TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/16 VGW-022/056/6335/2017

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Veröffentlicht am 16.01.2018
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Entscheidungsdatum

16.01.2018

Index

82/05 Lebensmittelrecht

Norm

LMSVG §4 Abs1
LMSVG §21
LMSVG §90 Abs3 Z1
32011R1169 LebensmittelinformationsVO Art 7 Abs2
32011R1169 LebensmittelinformationsVO Art 9 Abs1 litc
32011R1169 LebensmittelinformationsVO Art 21

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde des Herrn G. L., vertreten durch … Rechtsanwälte KG, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 3.4.2017, Zahl: MBA ... - S 60332/15, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG iVm Anhang ll der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.) Das angefochtene Straferkenntnis ist gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten gerichtet und enthält folgenden Spruch:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "W." GmbH mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG in ihrem Betrieb, Gastgewerbe in der Betriebsart Lieferküche, Gemeinschaftsverpflegung produzierend, in Wien, …, verpackte Lebensmittel, Probe SCJ ... "Mohn-Schupfnudeln" am 19.10.2015 (Zeitpunkt der Probenziehung) in einer Menge von 1 Schale zu 1200g aus dem Kühlraum bei 4°C zur Verwendung bereitgehalten vorgefunden wurde und somit in Verkehr gebracht hat, obwohl die Kennzeichnung nicht den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel entspricht, da die Angabe einer Allgergeninformation in Form von "enthält Gluten/Lactose" unterhalb der Sachbezeichnung nicht klar und daher für den Verbraucher nicht leicht verständlich und daher nicht zulässig ist, gemäß Artikel 9, Absatz 1, Buchstabe c, müssen alle in Anhang ll aufgeführten Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, in Verbindung mit den Bestimmungen des Artikels 21 im Zutatenverzeichnis so hervorzuheben sind, dass sie sich vom Rest des Zutatenverzeichnisses eindeutig abheben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 90 Abs.3 Z.1 in Verbindung mit § 21 iVm § 4 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl. l Nr. 13/2006 in der geltenden Fassung in Verbindung mit

Artikel 7 Abs. 2, Artikel 9 Abs. 1, lit. c, Artikel 21 in Verbindung mit Anhang ll der Verordnung (EU) Information der Verbraucher über Lebensmittel Nr. 1169/2011 vom 25.10.2011 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 700,00, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 18 Stunden

gemäß § 90 Abs.3 zweiter Strafsatz LMSVG.

Barauslagen € 82,16, Auftragsnummer ..., (Probezeichen: ...) Untersuchungskosten der AGES - Institut für Lebensmittelsicherheit Wien.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 70,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 770,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Barauslagen € 82,16, Auftragsnummer ..., (Probezeichen: ...) Untersuchungskosten der AGES - Institut für Lebensmittelsicherheit Wien.

Die "W." GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herr G. L. verhängte Geldstrafe von € 700,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 70,00 samt Barauslagen in der Höhe von 82,16 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird eingewendet, dass der Tatbestand nicht erfüllt sei.

2.) Aus dem vorliegenden Akteninhalt geht folgender Sachverhalte vor:

Die gegenständliche Anzeige wurde am 25.11.2015 gelegt. Darin wird der in der Folge inkriminierte Sachverhalt zur Anzeige gebracht.

Aus dem im Akt einliegenden Gutachten der AGES vom 29.10.2015 geht hervor, dass die gegenständliche Ware untersucht wurde und das verpackte Lebensmittel der Verordnung (EU) Nummer 1169/2011 betreffend Information der Verbraucher über Lebensmittel unterläge.

Gemäß Art. 7 Abs. 2 müssten die Informationen über Lebensmittel zutreffend, klar und für den Verbraucher leicht verständlich sein. Die Angabe der Allergeninformation in Form von „enthält Gluten/Lactose“ unterhalb der Sachbezeichnung sei nicht klar und daher für den Verbraucher nicht leicht verständlich. Denn gemäß Art. 9 Absatz 1 Buchstabe c müssten alle im Anhang II aufgeführten Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösten in Verbindung mit den Bestimmungen des Artikels 21 im Zutatenverzeichnis so hervorgehoben sein, dass sie sich vom Rest des Zutatenverzeichnisses eindeutig abheben.

Aus der beiliegenden Kopie der Kennzeichnung geht hervor, dass die Sachbezeichnung “Mohn-Schupfnudeln“ angegeben ist, darunter befindet sich die Kennzeichnung „enthält Gluten/Lactose“ sowie weiter unten ist die Zutatenliste angegeben: „Schupfnudeln (85%) (Erdäpfel (67%), WEIZENMEHL, WEIZENGRIESS, HÜHNEREI, jodiertes Speisesalz) Zucker, Mohnsamen (4 %), Rapsöl, Palmfett, Emulgatoren: Mono-und Diglyceride von Speisefettsäuren,BUTTEREINFETT, BUTTER“.

Darunter findet sich ein Zubereitungshinweis und weitere Nährwertkennzeichnungsangaben sowie Kennzeichnungselemente.

In der Rechtfertigung vom 12.8.2016 legte der Beschwerdeführer dar, wie in der Folge in der eingebrachten Beschwerde.

3.) in der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 21.8.2017 eine mündliche Verhandlung statt, zu welcher der Beschwerdeführer sowie sein Vertreter erschienen und Folgendes zu Protokoll gaben:

Der Beschwerdeführer gibt als Partei einvernommen Folgendes zu Protokoll:

Ich habe damals bei der W. GmbH gearbeitet. Diese ist mit der D. GmbH verschmolzen und ich bin dort Betriebsleiter.

Damals hat meine Firma diese Speisen hergestellt und für die Kunden zur Abholung bereitgehalten. Es handelt sich dabei eigentlich nur um Kindergärten.

Die Vertreterin des Beschwerdeführers gibt Folgendes zu Protokoll:

Vorgelegt werden Screenshots. Daraus ist ersichtlich, dass der Kunde dann, wenn er online eine Bestellung durchführt sofort auch sehen kann, ob eine Speise Gluteinfrei bzw. Lactosefrei ist (Beilage ./A).

Wichtig ist zu erwähnen, dass die am häufigsten Unverträglichkeiten jene beiden sind. Hat ein Kind eine andere Unverträglichkeit, was selten ist, so wird dem Kind meistens Essen ohnedies von den Eltern mitgegeben.

Wir haben immer speziell zwei Menüs, in welchen weder Gluteine noch Lactose enthalten ist. Wenn daher die Kindergärten online schauen, sehen sie sofort die jeweiligen Inhaltsstoffe. Um sicherzugehen, haben wir daher die entsprechende Kennzeichnung auch noch eindeutig am Etikett vermerkt, damit keine Verwechslungen passieren.

Zum rechtlichen Kontext:

Wir haben uns an die Vorgaben Art 21 iVm Anhang ll der EU Verordnung gehalten, da im Zutatenverzeichnis im Schriftbild durch Großbuchstaben jene nach Anhang ll Z 1 genannten Stoffe klar hervorgehoben sind und ebenso Anhang ll Z 7 enthaltene Stoffe explizit angeführt sind. Damit ist den gesetzlichen Bestimmungen genüge getan. Die Bezeichnung „enthält Gluten/Lactose“ unterhalb der Sachbezeichnung ist nur eine zusätzliche, rein zur Sicherstellung für die Kunden, gedachter Hinweis. Diese Rechtsanschauung hatte der Beschwerdeführer bereits mit E-Mail vom 20.11.2015 vertreten und dargelegt (Beilage ./B).

Auf Befragen seiner Vertreterin gibt der Beschwerdeführer an:

Wir haben uns damals vom Mutterkonzern in Deutschland bei der Erstellung der Etikette beraten lassen: H. GmbH. Diese haben eine eigene Rechts- und QS-Abteilung. Daher waren wir auch überzeugt davon, dass alles seine Richtigkeit hat.

Darüber hinaus übergeben wir an den Kunden per E-Mail immer aktualisiert den Letztstand sämtlicher bestellter Portionen, wo nochmals unter anderem auch alle Allergenhinweise enthalten sind.“

4.) Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Art. 7 der VO (EU)1169/2011 lautet auszugsweise:

Lauterkeit der Informationspraxis

(2) Informationen über Lebensmittel müssen zutreffend, klar und für die Verbraucher leicht verständlich sein.

Art. 9 leg. cit. lautet auszugsweise:

ABSCHNITT 1, Inhalt und Darstellungsform

Artikel 9

Verzeichnis der verpflichtenden Angaben

(1) Nach Maßgabe der Artikel 10 bis 35 und vorbehaltlich

der in diesem Kapitel vorgesehenen Ausnahmen sind folgende

Angaben verpflichtend:

b) das Verzeichnis der Zutaten;

c) alle in Anhang II aufgeführten Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe sowie Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Derivate eines in Anhang II aufgeführten Stoffes oder Erzeugnisses sind, die bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet werden und — gegebenenfalls

in veränderter Form — im Enderzeugnis vorhanden sind und die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen;

Artikel 18 leg. cit. lautet auszugsweise:

Zutatenverzeichnis

1) Dem Zutatenverzeichnis ist eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort „Zutaten“ erscheint. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels.

Artikel 21 leg. cit. lautet auszugsweise:

Kennzeichnung bestimmter Stoffe oder Erzeugnisse, die

Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen

(1) Unbeschadet der gemäß Artikel 44 Absatz 2 erlassenen Vorschriften müssen die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c genannten Angaben den folgenden Anforderungen entsprechen:

a) sie sind in dem Zutatenverzeichnis nach den Vorschriften, die in Artikel 18 Absatz 1 niedergelegt sind, aufzuführen, und zwar unter genauer Bezugnahme auf die in Anhang II aufgeführte Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses; und

b) die in Anhang II aufgeführte Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses wird durch einen Schriftsatz hervorgehoben, durch den sie sich von dem Rest des Zutatenverzeichnisses eindeutig abhebt, z. B. durch die Schriftart, den Schriftstil

oder die Hintergrundfarbe.

Ist kein Zutatenverzeichnis vorgesehen, so umfasst die Angabe gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c das Wort „Enthält“, gefolgt von der in Anhang II aufgeführten Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses.

Wurden mehrere Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe eines Lebensmittels aus einem einzigen in Anhang II aufgeführten Stoff oder Erzeugnis gewonnen, so muss die Kennzeichnung dies für jede dieser Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe deutlich machen.

Die Angaben gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c sind nicht erforderlich, wenn sich die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf den betreffenden Stoff oder das betreffende Erzeugnis bezieht.

ANHANG II leg. cit. lautet auszugsweise:

STOFFE ODER ERZEUGNISSE, DIE ALLERGIEN ODER UNVERTRÄGLICHKEITEN AUSLÖSEN

1. Glutenhaltiges Getreide, namentlich Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder Hybridstämme davon, sowie

daraus hergestellte Erzeugnisse, ausgenommen

a) Glukosesirupe auf Weizenbasis einschließlich Dextrose ();

b) Maltodextrine auf Weizenbasis ();

c) Glukosesirupe auf Gerstenbasis;

d) Getreide zur Herstellung von alkoholischen Destillaten einschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs;

….

7. Milch und daraus gewonnene Erzeugnisse (einschließlich Laktose), außer

a) Molke zur Herstellung von alkoholischen Destillaten einschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs;

b) Lactit;

Nach dem Ermittlungsverfahren steht fest, dass der Beschwerdeführer die konkret angelastete Übertretung nicht begangen hat:

Aus der vorgelegten Kennzeichnung geht hervor, dass die Angabe „enthält Gluten/Lactose“ lediglich eine zusätzliche Kennzeichnung ist. Die von der VO (EU) 1169/2011 geforderte Kennzeichnung ist ebenso vorhanden. Denn im Zutatenverzeichnis selbst ist – wie Art. 21 der Verordnung vorsieht - „Weizenmehl“, (Anhang II Z.1) und „Butter…“ (Anhang II Z. 7) angeführt und ist auch durch das Schriftbild klar ersichtlich hervorgehoben vom Rest des Zutatenverzeichnisses. Da dem Beschwerdeführer daher die Verletzung genau dieser angelasteten konkreten Bestimmungen der LMIV im vorliegenden Fall nicht vorzuwerfen ist, war spruchgemäß vorzugehen. Der Beanstandung selbst lag lediglich die Wortfolge „enthält Gluten/Lactose“ zu Grunde, eine Beurteilung des Zutatenverzeichnisses und den dort gemäß Anhang II in Verbindung mit Art. 21 der VO angeführten Angaben fand nicht statt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mohn; Schupfnudeln; Gutachten; AGES; Gluten; Laktose; zusätzliche Kennzeichnung; Zutatenverzeichnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.022.056.6335.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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