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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. Manfred Puchner, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Leusbündtweg 49A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 29. Oktober 1999, Zl. Ib-277-42/99, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 18 Monaten von der Zustellung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. August 1999 (welche am 26. August 1999 erfolgte) an unter Nichteinrechnung allfälliger Haftzeiten entzogen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Anlass für die gegenständliche Entziehungsmaßnahme war, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 8. Juni 1999 folgender Straftaten für schuldig erkannt worden war:
I. des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz, teilweise in der Form des Versuches nach § 15 StGB, weil er im Zeitraum November 1998 bis 1. April 1999 ein Suchtgift in einer großen Menge, nämlich insgesamt ca. 500 Gramm Marihuana im Zuge regelmäßiger Fahrten von der Schweiz über Liechtenstein nach Vorarlberg aus- und eingeführt habe, wobei es bei der letzten Fahrt beim Versuch geblieben sei; sowie
II. des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz, weil er ein Suchtgift erworben und besessen sowie anderen überlassen habe, und zwar im Zeitraum Anfang 1996 bis 1. April 1999 in Feldkirch und Dornbirn Haschisch und Marihuana (aus Inlandsbezug) konsumiert, sowie fallweise Kollegen zum Mitkonsum eingeladen habe.
Über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen zu je S 200,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 180 Tagen) verhängt, wobei ein Teil der Geldstrafe, und zwar 120 Tagessätze unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides von den im strafgerichtlichen Urteil festgestellten Straftaten des Beschwerdeführers aus und vertrat rechtlich die Auffassung, dass die der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG (Strafurteil Punkt I) zu Grunde liegende Straftat eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG darstelle. Im Rahmen der Wertung verwies die belangte Behörde darauf, dass es sich bei Suchtgiftdelikten wie dem vorliegenden um besonders verwerfliche Taten handle, wobei zum Nachteil des Beschwerdeführers zusätzlich noch ins Gewicht falle, dass er das Suchtgift in großen Mengen geschmuggelt und andere Personen - was gleichfalls besonders verwerflich sei - zum Mitkonsum eingeladen habe. Dazu komme, dass sich das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers über längere Zeit (rund ein halbes Jahr) hingezogen habe und dass der Beschwerdeführer durch wiederholte Tathandlungen im Zeitraum Anfang 1996 bis 1. April 1999 auch das Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG begangen habe. Unter Berücksichtigung des anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens sei auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Zeit des Wohlverhaltens zu kurz, um zu seinen Gunsten ins Gewicht zu fallen. Er sei daher für die ausgesprochene Entziehungsdauer nicht als verkehrszuverlässig anzusehen.
Insoweit der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung ins Treffen führt, dass die belangte Behörde ein für den Beschwerdeführer "günstiges Sachverständigengutachten" und die strafgerichtliche Unbescholtenheit sowie den Umstand, dass er nur "eine geringe Menge Suchtgift an wenige Freunde unentgeltlich abgegeben" habe, nicht berücksichtigt habe, ist ihm Folgendes zu erwidern:
Wenn der Beschwerdeführer Feststellungen auf Grund eines Sachverständigengutachtens zu seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vermisst, ist dem zu entgegnen, dass Gegenstand des vorliegenden Entziehungsbescheides nicht seine gesundheitliche Eignung, sondern seine Verkehrsunzuverlässigkeit darstellt. Die Frage der Verkehrszuverlässigkeit eines Lenkers ist keine Sachverständigenfrage, sondern eine Rechtsfrage, die die belangte Behörde selbst zu lösen hatte. Seine strafrechtliche Unbescholtenheit wurde berücksichtigt, desgleichen ist die belangte Behörde auch nicht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer entgeltlich an andere Suchtgift abgegeben hat, sondern (wörtlich) davon, dass er "Kollegen zum Mitkonsum eingeladen" hat.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann auch sein Wohlverhalten nach Beendigung der hier maßgeblichen Straftaten nicht zu seinen Gunsten entscheidend ins Gewicht fallen, zumal auch unter Berücksichtigung, dass ein Strafverfahren und das gegenständliche Entziehungsverfahren anhängig waren und so die seit der Begehung des strafbaren Verhaltens verstrichene Zeit noch zu kurz war, um beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführer seine Sinnesart geändert hat.
Dennoch kommt der Beschwerde im Ergebnis Berechtigung zu: Die unter Punkt I des Strafurteils genannten gerichtlich strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers sind - wie schon die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat - zwar verwerflich und als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 5 FSG anzusehen. Im Rahmen der gemäß § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmenden Wertung ist bei der Beurteilung der Umstände, unter denen die Taten begangen wurden, im vorliegenden Fall jedoch zu berücksichtigen, dass die Handlungen des Beschwerdeführers wohl eine "große Menge" des Suchtgifts im Sinne des § 28 Abs. 6 SMG betroffen haben; nach den Feststellungen des Strafurteiles schmuggelte der Beschwerdeführer insgesamt rund 500 Gramm Marihuana, welches im Durchschnitt "zumindest 6 %" reinen THC-Gehalt aufwies. Daraus folgt aber, dass die Grenzmenge von 20 Gramm THC nach der Suchtgift-Grenzmengenverordnung, BGBl. II, Nr. 377/1997, nicht in einer solchen Größe überschritten wurde, dass schon von einer derart negativen Charaktereinstellung des Beschwerdeführers ausgegangen werden müsste, die die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungszeit von 18 Monaten (und damit die Verpflichtung zum Neuerwerb der Lenkberechtigung) erforderlich machen würde, und man erst nach Ablauf dieses Zeitraumes seine Verkehrszuverlässigkeit wieder annehmen könne. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Taten keine so genannten schweren Drogen (wie etwa Heroin), sondern erheblich weniger gefährliche Drogen zum Gegenstand hatten. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hätte man unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles auch mit einer kürzeren Zeit das Auslangen finden müssen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer.
Wien, am 23. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999110375.X00Im RIS seit
20.11.2000