TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/23 2000/11/0047

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Veröffentlicht am 23.05.2000
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des G in M, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Gilmstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 13. Jänner 2000, Zl. Ib-277-144/99, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.180.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von vier Jahren von der Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 29. September 1999 am 7. Oktober 1999 an (somit bis 7. Oktober 2003) unter Nichteinrechnung allfälliger Haftzeiten entzogen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Anlass für die Setzung der bekämpften Entziehungsmaßnahme war, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16. November 1999 folgender strafbarer Handlungen für schuldig erkannt worden war:

I. des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz in der Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB, weil er 1. im Sommer 1998 zum Schmuggel von zwei bis drei Kilogramm Marihuana beigetragen habe, indem er mit seinem PKW eine als R. D. bezeichnete Person zum Einkauf des Suchtgiftes nach Zürich "chauffiert", von dort zum Grenzübergang H., wo R. D. das Suchtgift zu Fuß über die grüne Grenze ins Inland geschmuggelt habe, gebracht und diesen nach dem Grenzübertritt in H. wieder erwartet habe, sowie 2. Ende Oktober 1998 zum Schmuggel von vier bis fünf Kilogramm Marihuana durch R. D. sowie eine zweite, bereits rechtskräftig bestrafte, Person, beigetragen habe, indem er diese beiden Personen zum Einkauf von Suchtmitteln nach Zürich "chauffiert", von dort zum Zweck des Schmuggels des eingekauften Suchtgiftes zum Grenzübergang H. gebracht, wo die beiden das Suchtgift zu Fuß über die grüne Grenze ins Inland geschmuggelt hätten, und sie nach dem Grenzübertritt in H. wieder erwartet habe; sowie

II. des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG, weil er ein Suchtgift erworben und besessen sowie anderen überlassen habe, und zwar im Zeitraum, Anfang 1997 bis Dezember 1998 in Vorarlberg Haschisch und Marihuana konsumiert sowie fallweise Kollegen zum Mitkonsum eingeladen habe.

Über ihn wurde eine (auf drei Jahre bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine unbedingte Geldstrafe von S 108.000.- verhängt.

Daneben habe der Beschwerdeführer je eine Übertretung nach § 36 lit. a KFG 1967 (Verwendung eines nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeuges) und nach § 69 Abs. 2 lit. a StVO 1960 (Nebeneinanderfahren von Motorfahrrädern) begangen.

     Die unter obiger Z. I genannten gerichtlich strafbaren

Handlungen des Beschwerdeführers stellen eine bestimmte Tatsache im

Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG dar; sie sind in hohem Maße

verwerflich. Der Beschwerdeführer hat bei ihrer Begehung von dem

Umstand gewusst, dass er dazu beiträgt, eine große Menge von

Suchtmitteln zum Zweck der Inverkehrsetzung ins Inland zu

schmuggeln. Diese große Menge sollte im Inland an eine Vielzahl ihm

nicht bekannter Personen verkauft werden. Er nahm damit in Kauf,

dass in sehr hohem Maße gegen öffentliche Interessen verstoßen und

dass die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet wird. Zu dieser

Verwerflichkeit trägt auch der Umstand bei, dass es sich nicht nur

um eine einzige strafbare Handlung, die eventuell aus Unbedachtheit

begangen worden sein mag, handelt (vgl. in diesem Zusammenhang das

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 1995,

Zl. 93/11/0129). Wenn das  -  in Teilen der geschmuggelten

Suchtmittel bestehende  -  Entgelt für das "Chauffieren" auch nur

geringfügig gewesen sein mag, kann entgegen dem

Beschwerdevorbringen nicht davon ausgegangen werden, er habe die

strafbaren Handlungen nicht in Gewinnabsicht begangen. Sein Beitrag

zur Vornahme des Schmuggels war immerhin aus kraftfahrspezifischer

Sicht ein entscheidender, wenn er auch im Übrigen nur "eine

untergeordnete Rolle" gespielt haben mag.

Dass es sich bei Marihuana und Canabis nur um sogenannte "weiche" Drogen handelt, deren Eignung als Einstiegsdrogen für härtere Suchtmittel nicht unumstritten ist, ändert nichts daran, auch der Genuss sogenannter weicher Drogen zu körperlichen Abhängigkeiten führen kann, wozu noch die persönliche Abhängigkeit von als Händlern ("Dealern") auftretenden Personen - die häufig nebenbei auch härtere Drogen zu verkaufen trachten - kommt.

Die zwischen der Tat, insbesondere der zweiten und letzten Schmuggelfahrt im Oktober 1998 und der Einleitung der Verfahren wegen dieser strafbaren Handlungen (die erste Einvernahme durch das Gendarmeriepostenkommando Feldkirch erfolgte im April 1999) war zu kurz, um eine nachhaltige Änderung der Sinnesart des Beschwerdeführers darzutun und damit für ihn entscheidend ins Gewicht fallen zu können.

Dessen ungeachtet erscheint dem Verwaltungsgerichtshof die mit vier Jahren (ohne Einrechnung allfälliger Haftzeiten) bemessene Entziehungsdauer als zu lang. Dabei steht im Vordergrund, dass die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers zwar eine "große Menge" im Sinne des § 28 SMG betroffen, aber nicht die Qualifikation nach der Z. 3 des Abs. 4 aufgewiesen haben. Es handelte sich auch nicht um sogenannten schwere, sondern um jedenfalls erheblich weniger gefährliche Drogen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich als inhaltlich rechtswidrig. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen für Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 23. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110047.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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