TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/16 VGW-022/056/4762/2017

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Veröffentlicht am 16.01.2018
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Entscheidungsdatum

16.01.2018

Index

82/05 Lebensmittelrecht
19/05 Menschenrechte
E1P

Norm

LMSVG §5 Abs5 Z2
LMSVG §21
LMSVG §36
LMSVG §90 Abs1 Z1
MRK Art 6
12007P/TXT Grundrechte Charta Art 47

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der Frau S. E. BA MBA, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 7.2.2017, Zahl: MBA ... - S 8948/16, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 44 Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.) Das gegenständliche Straferkenntnis wendet sich gegen die Beschwerdeführerin als verantwortliche Beauftragte und beinhaltet folgenden Spruch:

„Sie haben als verantwortliche Beauftragte und somit als gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H. Kommanditgesellschaft mit Sitz in … zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG in der Filiale in Wien, D.-straße am 26.11.2015, Lebensmittel, nämlich "Edle Matjesfilets nordische Art" durch Aufbewahrung im SB-Kühlsichtpult (im Verkaufsraum) bei einer Temperatur von 4 Grad Celsius zum Verkauf bereitgehalten und in Verkehr gebracht hat, obwohl dieses stark abwegige Geruchs- und Geschmackseigenschaften (faulig) aufwies und die Lebensmittelprobe somit gemäß § 5 Abs. 5 Z 2 LMSVG für den menschlichen Verzehr ungeeignet war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 90 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 21 und § 5 Abs. 5 Z 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl. I Nr. 13/2006 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 220,00, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Stunden

gemäß §90 Abs. 1 LMSVG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 22,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 242,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gemäß § 64 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes haben Sie außerdem die in diesem Strafverfahren entstandenen Barauslagen zu ersetzen:

€ 79,00 für die Begutachtung durch die AGES - Institut für Lebensmittelsicherheit Wien

Die H. Kommanditgesellschaft haftet für die mit diesem Bescheid über die verantwortliche Beauftragte, Frau S. E. BA MBA verhängte Geldstrafe von € 220,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 22,00 samt Barauslagen in der Höhe von € 79,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird eingewendet, dass die Probennahme rechtswidrig gewesen sei, da 4 Packungen als Probe entnommen worden seien, jedoch keine Gegenprobe hinterlassen worden sei.

Ferner sei nach dem im Akt einliegenden Gutachten und Prüfbericht der AGES der Prüfungszeitraum und Untersuchungszeitraum fast ein Monat gewesen. Gerade bei verderblichen Produkten, wie einen Fischprodukt, sei es daher nicht ungewöhnlich, wenn erst eine lange Zeit nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums eine vorgenommene sensorische Untersuchung einen „stark fauligen“ Geruch aufgewiesen habe. Der exakte Zeitraum der sensorischen Untersuchung sei nicht festgestellt worden und daher das Verfahren einzustellen.

Ferner sei auf das sensorische Untersuchungsergebnis der AGES nicht näher eingegangen worden. Feststellungen dahin, wann, von wem, in welcher Form die sensorische Untersuchung tatsächlich stattgefunden haben solle, würden fehlen. Es sei ebenso wenig klar, dass die angeführten Verkoster entsprechende Qualifikationen zur Verkostung dieses Produkts gehabt hätten.

Es läge ferner kein Verschulden vor. Die Beschwerdeführerin habe dargelegt, dass sie ein Sicherheitssystem und Kontrollsystem eingerichtet habe. Deswegen treffe sie kein Verschulden. Insbesondere habe der konkrete Untersuchungszeitraum mehr als einem Monat und 8 Tage gedauert. Das Mindesthaltbarkeitsdatum des vorliegenden Produktes sei der 9.12.2015 gewesen. Der Untersuchungszeitraum habe vom 27.11.2015 bis zum 4.1.2016 gedauert. Aus diesen Umständen ergeben sich deutliche Anhaltspunkte dafür, dass das verfahrensgegenständliche Produkt erst im Rahmen der durch die AGES durchgeführten Untersuchungen zu einem nicht sicheren Lebensmittel und für den menschlichen Verzehr ungeeignet geworden sei.

Ferner lägen zahlreiche Gutachten von unabhängigen Lebensmitteluntersuchungsanstalten vor, welche bestätigen würden, dass das gegenständliche Produkt „Edle Matjesfilets nordischer Art“ verkehrsfähig sei.

Unter anderem werde das Gutachten der E. GmbH vom 13.1.2016 vorgelegt, welches ebenso zu diesem Ergebnis käme.

Schon bei erstmaligen Inverkehrbringen würden die potentiellen Geschäftspartner insbesondere hinsichtlich des Bestehens von entsprechenden Qualitätsmanagementsystemen überprüft. Im konkreten Fall sei überprüft worden, dass die Lieferantin des verfahrensgegenständlichen Produktes, die G. GmbH, im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems ein Verfahren eingerichtet habe, um eine einwandfreie substantielle Beschaffenheit der Produkte sowie die Einhaltung sämtlicher kennzeichnungsrechtlicher Bestimmungen sicherzustellen. Dieses Qualitätsmanagementsystem gewährleiste insbesondere eine durchgängige Kühlkette bis zur Anlieferung der Produkte in das Kühllogistiklager der H. KG in St.. Dort würden Transporte der Lieferanten nur dann übernommen werden, wenn der Transport-Lkw die gesetzlichen Kühltemperaturen einhalten würde. Auch die Auslieferung vom Kühllogistiklager der H. KG an die jeweiligen Filialen erfolge jeweils unter strengster Überwachung des durchgängigen Einhaltens der Kühlkette. Es könne daher ausgeschlossen werden, dass während des gesamten Zeitraums der Lieferkette bis zum Bereitstellen des Produktes die Lagerung über die vorgesehenen 7°C gewesen sein könnte.

Ferner würden die Lieferanten, so die G. GmbH, verpflichtet werden, Gutachten von unabhängigen Sachverständigen bzw. Sachverständigen- Institutionen beizubringen, welche nachweisen würden, dass die von der Lieferantin gelieferten und von der Einschreiterin in Verkehr gebrachten Produkte alle österreichischen und europäischen gesetzlichen Bestimmungen entsprechen würden.

Diese Vorgehensweise sei auch im gegenständlichen Fall penibel eingehalten worden und von der E. GmbH zum verfahrensgegenständlichen Produkt Prüfbericht und Gutachten verfasst.

Ferner würden die in Verkehr gebrachten Produkte ebenfalls und unabhängig von der Lieferantin auch durch sogenannte „Eigeneinsendungen“ an unabhängige Prüflabors überprüft. Dort werde geprüft, ob die gegenständlichen Produkte hinsichtlich ihrer substantiellen Beschaffenheit und Kennzeichnung in Österreich verkehrsfähig seien und allen österreichischen und europäischen Vorschriften entsprechen würden.

In sämtlichen Gutachten der E. GmbH werde ausgeführt, dass die sensorischen Untersuchungen einen Art eigenen Geruch sowie einen arteigenen, salzigen Geschmack ergeben würden und die Ware in Hinsicht auf die substantielle Beschaffenheit verkehrsfähig sei. Es werde besonders darauf verwiesen, dass betreffend der substantiellen Beschaffenheit des in Verkehr gebrachten Produktes sich die Einschreiterin auf Überprüfungen durch unabhängige Lebensmitteluntersuchungsanstalten verlassen können und dürfen müsse.

Sie habe daher höchstmögliche Sorgfalt zur Vermeidung eine Verwaltungsübertretung wie der gegenständlichen eingehalten. Eine höhere Sorgfalt sei nicht denkbar. Die gegenständlichen Gutachten seien jedenfalls schlüssig und glaubwürdig. Es läge daher kein Verschulden vor.

Ferner sei auch § 45 VStG nicht berücksichtigt worden. Jedenfalls lege allenfalls ein geringfügig zu qualifizierendes Verschulden vor sowie unbedeutende Folgen der vorgeworfenen Übertretung.

Der Beschwerde ist ein Prüfauftrag beigelegt. Daraus geht hervor, dass es sich um die gegenständliche Sorte an Ware handelt. Auftraggeber ist die H. KG und es betrifft die gegenständlich angeführte Firma G. GmbH. Der Auftrag erging am 16.12.2015. Die gegenständliche Probe wurde im Zeitraum vom 21.12.2015 bis 11.1.2016 untersucht und für verkehrsfähig in Österreich erachtet. Beigelegt sind bezughabende sensorische Untersuchungen, physikalisch-chemische Untersuchungen sowie mikrobiologische Untersuchungen.

2.) aus dem vorliegenden Akteninhalt geht im wesentlichen folgender Sachverhalt hervor:

Die gegenständliche Anzeige betreffend des inkriminierten Sachverhaltes wurde am 9.2.2016 gelegt.

Aus dem im Akt einliegenden Probenbegleitschreiben geht hervor, dass die Probe am 26.11.2015 um 16:20 Uhr bei H. KG, D.-straße, Wien entnommen wurde. Es handelte sich um das Produkt „Edle Matjesfilets nordische Art“. Es seien 4 Packungen entnommen worden. Eine Gegenprobe für die Einzelhandelsstufe oder für den Hersteller sei nicht ausgefolgt worden, da keine augenscheinlich gleiche Wareneinheit vorgelegen sei. Mindesthaltbarkeitsdatum der entnommenen Produkte sei der 9.12.2015 gewesen. Die Ware sei gekühlt bei 4°C gelagert gewesen und habe sich im Selbstbedienung-Kühlsichtpult befunden. Die Untersuchung habe aufgrund einer Parteienbeschwerde stattgefunden.

Aus dem im Akt einliegenden Prüfbericht und Befund der AGES betreffend des gegenständlichen Produkts vom 8.1.2016 geht hervor, dass das Produkt für den menschlichen Verzehr ungeeignet sei, da es eine stark abwegige Geruchs-und Geschmackseigenschaft (faulig) aufweise. Sie besitze eine der Verbrauchererwartung derart widersprechende Beschaffenheit, dass ihre bestimmungsgemäße Verwendbarkeit (Genusstauglichkeit) nicht gewährleistet sei.

In der Folge wurde gegen die Beschwerdeführerin als namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. In der Rechtfertigung, eingelangt am 31.10.2016, wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Feststellungen der Geruchs-und Geschmacksempfindungen der Prüfer.

Ferner wendet sie ein, dass keine Gegenprobe hinterlassen worden sei.

Sie legte ebenso dar, dass kein Verschulden vorläge. Beigelegt sind 3 Prüfberichte und Gutachten der E. GmbH. Es handelt sich um einen Prüfbericht vom 9.9.2015, betreffend “Edle Matjesfilets nordische Art mit Gartenkräuter“. Ferner wurde ein Prüfbericht vom 10.9.2015 betreffend “Edle Matjesfilets nordische Art“ vorgelegt. Ebenso wurde ein Prüfbericht vom 9.11.2015 betreffend “Edle Matjesfilets nordische Art“ vorgelegt.

3.) in der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 10.5.2017 eine öffentliche Verhandlung statt, zu welcher der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, die amtliche Sachverständige Mag. K. sowie die Zeugen B. und Sa. erschienen und Folgendes zu Protokoll gaben:

Der Vertreter der Beschwerdeführerin gibt Folgendes zu Protokoll:

E. ist ein akkreditiertes Prüflabor. Jeder Fisch wird mindestens einmal im Monat kontrolliert.

Betreffend Kennzeichnung gibt es andere Gutachten.

Zu den durchgeführten Kontrollen:

Die Waren, so auch die gegenständliche, werden mit einem Kühl-LKW aus der Zweigniederlassung angebracht. Der LKW dockt an und dadurch gibt es eine durchgehende Kühlung der Ware. Diese werden unmittelbar in Kühlzellen transferiert (20 m Wegstrecke zwischen LKW und Zelle). Von dort aus werden sie in die Verkaufskühlregale, ebenso durchgehend gekühlt, gebracht. Es gibt eine vollautomatische Kontrolle der (durchgehenden) Kühltemperatur alle 10 min. Dieser „Mangelberger Schrank“ ist durchgehend mit allen „Stationen“ wo sich das Produkt aufhält in der Filiale vernetzt und schlägt (auch nachts) Alarm. Gegenständlich gab es keine Fehlermeldungen.

Sonstige Kontrollen, wie etwa Luftzieher:

Es gibt permanente Kontrollen: Während des Ein/Nachschlichtens sowie Sortierens der Produkte, also ca. alle 20 bis 30 min: Hier wird stichprobenartig kontrolliert sowie Sichtkontrollen gemacht.

Gegenständlich fand die Anlieferung von St. aus statt.

Der BfV legt vor: Önorm 10964: Auf Seite 11 betreffend Begriff „faulig“:

Hieraus geht hervor, dass dies „Geruch und Geschmack“ infolge mikrobiellen Verderbs ist. Seite 25 ebenso (Beilage ./D).

BfV:

Es gibt daher standardisierte Begriffe, der gegenständlich gewählte ist daher fehlerhaft.

Die Sachverständige gibt folgende Stellungnahme ab:

Zum Begriff faulig: Frau B. ist im Bereich tierischer Lebensmittel tätig. Hier handelte es sich um einen klassischen Sinneseindruck, unabhängig von der Umschreibung in der Önorm 10964. So ein klassischer Sinneseindruck wäre z.B. auch „faulige Eier“. Wenn dieser wahrgenommen wurde, dann ist dies jedenfalls richtig. Gegenständlich war es insbesondere stark faulig auf einer Skala von 1-6 im Bereich 5 wahrgenommen. Ich lege dazu vor die original Verkostungsnotizen, welche in Kopie zum Akt genommen werden (Beilage ./C).

Zur Schulung:

Zunächst sind die Verkoster bei AGES immer ein halbes Jahr lang mit dabei und werden eingeschult und verkosten/riechen mit. Erst dann, wenn der Vorgesetzte meint, dass es ok ist, werden sie offizielle Verkoster und es gibt auch laufende Prüfungen. Es gibt eine Einführung in die allgemeine Sensorik (am Anfang der Tätigkeit) sowie in weiterer Folge vertieft in den Bereichen, in welchen die Verkoster tätig sind.

Bei den Tests handelt es sich um allgemeine Tests. Für die speziellen Warengruppen gibt es dann spezielle Tests, welche jedoch nicht Prüfungen sind, sondern Schulungen.

Durch unsere Untersuchungen wurde nicht das gesamte Keimspektrum abgedeckt. Auffällig ist nur, dass bei den biogenen Aminen (Aktenblatt 9) normalerweise nicht nur das Tyramin hätte feststellbar sein müssen, sondern auch die anderen. Dieser Umstand bestätigt den Verdacht, dass im Produkt ein Keim enthalten war, welcher dazu geführt hat, dass es zu einer Fehlreifung gekommen ist und daher wohl auch der abwegige Sinneseindruck entstanden ist. Biogene Amine entstehen grundsätzlich beim Abbauprozess von Eiweiß.

Wann und wo dieser Keim in das Produkt gelangt ist, kann man nicht genau sagen, ich vermute eher, dass der Keim bereits beim Herstellprozess entstanden ist.

Der Keim kann grundsätzlich nur hineingekommen, solange das Produkt offen ist. Wäre bei uns aufgefallen, dass die Verpackung schadhaft ist, wäre dies vermerkt worden. Dies war gegenständlich nicht der Fall.

Bei Routineproben haben wir für das gegenständliche Produkt eine Mindestanforderung von mindestens drei Packungen, um Untersuchungen durchführen zu können.

SV befragt vom BfV:

Aus Beilage ./A geht hervor, dass die Probe um 16:40 Uhr hinterlegt wurde. Aus Beilage ./C geht hervor, dass am 27.11.2015 bei 0,8°C aus dem Kühlschrank entnommen wurde, gekühlt zu Frau B. kam, dort mit einem desinfizierten Einstichthermometer bei einer Packung 2°C gemessen wurde. Entsprechend unserer internen Vorgaben wird diese Packung für weitere Untersuchungen nicht mehr verwendet.

Die Ausbildung basiert auf den Qualitätsmanagementkriterien der AGES. Diese basiert auf bestehenden Normen, welche jedoch für unsere Bedürfnisse adaptiert werden. AGES ist ein akkreditiertes Institut. Die Details werden mit dem Akkreditierungsinstitut abgeklärt.

BFV:

Ich verweise auf die in der Begründung des Straferkenntnisses angeführte Parteienbeschwerde, welche der Bf nie zur Kenntnis kam. Daher ist das STE rechtswidrig.“

Der Zeuge Se. gab Folgendes zu Protokoll:

„Ich kann mich an die Kontrolle noch erinnern. Hintergrund war eine Parteienbeschwerde. Es war uns eine Parteienprobe des Produkts, jedoch andere Charge bzw. MHD, gebracht worden. Daher haben wir bei unserer amtlichen Kontrolle speziell nach dem identen Produkt gesucht. Dieses war nicht mehr vorhanden.

Ich habe daher die noch vorhandenen vier Packungen mitgenommen. Es waren keine weiteren Packungen mehr vorhanden. Daher konnte ich keine Gegenprobe hinterlassen. Bei der vorliegenden Menge (256 g) handelt es sich um eine an sich geringe Menge. Wir sind bemüht der amtlichen Untersuchungsanstalt einen möglichst großen Querschnitt an Probenmaterial zu liefern. Die vorliegende Menge war am unteren Rand. Mehr wäre (immer) besser gewesen.

Konkret ist es so, dass wir natürlich nur Produkte als eine Probe ziehen, welche die gleiche MHD und die gleiche Charge-Nummer haben.

Befragt vom BfV:

Gegenständlich handelt es sich um eine Verdachtsprobe. Hier sind wir angehalten, möglichst viel Material für das Labor als Probe mitzunehmen.

Für Handelsproben gibt es eine Tabelle mit vorgesehenen Mindestmengen an Probenmaterial für das Labor.

Ich habe die Proben in eine Kühlbox mit 3 Kühlelementen gegeben und unmittelbar nach der Kontrolle (ca. 1 Std. später) bei AGES eingebracht.“

Die Zeugin B. gab Folgendes zu Protokoll:

„Ich bin seit 1981 Mitarbeiterin der AGES. Anfang habe ich intern etwas anderes gemacht, bin aber schon lange in folgenden Bereichen tätig: Ich beschreibe die Proben, untersuche sie organoleptisch und ordne Untersuchungen an. Eine spezielle Ausbildung hatte ich dafür nicht absolviert. Meine besonderen Kenntnisse habe ich durch die Praxis erworben. Ca. seit 20 Jahren mache ich diese konkreten Tätigkeiten.

Der Untersuchungszeitraum beginnt mit der organoleptischen Untersuchung. Dies war der 27.11.2015. Der Zeitraum endet, wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind.

Zur sensorischen Kontrolle:

Wir waren gegenständlich drei Verkoster. Ich war die Erste.

Normalerweise gibt es zwei Verkoster. Nur wenn die Ware auffällig ist für einen der Verkoster, dann muss ein dritter Verkoster beigezogen werden. Dies war gegenständlich der Fall. Gegenständlich waren alle drei Verkoster der gleichen Meinung. Als erstes wird das Produkt berochen. Dazu gibt es nichts Spezielles zur Methodik zu sagen.

Als zweiter Schritt ist das Produkt zu kosten. Auch dazu gibt es keine speziellen Vorgaben.

„Stark faulig“: Es gibt Abstufungen davon. Die Wahrnehmung selbst kann ich jedoch nicht näher umschreiben. Der Geruch war faulig. Dass das Produkt an sich salzig ist, ist normal. Es war bei dem Produkt nur auffallend, daher habe ich es dazugeschrieben. Deswegen wäre das Produkt aber nicht zu beanstanden gewesen.

Ich habe den Audit Trail mitgebracht. Dies ist eine Zusammenstellung der internen Abläufe innerhalb der AGES. Bei genauerer Kontrolle merke ich nun, dass die Sensorik am 30.11.2015 gemacht wurde (Wird als Beilage ./A zum Akt genommen).

Faulig kann ansatzweise kein Produkt sein. Für mich ist faulig immer etwas Negatives und kann nicht arteigen sein.

Befragt vom BfV:

Ich habe diesen Dienstposten und die Vorgesetzten bestimmten, was im Rahmen dieses Aufgabengebietes fällt.

Wir haben jährlich Schulungen. Es gibt viermal jährlich auch Prüfungen für Verkoster. Nur wenn diese positiv absolviert werden ist man weiter als Verkoster tätig.

Wenn mir die Önorm 10950 (Beilage ./B) Punkt 7 vorgehalten wird, so gebe ich an, dass ich Prüfleiterin bin.

Die SV gibt dazu erläuternd an:

Die lit d ist für uns nicht relevant dies wäre nur nötig bei z.B. Wein. Unser Prüfpersonal ist eine Mischung aus lit b und lit c.

Vom BfV weiter befragt:

Die anderen beiden Verkoster sind genauso geschult wie ich. Wer die anderen beiden sind, haben wir intern vermerkt.

Die Uhrzeit „13:33 Uhr“ resultiert vom Zeitpunkt, wann ich die Prüfung freigegeben habe. Es kann sein, dass zum Zeitpunkt der sensorischen Untersuchung auch schon am Vormittag war. Wenn mir der Zeitpunkt „Registrierung“ vorgehalten wird (9:57 Uhr), so ist das eher der Zeitpunkt und bin ich relativ sicher, dass dies damals stattgefunden hat. Die Probe kam verpackt zu uns und wurde von mir geöffnet.

Die Untersuchung selbst wird in einem Sensorik-Labor durchgeführt. Dieser Ort sollte jedenfalls geruchsneutral sein. Ich kann sagen, dass er auch geruchsneutral war.

Zur bakteriellen Verseuchung kann ich nichts sagen.

Die SV führt aus, zu Frage der bakteriellen Verseuchung:

Die Gesamtkeimanzahl betrug 7 Millionen Einheiten. Davon entfallen 6 Millionen auf Milchsäurebakterien. Beim gegenständlichen Produkt handelt es sich um einen rohen, fermentierten Fisch. Milchsäurebakterien sind hier jedenfalls immer vertreten, da sie den Fisch stabilisieren und konservieren. Die Bakteriologie ist daher gegenständlich nicht abwegig und nicht auffällig.

Weiter befragt vom BfV:

„Stark faulig“: Es gibt schon digitalisierte, am Computer abrufbaren Programme, welche Indizien geben, wenn man ein bestimmtes Produkt untersucht. Dort könnte man auch nachschauen.

Ich glaube, ich habe bei diesem von mir wahrgenommenen Eindruck nicht nachgeschaut.

Die viermal jährliche Prüfung sieht unter anderem so aus, dass wir auch Praxistests durchführen betreffend Grundgeschmacksarten, dies auch verfeinert mit Triangeltests. Wir haben auch spezielle Abteilungsschulungen, wo wir verschiedenen Produkte mit spezifischen Fehlern kosten/riechen.

Die von mir gewählte Beschreibung war mein Eindruck. Ich kann nicht sagen, ob es für diese Bezeichnung eine alternative Bezeichnung gegeben hätte, vielleicht allgemein unrein. Wobei dieses Wort zu minder gewesen wäre.

Es ist mir nicht bekannt, dass in den Schulungen uns gesagt wurde, dass der Begriff „faulig“ nur dann zu verwenden ist, wenn die Bakteriologie nicht stimmt.“

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, d.h. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in Verkehr zu bringen.

Gemäß § 5 Abs. 5 Z 2 LMSVG sind Lebensmittel für den menschlichen Verzehr ungeeignet, wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 LMSVG ist die entnommene Probe, soweit dies ihrer Natur nach möglich ist und dadurch nicht ihre einwandfreie Beurteilung bei der Untersuchung und Begutachtung vereitelt wird oder im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, in drei annähernd gleiche Teile zu teilen; hernach ist jeder Teil zweckentsprechend zu verpacken und zu versiegeln. Ein Teil der Probe wird als amtliche Probe der Untersuchung und Begutachtung zugeführt. Die restlichen Teile sind im Unternehmen als Gegenproben zurückzulassen. Der Unternehmer ist berechtigt, im Beisein des Aufsichtsorgans auf jeder Verpackung der Teile Angaben über das Unternehmen (Firmenstempel u. dgl.) anzubringen. Er ist über Lagerfrist und -bedingungen im Sinne des Abs. 8 zu informieren.

Gemäß § 36 Abs. 3 ist die Probe ohne vorherige Teilung als amtliche Probe der Untersuchung zuzuführen, wenn eine Teilung der entnommenen Probe ihrer Natur nach nicht möglich ist. Sind noch augenscheinlich gleiche Einheiten der Ware vorhanden, so ist eine ausreichende Zahl der Einheiten zu entnehmen und dem Unternehmer amtlich verschlossen als Gegenproben zurückzulassen.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin war zur Tatzeit für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften, unter anderem der Bestimmungen des LMSVG räumlich in der von ihr geleiteten Filiale durch die H. KG bestellt und war somit nach § 9 Abs. 2 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt und Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Zeugeneinvernahme und insbesondere Erläuterungen des schriftlichen Gutachtens sowie der ergänzenden sachverständigen Stellungnahme, wird der im angefochtene Straferkenntnis festgestellte strafbare Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

Der in der Beschwerde zunächst eingewendet, dass das Gutachten zur Feststellung des objektiven Tatbestandes nicht nachvollziehbar sei.

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, dass die durchgeführte Untersuchung von ausgebildeten und qualifizierten Verkostern durchgeführt wurde. Es gab keine Hinweise darauf, dass das Gutachten nicht von qualifiziertem und fachlich hohem Niveau sei. Vielmehr legte die Zeugin B. schlüssig und nachvollziehbar dar, wie der Vorgang der Geruchs- und Geschmacksverkostung allgemein und auch beim gegenständlichen Produkt von statten ging. Am dabei festgestellten Ergebnis und an der Sachverständigen Begutachtung sind daher keine Bedenken hervorgekommen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Verkosteter - wie schlüssig und glaubhaft sowohl von der Zeugin B. als auch von der amtlichen Sachverständigen angegeben wurde - nicht nur eine entsprechende Ausbildung absolvieren, sondern auch laufende Schulungen und Prüfungen zu absolvieren haben. Das Niveau der im gegenständlichen Fall eingeschrittenen Gutachter ist daher fachlich hohes Niveau. Es schritten darüber hinaus 3 Gutachter ein, welche alle Gesamt den Sinneseindruck von sich gaben. Dies gab die Zeugin an und geht auch aus dem vorgelegten Bericht hervor. Die Zeugin ist langjährig als ausgebildete und praktizierende Verkosterin tätig und hat entsprechende regelmäßige Schulungen, Weiterbildungen und Prüfungen absolviert. Sie war gegenständlich Prüfleiterin, die Wahrnehmung aller drei Verkoster waren übereinstimmend, wie die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auch schriftlich vorgelegt hat. Dieser Eindruck wurde von der Zeugin auch glaubhaft in der mündlichen Verhandlung in zeugenschaftlicher Einvernahme unmittelbar bestätigt. Darüber hinaus sind auch keine Bedenken hervorgekommen, dass ab Abnahme der Probe und auch ab Einlangen des Produktes bei der AGES das gegenständliche Produkt lückenlos und korrekt bis zur Beprobung aufbewahrt und zu den einzelnen Abteilungen weitergereicht sowie dort unter Bedachtnahme auf Hygienestandards und Sicherheitsstandards ordnungsgemäß untersucht und begutachtet wurde (wie aus dem vorgelegten Audit Trail und beiden Zeugenaussagen nachvollziehbar und glaubhaft hervorgeht). Wie die Zeugen dargelegt hat, sind auch die Rahmenbedingungen-wie etwa ein spezielles Sensoriklabor-gegeben, es handelt sich gegenständlich darüber hinaus - wie die Sachverständige dargelegt hat - um ein akkreditiertes Institut.

Dass die Zeugin B. sowie die 2 weiteren Prüfer den Sinneseindruck“ faulig“ verwendet haben, ändert nichts an der Erfüllung des objektiven Tatbestandes. Es mag zwar sein, dass – wie der Rechtsvertreter vorgelegt hat - bei der entsprechenden deutschen „ÖNORM“, also konkret bei der deutschen DIN-Norm, der Begriff „faulig“ infolge mikrobiellen Verderbs auftritt. Im gegenständlichen Fall handelte es sich jedoch um einen relevanten Sinneseindruck, welche nicht auf der Grundlage eines bekannten bakteriologischen Befundes erstellt wurde, sondern lediglich aufgrund des Sinneseindruckes. Dies zeugt umso mehr davon, dass das Gutachten auf fachlich hohem Niveau erstellt wurde, da entsprechende Untersuchungen nicht durch andere Befundungen bereits beeinflusst wurden oder lediglich aufgrund von vorgegebenen Rastern vorgegangen worden wäre. Es mag die DIN-Norm einer entsprechenden ÖNORM gleichen, jedoch ist für die Feststellung des objektiven Tatbestandes, wie gegenständlich angelastet, nicht relevant ist, ob die Sinneswahrnehmung, welche unbestritten zum Ausdruck bringt, dass ein Verzehr des Produktes nicht zumutbar ist und jedenfalls zumindest unsauber, unrein ist (und dazu noch eine Steigerung dessen zum Ausdruck bringt), einer Definition wieder gegenständlichen folgt. Relevant ist, was von den sachverständigen Verkostern bei der Sinnes- und Geruchsprüfung damit zum Ausdruck gebracht werden sollte.

Weiters wendete die Beschwerdeführerin ein, dass ihr keine Gegenprobe ausgehändigt worden sei:

Wie aus dem im Akt einliegenden Probenbegleitschreiben hervorgeht, wurden 4 Packungen zu je 256 g als Originalpackung als Probe entnommen und keinerlei Gegenproben hinterlassen, da keine augenscheinlich gleiche Wareneinheit vorgelegen sei.

Zur Frage der Gegenprobe konnte der einvernommene Zeuge Sa., welcher die Probe vor Ort gezogen hatte, schlüssig und nachvollziehbar den konkreten Sachverhalt bei der Probenziehung anschaulich darlegen. Der Zeuge wirkte im persönlichen Eindruck objektiv, sachlich und korrekt. Es sind keinerlei Hinweise entstanden, aufgrund derer Zweifel daran hätten entstehen können oder aber dass der Meldungsleger die Beschwerdeführerin etwa wahrheitswidrig hätte belasten wollen. Aus den Angaben des Zeugen, sowie in Zusammenschau mit den Mengenangaben des amtlichen Sachverständigengutachtens selbst ist nachvollziehbar, dass das Gewicht der gezogenen Ware zu gering war, als dass eine Gegenprobe hätte ausgehändigt werden können. Wie der Zeuge glaubhaft angab, besteht gerade bei Verdachtsproben die Vorgabe, gewichtsmäßig eine entsprechende Menge zur Begutachtung abzuliefern. Da die Packungsmenge nicht hoch war, entstanden keine Bedenken betreffend der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Zeugen Sa. bei der Entnahme der Probe; dies auch vor dem Hintergrund, dass bereits bei Planproben zur Durchführung entsprechender Untersuchung eine gewisse minimale Gewichtsmenge von drei Packungen benötigt wird, um korrekt die Untersuchungen durchführen zu können (wie die Sachverständige der AGES in der mündlichen Verhandlung betreffend der Qualitätsmanagementkriterien der AGES ausführte), nachvollziehbar. Das Vorgehen des Zeugen war auch in Einklang mit den Vorgaben des § 36 Abs. 2 LMSVG. Da keine drei gleich großen Teile vorhanden waren, konnten keine Gegenproben zurückgelassen werden. Bedenken, dass diese gesetzlichen Vorgaben nicht mit Art. 6 MRK bzw. Art. 47 GRC übereinstimmen könnten, sind ebensowenig hervorgekommen (siehe auch EuGH Rs C-276/01, Sammlung 2003, I-3735, Steffensen). Dass entsprechende Verteidigungsrechte damit nicht gewahrt worden seien, konnte daher im konkreten Fall nicht festgestellt werden. Es sind keinerlei Hinweise im Verfahren hervorgekommen, weswegen dem vorliegenden Gutachten nicht volle Beweiskraft zukommen könnte.

Der objektive Tatbestand steht daher als erwiesen fest.

Zum Verschulden ist auszuführen:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesen besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

Es entspricht nun herrschender Rechtsprechung, dass der Verantwortliche, der persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen kann, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von seinerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen hat, dass die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (VwGH 19.2.1986, 85/09/0037). Nur wenn der Verantwortliche glaubhaft machen kann, dass die ihm angelastete Verwaltungsübertretung trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (VwGH 27.9.1988, 87/08/0026).

Wie im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.9.2014 zur Zahl Ra 2014/02/0045 dargelegt, ist für die Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die entsprechenden Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnung Befugte vorgesehen hat, um das Funktionieren dieses Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort tatsächlich befolgt werden.

Ein derartiges taugliches Kontrollsystem hat jedoch die Beschwerdeführerin nicht dokumentiert. Sie hat auch nicht offengelegt, weshalb ungeachtet des behaupteten Kontrollsystems Verstöße gegen die Bestimmungen des LMSVG unbemerkt geblieben sind:

Vorgelegt wurde insgesamt 4 Prüfberichte eines akkreditierten Untersuchungslabors. Von diesen 4 Prüfberichten sind 3 dem Produkt, wie vorliegend, zuordenbar. So wurde am 17.8.2015 das Produkt mit Mindesthaltbarkeitsdatum 31.8.2015 überprüft. Es wurde eine sensorische Prüfung durchgeführt physikalisch-chemische Untersuchung sowie auch eine mikrobiologische Untersuchung gemacht.

Ferner wurde das Produkt, wie gegenständlich vorliegend, am 20.10.2015 zur Untersuchung übergeben. Dieses Produkt hatte eine Mindesthaltbarkeitsfrist bis zum 29.10.2015. Auch in diesem Fall fand eine sensorische Untersuchung physikalisch-chemische Untersuchung sowie mikrobiologische Untersuchung statt. Nach dem gegenständlichen Vorfall wurde das Produkt, wie gegenständlich vorliegend, am 21.12.2015 zur Untersuchung übergeben und in diesem Fall fand eine sensorische Untersuchung, physikalisch-chemische Untersuchung sowie mikrobiologische Untersuchung statt. Im fraglichen Zeitraum wurde daher das gegenständliche Produkt einmal in einem Zweimonatsrhythmus zur stichprobenartigen Untersuchung übergeben.

Auch wenn die vorliegenden Untersuchungen auch eine sensorische Prüfung beinhaltet haben und bei den anderen Chargen (mit anderem Mindesthaltbarkeitsdatum) keine Beanstandung vorgelegen ist, so fehlte für die vorliegende Charge eine entsprechende Untersuchung. Wie die Sachverständige ausführte, ist eine Verkeimung – solange das Produkt geöffnet war – wohl als Ursache für den gegenständlich vorliegenden Mangel zu sehen. Gerade da bei einer – wie glaubhaft dargelegt wurde – in weiterer Folge engmaschigen und durchgehenden Kontrolle des verpackten Produktes betreffend Kühltemperatur sowie Verpackungskontrolle vor Ort in der gegenständlichen Filiale der H. KG, wäre es wichtig, entsprechende Mängel im Produktionsprozess ebenso engmaschig durch entsprechende Kontrollen hintanzuhalten, um von einem ausreichenden Kontrollsystem ausgehen zu können.

Zwar sind regelmäßig Kontrollen durchgeführt worden, jedoch fanden diese nicht derart engmaschig statt, um Mängel, wie gegenständlich vorliegend, hintanhalten zu können. Auch wenn das Produkt verpackt ist und bei den vor Ort stattgefundenen Sichtkontrollen und Temperaturkontrollen keine Auffälligkeiten waren, sind jene Mängel, die nicht bereits durch Sichtkontrollen oder durch Temperaturkontrollen wahrnehmbar sind (nämlich in der Filiale, wo das Lebensmittel zum Verkauf bereit gehalten wird) deswegen nicht bereits außerhalb des Umfangs von zuordenbaren Verschulden gelegen (z.B. siehe VwGH Erkenntnis vom 21.5.2012, Zl. 2009/10/0029). Es ist der Beschwerdeführerin ebenso zuzugestehen, dass nicht nur die dargelegten Kontrollen stichprobenartig durchgeführt werden, sondern auch eine entsprechende Qualifikationsauswahl betreffend der Produzenten bzw. Zulieferer im Vorfeld getroffen wurde, jedoch ist die Auswahl der Vertriebspartner und Überprüfungen im Zeitraum der Auswahl nicht ausreichend, um ein solches Kontrollsystem darzulegen, dass Verschulden im Rahmen des § 5 Abs. 1 VStG auszuschließen wäre.

Daher war auch der subjektive Tatbestand in Form von Fahrlässigkeit als erwiesen festzustellen.

Zur Strafbemessung:

Mit dem vorliegenden Straferkenntnis wurde eine Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG geahndet. Laut Aktenlage wurde die Beschwerdeführerin vor dieser Tat noch nicht wegen einer derartigen konkreten Übertretung des § 90 Abs 1 Z. 1 LMSVG bestraft. Indem daher kein Wiederholungsfall vorliegt, war unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 90 Abs 1 LMSVG in der für den Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage vor BGBl. I 130/2015 von einem bis zu 50.000 € reichenden gesetzlichen Strafrahmen für die vorliegende Übertretung auszugehen.

Gemäß § 10 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, so weit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die vorliegende Übertretung schädigte das öffentliche Interesse am Inverkehrbringen hygienisch einwandfreier Lebensmittel. Nach dem Akteninhalt sind keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass der objektive Unrechtsgehalt der vorliegenden Tat wesentlich hinter jenem an sich mit derartigen Übertretungen verbundenen Unrechtsgehalt zurückgeblieben oder wesentlich darüber hinausgegangen wäre. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat wurde deshalb als durchschnittlich gewertet. Die Folgen der Übertretung sind ebenso nicht unbedeutend, war doch das Lebensmittel nicht zum Verzehr geeignet.

Auch kann das Ausmaß des Verschuldens im vorliegenden Fall nicht als geringfügig bezeichnet werden, da nichts hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Aufgrund der dargelegten Umstände betreffend Kontrollen (siehe Ausführungen beim Verschulden) war von geringfügigem Verschulden auszugehen.

Milderungsgrund war die überlange Verfahrensdauer. Ebenso war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit ein Milderungsgrund. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind nicht zu Tage getreten.

Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG oder auch nur der Ausspruch einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Absatz VStG konnte nicht in Erwägung gezogen werden, weil sich die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes insgesamt nicht davon gesprochen werden kann, dass das tatbildliche Verhalten hinter dem in der Strafdrohung des § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG typisierten Unrechtsgehalt deutlich zurückgeblieben wäre (siehe dazu insbesondere VwGH vom 20.11.2015, Ra 2015/02/0167, wonach beide Kriterien – Bedeutung des geschützten Rechtsgutes sowie Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat – gering sein müssen).

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin sind als unterdurchschnittlich zu werten. Sorgepflichten für ein Kind waren zu berücksichtigen.

Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe, erweist sich die verhängte Strafe als durchaus tat- und schuldangemessen; dies auch trotz Würdigung beider Milderungsgründe, Verschuldensausmaß und persönlichen Verhältnissen. Denn die verhängte Strafe ist ohnedies im untersten Bereich des bis zu 50.000 Euro reichenden Strafrahmens bemessen worden. Aufgrund des Verbotes der reformatio in peius war daher die verhängte Strafe zu bestätigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die zwingenden Bestimmungen des § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Matjesfilet; Probe; Verkoster; faulig; Gutachten; Gegenprobe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.022.056.4762.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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