TE Vwgh Beschluss 2018/1/29 Ra 2018/02/0033

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Veröffentlicht am 29.01.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs2 Z2;
StVO 1960 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Strasser, über die Revision des A W in B, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 19. Oktober 2017, Zl. LVwG-1-475/2017-R5, betreffend Übertretungen der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Straferkenntnis der BH Bludenz vom 16. Mai 2017 wurde der Revisionswerber in dem hier nurmehr interessierenden Spruchpunkt 3. schuldig erachtet, er habe sich am 1. April 2016 nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, dass sein Verhalten als Lenker eines näher genannten Fahrzeuges am angeführten Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei.

5 Er habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2

2. Satz StVO verletzt.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses der BH Bludenz vom 16. Mai 2017 mit der Maßgabe bestätigt, dass der erste Halbsatz zu lauten habe: "Sie haben sich am 01.04.2016 um 20.12 Uhr im Zuge eines Telefonates nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht, welches zu Ihrer Wohnung in B., gekommen war, geweigert". Zudem hat es die zu Spruchpunkt 3. verhängte Geldstrafe auf EUR 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) herabgesetzt.

7 Gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

8 Nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.600,-

- bis EUR 5.900,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

9 Das Gesetz schreibt nicht vor, in welcher Form ein Begehren nach § 5 Abs. 2 StVO zu ergehen hat, sofern nur die entsprechende Deutlichkeit des Begehrens gegeben ist (VwGH 24.10.2008, 2008/02/0187, mwN).

10 Der Umstand, dass das Begehren zur Atemluftuntersuchung nicht unmittelbar (von Angesicht zu Angesicht mit "Blickkontakt") an den Beschwerdeführer gerichtet werden konnte, vermag der Verbindlichkeit der Aufforderung keinen Abbruch zu tun (vgl. VwGH 27.4.2000, 99/02/0292, mwN, in welchem Fall die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung über eine Haussprechanlage erfolgte).

11 Bei entsprechender Deutlichkeit des Begehrens muss, was für die Aufforderung über eine Haussprechanlage gilt, auch für eine entsprechende telefonische Aufforderung gelten (vgl. VwGH 12.9.2006, 2006/02/0181, wo die Aufforderung bzw. die Verweigerung "per Mobiltelefon" erfolgt ist).

12 Das Verwaltungsgericht legte der Bestrafung des Revisionswerbers unbeanstandet als Sachverhalt im Wesentlichen zu Grunde, dass das Verhalten des Revisionswerbers mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und danach ein Polizeibeamter mit dem Mobiltelefon der Lebensgefährtin mit dem Revisionswerber gesprochen hat. Der Polizeibeamte hat sich am Telefon mit seinem Familiennamen und seiner Polizeidienststelle vorgestellt, dem Revisionswerber den Grund seines Anrufes mitgeteilt und ihn zur Atemluftuntersuchung aufgefordert sowie zur Bekanntgabe des Ortes, wo sich der Revisionswerber befinde, um dort die Untersuchung durchzuführen. Der Revisionswerber habe mit "Nein" geantwortet und aufgelegt.

13 In Anbetracht der dargestellten Rechtsprechung kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es vorliegend von einer dem § 5 Abs. 2 StVO entsprechenden Aufforderung ausgegangen ist.

14 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision seinen Rechtsausführungen seine Angaben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu Grunde legt ("kann sich nicht erinnern, dass sich der Polizeibeamte ordnungsgemäß vorgestellt hat", "ihn möglicherweise nicht richtig versteht und der Meinung ist, dass es sich um einen Scherz handelt", "Gesprächsverbindung war nicht gut...Telefongespräch abgebrochen"), entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, weshalb auf diese Argumentation nicht einzugehen war.

15 Bei entsprechender Deutlichkeit des Begehrens macht es im Gegensatz zum Vorbringen des Revisionswerbers keinen Unterschied, ob dazu ein "fremdes Handy" oder ein "Diensthandy" des Polizeibeamten verwendet wurde.

16 Schließlich setzt eine Aufforderung gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 StVO auch keinen Verdacht alkoholisierten Lenkens voraus, sondern den Verdacht, einen Verkehrsunfall (mit)verursacht zu haben. Letzterer ergibt sich aus den Feststellungen. Dass der Revisionswerber der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung wegen Unzumutbarkeit nicht hätte nachkommen können, hat er nicht behauptet.

17 Zu den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Erkenntnisses finden sich in der Revision keine Ausführungen.

18 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2018

Schlagworte

Alkotest Voraussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020033.L00

Im RIS seit

14.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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