TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/23 99/11/0358

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Veröffentlicht am 23.05.2000
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Index

L94403 Krankenanstalt Spital Niederösterreich;

Norm

KAG NÖ 1974 §43 Abs1 litc;
KAG NÖ 1974 §5 Abs1;
KAG NÖ 1974 §5 Abs2;
KAG NÖ 1974 §8 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Dr. K in T, vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Wohllebengasse 16, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. August 1998, Zl. GS 4-20/T-7/6-98, betreffend Errichtung eines Ambulatoriums, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Dezember 1994 auf Erteilung der sanitätsbehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Paradontologie und Implantologie an einem näher beschriebenen Standort in Theresienfeld gemäß § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 lit. a des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1974 (NÖ KAG), LGBl. Nr. 9440-12, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Mit Spruchpunkt II. wurde er zur Entrichtung einer Kommissionsgebühr für die Durchführung einer "Errichtungsbewilligungsverhandlung" verpflichtet.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 11. Oktober 1999, B 1744/98, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Versagung der angestrebten Bewilligung erfolgte unter der Annahme, es bestehe kein Bedarf nach der geplanten Krankenanstalt.

Gemäß § 5 Abs. 1 NÖ KAG ist bei Vorliegen eines ordnungsgemäßen Antrages auf Bewilligung der Errichtung einer Krankenanstalt zu erheben, ob u.a. ein Bedarf im Hinblick auf das angegebene Leistungsangebot sowie allfällige Schwerpunkte unter Beachtung der Höchstzahl an systemisierten Betten nach dem Landes-Krankenanstaltenplan (§ 21 a) gegeben ist. Ergeben die Erhebungen, dass ein Bedarf ... nicht gegeben ist, ist der Antrag nach § 5 Abs. 2 NÖ KAG abzuweisen. Gemäß § 8 Abs. 1 lit. a leg. cit. ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch in Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch in Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag ein Bedarf gegeben ist.

Die belangte Behörde holte im Ermittlungsverfahren zur Frage, ob ein Bedarf gegeben ist, eine Anzahl von Stellungnahmen ein. Sie verneinte den Bedarf unter Hinweis auf die eingegangenen negativen Äußerungen folgender gemäß § 5 Abs. 4 NÖ KAG anzuhörenden Stellen:

der Ärztekammer für Niederösterreich, des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds und der a.ö. Krankenanstalt Wr. Neustadt als hauptsächlich betroffene Krankenanstalt. Sie verwertete auch zwei von ihr eingeholte negative Stellungnahmen des Landessanitätsrates für Niederösterreich. Die Gemeinde Theresienfeld, die Wirtschaftskammer Niederösterreich und der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gaben zur Bedarfsfrage positive Stellungnahmen ab.

Die belangte Behörde kam auf Grund des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu dem zusammenfassenden Schluss, dass in dem vom Beschwerdeführer "angeführten Einzugsbereich (für Implantologie im Wesentlichen der Bezirk Baden, für Paradontologie die Bezirke Baden, Neunkirchen und Wr. Neustadt) das in Aussicht genommene Leistungsangebot von den in der Umgebung vorhandenen Krankenanstalten in Hinblick auf deren Belagsmöglichkeit und der Entfernung zu der beantragten Krankenanstalt sowie nach den in der Umgebung niedergelassenen Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in einem für den Patienten genügenden Ausmaß angeboten werden, sodass ein Bedarf nach einem Ambulatorium für Paradontologie und Implantologie im Standort Theresienfeld verneint werden muss."

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde habe bei Erlassung des angefochtenen Bescheides den Landes-Krankenanstaltenplan nicht beachtet, verfehlt ist, weil vom Beschwerdeführer ein Ambulatorium angestrebt wird, welches nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 7 NÖ KAG grundsätzlich nur ambulante Behandlungen durchzuführen hat, sodass die Höchstzahl systemisierter Betten laut diesem Plan irrelevant ist.

Vorauszuschicken ist ferner, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Prüfung, ob ein Bedarf nach einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines Ambulatoriums besteht, das Leistungsangebot von Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten außer Betracht zu bleiben hat (vgl. das Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Slg. Nr. 14 817/A). Die Berufung auf das Leistungsangebot des a.ö. Krankenhauses Wr. Neustadt ist daher - im Hinblick auf § 43 Abs. 1 lit. c NÖ KAG - verfehlt.

Da offensichtlich in dem von der belangten Behörde herangezogenen Einzugsgebiet in Ansehung des beabsichtigten Leistungsangebotes keine kasseneigenen Einrichtungen und keine Vertragseinrichtungen der Kassen zur Verfügung stehen, kommt es zur Beurteilung des Bedarfes auf das Leistungsangebot der niedergelassenen Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sowie der niedergelassenen Dentisten, jeweils mit Kassenvertrag, an. Diesbezüglich sind die von der belangten Behörde verwerteten Stellungnahmen nicht geeignet, ein tragfähiges Ergebnis einer Bedarfsprüfung zu erbringen.

Die Stellungnahme des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds vom 5. März 1998 lautet lediglich:

"Das im Antrag ... angeführte Leistungsspektrum entspricht einem solchen, das auch in den Ordinationen der Zahnmediziner angeboten wird. Aus Sicht des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds besteht daher kein Bedarf an der Errichtung eines Ambulatoriums für Paradontologie und Implantologie."

Der Beschluss des Landessanitätsrates vom 3. Dezember 1997 lautet:

"Der Landessanitätsrat für Niederösterreich lehnt den Antrag, zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums für Paradontologie und Implantologie in Theresienfeld, ab."

In der Begründung des Antrages des Referenten für diesen Beschluss wird auf die gestiegene Zahl der Zahnärzte mit und ohne Kassenvertrag "im Raum Baden und Wr. Neustadt" hingewiesen und festgehalten, dass die vom Beschwerdeführer angebotenen Leistungen "in jeder zahnärztlichen Ordination, auch in seiner Ordination, erbracht werden können". Anschließend erfolgt eine Auseinandersetzung mit der positiven Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger mit dem Tenor, dass für die angebotenen Leistungen keine Kassenverträge bestünden.

In ihrer Stellungnahme vom 19. Juni 1996 hat die Ärztekammer für Niederösterreich ausgeführt, dass "sich mehr als die Hälfte der 31 im Bezirk Wr. Neustadt niedergelassenen Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde auf dem Gebiet der Implantologie betätigen. Zumindest drei weitere hätten eine komplette Ausbildung dafür absolviert, sich aber mangels Klientel noch nicht entschließen können, die doch nicht billige Erstanschaffung zu erwerben." Alle einschlägigen Fachärzte seien "praktisch tagtäglich paradontologisch tätig". Die in Rede stehenden Leistungen könnten schließlich in jeder Ordination eines einschlägigen Facharztes durchgeführt werden.

In den zitierten, für die Entscheidung der belangte Behörde maßgebenden Stellungnahmen werden nur allgemeine, auf keinen konkreten Sachverhaltsangaben beruhende Aussagen getroffen, die ihrerseits - insbesondere was die Nachfrageseite betrifft - nicht eindeutig sind. Die belangte Behörde hat abgesehen von der Einholung besagter Stellungnahmen keine eigenen Feststellungen über das Verhältnis von derzeit bestehendem Leistungsangebot zur Nachfrage getroffen. Zwar deutet Einiges darauf hin, dass ein Bedarf insbesondere im Hinblick auf die zu geringe Nachfrage zu verneinen wäre, doch kann auf dem Boden der bisherigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens keine gesicherte Aussage gemacht werden.

Der angefochtene Bescheid war aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Im fortzusetzenden Verfahren wird auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bedacht zu nehmen sein, wonach der vor Konkurrenzierung durch in der Rechtsform selbstständiger Ambulatorien agierende Anbieter ärztlicher Leistungen geschützte Bereich der Tätigkeit niedergelassener Ärzte nicht darauf beschränkt ist, welche Leistungen von den Kassen kostenmäßig getragen oder ersetzt werden. Vielmehr ist mangels Differenzierung im Gesetz davon auszugehen, dass auch solche Leistungen, deren Kosten von den Kassen nicht getragen oder ersetzt werden, die aber einen unabdingbaren Bestandteil der Einkünfte der meisten Kassenvertragsärzte erbringen, bei der Bedarfsprüfung ebenfalls zu berücksichtigen sind (vgl. das Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 98/11/0280).

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwand in der zitierten Verordnung mit S 12.500,-- pauschaliert und die Umsatzsteuer in diesem Pauschalbetrag bereits enthalten ist Wien, am 23. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110358.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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