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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision des A A, in S, vertreten durch Mag. Dr. Reimer Bahr, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Richtstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. August 2017, Zl. W187 2139233- 1/12E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 18. Jänner 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
2 Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 Asylgesetz 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung und sprach aus, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.
3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten als unbegründet ab (Spruchpunkt A. I.), erkannte diesem jedoch den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt A. II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt A. III.). Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig (Spruchpunkt B.).
4 Gegen Spruchpunkt A. I. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, das BVwG habe dem Revisionswerber kein Asyl gewährt, obwohl dieser der Volksgruppe der Hazara angehöre und weiche damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
5 Die Revision erweist sich als nicht zulässig. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zunächst ist anzumerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden kann. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 8.9.2016, Ra 2016/20/0036, 17.12.2015, Ra 2015/20/0048, 13.10.2015, Ra 2015/19/0106, und 10.12.2014, Ra 2014/18/0078, jeweils mwN).
10 Das BVwG hat sich mit der Situation der Hazara und der Frage einer drohenden Verfolgung des Revisionswerbers aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe näher auseinandergesetzt und kam - unter Bezugnahme auf Länderberichte und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte - zu dem Schluss, dass nicht von einer generellen (asylrelevanten) Verfolgung von Angehörigen der Hazara ausgegangen werden könne.
11 Dass sich das BVwG hierbei von den Leitlinien der Judikatur entfernt habe, vermag die Revision - auf Basis der im Einzelfall getroffenen Feststellungen - nicht konkret aufzuzeigen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 23. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017180377.L00Im RIS seit
13.02.2018Zuletzt aktualisiert am
28.02.2018