TE Bvwg Beschluss 2018/2/6 W147 2154172-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.2018
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Entscheidungsdatum

06.02.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W147 2154172-3/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30. Jänner 2018, Zl. 1020703907-180073155, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Verfahren:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Awaren an, ist Sunnit, hat im Herkunftsland zuletzt in einer Stadt in der Teilrepublik Dagestan gewohnt, reiste (erstmals) im Juni 2014 illegal nach Österreich ein und stellte hier am 4. Juni 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Seinen Antrag begründete er in einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 4. Juni 2014 sowie in einer Einvernahme beim Bundesamt am 20. August 2014 im Wesentlichen damit, dass er im Herkunftsland im Zusammenhang mit einer Verkehrskontrolle Probleme mit Polizisten bekommen habe, die ihm dabei Drogen untergeschoben hätten, um Geld von ihm zu erpressen. Er habe deshalb im Jänner 2013 aus Angst, umgebracht zu werden, das Herkunftsland verlassen und sich in der Ukraine aufgehalten, bis er nach Österreich weiter gereist sei. Er sei auch nach Österreich gekommen, um mit seiner "Frau" und seinem Sohn zusammenzuleben. Er habe sie übers Internet kennengelernt. Sie sei in Dagestan geboren. Er habe sie dann in der Ukraine getroffen und mit ihr dort von XXXX 2013 bis Jänner 2014 zusammengelebt. In Österreich habe er sie vor etwa eineinhalb Monaten traditionell in einer Moschee geheiratet. Der BF würde in Österreich mit seiner Frau und seinem Kind zusammenleben. Seine Frau lebe von der Sozialhilfe. Sein Sohn sei laut vorgelegter Geburtsurkunde im XXXX 2014 in Österreich geboren.

Dazu wurden in weiterer Folge ein Ehevertrag eines islamischen Zentrums vom XXXX 2014 sowie eine Geburtsurkunde des im XXXX 2014 geborenen Sohnes des BF vorgelegt.

Im März 2015 wurde beim Bundesamt ein Arztbericht einer psychiatrischen und psychotherapeutischen Abteilung einer Landesklinik vom 11. Februar 2015 vorgelegt, wonach der BF vom XXXX bis XXXX unter den Kriterien des UbG ohne eigenes Verlangen aufgrund einer akuten Psychose mit der Diagnose u.a. "akut polymorph psychotisches Zustandsbild ohne Symptome einer Schizophrenie (ICD-10 F 23.0)" und "Z.n. Commotio cerebri 12/2014" untergebracht wurde. Dem Befund ist unter anderem zu entnehmen, dass beim BF Fremd- und Selbstgefährdung vorlag und in der Begutachtungssituation von einer psychotischen Realitätsverkennung ausgegangen worden sei. Der BF wurde dem Befund zufolge mit einer neuroleptischen Medikation sowie der Empfehlung einer Weiterbetreuung durch einen Facharzt entlassen.

Dazu wurde ein Befund einer Abteilung für Unfallchirurgie einer Landesklinik vom 10. Dezember 2014 nachgereicht, wonach der BF am selben Tag in Folge einer Kickbox-Kampfverletzung wegen einer Commotio cerebri mit retrograder Amnesie behandelt wurde.

Der BF reiste am XXXX 2015 unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe freiwillig aus dem Bundesgebiet aus. Laut Aktenvermerk des Bundesamtes vom 27. April 2015 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF gemäß § 25 Abs. 1 AsylG 2005 als gegenstandslos abgelegt.

2. Zweites (inhaltliches und rechtskräftig abgeschlossenes) Verfahren:

Der BF stellte am 2. Mai 2016 im Bundesgebiet neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 2. Mai 2016 gab der BF zu seinen Fluchtgründen an: "Die Gründe, welche ich im Jahr 2014 angegeben habe, bleiben nicht aufrecht. Jetzt habe ich momentan zuhause keine Probleme. Ich bin nach Österreich gereist, um mit meiner Ehefrau nach muslimischen Recht und meinem gemeinsamen Sohn, welche hier in Österreich leben, mein Sohn ist in Österreich geboren, um mit ihnen zu leben." Dazu befragt, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab der BF an: "Ich habe nichts zu befürchten, aber ich möchte bei meiner Frau und meinem Sohn in Österreich leben." Der BF sei legal im Jänner 2016 über Moskau mit einem vom spanischen Generalkonsulat in Moskau ausgestellten Visum nach Spanien geflogen und sei dann über Belgien und Deutschland weiter nach Österreich gereist, wo er am 30. April 2016 angekommen sei.

Eine vom Bundesministerium für Inneres eingeholte Visa-Auskunft bestätigte die Angaben des BF insofern, als diesem am 25. Jänner 2016 vom spanischen Generalkonsulat in Moskau ein Touristenvisum für den Schengenraum mit Gültigkeit vom 02.02.2016 bis 28.07.2016 ausgestellt wurde.

Mit E-Mail vom 14. August 2016 übermittelte der BF dem Bundesamt eine von einem österreichischen Standesamt ausgestellte Geburtsurkunde vom XXXX 2016 in Kopie, wonach er und seine "Frau" die leiblichen Eltern eines (weiteren) am XXXX 2016 in Österreich geborenen Sohnes seien.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 3. November 2016 gab der BF eingangs an, psychisch und physisch in der Lage zu sein, die gestellten Fragen an ihn wahrheitsgemäß zu beantworten. Auf die Frage, ob er zurzeit in ärztlicher Behandlung stehe, gab er an:

"Nein. Ich war zwar in Behandlung, aber das hat sich erledigt." Der BF gab weiters an, in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt zu haben, jedoch dazu Ergänzungen machen zu wollen. So habe er bei der Erstbefragung nur seine familiären Gründe angegeben. Es gebe aber noch ein anderes Problem für seine Flucht, er sei nämlich in Dagestan von der Polizei angehalten worden. Er sei Moslem und Muslime würden in Dagestan unterdrückt werden. Früher sei die Polizei schon zu seiner Adresse gekommen. In Dagestan würden immer wieder junge Leute verschwinden und sei es oft so, dass die Familien um die Herausgabe der Leichname verhandeln müssten. Der BF fürchte für den Fall seiner Rückkehr, dass ihm auch so etwas passieren könnte. Auf die Frage, wieso er dies bei der Erstbefragung nicht angegeben habe, erklärte er vorerst, dies nicht zu wissen. Auf Fragewiederholung gab er an, dass er aufgrund seines Traumas, weswegen er in Österreich und in seiner Heimat in Behandlung gewesen sei, oft viel vergesse. Er vergesse oft Zahlen und Tage. Vielleicht habe er deswegen bei der Erstbefragung "diese kleine Bedrohung" vergessen. Später gab der BF auf die Frage, ob er persönlich jemals Probleme mit der Polizei gehabt habe, an, dass er früher, etwa vor vier Jahren, von der Polizei angehalten worden wäre, wobei man versucht habe, ihm Drogen "anzuhängen". Es habe kein Strafverfahren gegeben und er sei auch nicht in Haft gekommen. Sie hätten Geld von ihm gewollt. Dazu befragt, wann und warum ihn die Polizei aufgesucht habe, gab der BF an: "Es war in der Zeit, wo ich nach meinem ersten Aufenthalt in Österreich wieder in der Heimat war. Ich kann mich an die Zeit nicht erinnern. Es war so, dass der Dorfpolizist kam und mir sagte, ich sollte nicht mehr in die Moschee gehen, wo ich üblicherweise beten war. Es war wie eine Warnung. Nachgefragt: Ihre Familie zuhause ist sicher? Ja. LA: Warum hat er gesagt, Sie sollen nicht mehr in die Moschee gehen? BF: Sie sind aus irgendeinem Grund der Ansicht, dass diese Moschee nicht wie alle anderen Moscheen ist.

Nachgefragt: Was ist der Unterschied zwischen den Moscheen? VP: Das weiß ich nicht. Meiner Meinung nach sind alle Moscheen gleich. Die Moschee steht in meiner Heimatstadt. Der Name ist XXXX in XXXX . Es gibt dort sehr viele Moscheen. LA: Welche Befürchtungen haben Sie für den Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland? BF: Also im besten Fall würde man mich ins Gefängnis sperren und im schlimmsten Fall umbringen. Nachgefragt: Wer und warum will man Sie umbringen oder einsperren? VP: Die Polizei oder irgendwelche Sonderbehörden. Den Grund weiß ich nicht."

Der BF habe seine Frau über eine russische Webseite kennen gelernt. Ihre Familie würde aus der gleichen Stadt kommen wie der BF. Sie hätten sich dann irgendwann im Jahr 2013 in der Ukraine getroffen. Ab August 2013 hätten sie dann sechs Monate lang in der Ukraine "wie Eheleute" zusammengelebt. Als seine Frau schwanger geworden sei, habe sie dann nach Österreich zurückkehren müssen. Der BF sei in der Ukraine geblieben und dann 2-3 Monate später zu seiner Frau nach Österreich gereist. Er habe dann bis zu seiner freiwilligen Ausreise mit seiner Frau und seinem Sohn in Österreich zusammengelebt. Der BF sei dann von Österreich aus gesundheitlichen Gründen freiwillig ins Herkunftsland zurückgereist. Er sei in Österreich medizinisch gut versorgt worden, habe aber die Hoffnung gehabt, dass er sich zuhause besser fühlen werde. Seine Mutter habe eine medizinische Ausbildung. Auf die Frage, ob er sich von seiner Frau getrennt habe, verneinte der BF dies. Er sei zur Behandlung in die Heimat gefahren, habe jedoch vorgehabt, wieder nach Österreich zurückzukehren. Der BF habe seine Frau im Juli 2015 in Weißrussland getroffen. Sie habe nicht nach Russland gehen können, und der BF nicht nach Österreich. In Weißrussland hätten sie auch ihr zweites Kind gezeugt. Nachgefragt, gab der BF an, weder während der Behandlung noch darüber hinaus einen Sachwalter gehabt zu haben. Der BF sei in der Grundversorgung. Im Herkunftsland habe der BF als Maler und Fahrer gearbeitet. Er habe von 2007 bis 2011 auch immer wieder als Maler in Moskau gearbeitet.

Dem BF wurde laut Aktenvermerk vom 3. November 2016 die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme zu der ihm persönlich ausgehändigten Länderinformation der Staatendokumentation gewährt. Im Anschluss daran liegen dem Akt Befunde des BF ohne Eingangsstempel bei. Dabei handelt es sich um ein psychiatrisches Fachgutachten vom März 2015 eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie und gerichtlich beeideten Sachverständigen, wonach der BF u. a. an einer "anbehandelten psychotischen Episode" mit damit in Zusammenhang stehenden erheblichen Aggressionspotential leide. Weiters ein Untersuchungsbericht einer Abteilung für Radiologie eines Landesklinikums vom April 2014 mit dem Ergebnis eines sonographisch unauffälligen Befundes an der Schilddrüse. Darüber hinaus scheint ein Befund eines psychiatrischen Krankenhauses der Heimatstadt des BF auf, wonach dieser dort vom 22. April 2015 bis 30. April 2015 unter der klinischen Diagnose "halluzinatorischparanoides Syndrom. Posttraumatisch??" behandelt worden sei. Der BF sei aus der stationären Behandlung auf Ersuchen der Angehörigen zur Fortsetzung der Behandlung im Krankenhaus in einer anderen namentlich genannten Stadt entlassen worden.

Mit Bescheid vom 5. April 2017, Zl. 1020703907/160616885, wies das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde unter Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Seitens der Behörde wurde zu seinen Fluchtgründen unter anderem festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland einer Bedrohung durch staatliche Organe ausgesetzt wäre. Zu seinem Gesundheitszustand wurde festgestellt, dass er an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leide. Im Übrigen wurde auf die Ausführungen des BF in seinen Einvernahmen hingewiesen, wo er angegeben habe, dass er gesund und zudem geistig und körperlich in der Lage sei, Angaben zu seinem Asylverfahren zu tätigen. Zu seinem Privat- und Familienleben wurde im Wesentlichen festgestellt, dass er mit seiner Lebensgefährtin und den Kindern in einer Privatunterkunft lebe, in Österreich keiner Arbeit nachgehe und kaum Deutsch spreche. In der Beweiswürdigung ging das Bundesamt von der absoluten Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des BF aus. Dies wurde im Wesentlichen mit den nur vagen und ausweichenden Antworten des BF auf konkrete Fragestellungen sowie den Umstand, dass er bei der Erstbefragung lediglich vorgebracht habe, nach Österreich gekommen zu sein, weil er mit seiner Partnerin und den beiden minderjährigen Kindern zusammenleben wolle, begründet. Dazu wurde u. a. ausgeführt: "Bei Ihrer Erstbefragung durch die PI Traiskirchen EASt am 2. Mai 2016 gaben Sie an, dass Ihre Fluchtgründe, die sie im Jahr 2014 vorbrachten, weggefallen wären und Sie nur nach Österreich gekommen seien, weil Sie hier mit Ihrer Partnerin und Ihren beiden minderjährigen Kindern leben möchten. Zu Beginn Ihrer Einvernahme vor dem BFA revidierten Sie Ihre Aussage, die Sie bei der Erstbefragung tätigten dahingehend, dass Sie behaupteten, Sie wären von der Polizei in Dagestan angehalten worden, weil Sie Moslem seien und Moslems in Dagestan unterdrückt werden würden. Nachgefragt, warum Sie den von Ihnen vorgebrachten Vorfall nicht schon bei der Erstbefragung angaben, meinten Sie ausweichend, dass Sie das nicht mehr wissen würden. Ebenfalls sagten Sie aus, dass in Dagestan fast täglich junge Leute verschwinden würden. Eine nähere Erläuterung zu Ihren Angaben blieben Sie jedoch trotz mehrmaligen konkreten Fragens schuldig. Ihre Aussagen bezüglich Ihres Fluchtgrundes stellen sich für die Behörde als vage, konstruiert und unglaubwürdig dar. Einerseits gaben Sie an, dass Sie durch einen Dorfpolizisten aufgefordert worden wären, die Moschee nicht mehr zu besuchen und andererseits gaben Sie an, dass sich der letzte Vorfall den sie mit den Behörden in Dagestan in Verbindung brachten, sich vor vier Jahren ereignet haben soll. Sie konnten auch keinerlei Angaben machen, warum Sie der Dorfpolizist aufgefordert haben soll, nicht mehr die Moschee zu besuchen. Sie beschränkten sich bei Ihrer Antwort rein darauf, dass Sie sagten, der Polizist hätte gemeint, die Moschee sei anderes als andere Moscheen. Nähere Angaben konnten Sie nicht machen, da Sie nicht mehr wissen würden. Auch als Sie ein weiteres Mal aufgefordert wurden, Ihren Fluchtgrund möglichst lebensnah und detailgenau zu schildern, verwiesen sie auf die am Beginn der Einvernahme durch Sie gemachte Aussage und verweigerten sich, weitere Angaben zu Ihrem Fluchtgrund zu machen. Im Verlauf der gesamten Einvernahme beschränkten Sie sich darauf, auf konkrete Fragestellungen nur vage und ausweichend zu antworten, indem Sie sich immer wieder darauf beriefen, etwas nicht mehr genau zu wissen oder sich nicht mehr daran erinnern zu können. Deshalb waren Ihre Angaben zu den von Ihnen behaupteten Vorfällen durchgehend unkonkret und nicht glaubhaft. Weiters wird Ihrer Aussage, dass in Dagestan Muslime unterdrückt werden würden, durch die Behörde kein Glaube geschenkt, da aus den Länderfeststellungen eindeutig hervorgeht, dass durch die Behörden in Dagestan lediglich die extremistischen Salafisten unter Beobachtung gestellt bzw. verhaftet werden, wodurch eine Verfolgung aus religiösen Gründen, Ihre Person betreffend, gänzlich ausgeschlossen werden kann. Das BFA geht vielmehr davon aus, dass Sie Ihren behaupteten Fluchtgrund vorbrachten, um Ihr Vorbringen gegenüber der Behörde zu steigern. Aufgrund der oa. Erwägungen ist es für die ho. Behörde erwiesen, dass Ihr Vorbringen absolut unglaubhaft ist. Vielmehr wird jedoch Ihrem Vorbringen, dass Sie bei Ihrer Partnerin und den Kindern in Österreich leben wollen, geglaubt, und der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt." Zum Familienleben des BF wurde ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass zwischen ihm und seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern kein besonders intensives Naheverhältnis bestehe, da er nach seiner freiwilligen Ausreise im Jahr 2015 getrennt von seiner Familie gelebt habe, so dass ein ausgeprägtes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht angenommen werde. Dem BF habe bei der Antragstellung auch klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle einer Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender sei. Es stehe der Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern des BF die Möglichkeit offen, ein gemeinsames Leben mit ihm in der Russischen Föderation zu führen, zumal anzunehmen sei, dass die minderjährigen Kinder des BF aufgrund ihres jungen Alters keine derart große Bindung in/an Österreich hätten und ein Teil der Familie des BF (Eltern, Geschwister) nach wie vor in der Heimatprovinz leben würden, weshalb gegebenenfalls seine Partnerin und seine Kinder dort Unterstützung und Rückhalt vorfinden könnten. Die Partnerin des BF habe ihren Asylstatus aufgrund des Fluchtvorbringens ihre Eltern erhalten, da sie zum damaligen Zeitpunkt keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe, und habe diesen Status an die gemeinsamen Kinder weitergegeben.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei der Bescheid zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft und im Wesentlichen auf die vom BF behauptete, religiös motivierte Verfolgung durch die Polizei in Dagestan verwiesen wurde. Dazu wurde das Vorbringen des BF dahingehend zusammengefasst, dass er in Dagestan von der Polizei angehalten und aufgefordert worden sei, nicht mehr in die Moschee zu gehen. Dazu wurde ausgeführt, dass der BF aus Dagestan stamme, wo laut Länderbericht der Staatendokumentation weiterhin eine instabile Sicherheitslage herrsche. Den russischen Sicherheitskräften würden schwere Menschenrechtsverletzungen bei der Durchführung der Anti-Terror-Operation in Dagestan vorgeworfen werden, welche unter anderem exzessive Gewaltanwendung, illegale Inhaftierungen, außergerichtliche Tötungen, Folter und Verschwindenlassen beinhalten. Die Behörde schließe aus diesem Länderbericht zu Unrecht darauf, dass in Dagestan lediglich die extremistischen Salafisten unter Beobachtung gestellt bzw. verhaftet werden, wodurch eine Verfolgung aus religiösen Gründen ausgeschlossen werden könnte. Es sei jedoch aufgrund der Länderberichte zu schließen, dass die Sicherheitsbehörden generell willkürlich handeln und somit auch aufgrund von Vorurteilen gemäßigte Muslime angreifen würden. Aufgrund der Sicherheit- und Menschenrechtslage in Dagestan könne der BF in objektiver Weise fürchten, als Muslim von den Sicherheitsbehörden wegen seiner Religion verfolgt zu werden. Die wohlbegründete Furcht müsse nur glaubhaft gemacht werden. Zum Familienleben des BF wurde geltend gemacht, dass er mit seiner Partnerin und zwei Kindern gemeinsam in Österreich zusammenlebe. Die Behörde habe diesen Umstand der rechtlichen Begründung zugrunde gelegt, sei aber in diesem Zusammenhang in nicht nachvollziehbarer Weise davon ausgegangen, dass aufgrund der freiwilligen Ausreise des BF im April 2015 kein Familienleben vorliegen würde. Weiters sei das Bundesamt davon ausgegangen, dass der BF mit seiner Partnerin und seinen Kindern gemeinsam im Herkunftsland ihr Leben bestreiten könnten. Entgegen der Ansicht des Bundesamts bestehe im Fall des BF ein berücksichtigungswürdiges Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK. Bei einer Rückkehr in die Russische Föderation wäre dieses Recht eingeschränkt, da der BF von seinen Kindern und seiner Lebenspartnerin getrennt werden würde. Die Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels würde daher in das Familienleben des BF eingreifen. Die belangte Behörde habe diesen Umstand in ihrer Entscheidung nicht ausreichend gewürdigt und ihre Entscheidung daher mit Willkür belastet. Der BF lebe mit seiner Familie in Österreich in gemeinsamen Haushalt. Ihm würden die Kontaktmöglichkeiten zu seiner Familie genommen werden, er könnte seinen Erziehungs- und Obsorgepflichten nicht wie bisher nachkommen und seine Elternrechte nicht genießen. Bei einer Rückkehr in die Russische Föderation wäre es dem BF somit nicht möglich, ein normales gemeinsames Familienleben zu führen. Die Lebenspartnerin des BF und die gemeinsamen Kinder seien in Österreich Asylberechtigte, es sei ihnen nicht zumutbar, in die Russische Föderation zurückzukehren, um das gemeinsame Familienleben aufrechtzuerhalten, da sie in ihrem Herkunftsstaat aktuell verfolgt werden. Der BF sei in Österreich strafgerichtlich unbescholten und ihm seien keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung anzulasten. Der Beschwerde waren ein Meldezettel des BF, seiner Lebensgefährtin sowie der Kinder, weiters Geburtsurkunden der Kinder sowie ein im XXXX 2014 geschlossener Ehevertrag im Islamischen Zentrum Wien in Kopie beigelegt.

Für die Lebensgefährtin des BF wurde nach deren illegaler Einreise ins Bundesgebiet im Juli 2002 ein Asylerstreckungsantrag gestellt. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 31. Oktober 2006, Zl. 234.229/4-VIII/40/06, wurde ihr gemäß § 11 AsylG 1997 der Status einer Asylberechtigten in Bezug auf ihre Mutter erteilt. Den in Österreich geborenen Kindern des BF wurde der Status von Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens in Bezug auf ihre Mutter erteilt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. Juni 2017, Zl. W182 2154172-1/5E, wurde die Beschwerde in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen und erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Zur besseren Veranschaulichung wird die Beweiswürdigung aus dem Erkenntnis vom 26. Juni 2017 betreffend den BF auszugsweise wiedergegeben:

"2.1. Die vom Bundesamt getroffene, weiter oben in den wesentlichen Punkten wiedergegebene Würdigung der Beweise steht im Einklang mit dem Erstbefragungsprotokoll vom 02.05.2016, sowie den Einvernahmen beim Bundesamt am 03.11.2016, ist im Wesentlichen nachvollziehbar und im Ergebnis zutreffend.

Aus dem erstinstanzlichen Akt ergeben sich keine Hinweise auf Verfahrensmängel im Verfahren beim Bundesamt. Weder die Protokollierung noch die Dolmetscher wurden in irgendeiner Form bemängelt. Das Protokoll wurde zudem vom BF nach Rückübersetzung durch seine Unterschrift hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit bestätigt (vgl. As 125, aber auch S. 6 Protokoll der Erstbefragung vom 02.05.2016).

Das Bundesamt ging unter Zugrundelegung der Angaben des BF nachvollziehbar davon aus, dass er seinen Antrag auf internationalen Schutz deswegen gestellt hat, um mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern in Österreich zusammenleben zu können, wobei sein Vorbringen, im Herkunftsland wegen des Besuches einer Moschee ins Visier der Behörden geraten zu sein, lediglich eine konstruierte Steigerung seines Vorbringens darstellt.

Hierfür spricht - wie auch vom Bundesamt dargelegt wurde - bereits der Umstand, dass der BF letzteres Vorbringen, obwohl er bei der Erstbefragung auch zu seinen Fluchtgründen befragt wurde, mit keinem Wort erwähnt bzw. Probleme und Befürchtungen ausdrücklich verneint hat. Hierbei wird nicht verkannt, dass der BF sich diesbezüglich auch auf Gedächtnisschwierigkeiten in Zusammenhang mit seiner Erkrankung im Jahr 2014 berufen hat. Andererseits wurde von ihm sowohl bei der Erstbefragung am 02.05.2016 sowie in der Einvernahme am 03.11.2016 auf Nachfragen bestätigt, dass er physisch und psychisch in der Lage sei, die an ihn gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten (vgl. AS 21, AS 118) und zudem erklärt hat, in keiner medizinischen Behandlung zu sein, wobei von ihm auch darauf hingewiesen wurde, dass er zwar (früher) in Behandlung gewesen sei, diese aber abgeschlossen sei (vgl. AS 118). Eine aufgrund gesundheitlicher Disposition eingeschränkte Einvernahmefähigkeit wurde auch in der Beschwerde mit keinem Wort behauptet. Auch eine aktuelle Erkrankung bzw. ein erneuter Ausbruch der alten psychischen Erkrankung wurde weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerdeschrift behauptet.

Unabhängig davon konnte der BF, wie vom Bundesamt ausführlich dargelegt wurde und sich auch aus dem Einvernahmeprotokoll vom 03.11.2016 anschaulich ergibt, bis auf eine simple Rahmengeschichte, die sich lediglich darauf beschränkte, dass er irgendwann nach seiner Rückkehr ins Herkunftsland aus Österreich eine Warnung eines Dorfpolizisten erhalten hätte, nicht mehr in eine bestimmte Moschee zu gehen, trotz wiederholten Nachfragens dazu keine weiteren Details oder ein sonstiges Hintergrundwissen dartun. So konnte er etwa keine zeitlichen Angaben machen und auch nicht dartun, wieso er die Moschee nach Ansicht des Dorfpolizisten nicht mehr besuchen hätte sollen und beschränkte sich lediglich auf allgemeine Ausführungen, wonach Muslime in Dagestan generell unterdrückt und jeden Tag junge Leute verschwinden würden. Wie vom Bundesamt zurecht ausgeführt wurde, ergeben sich aus den Länderfeststellungen keinerlei Anhaltspunkte für eine generelle und systematische Verfolgung junger gemäßigter Muslime durch die Behörden in Dagestan. Sohin konnte das Bundesamt aber nachvollziehbar von der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des BF ausgehen.

Unabhängig davon reicht aber das Vorbringen des BF, eine Warnung eines Dorfpolizisten, nicht mehr in eine bestimmte Moschee zu gehen, erhalten zu haben, auch unter Zugrundelegung der getroffenen Länderfeststellungen noch nicht dazu aus, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine künftige Verfolgungshandlung von asylrelevanter Intensität darzutun. Trotz Nachfragens konnte der BF keine nachvollziehbaren Gründe dafür nennen, dass er, obwohl er weder ein Salafist ist noch hinsichtlich der von ihm regelmäßig besuchten Moschee diesbezüglich irgendwelche Besonderheiten wahrgenommen hätte, von den Behörden diesbezüglich auch nicht bedroht, angehalten oder misshandelt wurde und ihm auch sonst nichts angedroht wurde, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland befürchten müsste, ins Gefängnis gesperrt oder umgebracht zu werden. Auch konnte der BF auf Nachfragen weder gegen Familienangehörige gerichtete Verfolgungshandlungen noch ein besonderes Interesse der Behörde an seiner Person, sei es durch Fahndungen, Ladungen oder auch nur durch Erkundigungen bei seinen Familienangehörigen dartun. Somit ist das Vorbringen des BF aber auch schon abstrakt nicht geeignet, eine objektiv nachvollziehbare Furcht vor behördlicher Verfolgung glaubhaft darzutun.

Letztlich ist noch anzumerken, dass unter Zugrundelegung der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zur Grundversorgung in der Russischen Föderation auch kein Grund erkannt werden kann, wonach der XXXX -jährige BF, der in Dagestan über ein ausgeprägtes familiäres Netz verfügt und auch nach seiner freiwilligen Rückkehr im April 2015 seinen Lebensunterhalt im Herkunftsland bestreiten konnte, bei einer neuerlichen Rückkehr nunmehr in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde. Gegenteiliges wurde vom BF aber auch nie behauptet.

2.2. Hinzu kommt, dass es in der Beschwerdeschrift gänzlich unterlassen wurde, auf die im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen des BF, substantiiert einzugehen. Die Behauptung, dass die Beweiswürdigung der Behörde mangelhaft bzw. unrichtig gewesen sei, wurde an keiner Stelle näher erörtert. Sachbezogene und konkrete Einwände, die sich unmittelbar gegen die vom Bundesamt in der Beweiswürdigung herangezogenen Argumente richten, wurden gleichfalls gänzlich unterlassen, sondern wurde lediglich auf die vom Bundesamt getroffenen Feststellungen in Zusammenhang mit willkürlicher Anti-Terroroperationen hingewiesen. Allein aus den Verhältnissen im Herkunftsland lässt sich – wie bereits ausgeführt – jedoch noch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung des BF ableiten. Das Beschwerdevorbringen enthält auch kein substantiiertes, neues Vorbringen.

2.3. Die vom Bundesamt zur Lage in der Russischen Föderation/Dagestan getroffenen Feststellungen basieren auf aktuellen Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen angesichts des bereits Ausgeführten im konkreten Fall eine hinreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens des BF dar. Diese wurden vom BF bzw. seiner Vertretung auch nicht bestritten. Wie bereits ausgeführt, lässt sich aus den getroffenen Länderfeststellungen keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung des BF ableiten. In der Beschwerdeschrift wurden zudem keine abweichenden Länderberichte oder Veröffentlichungen zitiert oder wurde auf solche verwiesen."

Hinsichtlich der aufenthaltsrechtlichen Stellung des BF führte das Gericht Folgendes begründend aus:

"Zwar sind in Österreich die Lebensgefährtin sowie zwei gemeinsame minderjährige Kinder des BF, die alle russische Staatsangehörige sind, aufenthaltsberechtigt. Der BF lebt mit diesen auch in gemeinsamen Haushalt zusammen. Es ist daher hinsichtlich des genannten Personenkreises von einem bestehenden Familienleben auszugehen. Das Familienleben wurde hinsichtlich der Lebensgefährtin des BF bereits im Jahr 2013 (in der Ukraine) begründet, im Jänner 2014 wieder unterbrochen und während eines Aufenthaltes aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz ab Juni 2014 in Österreich fortgesetzt. Seit diesem Zeitpunkt lebte der BF auch mit seinem im XXXX 2014 geborenen Sohn zusammen. Im April 2015 kehrte der BF ohne Lebensgefährtin und Kind, die in Österreich verblieben sind, freiwillig ins Herkunftsland zurück. Seit April 2016 lebt der BF nunmehr wieder mit seiner Lebensgefährtin und seinem inzwischen XXXX Sohn zusammen. Im XXXX 2016 wurde ein weiterer gemeinsamer Sohn in Österreich geboren, wobei der BF sich zuvor mit seiner Lebensgefährtin in Weißrussland getroffen hat.

Das Bundesamt ging zu Recht davon aus, dass keine unüberwindbaren Hindernisse vorliegen würden, die der Fortsetzung eines Familienlebens mit seiner in Österreich niedergelassenen Lebensgefährtin und seinen beiden Söhnen im gemeinsamen Herkunftsland, wenngleich es wahrscheinlich wäre, dass dies für seine Familienangehörigen mit einer gewissen Härte verbunden wäre (vgl. etwa EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen, Nr. 265/07; EGMR 03.10.2014, Jeunesse gg. die Niederlande, Nr. 12.738/10). Unabhängig davon wäre es dem BF unter Abwägung aller bisher ausgeführten Faktoren letztlich aber selbst für den Fall der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsland immer noch zuzumuten, unter den gegebenen Umständen zumindest für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens, für das der BF vorübergehend ins Herkunftsland ausreist, die Beziehung zwischenzeitlich über Besuche, Telekommunikation bzw. elektronische Medien und Treffen in Drittländern, aufrechtzuerhalten. Dies gilt umso mehr, als der BF das Zusammenleben immer wieder, zuletzt auch gegenüber seinem damals knapp XXXX Sohn aus eigenem Antrieb über ein Jahr unterbrochen hat, wobei auch Treffen mit seiner Lebensgefährtin in Drittländern (Ukraine, Weißrussland) stattgefunden haben (vgl. dazu insbesondere VwGH 23.02.2017, Zl. Ra 2016/21/0235-8, Rz 11).

Dies entspricht auch den erheblichen öffentlichen Interessen, die darauf abzielen, eine unkontrollierte Zuwanderung von Fremden und ein Unterlaufen der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen zu unterbinden. Der BF ist zum Aufenthalt in Österreich lediglich auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Im gegenständlichen Verfahren kann hinsichtlich des BF auch nicht von einer überlangen Verfahrensdauer gesprochen werden (vgl. dazu auch VfGH 12.06.2013, Zl. U 485/2012-15, wonach die Dauer eines Asylverfahrens mit drei Jahren nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist, übersteigt).

Der BF hält sich zudem erst wieder seit etwa 14 Monaten durchgehend in Österreich auf, wobei er sich vor seiner freiwilligen Rückkehr ins Herkunftsland im April 2015 nicht ganz 11 Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat. Eine sehr lange Aufenthaltsdauer kann somit gleichfalls ausgeschlossen werden. Unter der Berücksichtigung der Judikatur des VwGH kommt dieser Aufenthaltsdauer auch im Hinblick auf ein allenfalls geschütztes Privatleben kaum maßgebliche Bedeutung zu (vgl. etwa VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt jedenfalls nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten). Der BF konnte in diesem Zusammenhang bislang aber auch keine Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Integration dartun. So wurden auch in der Beschwerdeschrift weder gute Deutschkenntnisse noch eine legale Erwerbstätigkeit geltend gemacht. Der BF bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er konnte bis dato auch weder eine Einstellungszusage noch einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag vorlegen. Begründete Anhaltspunkte für eine zu erwartende Selbsterhaltungsfähigkeit liegen sohin nicht vor. Ein aktives Engagement in Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen wurde gleichfalls nicht behauptet. Aber selbst gute Deutschkenntnisse, Unbescholtenheit, ein großer Freundes- und Bekanntenkreis sowie materielle Unterhaltsleistungen durch Familienmitglieder würden nicht ausreichen, um darin eine außergewöhnliche Konstellation erkennen zu können. Auch kann ausgeschlossen werden, dass der XXXX BF seinen deutlich überwiegenden Bezug zum Herkunftsland verloren haben könnte.

Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des BF am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist."

3. Drittes Verfahren:

Der BF stellte am 21. August 2017 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag befragt wurde.

Der BF gab dabei an, dass seine alten Gründe vom 2. Asylantrag am 2. Mai 2016 weiterhin noch aufrecht seien, die Gründe vom 1. Asylantrag am 4. Juni 2014 seien nicht aufrecht. Es gebe aber einen neuen Grund. Er werde von der Polizei in seinem Wohnort als Verdächtiger geführt und sei ihm eine Ladung in Verbindung mit der Straftat Art. 222 Strafprozessordnung zu einer Vernehmung am 10. Juni 2017 zugestellt worden. Er habe diese Ladung im Original hier (Ladung in Russisch wird in Kopie dem Akt beigelegt). Warum ihn die Polizei vorlade, wisse er nicht, er kenne den Artikel nicht und habe auch nicht im Internet recherchiert. Die Eltern hätten ihm diese Ladung per Post aus "Russland" nach Österreich geschickt, sie wüssten auch nicht, was das sei. Er sei bereits auf der Verdächtigenliste der Polizei, da er einen Bart trage und in die Moschee gehe. Die Polizisten würden einen Grund suchen, solche Personen einzusperren. Zwar gebe es schon Personen, die Bart tragen, aber das seien nur noch wenige, seine Verwandten würden keinen Bart tragen. Die Verdächtigenliste sei keine offizielle. Die Polizei nehme Harn von Personen ab, man kann dann davon ausgehen, dass man auf der Verdächtigenliste stehe. Im Jahr 2015 sei ihm bereits der Harn von Polizisten abgenommen worden. Zur Frage, dass er im Zuge der zweiten Asylantragstellung im Jahr 2016 die Sache mit dem Harn und dem Bart nicht angegeben habe, beantwortete er dahingehend, dass er schon angegeben habe von der Polizei verdächtigt zu werden, aber nicht so ins Detail gegangen sei, weil man ihn auch nicht so genau gefragt habe. Außerdem habe er seine Lebensgefährtin hier in Österreich nach Islamischen Recht geheiratet, mit ihr habe er zwei Kinder. Er möchte in Zukunft bei seiner Familie leben. Auf Nachfrage gab er an, alle Fluchtgründe angegeben zu haben. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst inhaftiert, gefoltert und gedemütigt zu werden.

Am 4. September 2017 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer erklärte keine Einwände gegen den Dolmetscher zu haben und physisch wie psychisch in der Lage zu sein, dem Verfahren zu folgen.

Im Bundesgebiet befinden sich weiterhin die Ehefrau und Kinder, wobei er deren Namen und die Geburtsurkunden seiner Kinder vorlegte. Mit der Ehefrau lebe er seit 2014 im gemeinsamen Haushalt. Einmal sei er ausgereist, er sei ein Jahr weggewesen, in Dagestan im Krankenhaus. Er habe bislang nur deshalb traditionell geheiratet, weil sie gedacht hätten, die Bestätigung des Imam würde reichen, ansonsten sie es früher gemacht hätten. Zu seiner Ehefrau bestehe kein finanzielles aber emotionales Abhängigkeitsverhältnis, sie sei seine Frau.

Zu Angehörigen im Herkunftsland gab er an, dass in Dagestan seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester leben. Einmal pro Woche rede er über das Internet mit ihnen. Zu deren wirtschaftlichen Verhältnissen führte er aus, dass der Vater in Pension sei, die Mutter arbeite als Köchin. Die Schwester sei verheiratet und mit den Kindern zuhause. Die Brüder würden arbeiten und sich selbst versorgen. Er selbst habe vor seiner Ausreise als Chauffeur Lebensmittel zu Kindergärten ausgeliefert.

Zum Fluchtgrund befragt, insbesondere zur Frage, warum er als Verdächtiger geführt werde, gab er an, dass es in der Republik so sei, dass die Polizei alle auf eine Sonderliste stelle, die einen Bart tragen und zur Moschee gehen. Es könne passieren, dass sie zu einem Nachhause gehen und mitnehmen. Dann würde eine Art Befragung abgehalten werden, es könnten ihnen auch so etwas wie Drogen untergejubelt werden, oder Schusspatronen oder etwas anderes damit man sie beschuldigen könne. Er wisse es genau, weil es ihm auch schon passiert sei. Es könne zu Misshandlungen oder Erniedrigungen kommen, er wolle das nicht wieder durchmachen. Er wisse wie es dann abläuft, er wisse, dass es nicht nur zu einer einfachen Befragung kommen würde. Er selbst sei davon schon gezeichnet und deutete dabei auf seinen Kopf. Er habe mehrere Vorladungen. Die letzte Vorladung habe er sich von seinen Eltern schicken lassen, als Beweis, dass er wirklich vorgeladen worden sei. Auf Nachfrage, ob er selbst annehme als Verdächtiger geführt zu werden, gab er an, dass er glaube, dass ihm etwas bei der Befragung angehängt werde. Zur Frage hinsichtlich der Anzahl der Ladungen und der Übernahme dieser, gab er an, dies sei die dritte Ladung gewesen seitdem er nicht mehr zuhause wohne. Nach Erhalt des negativen Bescheides, habe er sich die Ladungen schicken lassen, damit er es beweisen kann. Die Ladungen seien nachhause zu den Eltern gebracht worden. Auf Nachfrage fügte er an, dass die Eltern nach ihm gefragt worden seien, die Eltern hätten angegeben, dass sie nicht wüssten, wo er sich aufhalte.

Er glaube die erste Ladung sei ihm im Winter 2016 zugestellt worden. Die zweite Ladung sei im April oder Mai 2017 gewesen. Dann sei die dritte gekommen. Er wisse nicht, wo die zwei Ladungen seien, vielleicht habe die Mutter diese entsorgt.

Von der dritten Ladung habe er sofort erfahren, es sei im Juni 2017 gewesen. Er sei telefonisch von den Eltern verständigt worden, die Ladung sei am 9. Juni 2017 nach Hause zugestellt worden, er hätte am 10. Juni 2017 dort vorstellig sein müssen und am 11. Juni 2017 habe er es von den Eltern erfahren.

Er wisse nicht, warum er nach Verständigung von diesen Ladungen bzw. der dritten Ladung im zweiten Asylverfahren Zl. 160616885 dem Bundesverwaltungsgerichtshof bzw. den Rechtsvertreter davon nicht erzählt habe.

Zur Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag erst nach der dritten Ladung gestellt habe, führte er aus, dass er nach seinem letzten negativen Bescheid Beschwerde eingebracht habe. Das habe etwas gedauert dann sei er angerufen worden, dass er fast vor der Deportation stehe, weil er wieder einen negativen Bescheid bekommen habe. Rechtsberater im XXXX hätten ihm auch gesagt, keine neue Beschwerde dagegen schreiben zu können.

Zum dahingehenden Vorhalt, dass es sich bei einer Ladung um ein Beweisstück, von dem er vor Rechtskraft des zweiten Asylverfahrens bereits gewusst habe, handle, rechtfertigte er sich dahingehend, dass er es nicht für so wichtig angesehen habe. Er habe nicht gedacht, dass er eine negative Entscheidung erhalte, weil seine Familie da sei.

Zur Frage, ob sich diese Fluchtgründe auf die Fluchtgründe der vorherigen Asylverfahren beziehen würden, gab er an, dass sich nichts verändert habe, sie blieben aufrecht. Es habe mit früheren Gründen zu tun, aber was neu dazugekommen sei, wären die Vorladungen. Auf weitere Nachfrage bestätigte er, dass die Fluchtgründe des ersten Asylverfahrens nicht mehr aufrecht seien.

Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mache er sich Sorgen, dass er von seiner Familie getrennt werde. Wenn er nach Hause zurückkehre, sei das Beste was ihm passieren könne, dass sie ihn ins Gefängnis stecken, weil er so lange nicht auf diese Vorladungen reagiert habe.

Die Rückkehrbefürchtungen würden seit 2016 bestehen, als er hier eingereist sei, habe er nicht vorgehabt zurückzukehren.

Zum Privatleben befragt gab der BF an, dass er in Österreich nicht berufstätig, nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen sei und in Österreich keine Möglichkeit dafür bekommen habe, Kurse oder Ausbildungen zu absolvieren. Er spreche wenig Deutsch, am besten spreche er Russisch, er verstehe auch ein wenig die awarische Sprache.

Im Verfahren sind vorgelegt worden:

* Heiratsurkunde der traditionellen Heirat vom Islamischen Zentrum Wien

* Ladung als Verdächtiger für den 10. Juni 2017 aus der Russischen Föderation vom 7. Juni 2017

* Russischer Führerschein vom XXXX im Original

Mit dem Bescheid vom 7. September 2017, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 21. August 2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.).

Nach kurzer Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges – insbesondere mit Hinweis auf das rechtskräftig negativ abgeschlossene zweite Asylverfahren – wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer keinen Sachverhalt vorgebracht habe, der nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens Zl. 160616885 entstanden sei, obwohl er schon im ersten Verfahren ausführlich dazu befragt worden sei. Im Falle einer Rückkehr drohe ihm keine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention und bestehe für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes. Er würde sich im Falle einer Rückkehr auch nicht in eine lebensbedrohliche Lage begeben, zumal sich Familienmitglieder im Heimatland befinden, zu denen er in Kontakt stehe.

Er habe weder in der Erstbefragung am 21. August 2017, noch im Zuge der Einvernahme am 4. September 2017 Rückkehrbefürchtungen geltend gemacht, die sich nicht auf den bereits entscheidenden Sachverhalt beziehen würden. Die dem BF schon bereits vor Abschluss des rechtskräftigen Vorverfahrens bekannt gewesenen Ladungen seien nicht geeignet eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken, zumal dem Vorbringen auch kein glaubhafter Kern entnommen werden könne.

Die Ehefrau und beiden gemeinsamen Kinder des BF leben im Bundesgebiet und seien anerkannte Flüchtlinge. Der BF lebe seit seiner Einreise im Mai 2016 wieder im gemeinsamen Haushalt mit ihnen, es bestehe kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Er habe ansonsten keine Verwandten im Bundesgebiet.

Sein Aufenthalt in Österreich erstrecke sich über einen Zeitraum von Mai 2016 bis in die Gegenwart. Zuvor sei er im Juni 2014 erstmalig in Österreich illegal eingereist und am 15. April 2015 wieder freiwillig in die Russische Föderation ausgereist. Die letzte Einreise im Mai 2016 nach Österreich sei legal mit Hilfe eines spanischen Visums erfolgt. Der BF spreche muttersprachlich Russisch und ein wenig Awarisch. Er sei auch nicht berufstätig, nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen gewesen.

Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die Begründung des neuerlichen Asylantrages nicht ausreichen würde, einen neuen gegenüber den früheren Asylanträgen wesentlich geänderten Sachverhalt entstehen zu lassen. Im Ergebnis handle es sich beim neuen Vorbringen des BF um Umstände, die bereits vor Abschluss des letzten rechtskräftigen Asylverfahrens bestanden haben, zumal diesen kein glaubhafter Kern zu entnehmen gewesen sei. Er habe somit keine asyl- oder Refoulement-relevanten neu entstandenen Tatsachen zum ersten Verfahren vorgebracht, auch haben sich in der allgemeinen Lage in seinem Heimatland keine wesentlichen Veränderungen ergeben, welche eine neuerliche inhaltliche Entscheidung erfordern würden. Eine neuerliche inhaltliche Prüfung in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei auch in Anbetracht der aktuellen Länderberichte nicht geboten und habe der BF keinerlei konkrete Befürchtungen geltend gemacht.

Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde rechtlich aus, dass die Ehefrau, welche er traditionell geheiratet habe, mit Ihren gemeinsamen Söhnen als anerkannte Flüchtlinge in Österreich aufhältig seien und der BF seit seiner neuerlichen Einreise im Mai 2016 wieder in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Auf Grundlage der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzuzutreten hätten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen und unter Würdigung der entstandenen Beziehungen zum Zeitpunkt seines unsicheren Aufenthaltes, sei im Hinblick auf die Ehegattin und Kinder von keinem im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswerten Familienleben auszugehen und stelle seine Abschiebung aus Österreich in die Russische Föderation keine Verletzung des durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechts auf Achtung des Familienlebens dar. In einer Gesamtabwägung der öffentlichen und privaten Interessen sei somit festzuhalten, dass zusätzlich zum oben angeführten und besonders gewichtigen öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, hinzukomme, dass der BF nicht die Möglichkeit habe, seinen Aufenthalt vom Inland her zu legalisieren, er sich zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich vernünftiger Weise nicht erwarten konnte, sein Familien- oder Privatleben in Österreich weiterzuführen, dass im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Familien- bzw. Privatleben ausschließlich auf der Basis eines Asylverfahrens und nicht aufgrund eines nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht entstanden sei und ihm während der gesamten Aufenthaltsdauer in Österreich sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte mussten.

Auch habe der in Österreich nicht berufstätige und somit nicht selbsterhaltungsfähige BF den überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens nicht in Österreich verbracht und sei in seinem Fall keine Aufenthaltsverfestigung in Österreich unter gleichzeitiger Entfremdung vom Heimatland gegeben.

Den vorstehend angeführten Aspekten stehe der Wunsch an einem Verbleib in Österreich gegenüber, welcher für sich genommen kein bedeutsames Gewicht im Sinne des Art. 8 EMRK bewirke. Weiters habe sich die zu seinen Gunsten zu wertende Gesamtdauer seines Aufenthalts in Österreich lediglich auf Basis von Asylverfahren – einschließlich der Ergreifung von Rechtsmitteln – ergeben, was ebenfalls kein besonderes und zu seinen Gunsten zu wertendes Gewicht im Hinblick auf ein relevantes Familien- und Privatleben in Österreich bewirke. Berücksichtigt man weiters die im vorstehenden Absatz angeführten Aspekte, einschließlich seines sonstigen Vorbringens im Verfahren, ergeben sich auch unter diesen Gesichtspunkten keine besonders gewichtigen und zu seinen Gunsten zu wertenden Sachverhalte im Hinblick auf ein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Familien- und Privatleben in Österreich.

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe im Fall einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG keine Frist für die freiwillige Ausreise, weswegen in seinem Fall von einer Erteilung der Frist abzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtzeitig Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass der BF seinen gegenständlichen Antrag damit begründet habe, dass er von der Polizei in seinem Wohnort als Verdächtiger geführt werde und ihm eine Ladung zu einer Vernehmung am 10. Juni 2017 zugestellt worden sei. Er sei Verdächtiger in Verbindung mit Art. 222 StPO. Er sei auf der Verdächtigenliste der Polizei, da er einen Bart trage und in die Moschee gehe und die Polizisten einen Grund für die Verhaftung des BF suchen würden. Der Behörde sei ein gravierender Verfahrensmangel vorzuwerfen, da sie sich nicht mit dem erstatteten Asylvorbringen auseinandergesetzt habe, insbesondere nicht mit dem Vorbringen im Zusammenhang mit der Ladung zur Einvernahme, welche der BF erst im August 2017 erhalten habe. Schon dieser Umstand bilde ein neues Sachverhaltselement. Weiters gehe aus dem Akt nicht hervor, dass die im Original vorgelegte Ladung übersetzt worden wäre. Bei gehöriger Einräumung einer Stellungnahme nach Übersetzung der Urkunde, wäre hervorgekommen, dass das Vorbringen des BF, wonach er als Verdächtiger geführt werde, zutreffe. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sei auch darauf zu verweisen, dass der BF von dem Umstand als Verdächtiger gemäß Art. 222 StPO erst nach Erhalt der Ladung erfahren habe.

Mit Urkundenvorlage vom 16. Oktober 2017 wurde die Heiratsurkunde des BF vom XXXX 2017, XXXX , ausgestellt vom XXXX vorgelegt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Oktober 2017, W189 2154172-2/5E, wurde die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) idgF, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF iVm § 9 BFA-VG BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, § 52 Abs. 2, § 52 Abs. 9, § 46, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF als unbegründet abgewiesen.

Unter Spruchpunkt II. wurde in Erledigung der Beschwerde die spruchgemäße Erledigung zu § 55 AsylG gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos behoben.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte insbesondere fest, dass sich im gegenständlichen Fall weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person des nun standesamtlich verheirateten Beschwerdeführers gelegenen Umstände ergab. Auch in Bezug auf die individuelle Lage des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat war keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festzustellen.

Die Fluchtgründe, die der Beschwerdeführer in seinem dritten Asylverfahren geltend machte, bestanden schon vor dem Zeitpunkt, als das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.06.2017, Zl. W182 2154172-1/5E in Rechtskraft erwuchs.

Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner persönlichen Verfolgung oder einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wurde durch das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:

"Im gegenständlichen Fall hat das Bundesamt ausgeführt, dass der Begriff des Familienlebens sich nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen und im o.a. Bescheid zutreffend dargelegt, dass die Rückkehrentscheidung im konkreten Fall keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des BF darstellt, und zwar aus folgenden Gründen:

Der BF verfügt im Bundesgebiet über familiäre Beziehungen und handelt es sich um seine im Bundesgebiet zum Aufenthalt berechtigte Kernfamilie bestehend aus seiner asylberechtigten Ehefrau und seinen zwei Kindern. Der BF lebt mit diesen auch in gemeinsamen Haushalt zusammen. Es ist daher hinsichtlich des genannten Personenkreises von einem bestehenden Familienleben auszugehen.

Das Familienleben wurde hinsichtlich der - nun standesamtlich getrauten - Ehefrau des BF bereits im Jahr 2013 (in der Ukraine) begründet, im Jänner 2014 wieder unterbrochen und während eines Aufenthaltes aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz ab Juni 2014 in Österreich fortgesetzt. Seit diesem Zeitpunkt lebte der BF auch mit seinem im XXXX 2014 geborenen Sohn zusammen. Im April 2015 kehrte der BF ohne Lebensgefährtin und Kind, die in Österreich verblieben sind, freiwillig ins Herkunftsland zurück. Seit April 2016 lebt der BF nunmehr wieder mit seiner Lebensgefährtin und seinem inzwischen XXXX Sohn zusammen. Im XXXX 2016 wurde ein weiterer gemeinsamer Sohn in Österreich geboren, wobei der BF sich zuvor mit seiner Lebensgefährtin in Weißrussland getroffen hat. Am XXXX 2017 hat der BF die Lebensgefährtin standesamtlich geheiratet.

Es bleibt festzuhalten, dass dem BF jedenfalls immer noch zuzumuten ist, unter den gegebenen Umständen zumindest für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens, für das der BF vorübergehend ins Herkunftsland ausreist, die Beziehung zwischenzeitlich über Besuche, Telekommunikation bzw. elektronische Medien und Treffen in Drittländern, aufrechtzuerhalten. Dies gilt umso mehr, als der BF das Zusammenleben immer wieder, zuletzt auch gegenüber seinem damals knapp XXXX Sohn aus eigenem Antrieb über ein Jahr unterbrochen hat, wobei auch Treffen mit seiner Lebensgefährtin in Drittländern (Ukraine, Weißrussland) stattgefunden haben (vgl. dazu insbesondere VwGH 23.02.2017, Zl. Ra 2016/21/0235-8, Rz 11).

Dies entspricht auch den erheblichen öffentlichen Interessen, die darauf abzielen, eine unkontrollierte Zuwanderung von Fremden und ein Unterlaufen der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen zu unterbinden. Der BF ist zum Aufenthalt in Österreich lediglich auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Im gegenständlichen Verfahren kann hinsichtlich des BF auch nicht von einer überlangen Verfahrensdauer gesprochen werden (vgl. dazu auch VfGH 12.06.2013, Zl. U 485/2012-15, wonach die Dauer eines Asylverfahrens mit drei Jahren nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist, übersteigt).

Die getroffene Rückkehrentscheidung stellt daher keine Verletzung in sein Recht auf Schutz des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK dar.

Es bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben des BF eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesamt als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff aufgrund der bereits zitierten gesetzlichen Bestimmungen gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abw

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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