TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/23 98/11/0300

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Veröffentlicht am 23.05.2000
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FSG 1997 §3 Abs1 Z2;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4 Z5;
FSG 1997 §7 Abs4;
FSG 1997 §7 Abs5;
KFG 1967 §75 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
SGG §12 Abs3 Z3;
SGG §12;
SMG 1997 §28;
StGB §127;
StGB §129 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des I in N, vertreten durch Dr. Alex Pratter und Dr. Peter Lechenauer , Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler Gasse 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 1998, Zl. 5/04-13/376/4-1998, betreffend Wiedererteilung einer Lenkberechtigung, zu Recht erkannt :

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 1998 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. Jänner 1998 auf Wiedererteilung einer Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen A und B - nach einer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 28. Oktober 1996 erfolgten Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967, weil der Beschwerdeführer der Aufforderung zur Vorlage eines verkehrspsychologischen Befundes des Institutes für gerichtliche Medizin in Salzburg nicht nachgekommen war - gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 FSG iVm § 7 Abs. 2 und 4 Z. 5 FSG abgewiesen. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Salzburg aus, nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 24. März 1997 des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 SGG sowie des Verbrechens des Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127 und 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt worden und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren (16 Monate bedingt und 8 Monate unbedingt) verurteilt worden. Mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. Juni 1997 sei die Strafe auf 18 Monate herabgesetzt worden, wobei ein Strafteil von 12 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Diesem Urteil liege zu Grunde , dass der Beschwerdeführer in Salzburg und anderen Orten in der Zeit von Mai bis Oktober 1994 und im Sommer 1995 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, die das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausgemacht habe , und zwar insgesamt mindestens ca. 400 g Heroin, in Verkehr gesetzt habe sowie zwischen Sommer 1995 bis in der Nacht vom 16. auf den 17. Jänner 1997 nach dem Aufbrechen mehrerer PKW der Marke VW Golf mit einem Schraubenzieher zum Nachteil von Unbekannten in unbekanntem Wert fremde bewegliche Sachen mehrere Autoradios durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Nach § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG habe als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 insbesondere zu gelten , wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 12 SGG begangen hat. Auch wenn die Tathandlungen des Verbrechens nach § 12 SGG bereits einige Zeit zurücklägen, sei dieses Delikt im Hinblick auf die große in Verkehr gesetzte Menge des Suchtgiftes, wobei sich der Beschwerdeführer zT. auch eines Kraftfahrzeuges bedient habe, als ausgesprochen verwerflich zu beurteilen, sodass auch die inzwischen vergangene Zeit im Zusammenhang mit den weiteren, vom Beschwerdeführer gesetzten Tathandlungen nicht als ausreichend angesehen werden könne, um vom Vorliegen der Verkehrszuverlässigkeit sprechen zu können. Auch wenn das Verbrechen des Diebstahles durch Einbruch nicht in der Aufzählung des § 7 Abs. 4 FSG enthalten sei, ergebe sich "aus der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte", dass gerade Diebstähle durch Einbruch in Kraftfahrzeuge als solche Delikte anzusehen seien, die ebenfalls die Verkehrsunzuverlässigkeit bewirkten. Im Hinblick darauf, dass der letzte diesbezügliche Einbruch in der Nacht vom

16. auf den 17. Jänner 1997 erfolgt sei, könne daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinesfalls von der bereits wieder erlangten Verkehrszuverlässigkeit ausgegangen werden, wobei hinzukomme, dass der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 24. April 1997 wegen einer am 15. November 1996 begangenen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960, also zu einem Zeitpunkt, als der (mit Bescheid vom 28. Oktober 1996 erfolgte) Entzug der Lenkerberechtigung - wegen Nichtvorlage eines verkehrspsychologischen Gutachtens trotz einer wegen des Verdachtes des Suchtgiftmissbrauches ergangenen Aufforderung - bereits wirksam gewesen sei, bestraft worden sei. Darüber hinaus weise der Beschwerdeführer auch zwei rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 auf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 94/1998 (auszugsweise):

"§ 3 (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

§ 7

...

(2) Als nicht verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.

...

(4) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

5. eine strafbare Handlung gemäß § 12 Suchtgiftgesetz 1951, BGBl. Nr. 160/1952 begangen hat.

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend."

Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Feststellungen der belangten Behörde zu seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen der Delikte nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 SGG und nach §§ 127 und 129 Z. 1 StGB noch diejenigen zu seiner Bestrafung wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960.

Eingangs ist klarzustellen, dass dem Beschwerdeführer die Erteilung der Lenkberechtigung nicht auf Grund einer gesundheitlichen Nichteignung, sondern wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit versagt wurde. Zur Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit bedarf es aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder eines ärztlichen Gutachtens noch einer verkehrspsychologischen Untersuchung (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 97/11/0283). Der diesbezügliche Vorwurf eines Verfahrensmangels ist daher unbegründet.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Heranziehung des § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG zur Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit wendet, weil nur die wiederholte Begehung von Suchtgiftdelikten die Verkehrsunzuverlässigkeit des Betroffenen indizieren könne, verkennt er die Rechtslage. Gemäß § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG hat als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten hat, wenn jemand "eine" strafbare Handlung gemäß § 12 SGG (vorliegendenfalls nunmehr: § 28 SMG) begangen hat. Auch aus dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 22. September 1995, Zl. 93/11/0129, ist entgegen seinem Vorbringen keine andere Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes abzuleiten.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er sei mittlerweile nicht mehr drogenabhängig, er habe die auf Grund des Suchtgiftproblems abgebrochene Installateurlehre wieder aufgenommen und bemühe sich um eine gesicherte Zukunft, was jedoch ohne Lenkberechtigung nicht möglich sei. Die belangte Behörde hätte sein Wohlverhalten durch einen Zeitraum von mehr als einem Jahr würdigen müssen. Mit diesem Vorbringen bemängelt er die Wertung gemäß § 7 Abs. 5 FSG.

Nicht nur die Begehung der Suchtgiftdelikte, deretwegen der Beschwerdeführer verurteilt wurde, stellt eine bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG dar. (Einbruchs)Diebstähle sind zwar nicht ausdrücklich im § 7 Abs. 4 FSG angeführt, diese Aufzählung der strafbaren Handlungen ist jedoch nur demonstrativ. Auch nicht aufgezählte strafbare Handlungen, die den aufgezählten an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleichkommen, können zur Annahme der Verkehrsunzuverlässsigkeit des Täters führen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies in Ansehung von qualifizierten Diebstählen, insbesondere von Einbruchsdiebstählen, dass eine Mehrzahl solcher Delikte diese Eignung besitzt, weil die Begehung von Diebstählen durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erheblich erleichtert wird (vgl. das Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0191).

Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer in Verkehr gesetzte große Menge - der Beschwerdeführer wurde, wie erwähnt, nach § 12 Abs. 3 Z. 3 SGG verurteilt - (400 g) eines besonders gefährlichen Suchtgiftes (Heroin), die Tatwiederholungen über einen langen Zeitraum sowie die ebenfalls wiederholten, und zwar noch nach der Begehung der Suchtgiftdelikte begangenen Einbruchsdiebstähle kann das Wohlverhalten des Beschwerdeführers in einem Zeitraum von knapp mehr als einem Jahr nach dem Vollzug seiner Freiheitsstrafe auch angesichts seiner behaupteten beruflichen Integration noch nicht eine für ihn günstigere Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit bewirken.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt schließlich die Nichterteilung der Lenkberechtigung keine unzulässige Doppelbestrafung im Sinne des Art. 4 des 7. ZP zur MRK dar. Bei einer Versagung oder Entziehung einer Lenkberechtigung handelt es sich, auch wenn eine solche Maßnahme vielfach subjektiv als Strafe empfunden werden mag, nicht um eine Verwaltungsstrafe, sondern um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 1999, Zl. 98/11/0053).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998110300.X00

Im RIS seit

11.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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