Entscheidungsdatum
24.01.2018Norm
KFG 1967 §36 liteText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch den Einzelrichter Dr. Schwarzmann nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Beschwerde von Mag. WM, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Horn vom 24.11.2016, HOS2-V-15 12621/5, betreffend Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 12 Euro zu leisten.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 38, § 50, § 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG
§ 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 82 Euro und ist binnen zwei Wochen einzuzahlen (§ 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Horn (im folgenden: „belangte Behörde“) vom 24.11.2016, HOS2-V-15 12621/5, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 36 lit. e, § 102 Abs. 1, § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, da er am 3.10.2015, 11:25 Uhr, im Gemeindegebiet von ***, ***, den Pkw mit dem Kennzeichen *** gelenkt und somit in Betrieb genommen hat, ohne sich, obwohl dies zumutbar gewesen wäre, davon überzeugt zu haben, dass dieses Fahrzeug dem § 36 lit. e KFG entspricht, da am zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug, das der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a KFG 1967) unterlag und verwendet wurde, keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war (Lochung 04/2015).
Der Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahren wurde mit 10 Euro festgesetzt. Das Straferkenntnis stützt sich auf eine Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 5.10.2015.
In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die Einstellung des Verfahrens, da er nicht deliktisch gehandelt habe. Die Beobachtungsposition der Polizisten beim Eintreffen des Kfz sei ca. 70 m vom Abstellort (Haltebucht seitlich des Gemeindeamtes) entfernt gewesen. Aus der Position hätten sie keine Sicht auf die linke Seite des Kfz und daher nicht sehen können, wer das Kfz abgestellt hat. Sie seien erst ca. 10 min. nach dem Abstellen zum Anhalteort gekommen, um die Begutachtungsplakette zu kontrollieren. Als er dazugekommen sei, sei er nicht zur Einlassung aufgefordert worden, ob er das Kfz zuletzt gelenkt habe. Da seine Lenkereigenschaft beim Abstellen nicht feststehe und keine Lenkerauskunft eingeholt worden sei, lägen schwerwiegende Verfahrensfehler vor.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, dem die belangte Behörde den Akt mitsamt der Beschwerde vorgelegt hat, hat am 18.1.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer vor Einvernahme der Zeugen im Wesentlichen Folgendes ausgesagt hat: „Der rote Opel Astra mit dem Kennzeichen *** ist auf meine Ehegattin OM zugelassen. Richtig ist, dass die darauf befindliche Begutachtungsplakette mit der Lochung 04/2015 an diesem 3.10.2015 bereits abgelaufen war. … Meine Gattin wurde diesbezüglich bereits rechtskräftig bestraft. Befragt zum Tagesablauf an diesem 3.10.2015 verweise ich auf meine bisherigen schriftlichen Ausführungen. Alles andere wird sich aus der Befragung der Polizisten ergeben.“
Dann wurde der Meldungsleger AI FP von der PI *** als Zeuge vernommen. Er legte drei – einige Tage vor der Verhandlung eigens von ihm angefertigte – Lichtbilder, die den Tatort zeigen, vor und sagte über Befragen durch den Verhandlungsleiter – teilweise unter Zuhilfenahme eines Luftbildes von *** aus dem Imap-Kartensystem – u.a. Folgendes: „Ich kannte den Beschwerdeführer schon zuvor. Er wohnt seit Jahren in ***, d.h. ob er dort wohnt, weiß ich nicht, aber er ist öfters dort aufhältig. Der weinrote Opel Astra Kombi ist mir bekannt, weil er nahezu ein „Oldtimer“ ist und es in *** solche Fahrzeuge kaum mehr gibt. Am diesem Samstag, 3.10.2015, war am Hauptplatz der Viktualienmarkt, zu dem es vermehrten Zustrom gibt, weshalb mein Kollege und ich dort (zu Fuß unterwegs) den Verkehr beobachtet und teilweise auch angehalten haben, um die Fußgänger über die Bundesstraße zu geleiten. … Wir standen auf dem Gehsteig westlich der *** Straße etwa auf Höhe des südlichen Zebrastreifens und wir hatten freie Sicht in beide Fahrtrichtungen. Wir haben gesehen, dass aus der nördlich des Hauptplatzes von links einmündenden *** Straße jener rote Opel Astra nach rechts gleich in die westlich der *** Straße befindliche Parkbucht eingefahren ist und dort stehengeblieben ist, und zwar dort, wo auf dem gezeigten Luftbild von oben ein weißer abgestellter Pkw erkennbar ist. Auf den von mir vorgelegten Fotos ist die Abstellposition des Astra derart ersichtlich, dass dort für die Fotos unser Dienst-Kfz abgestellt wurde. Der Astra ist einmal stehengeblieben. Ich habe zu meinem Kollegen gesagt, Schau, dort ist der Astra des Mag. WM. Wir haben beide hingesehen und den Beschwerdeführer von der linken Pkw-Seite bei der Fahrertüre aussteigen gesehen. Ich habe keine weiteren Personen aussteigen gesehen. Er ging uns auf dem Gehsteig entgegen und ist dann auf Höhe des Zebrastreifens sogleich nach rechts zum Viktualienmarkt auf dem Hauptplatz … eingebogen. Wir haben, weil für die Verkehrsregelung in jenem Bereich, wo wir uns befanden, kein Anlass mehr war, die Streife nach Richtung Norden verlegt. Als wir am abgestellten Astra vorbeikamen, habe ich wahrgenommen, dass die Begutachtungsplakette schon weit abgelaufen war (April des Jahres). Als ich mit meinem Kollegen darüber gesprochen habe, ist der Beschwerdeführer hinzugekommen und hat uns angesprochen. Ich habe ihm erklärt, dass die Begutachtungsplakette bereits über die Toleranz hinaus abgelaufen ist. Über Befragen, ob er gesagt hat, dass er nicht gefahren sei: Das war kein Thema. … Die Amtshandlung hat dann nicht mehr lange gedauert. Ich kannte seine Daten bereits von früheren Amtshandlungen und wusste, dass er Führerscheinbesitzer ist, weshalb ich mir auch keinen aushändigen habe lassen. Wir wollten dort auch kein besonderes Aufsehen erregen. Ich habe angekündigt, dass eine Anzeige erfolgen werde. Seiner Ankündigung, ein § 57a-Gutachten nachzubringen, hat er tatsächlich am darauffolgenden Montag entsprochen. Auch dabei war nicht die Rede davon, dass er nicht gelenkt hätte. Ich wüsste nicht, warum er dies behaupten solle. Wir haben ihn ja beim Zufahren und Aussteigen gesehen.“ - Er gab weiters über Befragen durch den Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: „Über Befragen, ob ich meine Aussage nochmals revidieren oder überdenken wolle: Ich wüsste nicht warum. Ich habe das alles persönlich wahrgenommen, das Kommen aus der *** Straße, das Zufahren und das Aussteigen. Befragt, welche Apparaturen mir dazu zur Verfügung stehen: meine Augen.“ Befragt, wo die *** Straße ist, zeigte der Zeuge diese – wie schon zuvor – von Westen in die *** Straße einmündend. Er führte dann über Vorhalt durch den Beschwerdeführer aus: „Es ist richtig, dass dies nicht die *** Straße ist, sondern die ***. Es ist richtig, dass von unserem zuerst beschriebenen Standort keinerlei Einblick oder Sichtkontakt in die *** Straße besteht. … Ich habe mich in der Straßenbezeichnung geirrt, sonst nichts. … Die *** Straße ist eine Einbahn in Fahrtrichtung Norden. … Ich habe aber nie gesagt, dass der Beschwerdeführer von der *** weggefahren sei. Befragt, ob man von der *** Straße in die *** einbiegen kann bzw. darf: Ja, Radfahrer dürfen das. … Befragt, wie jemand aus der *** kommen könne, wenn er zuvor die *** Straße befahren habe und kein Radfahrer sei: Ich habe mich zuerst bei der Straßenbezeichnung geirrt und korrigiere meine obige Aussage dahingehend, dass ich den roten Opel Astra aus der *** einbiegen gesehen habe. Befragt, wie ich mich drei Mal bei der Straßenbezeichnung irren konnte: Anscheinend hat sich die *** Straße bei mir manifestiert. … Über Befragen, wie ich von meinem Standpunkt aus beurteilen könne, ob bzw. wieviele Personen wo im abgestellten Pkw gesessen sind: Ich habe gesagt, dass der Beschwerdeführer von der Fahrertüre ausgestiegen ist und sonst keine weiteren Personen aus dem Pkw ausgestiegen sind. Ich hatte freie Sicht auf das Fahrzeug. Von der Fahrerseite ist der Beschwerdeführer ausgestiegen.“
Der Beschwerdeführer brachte sodann vor, dass der Zeuge aus seiner Position nicht sehen konnte, ob eine oder zwei Personen aus dem Pkw ausstiegen. Die Behauptung, der Beschwerdeführer sei bei der Fahrertüre ausgestiegen, sei ebenso unrichtig wie jene, dass der Pkw aus der *** Straße gekommen sei. Der Zeuge habe auf ihn als Lenker geschlossen, weil mit ihm dann die Amtshandlung stattgefunden habe. Er brachte weiters vor, dass er nicht mit dem Pkw gefahren sei und ihn dort auch nicht abgestellt habe. Dies sei ein Verwandter gewesen, den er nicht nennen wolle, da es für diesen auch nach Verjährung allenfalls disziplinarrechtliche Folgen habe. Er berufe sich auf sein „Zeugnisentschlagungsrecht“ bzw. begründe seine mangelnde Mitwirkung mit dem Verwandtschaftsverhältnis zum wahren Täter. Über Befragen durch den Richter, warum er dies alles jetzt erst angebe, antwortete er: „Das ist wie im Zirkus.“
Der Zeuge RI EPf gab u.a. Folgendes an: „Ich kannte den Beschwerdeführer bzw. den Opel Astra Kombi mit *** Kennzeichen schon zuvor, weil er öfters in *** aufhältig ist. Mein Standort war im Bereich des Zebrastreifens, der über die Bundesstraße führt und der südlich des Hauptplatzes gelegen ist, und zwar befand ich mich westlich davon. Ich war nicht statisch, sondern zumeist in Bewegung, am Gehsteig oder am Fahrbahnrand. Ich habe dort den Verkehr beobachtet, es war relativ wenig Verkehr. Ich sah aus Richtung Norden (***) den Opel Astra auf uns zufahren. Er blinkte dann rechts und wurde in der Parkbucht gegenüber den Arkaden abgestellt. In diese Parkbucht passen zwei oder drei Autos. Ich schätze den Abstellort etwa mit jenem Ort ein, auf dem man auf dem mir gezeigten IMap-Luftbild einen dunklen Pkw stehen sieht. Ich habe schon beim rechts Zufahren erkannt, dass der Beschwerdeführer der Lenker ist bzw. das Lenkrad in Händen hält. Er ist dann bei der Fahrertür ausgestiegen. Ich kannte ihn schon von vorherigen Amtshandlungen, aber auch so, er hat uns auch beim Aussteigen aus dem Auto von der Ferne gegrüßt. Er ist dann zum Viktualienmarkt gegangen, er ist etwa auf Höhe des nördlichen der beiden Zebrastreifen zu Fuß zum Viktualienmarkt eingebogen. Das ist eine Entfernung von ca. 30 m. Er war alleine im Fahrzeug, und es ist auch niemand sonst aus dem Fahrzeug ausgestiegen. Als wir dann später die Fußstreife in Richtung Norden fortgesetzt haben, ist meinem Chef aufgefallen, dass die Begutachtungsplakette am Astra schon abgelaufen war. Er hat das gerade notiert, als der Beschwerdeführer dazukam und von meinem Chef diesbezüglich in Kenntnis gesetzt wurde. Dem Beschwerdeführer war das etwas peinlich und er hat gemeint, er sei ja nur kurz am Viktualienmarkt gewesen. Mein Chef hat ihn von der Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt. - Über Vorhalt der Aussage des Zeugen FP: Ich kann nicht bestätigen, ob der Astra aus einer Quergasse in die Bundesstraße eingebogen war. Ich habe ihn bei meiner ersten Wahrnehmung auf der Bundesstraße fahren und dann nach rechts zufahren gesehen. - Über Befragen durch den Beschwerdeführer, wie ich mir den Widerspruch zur Aussage meines Kollegen hinsichtlich der Abstellposition erklären könne: Das sind vielleicht 5 m. Es stand weder davor noch dahinter ein Fahrzeug. Der Astra hat nicht zurückgeschoben, sondern ist in einem Zug eingebogen. … Mein Kollege hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass dort der Beschwerdeführer fährt, und deshalb hatte ich meinen Blick in der Folge nur mehr darauf gerichtet. Es war Schönwetter. … Befragt, wie der Gruß aus 40 m Entfernung ausgesehen habe: Es war ein Handheben.“
Der Beschwerdeführer sagte noch Folgendes: „Ich habe die Amtshandlung mit meinem „Running Gag“ begonnen, indem ich wörtlich gesagt habe: „Ich gestehe alles, was Sie mir vorwerfen, und bin schuldeinsichtig“. Deshalb sind die Polizisten nicht mehr auf die Frage des Lenkers eingegangen und sind einer Fehlinduktion unterlegen, indem sie sich nun zusammengereimt haben, ich sei der Lenker gewesen. Der wirkliche Lenker ist ebenfalls zum Viktualienmarkt gegangen. Ich bin beim Zufahren im Auto hinten beim Hund gesessen, der dann im Auto verblieben ist. Die Polizisten sind sich dabei uneinig, woher das Auto kam, wo es abgestellt wurde. Sie konnten auf die Fahrerseite aus ihrer Position nicht sehen. Dadurch, dass sie Unmögliches behaupten, sind sie unglaubwürdig. Bei dieser Reflexionslage war eine Sicht durch die Scheiben nicht möglich.“
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer hat den roten Pkw Opel Astra mit dem Kennzeichen
***, dessen Zulassungsbesitzerin damals seine Ehegattin war und auf dem damals eine Begutachtungsplakette mit der Lochung 04/2015 angebracht war, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass dieser dem § 36 lit. e KFG 1967 entspricht, am 3.10.2015 um etwa 11:25 Uhr im Zentrum von *** auf der Bundesstraße *** und von dieser in die Haltebucht gegenüber dem Haus *** gelenkt und dort abgestellt. Die wiederkehrende Begutachtung wurde dann erst am 5.10.2015 durchgeführt.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Dass die auf dem Pkw angebrachte Begutachtungsplakette die Lochung 04/2015 aufwies und die wiederkehrende Begutachtung nach § 57a KFG 1967 daher bis Ende August 2015 durchgeführt werden hätte müssen, diese aber erst zwei Tage nach der angelasteten Tat erfolgte, räumt der Beschwerdeführer ein. Das erkennende Gericht hatte ausschließlich die Frage zu klären, ob der Beschwerdeführer diesen Pkw auch verwendet hat, indem er ihn zur Tatzeit am Tatort gelenkt hat:
In der Anzeige heißt es dazu wörtlich, der Beschwerdeführer „lenkte den PKW von der *** Straße kommend bis zur Parkbucht gegenüber dem Haus ***“. Ansonsten gibt es im verwaltungsbehördlichen Verfahren dazu keine Beweisergebnisse; bei der Einvernahme des Meldungslegers am 7.4.2016 bei der belangten Behörde ging es laut Niederschrift nur um die abgelaufene Begutachtungsplakette und die nachgeholte Begutachtung, nicht jedoch darum, wer den Pkw am Tatort zur Tatzeit verwendet hat. In der verwaltungsgerichtlichen Verhandlung wurden die beiden Polizisten als Zeugen unter Wahrheitspflicht und somit unter straf- und disziplinarrechtlicher Verantwortung vernommen, und für das Gericht ist kein Grund erfindlich, warum sich die beiden durch wahrheitswidrige Belastung des Beschwerdeführers den Konsequenzen einer falschen Zeugenaussage bzw. Anzeigenerstattung aussetzen sollten. Die beiden haben glaubwürdig und nachvollziehbar - jeder für sich - ihre eigenen Wahrnehmungen geschildert, und es entstand auch bei der gefinkelten Befragung durch den Beschwerdeführer nie der Eindruck, dass die Zeugen nicht etwas tatsächlich Wahrgenommenes, sondern etwas Konstruiertes erzählten; die beiden waren – im Gegenteil – offensichtlich bemüht, ihre Erinnerungen an die schon länger zurückliegenden Vorgänge abzurufen und die persistierenden Fragen des Beschwerdeführers exakt zu beantworten. Beide Zeugen haben übereinstimmend glaubhaft und auch über wiederholtes Befragen geschildert, dass nach dem Abstellen des Fahrzeuges nur der Beschwerdeführer bei der Fahrertüre ausgestiegen ist und sonst keine andere Person. Einen solchen einfachen Vorgang des Straßenverkehrs richtig zu beobachten und sodann korrekt wiederzugeben, welche und wie viele Personen aus einem Fahrzeug ausgestiegen sind, ist geschulten Organen der Straßenaufsicht in Ausübung ihres Dienstes, wie es die beiden Zeugen eben waren, durchaus, wie hier auf eine Entfernung von etwa 40 m bei Schönwetter, zuzubilligen (vgl. dazu allgemein VwGH vom 9.5.1990, 89/03/0051, und vom 21.9.1988, 88/03/0156); dies umso mehr, weil sie eigens zur Verkehrsbeobachtung eingesetzt waren. Im gegenständlichen Fall kommt noch dazu, dass beide Zeugen den Beschwerdeführer persönlich und namentlich (u.a. von vorherigen Amtshandlungen) kannten (dem hat der Beschwerdeführer nicht widersprochen) und er für sie somit leichter identifizierbar war als eine völlig unbekannte Person. Dass die Polizisten von ihrer Position aus keine Einsicht auf den Pkw gehabt hätten, ist durch die vorgelegten Fotos, auf denen man das eigens in der Haltebucht positionierte Dienstfahrzeug und dessen linke Seite deutlich erkennen kann, widerlegt; sollte die Sicht – wie der Beschwerdeführer andeutete – allenfalls durch irgendjemanden oder irgendetwas beeinträchtigt gewesen sein, so erscheint die Aussage des Zeugen EPf völlig lebensnahe und nachvollziehbar, dass man beim Wahrnehmen eines so auffälligen Fahrzeuges (weinroter Opel Astra Kombi mit Erstzulassung 1997) die Aufmerksamkeit automatisch auf dieses richtet und seine Beobachtungsposition dementsprechend erforderlichenfalls auch anpasst, um den Sichtkontakt nicht zu verlieren (vgl. seine Angabe, nicht statisch gewesen zu sein, sondern in Bewegung). Geschulten Organen der Straßenaufsicht ist grundsätzlich die richtige Beurteilung der Sichtverhältnisse zuzubilligen (vgl. VwGH vom 27.11.1979, 2311/79). Wie sich aus den Fotos, dem Luftbild und der Aussage des Zeugen EPf ergibt, ist in der (parallel zur Fahrbahn der Bundesstraße verlaufenden) Haltebucht nur Platz für wenige Fahrzeuge; ob der Opel Astra nun 5 m weiter nördlich oder südlich in dieser Haltebucht abgestellt wurde, erscheint angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer das Abstellen in dieser Bucht grundsätzlich nicht bestreitet und sonst kein anderes Fahrzeug dort abgestellt war, unerheblich, sodass aus der diesbezüglichen Unschärfe der Aussagen der beiden Zeugen zueinander nicht zwingend deren Unglaubwürdigkeit abzuleiten ist. Dass sich der Zeuge FP bei der Bezeichnung jener Straße, aus der er den Opel Astra in die *** (B ***) einbiegen hat sehen, geirrt hat („***-Straße“ statt richtigerweise „***“), ist im Zuge der Verhandlung eindeutig hervorgekommen, zumal nach den Verhandlungsergebnissen die ***-Straße gar nicht in die *** einmündet und er aber von Beginn an auf dem Luftbild immer auf die in die *** einmündende *** (die er dabei fälschlich als ***-Straße bezeichnet hat) gezeigt hat. Selbst wenn man (wie der Beschwerdeführer) von diesem bloßen (Bezeichnungs-)Irrtum des Meldungslegers darauf schließen wollte, dass sich der Meldungsleger deshalb auch bei der Wahrnehmung des Beschwerdeführers als Lenker geirrt haben könnte, bleiben immer noch die schlüssigen und lebensnah geschilderten Angaben des Zeugen EPf, wonach dieser den Beschwerdeführer schon vor dem Abstellen als Lenker und dann nach dem Aussteigen (als einzige Person) sogar grüßend wahrgenommen hat; erstere Wahrnehmung und deren richtige Einschätzung ist einem geschulten Organ der Straßenaufsicht in Ausübung seines Dienstes – auch unter Berücksichtigung von Reflexionen – durchaus zuzumuten, und zweitere erscheint angesichts sowohl der genauen Angabe der Position der Polizisten in der Beschwerde (der Beschwerdeführer muss die Polizisten also vor Ort wahrgenommen haben) als auch des durchwegs freundlichen Eindrucks, der vom Beschwerdeführer in der Verhandlung gewonnen werden konnte, auf jeden Fall nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer kann als Beschuldigter – im Gegensatz zu den Zeugen - seine Verantwortung frei wählen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Wie aus seiner Aussage, er habe den Kontakt mit den Polizisten mit einem „Running Gag“ begonnen, bzw. der Begründung seiner Vorgangsweise, erst im Zuge der Verhandlung die (von ihm selbst so bezeichnete) „Pointe“ zu liefern, dass jemand anderer der Lenker gewesen sei, damit, dass alles „wie im Zirkus“ sei, hervorgeht, war es nicht die primäre Intention des Beschwerdeführers, zu einer zielführenden Wahrheitsfindung dahingehend, wer der Lenker war, beizutragen. Nur ist ihm zu entgegnen, dass daraus, dass von der Polizei und der belangten Behörde selbstverständlich davon ausgegangen wurde, dass er der Lenker war, und dass die Frage, wer das Fahrzeug eigentlich gelenkt hat, daher bei der Amtshandlung und dann im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht thematisiert wurde, sondern erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, nicht zwingend der Schluss zu ziehen ist, dass er selbst es nicht gewesen sein kann. Obwohl der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben zur Tatzeit Fahrzeuginsasse war, ihm also der „wahre Lenker“ bekannt sein musste und für diesen, sofern es sich um eine dritte Person gehandelt hätte, bereits mit Ablauf des 3.10.2016 Verfolgungsverjährung eingetreten wäre, hat er sich darauf zurückgezogen, diesen „wahren Lenker“ nicht namentlich benennen zu wollen, wobei sein Verweis darauf, dass dies ein Verwandter sei, für den die Tat allenfalls disziplinarrechtliche Folgen habe, das erkennende Gericht angesichts der Art des Delikts und der seitdem vergangenen Zeitspanne nicht ausreichend zu überzeugen vermag, wo es doch darum gehen müsste, eine Bestrafung von sich selbst abzuwenden. Den glaubhaften Zeugenaussagen zufolge haben beide Polizisten den Beschwerdeführer nach dem Abstellen des Fahrzeuges bei der Fahrertüre aussteigen und dann alleine zum Markt gehen sehen; das wäre mit seiner Behauptung, dass der von ihm verschiedene „wahre Lenker“ auch auf den Markt gegangen wäre, nur vereinbar, wenn dieser erst später das Auto verlassen hätte; dafür hat der Beschwerdeführer aber keine Anhaltspunkte genannt, und die Polizisten haben sich dann ja in Richtung dieses Autos bewegt.
Aus all diesen Gründen ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, nicht er, sondern jemand anderer sei der Lenker gewesen, unglaubwürdig und als Schutzbehauptung zu werten.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Gemäß § 36 lit. e KFG dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger außer Anhängern, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs. 7 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei den der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a) unterliegenden zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs. 1b fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.
Gemäß § 57a Abs. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges (mit bestimmten hier nicht relevanten Ausnahmen) dieses zu den in Abs. 3 erster Satz festgesetzten Zeitpunkten von einer hiezu gemäß Abs. 2 Ermächtigten wiederkehrend begutachten zu lassen, ob es den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht und, bei Kraftfahrzeugen, ob mit dem Fahrzeug nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden können.
Gemäß § 57a Abs. 3 KFG ist die wiederkehrende Begutachtung jeweils zum Jahrestag der ersten Zulassung, auch wenn diese im Ausland erfolgte, oder zum Jahrestag des von der Behörde festgelegten Zeitpunktes vorzunehmen, und zwar bei Kraftfahrzeugen (mit bestimmten hier nicht relevanten Ausnahmen) jährlich. Die Begutachtung kann – ohne Wirkung für den Zeitpunkt der nächsten Begutachtung – auch in der Zeit vom Beginn des dem vorgesehenen Zeitpunkt vorausgehenden Kalendermonates bis zum Ablauf des vierten darauffolgenden Kalendermonates vorgenommen werden.
Gemäß § 57a Abs. 5 KFG hat der Ermächtigte, wenn das vorgeführte Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht und mit ihm nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden können, eine von der Behörde ausgegebene Begutachtungsplakette, auf der das Kennzeichen des Fahrzeuges dauernd gut lesbar und unverwischbar angeschrieben ist, dem Zulassungsbesitzer auszufolgen oder am Fahrzeug anzubringen; die Begutachtungsplakette ist eine öffentliche Urkunde. Die Begutachtungsplakette ist so am Fahrzeug anzubringen, dass das Ende der gemäß Abs. 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann.
Gemäß § 102 Abs. 1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.
Gemäß § 134 Abs. 1 KFG ist eine Übertretung dieser Bestimmungen mit Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
Ist die auf der Begutachtungsplakette aufscheinende (gelochte) Frist abgelaufen und überdies die nach § 57a Abs. 3 KFG eingeräumte Toleranzfrist, innerhalb der die Überprüfung noch nachgeholt werden kann, verstrichen, darf ein Kraftfahrzeug nicht mehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden (vgl. VwGH vom 22.11.2016, Ra 2016/02/0173 mwN). Das Wort „Verwenden“ im Sinne des § 36 KFG umfasst jedenfalls das Lenken (vgl. VwGH vom 17.6.1987, 87/03/0075, 0087), aber ein Kraftfahrzeug wird auch dann „verwendet“, wenn es auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr zum Halten oder Parken abgestellt wird, und zwar für die gesamte Dauer des Abstellens (vgl. VwGH vom 22.11.2016, Ra 2016/02/0045). Auch eine nur vorübergehende Verwendung eines Fahrzeuges ohne eine entsprechende Begutachtungsplakette ist unzulässig (vgl. VwGH vom 23.10.2017, Ra 2017/02/0210). Die in Ansehung einer Person, die ein Kraftfahrzeug lenkt und damit „verwendet“, bestehende Pflicht ergibt sich bereits unmittelbar aus der Bestimmung des § 36 lit. e KFG; die zusätzliche Anführung des § 102 Abs. 1 KFG begründet aber keinen Verstoß gegen § 44a Z. 2 VStG, und auch die Hervorhebung des Verstoßes gegen eine Lenkerpflicht in der Tatumschreibung ist in Hinblick auf § 44a Z. 1 VStG unbedenklich (vgl. VwGH vom 17.6.1992, 91/02/0147).
Da der Beschwerdeführer nach den obigen Feststellungen ein Kraftfahrzeug am Tatort zur Tatzeit mit einer abgelaufenen Begutachtungsplakette nach Verstreichen der viermonatigen Toleranzfrist gelenkt hat, ist die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erwiesen. Was die subjektive Tatseite, also das Verschulden, betrifft, liegt jedenfalls Fahrlässigkeit vor, wobei gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit schon fahrlässiges Zuwiderhandeln genügt. Bei der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Hinsichtlich der Strafbemessung war folgendes zu erwägen:
Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Angesichts des Unrechtsgehalts der gesetzten Verwaltungsübertretung und des nicht unerheblichen Verschuldens des Beschwerdeführers erachtet das Landesverwaltungsgericht die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe, selbst unter Zugrundelegung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als Milderungsgrund, als keinesfalls überhöht. Der oben zitierte Strafrahmen wurde von der belangten Behörde ohnehin nur zu etwas mehr als 1% ausgeschöpft. Die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers erscheinen nicht so unterdurchschnittlich, dass sie für sich eine Strafherabsetzung rechtfertigen würden. Eine solche wurde zudem nicht dezidiert beantragt. Da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden nicht „gering“ waren und das tatbildmäßige Verhalten nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben ist, kamen eine Einstellung des Verfahrens und die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG nicht in Betracht.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Da das Straferkenntnis bestätigt wurde, war auszusprechen, dass ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten ist (§ 52 Abs. 1 VwGVG). Dieser Beitrag ist für das verwaltungsbehördliche Verfahren (§ 64 Abs. 2 VStG) mit 10% und für das Beschwerdeverfahren (§ 52 Abs. 2 VwGVG) mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro, zu bemessen.
Gemäß § 54b Abs. 1 VStG sind der Strafbetrag sowie die Kostenbeiträge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens jeweils binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen.
Die Revision ist unzulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem stellen die – hier im Einzelfall beurteilten – Fragen keine „Rechtsfragen von grundsätzlicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung“ (vgl. VwGH vom 23.9.2014, Ro 2014/01/0033) dar.
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Begutachtungsplakette; Parken;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.3201.001.2016Zuletzt aktualisiert am
14.02.2018