TE Vfgh Erkenntnis 1997/12/11 B322/96

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Veröffentlicht am 11.12.1997
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "eines Dienst- oder" in §9 Abs4 EStG 1988 idF BGBl 818/1993 mit E v 09.12.97, G403/97. Die von der Beschwerdeführerin für die Erstattung der Replik begehrten Kosten waren nicht zuzusprechen, da es sich um keinen abverlangten Schriftsatz handelt und die Erstattung der Gegenäußerung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht geboten war (VfSlg. 11491/1987, 13308/1992).

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 18.000,- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft, ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen, ist gemäß §11a des Kollektivvertrages für Angestellte der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen Österreichs verpflichtet, nach einer ununterbrochenen Dauer des Dienstverhältnisses von 25, 35 und 40 Jahren ein bzw. zwei bzw. drei Monatsgehälter als Jubiläumsgeld auszuzahlen. Gem. §198 HGB iVm ArtX Abs1 Rechnungslegungsgesetz (RLG) hat die Beschwerdeführerin hiefür eine Jubiläumsgeldrückstellung zu bilden. In ihrer Körperschaftsteuererklärung 1994 machte sie die Zuweisung zur Jubiläumsgeldrückstellung in der Höhe von S 3,259.000,- (laut Bescheid S 3,143.000,-) als Betriebsausgabe geltend.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. November 1995 wies die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich die Berufung der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft gegen den - die Bildung der Jubiläumsgeldrückstellung steuerlich nicht anerkennenden - Körperschaftsteuerbescheid 1994 unter Hinweis auf die Bindung an das Legalitätsprinzip und darauf ab, daß für die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Abfertigungsrückstellungen und Rückstellungen für Jubiläumsgelder wesentliche betragsmäßige und damit sachliche Gründe sprächen.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unverletzlichkeit des Eigentums durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

3. Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin entgegnete in einer Replik.

II.1. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 26. Juni 1997 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "eines Dienst- oder" in §9 Abs4 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. 400/1988, idF des ArtI Z6 des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818/1993, von Amts wegen einzuleiten.

Mit Erkenntnis vom 9. Dezember 1997, G403/97, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "eines Dienst- oder" in §9 Abs4 EStG 1988, BGBl. 400/1988, idF BGBl. 818/1993, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewandt. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-

enthalten.

Die von der Beschwerdeführerin für die Erstattung der Replik begehrten Kosten waren nicht zuzusprechen, da es sich um keinen abverlangten Schriftsatz handelt und die Erstattung der Gegenäußerung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht geboten war (VfSlg. 11491/1987, 13308/1992).

4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B322.1996

Dokumentnummer

JFT_10028789_96B00322_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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