TE Vwgh Beschluss 2018/1/25 Ra 2017/21/0250

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Veröffentlicht am 25.01.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §55;
AVG §56;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z5;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z6;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z7;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z8;
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des R D in K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Juni 2017, Zl. W103 2013419- 2/3E, betreffend Aufhebung eines Einreiseverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der im Mai 1990 geborene Revisionswerber ist Staatsangehöriger der russischen Föderation und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an. Er reiste gemeinsam mit seiner Mutter am 22. Juni 2003 nach Österreich ein, der dann mit Bescheid vom 17. Februar 2004 Asyl gewährt wurde. Auch dem Asylerstreckungsantrag des Revisionswerbers wurde stattgegeben und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

2 Mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Oktober 2007 verhängte das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Revisionswerber wegen des Verbrechens des schweren Raubes (unter Verwendung einer Waffe) eine 27-monatige Freiheitsstrafe (davon 18 Monate bedingt nachgesehen). Den unbedingten Strafteil verbüßte er bis zum 4. März 2008.

3 Am 4. Mai 2009 reiste er gemeinsam mit seiner Mutter unter Gewährung von Rückkehrhilfe in die russische Föderation aus, wo er sich durchgehend in Tschetschenien aufhielt. Die neuerliche Einreise der Genannten nach Österreich erfolgte am 7. Dezember 2012.

4 Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Februar 2013 wurde über den Revisionswerber wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung eine bedingt nachgesehene dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt.

5 Mit weiterem rechtskräftigen Urteil vom 10. Jänner 2014 verhängte das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Revisionswerber wegen am 5. und 8. Juli 2013 - mit einem Mittäter -

begangener Verbrechen des (im zweiten Fall versuchten) schweren Raubes (jeweils Raubüberfälle auf Tankstellen unter Verwendung einer Gaspistole) eine siebenjährige Freiheitsstrafe.

6 Mit rechtskräftigem Bescheid vom 6. Oktober 2014 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bezug darauf aus, dass dem Revisionswerber der zuerkannte Status eines Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 leg. cit. festgestellt werde, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihm auch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

7 Am 13. Jänner 2016 beantragte der noch in Strafhaft angehaltene Revisionswerber die "Aufhebung des Aufenthaltsverbotes". Dabei verwies er im Wesentlichen auf sein Wohlverhalten während des Strafvollzuges, in dem er einer geregelten Beschäftigung nachgehe, und die ausgeprägte Beziehung zu seiner in Österreich - aus gesundheitlichen Gründen von der Mindestsicherung - lebenden Mutter.

8 Mit Bescheid vom 3. März 2017 wies das BFA diesen Antrag gemäß § 60 FPG ab. Insgesamt lägen die Voraussetzungen des § 60 FPG nicht vor.

9 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 12. Juni 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 21. September 2017, E 2549/2017, ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom 31. Oktober 2017 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

11 Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als unzulässig.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

13 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber das Fehlen von Rechtsprechung zur Frage geltend, ob § 60 FPG dahin auszulegen sei, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Einreiseverbotes auch in Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG zulässig, oder ob im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037) der Umweg über eine Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 zu beschreiten sei.

14 Damit ist der Revisionswerber gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Beschluss vom heutigen Tag, VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0256, zu verweisen. Danach besteht im Fall eines von § 60 Abs. 1 und 2 FPG von vornherein nicht erfassten Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 3 Z 5 bis 9 FPG kein Bedürfnis für die vom Revisionswerber als notwendig erachtete verfassungskonforme Interpretation. Ob das auch für den Fall gilt, dass sich der mit einem Einreiseverbot behaftete Fremde nicht (mehr) im Inland aufhält, sodass - nach dem Gesetzeswortlaut - die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht käme, braucht hier mangels Ausreise nicht geklärt zu werden.

Der Umstand, dass der Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes abgewiesen (statt richtig: zurückgewiesen) wurde, konnte den Revisionswerber nicht in Rechten verletzen.

15 Im Übrigen ist der Revisionswerber mit seiner Argumentation zur guten Führung während des Strafvollzuges auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu prüfen ist, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 11.5.2017, Ra 2017/21/0061).

16 Die Revision wirft somit keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2018

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017210250.L00

Im RIS seit

13.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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