautobahn saniert werden solle, ausgeschrieben. Angefochtene Entscheidung sei die Zuschlagsentscheidung vom 22.01.2018. Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung gab die Antragstellerin zusammengefasst folgendes an:
1. Gemäß der im Leistungsverzeichnis angeführten Position 00B106M würden 2 Punkte auf das Qualitäts- bzw. Zuschlagskriterium "Erhöhung Asphalteinbauqualität" entfallen. Als Teilkriterium sei in dieser Position die Maßnahme "durchgehender Antransport des Mischgutes mit thermoisolierten Fahrzeugen mit festinstallierter Temperaturmesseinrichtung einschließlich Abschiebeeinrichtung."
beschrieben und mit 1 Punkt bewertet. Diese hoch spezielen Fahrzeuge, mit Thermomulde und mit festinstallierter Temperaturmessung und Abschiebeeinrichtung gebe es in Österreich nur sehr beschränkt. Es sei auszuschließen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin über derartige Fahrzeuge verfüge oder über Dritte über die erforderliche Zahl zur einwandfreien Erfüllung dieser Maßnahme überhaupt verfügen könne. In Österreich könne über die erforderliche Zahl nicht verfügt werden. Die Antragstellerin gehe daher davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin weder entsprechende Mietverträge, noch Subunternehmer entsprechend der Ausschreibungsbedingung namhaft gemacht habe. Auch durch ausländische Verkehrsunternehmen könne aufgrund von Beschränkungen duch das Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht die notwendige Kapazität erreicht werden.
2. Falls für die angebotene Transportleistung nicht sämltliche direkt zuordenbare Kosten – und daher auch unter Berücksichtigung der Kabotage-Regelung – berücksichitgt worden seien, seien die angebotenen Preise der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für die Transportleistung nicht plausibel.
3. In der Position 00B104F des Leistungsverzeichnisses sei geregelt, dass vom Bieter eine Erklärung vorzulegen sei "aus der hervorgeht, über welche Ausstattung, welche Baugeräte und welche technische Ausrüstung der Unternehmer für die Ausführung des Bauvorhabens verfügen wird." Für den Fall, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin angeboten habe, den Antransport des Mischgutes durchgehend "mit thermoisolierten Fahrzeugen mit festinstallierter Temperaturmesseinrichtung einschließelich Abschiebeeinrichtung" durchzuführen, hätte sie erläutern müssen wie sie diese Maßnahem zu bewerkstelligen beabsichtige. Die präsumitve Zuschlagsempfängerin könne weder selbst über derartige Spezialfahrzeuge, noch über Dritte verfügen und im Ausland diese nur überaus beschränkt nachfragen. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre daher auszuscheiden gewesen, da sie die technische Leistungsfähigkeit nicht besitze.
4. Eine notwenige vertiefte Angebotsprüfung hätte eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises ergeben. Eine vertiefte Angebotsprüfung hätte ergeben, dass der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Preis, nicht alle direkt zuordenbaren Geräte- und Fremdleistungen enthalte bzw. diese nicht nachvollziehbar seien. Beide Angebote seien daher auszuscheiden gewesen.
Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.
Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 06.02.2018 gab diese bekannt, dass Auftraggeberin die ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft, vertreten durch die ASFINAG Baumanagement GmbH sei. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich der in einem offenen Verfahren mit EU-weiter Bekannmachung nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in der EU und in Österreich sei am 20.10.2017 erfolgt. Die Zuschlagsentscheidung sei mit Mitteilung per E-Mail am 22.01.2018 erfolgt.
Die Auftraggeberin erstattet ausdrücklich zum Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kein Vorbingen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)
Die Auftraggeberin, die ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs-Aktiengesellschaft, vertreten durch die ASFINAG Baumanagement GmbH, hat einen Bauauftrag im Wege eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich und in der EU ist am 20.10.2017 erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 06.02.2018).
Am 22.01.2018 erfolgte die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung zugunsten der Bietergemeinschaft SSB Bau GmbH – PORR Bau GmbH. (Schreiben der Auftraggeberin vom 06.02.2018).
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.
2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:
Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Zuschlagserteilung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung – nämlich der Zuschlagsentscheidung – behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG ist somit nicht gegeben.
Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax im Oberschwellenbereich binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung erfolgte per E-Mail am 22.01.2018. Der Nachprüfungsantrag ist am 01.02.2018 beim BVwG innerhalb der Amtsstundeen eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt – soweit im Provisorialverfahren ersichtlich – auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Die Antragstellerin hat ua den Antrag auf Untersagung der Zuschlagserteilung gestellt.
Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Zuschlagsentscheidung vom 22.01.2018 die Vergabe an die Bietergemeinschaft SSB Bau GmbH – PORR Bau GmbH beabsichtigt ist, diese aber bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.
Die Auftraggeberin erstattet ausdrücklich kein Vorbingen zum Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und des Auftraggebers, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.
Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;
30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;
29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bauauftrag, Bietergemeinschaft, Dauer der Maßnahme, einstweiligeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2184913.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.02.2018