TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/1 I413 2184694-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2018
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Entscheidungsdatum

01.02.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I413 2184694-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA.

ALGERIEN, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH gegen den Bescheid des BFA, RD NÖ Außenstelle St. Pölten vom 12.01.2018, Zl. 1063043007-150380388, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit familiären Problemen begründete.

2. Mit dem Bescheid vom 12.01.2018, Zl. 1063043007/150380388, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.).

3. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 17.01.2018 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht mit E-Mail vom 29.01.2018, 17:36 Uhr erhobene Beschwerde vom 29.01.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 30.01.2018).

4. Mit Schriftsatz vom 30.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 31.01.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste legal mit gültigem Reisedokument aus Algerien in die Türkei aus und gelangte schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 15.04.2015 in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus dem Mutter XXXX, den Brüdern XXXX und den Schwestern XXXX lebt in Algerien. Sein Vater ist verstorben. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte 8 Jahre lang die Grundschule in Selif. Er arbeitet in Österreich seit 01.01.2018 als Kochlehrling. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung hat er eine Chance auch hinkünftig im algerischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls gemäß §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 StGB zu einer für eine Probezeit von drei Jahren nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, weil er in eine Wohnung über das Fenster eingestiegen war, das Schlafzimmer durchsucht hatte und Bargeld im Wert von EUR 150,00 sowie eine Kreditkarte gestohlen hatte. Als strafmildernd wertete das Gericht den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das reumütige Geständnis und den Umstand, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt unter 21 Jahre alt war, als straferschwerend keinen Umstand.

Er geht in Österreich seit 01.01.2018 einer Beschäftigung als Kochlehrling und als Reinigungskraft nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in Form der Krankenversicherung, der Miete und Verpflegung.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf dem Niveau B1.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat seinen Herkunftsstaat aus privaten Gründen verlassen. Der Beschwerdeführer hält sich nicht aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung außerhalb seines Herkunftsstaates auf.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geldund/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Es besteht keine gesetzliche Bestimmung in Algerien, die vorehelichen oder außerehelichen Geschlechtsverkehr verbieten würde. Das algerische Strafgesetzbuch enthält in Kapitel II Abschnitt VI Bestimmungen zu Sittlichkeitsdelikten, darunter zu Sexualdelikten (Art 335), zu Vergewaltigung (Art 336) und zu Ehebruch (Art 339 und 341). Bestimmungen zu vorehelichem Geschlechtsverkehr bestehen nicht. Außer- oder voreheliche Beziehungen ziehen keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Allfällige gesellschaftliche Reaktionen auf solche Beziehungen können religiös begründet sein, da der Islam außereheliche Beziehungen als "zina" verbietet. Negative gesellschaftliche Reaktionen treffen nur Frauen, da von Frauen erwartet wird, bei Eheschließung noch Jungfrauen zu sein und es nicht in der Verantwortung eines Mannes liegt, seine Sexualiät zu kontrollieren, sondern es Pflicht der Frau ist, ihre Keuschheit zu bewahren.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien mit Stand 16.02.2017.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sondern reines Rechtsvorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 11.01.2018, AS 435). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Die Feststellungen zu seiner Familie und seinem Schulbesuch ergeben sich aufgrund seiner Angaben vor der belangten Behörde am 11.01.2018 (AS 435) und vor den Organen der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 17.04.2015 (AS 10 ff) Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 11.01.2018, AS 433, 435), wo er unbestimmt angibt, eine Freundin zu haben und viele österreichische Freunde, sowohl in der Arbeit als auch in der Schule. Aus diesen Angaben lässt sich, wie die belangte Behörde zutreffend gewürdigt hat, keine maßgeblichen persönlichen oder familiären Beziehungen in Österreich aufzeigen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen vermögen die Teilnahmebestätigung "Deutsch als Fremdsprache A2/B1", die Schulbesuchsbestätigung der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Waidhofen an der Ybbs, die Bestätigung der gemeinnützigen Hilfstätigkeit bei der Gemeinde Waidhofen an der Ybbs, die Bestätigung einer Dolmetsch-Leistung für den Verein "YUSY-Jugendservice Ybbstal" und der Bescheid des AMS bezüglich des Lehrlingsvertrages keine maßgeblichen persönlichen oder familiären Beziehungen aufzeigen. Dies gilt auch für seine Deutschkenntnisse. Vielmehr verfügt der Beschwerdeführer in Gestalt seiner 8 Geschwister und seiner Mutter in Algerien starke familiäre Bande.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte – er hat diese vor Einreise in die Europäische Union weggeworfen (Protokoll vom 17.04.2015, AS 10), steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 31.01.2018 und dem im Verwaltungsakt einliegenden Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22.02.2017 (AS 315 ff).

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 31.01.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse im Niveau B1 hat, beruht auf der im Verwaltungsakt einliegenden Kursbesuchsbestätigung und seinen Angaben vor der belangten Behörde in der Einvernahme am 11.01.2018 (AS 433). Dass der Beschwerdeführer eine Kochlehre absolviert, ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 11.01.2018 (AS 433) sowie aus dem im Akt befindlichen Bescheid des AMS betreffend den Lehrlingsvertrag; dass er als Raumpfleger arbeitete, wird durch die im Akt einliegende Bestätigung der Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs vom 10.01.2018 belegt. Aus diesen Unterlagen und Aussagen ist ein Bemühen um Integration in Österreich jedenfalls zu erkennen. Eine maßgebliche Integration in beruflicher und kultureller Sicht kann hieraus aber nicht abgeleitet werden, da der Beschwerdeführer während seiner Aufenthaltsdauer in Österreich, innerhalb der er unbekannten Aufenthalts war, erst in allerletzter Zeit diese Schritte setzte und derzeit nicht in der Lage ist, sich selbst zu erhalten. Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Aussage des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme am 11.01.2018, er würde kein Geld mehr vom Staat erhalten (AS 433), da er geldwerte Bezüge – Miete, Krankenversicherung – aus der Grundversorgung gemäß aktuellem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem bezieht. Anhaltspunkte für eine Integration in kultureller Hinsicht fehlen gänzlich und werden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer macht als Fluchtgrund lediglich geltend, dass er aufgrund eines einmaligen vorehelichen sexuellen Kontakts mit einem gleichaltrigen Mädchen Algerien verlassen habe, weil er befürchtete, dass das Mädchen diesen Umstand seinen Eltern erzählen würde. Weitere Fluchtgründe habe er nicht (Protokoll vom 11.01.2018, AS 437 ff). Eine Verfolgung im Herkunftsstaat oder eine Bedrohung durch algerische Behörden bestehe ebensowenig, wie eine Bedrohung durch die Familie des Mädchens (Protokoll vom 11.01.2018, AS 439, 441). In der Beschwerde wird nur unter Zitierung von Rechtssätzen des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht, dass der Beschwerdeführer einer GFK-relevanter Verfolgung in seinem Heimatland ausgesetzt sei und diese Furcht vor GFK-relevanter Verfolgung im Licht der speziellen Situation des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat auch objektiv nachvollziehbar sei. Es würde jede mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen ebenfalls flüchten. Welche Gründe den Beschwerdeführer zur Flucht veranlasst haben, verschweigt die Beschwerde gänzlich. Die bloße Behauptung einer "GFK-relevanten Verfolgung" ist kein Sachverhaltsvorbringen. Das diesbezügliche Vorbringen erweist sich als gänzlich unsubstantiiert.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie den Fluchtgrund des Beschwerdeführers, aus familiären Gründen, wegen eines sexuellen vorehelichen Kontakts mit einem Mädchen im Sommer 2013 Algerien verlassen habe, beweiswürdigend als nicht überzeugend bezeichnetet. Zutreffend würdigt die belangte Behörde dieses Vorbringen als keine konkrete Verfolgungsgefahr und begründet dies lebensnah und nachvollziehbar, damit, dass der Beschwerdeführer niemals von der Familie des Mädchens, mit welchem er den sexuellen Kontakt hatte, bedroht worden sei. Ebenso bezeichnet es die belangte Behörde mit Recht die Furcht vor Verfolgung als zweifelhaft, wenn der Beschwerdeführer nach seinen Angaben im Sommer 2013 den Geschlechtsverkehr hatte, jedoch erst am 24. oder 25.09.2013 Algerien verlassen habe. Diese Würdigung ist nachvollziehbar, da es unerklärlich ist, weshalb der Beschwerdeführer ca 2 Monate nach diesem außerehelichen Geschlechtsverkehr ohne jegliche Bedrohung durch die Familie des Mädchens, mit dem er geschlafen hatte, plötzlich das Land verlassen musste.

Die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung des Fluchtvorbringens ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, wenn sie eine "GFK-relevante Verfolgung" behauptet, jedoch keinerlei Sachverhaltsvorbringen erstattet, woraus dieser Schluss zu ziehen wäre, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an und ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, zu behaupten, dass er einer GFK-relevanter Verfolgung in seinem Heimatland ausgesetzt sei und diese Furcht vor GFK-relevanter Verfolgung im Licht der speziellen Situation des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat auch objektiv nachvollziehbar sei, sowie dass jede mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen ebenfalls flüchten würde, ohne freilich auch nur einen Anhaltspunkt dafür zu geben, worin diese "GFK-relevante Verfolgung" ersichtlich sein soll, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem im bekämpften Bescheid vollständig widergegebenen, aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien vom 16.02.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen sowie auf die ebenfalls im bekämpften Bescheid vollständig wiedergegebene Anfragebeantwortung zu Algerien: Strafbarkeit von vorehelichem Geschlechtsverkehr vom 29.07.2014. Der Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen. Die Anfragebeantwortung beruht auf öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD zur Verfügung standen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Infomation (COI) erstellt.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Algerien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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BBC News (5.5.2017): Algeria election: Governing coalition wins parliamentary vote, http://www.bbc.com/news/world-africa-39811329, Zugriff 16.5.2017

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DS - Der Standard (5.5.2017): Regierungskoalition in Algerien verteidigt absolute Mehrheit,

http://derstandard.at/2000057051147/Regierungskoalition-in-Algerien-verteidigt-absolute-Mehrheit, Zugriff 16.5.2017

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JA - Jeuneafrique (5.5.2017): Législatives en Algérie : le FLN obtient une majorité relative à l’Assemblée nationale, http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 16.5.2017

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AA - Auswärtiges Amt (6.2016): Algerien - Innenpolitik,http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.htmlhttp://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 14.2.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 13.2.2017

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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (3.2015): Asylländerbericht Algerien

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AA - Auswärtiges Amt (15.2.2017): Algerien: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AlgerienSicherheit_node.html, Zugriff 15.2.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (15.2.2017): Reiseinformationen Algerien, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/algerien-de.html, Zugriff 15.2.2017

-

FD - France Diplomatie (15.2.2017): Conseils aux Voyageurs - Algérie - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/algerie/, Zugriff 15.2.2017

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AA - Auswärtiges Amt (18.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Algerien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/algerien/geschichte-staat/, Zugriff 13.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/322502/461979_de.html, Zugriff 13.2.2017

-

TI - Transparency International (2016): Table of Results:

Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015, Zugriff 14.2.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

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Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 14.2.2017

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UKBA - UK Home Office Border Agency (17.1.2013): Country of Origin Information Report - Algeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359360623_report-17jan13.pdf, Zugriff 14.2.2017; Originalquelle: Jane’s Sentinel Country Risk Assessments: Algeria - Armed Forces, 1.6.2012

-

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (24.2.2010): Algerien:

Desertion aus der Garde Communale, Auskunft der SFH-Länderanalyse, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/algerien/algerien-desertion-aus-der-garde-communale.pdf, Zugriff 14.2.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/334695/476531_de.html, Zugriff 14.2.2017

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights – Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/319671/445023_en.html, Zugriff 14.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/328406/455682_en.html, Zugriff 14.2.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

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Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 14.2.2017

-

SOS - SOS-Kinderdorf (o.D.): Algerien, http://www.sos-kinderdorf.at/sos-kinderdorf-erleben/wo-wir-arbeiten/international/wo-wir-helfen/afrika/algerien, Zugriff 8.2.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Algerien - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/algerien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.2.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016c): Algerien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/algerien/gesellschaft/, Zugriff 15.2.2016

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SGG Algérie - Secrétariat Général du Gouvernement (o.D.): Code Pénal, http://www.joradp.dz/TRV/FPenal.pdf, Zugriff 15.2.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Die Beschwerde behauptet nur, dass dem Beschwerdeführer die reale Gefahr einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe und, dass die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei, ohne freilich auch nur ansatzweise tatsächliches Vorbringen zu erstatten, das indizieren würde, dass eine solche reale Gefahr einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe und dass die herangezogenen Länderberichte nicht den Tatsachen entsprechen würde. Es bestehen keine Zweifel, dass die belangte Behörde bezüglich der Feststellung der Situation im Herkunftsstaat die vorliegenden Beweismittel und Quellen sorgfältig ermittelt und abgewogen hat.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im gegenständlichen Fall macht der Beschwerdeführer familiäre Gründe, die Furcht vor dem Bekanntwerden eines einmaligen vorehelichen Kontaktes zu einem Mädchen geltend. Damit zeigt der Beschwerdeführer keinerlei Grund auf, der aus Sicht eines vernünftigen Menschen zu einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung führen könnte. § 3 Abs 1 AsylG stellt hinsichtlich der asylrelevanten Gründe auf die Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung im Herkunftsstaat ab. Eine – nicht einmal aktuelle, sondern gleichsam präventive – Furcht vor möglichen gesellschaftlichen Konsequenzen einer vorehelichen sexuellen Beziehung im Fall, dass die Eltern des Mädchens, mit dem der Beschwerdeführer sexuell verkehrt ist, hiervon erführen, ist kein solcher Grund iSd der GFK und damit auch iSd § 3 Abs 1 AsylG. Eine staatliche Verfolgung einer vorehelichen sexuellen Beziehung ist auszuschließen, da es kein staatliches Verbot vor- oder außerehelicher Beziehungen in Algerien gibt. Damit fehlt es dem Fluchtmotiv an jeglicher Asylrelevanz.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht in Algerien – wie oben bereits dargelegt wurde – keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Mit seiner in Algerien erworbenen Schulbildung und den im Rahmen seiner Lehre als Koch in Österreich sich angeeigneten Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie seinen guten Deutschkenntnissen sollte es dem Beschwerdeführer möglich sein in seinem Herkunftsstaat ein Leben zu führen. Zudem kann er sich auf den Rückhalt seiner Großfamilie in Algerien verlassen.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Algerien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Da kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG zu erteilen war, ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 15.04.2015 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 12.01.2017 zwar eine gewisse Dauer, die vor allem auf vom Beschwerdeführer zu vertretende Umstände zurückzuführen sind – bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens, an dem 23.04.2015 wirkte der Beschwerdeführer nicht mehr am Verfahren mit (AS 59), es lagen am 30.05.2016 keine Meldedaten vor (AS 149, 151), sodass am 11.06.2015 die belangte Behörde das Asylverfahren wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht und weil der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts war und dieser Aufenthalt nicht festgestellt werden konnte, einstellte (AS 169). Erst aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer am 14.12.2016 straffällig wurde, konnte die belangte Behörde das Verfahren wieder aufnehmen. Somit sind die Verzögerungen des Asylverfahrens dem Verhalten des Beschwerdeführers vornehmlich zuzuschreiben, was im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthalts zu berücksichtigen ist, da es nicht möglich ist, durch Nichtmitwirken im Asylverfahren und durch das Leben als sog "U-Boot", also ohne korrekte Meldung eines Wohnsitzes, seinen Aufenthalt in Österreich zu verfestigen. Zudem beruhte der seit 15.04.2015 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher (und noch weniger während der Zeiten, in denen er für die belangte Behörde unbekannten und nicht feststellbaren Aufenthalts war) des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich und verfügt somit – wie die belangte Behörde zutreffend feststellte – über kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund 32-monatigen Aufenthaltes entstandener – unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter – Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben – eine solche erfolgte erst kürzlich [am 01.01.2018] in Form einer Kochlehre – und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit – der Beschwerdeführer bezieht nach wie vor Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung). Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr seit wenigen Wochen in einer Lehre befindet, als Dolmetscher fungiert hat, bezahlte gemeinnützige Hilfstätigkeiten für die Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs leistete, zeigt auf, dass der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in einem gewissen Ausmaß genutzt hat, um sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren (vgl dazu VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Hierzu gehört auch der Umstand, dass er Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 nachweisen kann. Alle diese – positiv anzuerkennenden – Bemühungen zeigen aber keine außerordentliche Anstrengung um seine Integration auf. Sie sind auch insofern zu relevieren, als selbst gute Deutschkenntnisse und das Bemühen um berufliche Intergration bislang nicht zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers geführt haben. Berücksichtigt man dazu noch die verhältnismäßig kurze Dauer seines Aufenthalts in Österreich und den Umstand, dass die Auftenthaltsdauer ua aufgrund der mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers in seinem Asylverfahren und seiner zeitweisen Unauffindbarkeit so lange anhielt, kann von einem besonderen Grad der Integration keine Rede sein.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch in Form seiner Großfamilie familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit den durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 22.02.2017 rechtskräftig festgestellten Übertretungen des der §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 StGB (Verbrechen des Einbruchsdiebstahls) ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Auch wenn das Strafgericht bei der Strafzumessung keine straferschwerenden Gründe geltend machte und sein reumütiges Ges

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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