TE Vwgh Beschluss 2018/1/18 Fr 2017/16/0020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.01.2018
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §262;
BAO §264 Abs6 idF 2016/I/117;
BAO §265 Abs1;
BAO §284 Abs1;
BAO §291 Abs1;
BAO §85a;
B-VG Art133 Abs1 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über den Fristsetzungsantrag des K S in E, vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen das Bundesfinanzgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit der Grunderwerbsteuer, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Dem vorliegenden Fristsetzungsantrag vom 11. Dezember 2017 zufolge habe der Antragsteller gegen den Grunderwerbsteuerbescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 27. April 2017 am 23. Mai d.J. Beschwerde eingebracht. Gemäß § 34 VwGVG sei das Verwaltungsgericht verpflichtet, über Anträge von Parteien und Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Ungeachtet dessen habe das Bundesfinanzgericht binnen sechs Monaten kein Erkenntnis erlassen und auch sonst keine Schritte gesetzt. Es liege daher eine Verletzung der Entscheidungspflicht eines Verwaltungsgerichtes nach Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG iVm § 38 VwGG vor. Da die Untätigkeit des Bundesfinanzgerichtes den Antragsteller in seinem Recht auf Entscheidung verletze, begehre er, dem Gericht zur Entscheidung über seine Beschwerde nach Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG iVm § 38 VwGG eine Frist zu setzen.

2 Das Bundesfinanzgericht legte mit Erledigung vom 27. Dezember 2017 diesen Antrag mit dem Bemerken vor, die im Fristsetzungsantrag genannte Beschwerde vom 23. Mai 2017 sei dem Gericht bis dato nicht vorgelegt worden. Die Abgabenbehörde habe am 18. Dezember 2017 mitgeteilt, über die Beschwerde noch nicht mit Beschwerdevorentscheidung entschieden zu haben.

3 Gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht. Nach Art. 136 Abs. 2 B-VG wird das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen durch ein besonderes Bundesgesetz einheitlich geregelt. Nach Abs. 3 leg. cit. wird das Verfahren des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen durch Bundesgesetz geregelt.

Das (besondere) Bundesgesetz im Sinn des Art. 136 Abs. 3 B-VG ist die Bundesabgabenanordnung und nicht das vom Antragsteller mehrfach verfehlt zitierte VwGVG: nach § 1 Abs. 1 leg. cit. gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes u.a. in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben.

4 § 85a BAO bestimmt, dass die Abgabenbehörden verpflichtet sind, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnenden Bescheid abzusprechen.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat nach Abs. 2 leg. cit. zu unterbleiben

a)

wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b)

wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb

von drei Monaten ab ihrem Einlagen dem Verwaltungsgericht vorlegt. Nach § 265 Abs. 1 BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, hat die Abgabenbehörde eine Bescheidbeschwerde, über die (nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung) infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen. Eine Entscheidungspflicht der Abgabenbehörde ist in diesem Zusammenhang nicht normiert. Erst mit dem Abgabenänderungsgesetz 2016, BGBl. I Nr. 117, wurde in § 264 Abs. 6 BAO eine Vorlageerinnerung eingeführt, die eine Entscheidungspflicht - nicht der Abgabenbehörde, sondern des Verwaltungsgerichtes - und damit den Fristbeginn für den Fristsetzungsantrag nach § 38 VwGG auslöst (vgl. VwGH 31.5.2017, Ra 2016/13/0046, mwN).

Kommt die Abgabenbehörde ihren in § 262 BAO näher geregelten Verpflichtungen nicht nach, steht der Partei nach § 284 Abs. 1 BAO eine Säumnisbeschwerde zu, die eine Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes begründen kann.

Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht anderes vorsehen, ist das Verwaltungsgericht gemäß § 291 Abs. 1 BAO verpflichtet, über Anträge der Parteien und über Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden. Im Verfahren über Bescheidbeschwerden beginnt die Entscheidungsfrist mit der Vorlage der Beschwerde (§ 265) oder nach Einbringung einer Vorlageerinnerung (§ 264 Abs. 6).

5 Da der Antragsteller - in Verkennung des maßgebenden Verfahrensrechtes - die Voraussetzungen für die Verletzung einer Entscheidungspflicht nach den Bestimmungen der BAO nicht einmal behauptet, ist der vorliegende Fristsetzungsantrag gemäß § 38 Abs. 4 VwGG iVm § 34 Abs. 1 VwGG wegen dem Mangel der Berechtigung zu seiner Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:FR2017160020.F00

Im RIS seit

13.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten