Index
L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in Wien I, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 16. Dezember 1999, ohne Zahl, betreffend Feststellung der Erwerbsunfähigkeit nach § 4 Abs. 4 Z. 3 der Wiener Pensionsordnung 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erlernte der 1941 geborene Beschwerdeführer, der als Betriebsoberinspektor in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Stadt Wien steht, nach Absolvierung der Pflichtschule den Lehrberuf eines Maurers und war in diesem Beruf bis September 1962 in Privatbetrieben tätig. Nach seiner Aufnahme als Facharbeiter war er bei den Wiener Stadtwerken (nunmehr Wienstrom GesmbH) - zuletzt als Betriebsbeamter der Verwendungsgruppe C - im Verteilernetz Mitte, Bahn-, Fernwirknetze, Bahnanlagen, im Bereich Planung und Controlling eingesetzt.
Mit Beschluss der Gemeinderätlichen Personalkommission vom 5. Juni 1998 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 68 Abs. 2 Z. 1 der Wiener Dienstordnung 1994 (mit Ablauf des 30. Juni 1998) in den Ruhestand versetzt. Dieser mit den Verwaltungsakten vorgelegte Beschluss enthält keine nähere Begründung. Nach dem zuvor eingeholten Befundbericht vom 24. April 1998 gab der Betriebsarzt Dr. S folgende Zusammenfassung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers (sein Name wird hier und in den folgenden Gutachten mit X anonymisiert wiedergegeben):
"Bei o.g. Bediensteten können folgende Diagnosen festgestellt werden:
1) Koronare Herzkrankheit mit Z.n. Hinterwandinfarkt und 2-facher aortokoronarer Bypass-Op 1997.
2) Rezidivirende, passagere Vertebralinsuffizienz bei HWS-Spondylopathie.
3) Z.n. Diskus-Op L5/S1.
Herr X befindet sich seit dem 15.05.97 im Krankenstand und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit erscheint ausgeschlossen."
Mit Bescheid vom 16. Juni 1998 stellte der Direktor der Wiener Stadtwerke - Wienstrom fest, dass dem Beschwerdeführer "gemäß § 3 ff im Zusammenhalt mit § 73 und 73a Pensionsordnung 1995 ab 01.07.1998" ein monatlicher Ruhegenuss in der Höhe von S 21.087,78 gebühre. In der Begründung wurde der ruhegenussfähige Monatsbezug (aufgeschlüsselt) angeführt. Die Ruhegenussbemessungsgrundlage betrage 74 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges. Auf Grund der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 39 Jahren ergebe sich ein Ruhegenuss im Ausmaß von 100 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage, das sei der im Spruch angeführte Betrag. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
In der Folge erstattete eine bei der MA 15 - Gesundheitswesen tätige Ärztin auf Veranlassung der Wiener Stadtwerke - Wienstrom vom 16. Juni 1998 ihr "Amtsärztliches Gutachten" vom 20. August 1998 zur Frage, ob beim Beschwerdeführer im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 der Wiener Pensionsordnung 1995 (im Folgenden PO 1995) zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung eine dauernde Unfähigkeit, einem regelmäßigem Erwerb nachzugehen, vorliege. Zunächst werden die der Gutachterin vorgelegten folgenden Befunde (die Namen der Ärzte wurden anonymisiert) genannt.
"Ergometrie Dr. E. vom 5.8.98: LF 88 %, adäquate Herzfrequenz und Blutdruckanstieg, keine Rhythmusstörung, keine Ischämiezeichen.
Neurologisches Gutachten Dr. H. vom 13.8.98:
Psychiatrischer Status unauffällig."
Abschließend enthält das Gutachten folgende "Zusammenfassung
und Stellungnahme":
"Die körperliche Leistungsfähigkeit des Herrn X ist zum
Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung durch die koronare
Herzerkrankung und den 1997 abgelaufenen Hinterwandinfarkt
eingeschränkt. Zusätzlich bestehen Beschwerden von seiten eines
Halswirbelsäulensyndroms sowie Kreuzschmerzen nach
Bandscheibenoperation 1979.
Die psychische Leistungsfähigkeit ist altersentsprechend unauffällig. Allerdings sind aufgrund der Herzerkrankung Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck und unter überdurchschnittlicher psychischer Belastung nicht zumutbar.
Zusammenfassend war somit zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung eine Einsetzbarkeit entsprechend nachfolgendem Leistungskalkül gegeben. Eine Besserung des Gesundheitszustandes ist unwahrscheinlich."
Nach diesem Leistungskalkül sei der Beschwerdeführer in der Lage, nur leichte körperliche Arbeit unter allgemein üblichem Zeitdruck und durchschnittlicher psychischer Belastung zu verrichten. Von ihm könnten noch fallweise mittelschwere und überwiegend leichte Hebe- und Trageleistungen erbracht werden. Dabei sei ständiges Sitzen und fallweises Gehen und Stehen möglich. Überkopfarbeit und Arbeiten in gebeugter Haltung könnten nicht mehr ausgeführt werden. Der Arbeitsplatz müsse in geschlossenen Räumen liegen, wobei Fein- und Grobarbeiten, aber auch reine Bildschirmtätigkeit und Tätigkeiten an bildschirmunterstützten Arbeitsplätzen verrichtet werden könnten.
In seiner Stellungnahme vom 26. November 1998 wies der Beschwerdeführer die Ablehnung seines Anspruches auf Anwendung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 zurück. Er schloss dem eine Stellungnahme zur Anamnese des GA einer Ärztin der MA 15 vom 20. August 1998 an, die seines Erachtens unvollständig sei. Insbesondere wies er in dieser Stellungnahme drauf hin, dass nach der im August 1997 erfolgten Bypassoperation im AKH zweimaliges Kammerflimmern aufgetreten sei. Der Operateur habe ihn dahingehend informiert, dass der dritte (ursprünglich geplante) Bypass nicht gesetzt worden sei, weil das rechte Herzkranzgefäß zu zerklüftet gewesen sei; außerdem sei das von diesem Gefäß versorgte Stück Herzmuskel schon abgestorben gewesen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er unter Todesangst und Depressionen leide, zumal sein Vater vor 10 Jahren seinen dritten Herzinfarkt nicht überlebt habe. Kleine Störungen im Tagesablauf würden ihn maßlos erregen. Er könne sich auch nicht mehr auf etwas konzentrieren. Ein amtliches Schreiben werfe ihn völlig aus der Bahn. Er benötige dann einige Tage und die Hilfe einer zweiten Person, um eine Stellungnahme abzugeben. Auch stehe es mit seiner Merkfähigkeit nicht zum Besten. Nach der 1979 durchgeführten Bandscheibenoperation (L5/S1) habe sich ein neuerlicher Bandscheibenvorfall an der selben Stelle bemerkbar gemacht. Er leide ständig an Kreuzschmerzen und Gefühlsstörungen an der Außenseite des rechten Beines. Auf Grund dieser Schmerzen könne er nicht länger als 20 Minuten autofahren. Er leide wegen dieser Schmerzen nachts an Schlaflosigkeit. Einen neuerlichen Operationstermin in der Rudolfstiftung habe er bisher auf Anraten einiger von ihm konsultierter Ärzte noch nicht wahrgenommen. Auch von Seiten der Halswirbelsäule würden seit einigen Jahren immer wieder massive Beschwerden auftreten. Überkopfarbeiten führten zu Schwindelanfällen und in weiterer Folge zu Stürzen. Weiters habe er Schmerzen in der linken Schulter und Gefühlsstörungen bis in die Finger. Derzeit sei die linke Hand taub. Arbeiten am Computer führten regelmäßig zu derartigen Verspannungen seiner Rückenmuskulatur, dass nur mit entsprechenden physikalischen Behandlungen und mit Einsatz von Infusionen eine Erleichterung zu erreichen sei.
In einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten vom 29. Dezember 1998 stellte Dr. I., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, u.a. neurologisch Folgendes fest: "OE: Kraft allseits reduziert; MER re abgeschwächt; Muskelatrophie C7 bds; UE: Hyposens re Fußrücken Außenseite (S1)". Zum psychischen Zustand stellte Dr. I. Folgendes fest: "Antrieb beschleunigt; Gedankenabläufe etwas ungeordnet und beschleunigt; Konzentration herabgesetzt; affektive Inkontinenz." Er gelangte in seiner "Gutachterlichen Stellungnahme" zum Ergebnis, der Beschwerdeführer habe im Sommer 1997 einen Herzinfarkt mit nachfolgender Bypassoperation "erlitten". Dabei und beim anschließenden Rehabilitationsaufenthalt sei es zu lebensbedrohlichen Komplikationen (zweimal Kammerflimmern und Enzyminfarkt) gekommen. In der Folge habe sich eine massive Herzneurose mit deutlicher Depression entwickelt, die zu deutlicher Verminderung der gesamten Belastbarkeit bis hin zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Daneben bestünden beim Beschwerdeführer in drei Etagen der HWS deutliche Bandscheibenvorfälle mit Reflexabschwächung, Gefühlsstörungen und Muskelatrophie sowie unklaren Stürzen. Zusätzlich fänden sich Bandscheibenvorfälle in der LWS (L 4/5 und L 5/S1). Insgesamt bestünden beim Beschwerdeführer von Seiten des Herzens (zumindest zwei durchgemachte Herzinfarkte sowie Zweifachbypass), von Seiten der Depression (Therapieresistenz bei ausreichend langer antidepressiver Medikation) und von Seiten der Bandscheibenvorfälle der HWS (Schwindel, unklare Stürze, Reflex- und Kraftreduktion) und der LWS jeweils ausreichende medizinische Gründe, die die Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen rechtfertigten.
Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beschwerdeführers und des nervenärztlichen Gutachtens Dris. I. nahm die seinerzeit als Gutachterin tätig gewordene Ärztin der MA 15 - Gesundheitswesen neuerlich am 2. Februar 1999 Stellung. Zur koronaren Herzerkrankung mit Zustand nach Herzinfarkt und Bypassoperation 1997 liege ein internistischer Befund vom 5. August 1998 vor. Dem Beschwerdeführer werde in einer Belastungsuntersuchung (Ergometrie) eine gute körperliche Leistungsfähigkeit bescheinigt. Durchblutungsstörungen des Herzmuskels seien dabei nicht zu objektivieren. Dieser Befund sei auch für den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da etwaige hämodynamisch wirksame Verschlüsse an Herzkranzgefäßen erfahrungsgemäß keine selbständige Rückbildungstendenz aufwiesen. Auch werde auf den kurzen Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung und dem der Belastungsuntersuchung hingewiesen.
Zur angegebenen Todesangst und Depression werde auf die von der MA 15 durchgeführte nervenärztliche Begutachtung vom 10. August 1998 verwiesen, nach der sich unter laufender Medikation keine krankheitswertige psychiatrische Symptomatik gefunden habe. Zudem seien die Gedächtnisleistungen altersentsprechend gewesen. Konzentrationsstörungen seien nicht vorgelegen.
Das vorgelegte nervenärztliche Gutachten Dris. I. beschreibe Reflexabschwächungen, Gefühlsstörungen und Muskelatrophie auf Grund von Bandscheibenvorfällen im Halswirbelsäulenbereich. Außerdem eine Gefühlsminderung an der Außenseite des rechten Fußrückens. Zum Zeitpunkt der von der MA 15 durchgeführten Begutachtung habe sich im Bereich des linken Armes die umschriebene Gefühlsstörung gefunden. Hinweise auf eine Nervenwurzelläsion seien nicht vorgelegen. Kennmuskulatur und Reflexe an den oberen Extremitäten seien unauffällig gewesen. Die Symptomatik am rechten Bein (Gefühlsstörung, mäßige Muskelschwäche) und am linken Arm sei hinsichtlich der fassbaren Beeinträchtigung bei der Beurteilung einer Einsetzbarkeit voll berücksichtigt worden.
Zusammenfassend bleibe das Leistungskalkül vom 20. August 1998 vollinhaltlich aufrecht. Da zur Beurteilung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung - somit der 1. Juli 1998 - maßgebend sei, bewirke das nachgereichte nervenärztliche Gutachten vom 29. Dezember 1998 keine Änderung des bisherigen Kalküls.
Nach Übermittlung dieses Gutachtens stellte der (nunmehr anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. März 1999 den Antrag, das bereits eingeleitete Verfahren gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 bescheidmäßig zu erledigen.
Mit Bescheid vom 19. März 1999 stellte die Dienstbehörde erster Instanz fest, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 nicht vorlägen. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, aus den Gutachten der MA 15 vom 20. August 1998 und vom 2. Februar 1999 ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung noch zu kontinuierlichen Tätigkeiten unter allgemein üblichem Zeitdruck und mit durchschnittlicher psychischer Belastbarkeit sowie leichter körperlicher Beanspruchung in der Lage gewesen sei.
In seiner Berufung bezweifelte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Richtigkeit des neuerlich eingeholten Gutachtens einer Ärztin der MA 15 vom 2. Februar 1999, in dem keine Durchblutungsstörungen des Herzmuskels festgestellt worden seien. Das KH Lainz habe aber bei ihm eindeutig attestiert, dass eine irreversible Ischämie bestehe. Aus diesem Grund hätten bei der an ihm durchgeführten Herzoperation auch nur zwei Bypässe gesetzt werden können, da das dritte Hinterwandgefäß komplett verschlossen und der Teil des Herzmuskels abgestorben gewesen sei. Dieser Verschluss des Herzkranzgefäßes werde auch durch einen Herzkatheterbefund des KH Lainz vom 22. Mai 1997 und dem Befundbericht vom 23. Juni 1997 (die beigelegt wurden) bestätigt. Er sei nicht mehr in der Lage, irgendeine Tätigkeit auszuüben. Alle Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 seien erfüllt.
Im Übrigen sei er der Ansicht, dass § 9 PO 1995 angewendet werden müsse (wird näher ausgeführt). Entsprechende Berufe, die er zumutbarer Weise noch ausüben könne, seien aber bisher noch nicht genannt worden. Ein berufskundliches Gutachten sei einzuholen.
Über Auftrag der Dienstbehörde erstellte Ing. R. sein berufskundliches Sachverständigengutachten vom 30. August 1999. Ausgehend von den im GA einer Ärztin der MA 15 vom 20. August 1998 getroffenen (medizinischen) Feststellungen gelangte der Gutachter zum Ergebnis, der Beschwerdeführer könne nicht mehr in seinem erlernten Beruf oder einer seinen dienstlichen Aufgaben fachlich entsprechenden Tätigkeit (Betriebsbeamter der Wienstrom GesmbH) im Bereich der Privatwirtschaft arbeiten. Lasse man die Umstände der sozialen und finanziellen Zumutbarkeit außer Betracht, wäre eine Arbeitskraft mit den Leistungseinschränkungen des Beschwerdeführers noch in der Lage, beispielsweise folgenden Berufen ohne Überschreitung des Leistungskalküls nachzugehen: Hilfskraft in der Registratur, Bürogehilfe, Portier in Ämtern, Geschäfts- und Bürohäusern, Banken usw. sowie Aufseher bei Ausstellungen, in Museen, Versteigerungshäusern u.dgl. (wird jeweils unter Darstellung des Anforderungsprofils der genannten Tätigkeiten näher ausgeführt).
In seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 1999 kritisierte der Beschwerdeführer, das übermittelte berufskundliche Gutachten sei ohne eine zuvor von ihm in seiner Berufung angeregte Überprüfung der medizinischen Gutachten einer Ärztin der MA 15 erfolgt. Was seine psychische Leistungsfähigkeit betreffe, so sei der Amtssachverständige im Gegensatz zu dem von ihm vorgelegten Gutachten Dris I. von einer altermäßigen Unauffälligkeit ausgegangen. Es müsse aber zuvor sein tatsächlicher Leidenszustand, insbesondere durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet der Neurologie und Psychiatrie sowie der Internen Medizin abgeklärt werden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 1999 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage führte die belangte Behörde zu der in der Berufung geforderten Anwendung des § 9 PO 1995 aus, der Beschwerdeführer weise eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 39 Jahren auf. § 9 PO 1995 komme daher für ihn nicht in Betracht.
Gestützt auf ein Konvolut von Befunden habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung im Wesentlichen diejenigen (gesundheitlichen) Beschwerden vorgebracht, die bereits in den Gutachten einer Ärztin der MA 15 vom 20. August 1998 und 2. Februar 1999 erfasst worden seien. Sowohl die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung erwähnte Myokardszintigraphie als auch der Herzkatheterbefund seien vor der (im August) 1997 erfolgten Bypassoperation durchgeführt bzw. erstellt worden, während die Belastungsuntersuchung (auf die sich das Gutachten der MA 15 stütze) erst danach erfolgt sei. Die Bypassoperation habe mit Sicherheit zu einer Besserung der Durchblutungssituation des Herzmuskels geführt. Es stehe außer Zweifel, dass der Beschwerdeführer an den von ihm aufgezeigten Beschwerden leide. Auf Grund dieser Beschwerden komme er zu dem laienhaften Schluss, dass er auf keinen Fall mehr einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne und daher seine Leiden vom amtsärztlichen Sachverständigen nicht richtig bewertet worden seien. Der in den amtsärztlichen Gutachten getroffenen Feststellung, dass er aus ärztlicher Sicht Tätigkeiten unter allgemein üblichem Zeitdruck, durchschnittlicher psychischer Belastung und leichter körperlicher Beanspruchung ausüben könne, habe er nur seine persönliche Meinung entgegengehalten. In keinem einzigen von ihm vorgelegten Befund sei eine Erwerbstätigkeit ausgeschlossen worden. Sein Vorbringen beruhe daher auf einer persönlichen Schlussfolgerung, die keineswegs geeignet sei, die schlüssigen Gutachten einer Ärztin der MA 15 zu widerlegen. Sämtliche vom Beschwerdeführer in seiner Berufung angeführten Beschwerden seien der amtsärztlichen Sachverständigen bekannt gewesen, den Befundungen zu Grunde gelegt worden und hätten zum Schluss geführt, er könne aus ärztlicher Sicht noch gewisse Tätigkeiten ausüben.
Die im Zusammenhang mit der Beurteilung der dauernden Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 eingeholten Gutachten hätten - wie bereits ausgeführt - ergeben, dass dem Beschwerdeführer noch Tätigkeiten unter allgemein üblichem Zeitdruck, durchschnittlicher Belastung und leichter körperlicher Beanspruchung möglich seien. Auf die soziale Zumutbarkeit in Anlehnung an die Judikatur zu § 9 PO 1995 sei nach § 4 Abs. 4 Z. 3 leg. cit. nicht Bedacht zu nehmen. Nach dem klaren Wortlaut komme jede Tätigkeit für einen regelmäßigen Erwerb in Frage. Das im Berufungsverfahren eingeholte berufskundliche Sachverständigengutachten habe ergeben, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Leistungseinschränkungen und seiner Berufslaufbahn auf dem Arbeitsmarkt mehreren Hilfsberufe wie etwa Bürogehilfe, Portier in Ämtern, Geschäfts- und Bürohäusern, Banken etc., Aufseher bei Ausstellungen, in Museen, Versteigerungshäusern u.dgl. sowie als Hilfskraft in der Registratur nachgehen könne. Im Rahmen des Parteiengehörs wären dazu keine weiteren Einwendungen vorgebracht worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
In einem ergänzenden Schriftsatz hat der Beschwerdeführer zwei Gutachten (Gutachten des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. R.) vom 14. Februar 2000 sowie eines Facharztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin vom 15. Februar 2000) vorgelegt. Sie wurden wunschgemäß der belangten Behörde im Vorverfahren zur Kenntnis gebracht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 3 der Pensionsordnung 1995 (PO 1995), LGBl. (für Wien) Nr. 67 in der Fassung der 2. Novelle zur PO 1995, LGBl. Nr. 48/1996, ist bei Beamten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Dienststand ausgeschieden sind, die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % für jedes Jahr, das zwischen dem Ausscheiden aus dem Dienststand und dem der Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Tag liegt, um zwei Prozentpunkte zu kürzen; hiebei werden Bruchteile eines Jahres, wenn sie mindestens sechs Monate betragen, als volles Jahr gerechnet, andere bleiben unberücksichtigt. Die Kürzung darf höchstens 18 Prozentpunkte betragen.
Nach der Ziffer 3 des Abs. 4 leg. cit., die durch Art. III Z. 1 der 4. Novelle zur PO 1995, LGBl. Nr. 23/1998 (kundgemacht am 28. April 1998; in Kraft getreten am 1. Jänner 1998) eingefügt wurde, gilt Abs. 3 nicht, wenn
"3. der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand dauernd erwerbsunfähig ist. Dauernd erwerbsunfähig im Sinn dieser Bestimmung ist der Beamte nur dann, wenn er infolge von Krankheit, anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen."
Nach § 9 PO 1995 (Stammfassung - Die Ergänzung dieser Bestimmung durch Art. VIII Z. 5 der 6. Novelle zur PO 1995, LGBl. Nr. 34/1999, ist im Beschwerdefall nicht anzuwenden) ist dem Beamten, der ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand der Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch ein Zeitraum von zehn Jahren, zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien zuzurechnen
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf "Diensteinkommen" insoweit verletzt, als die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 verneint habe. Sie habe diese Norm sowie die Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung unrichtig angewendet.
Vorab ist auf die Fallkonstellation im Beschwerdefall einzugehen, die von der des mit dem hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, 99/12/0152, entschiedenen Falles (der gleichfalls die Feststellung betraf, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 nicht vorliegen) in einem entscheidenden Punkt abweicht, sodass die in diesem Vorerkenntnis ausgesprochene Unzulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides mit diesem Inhalt hier nicht zum Tragen kommt.
Im vorliegenden Beschwerdefall hat nämlich die Dienstbehörde erster Instanz (anders als im Fall 99/12/0152) mit ihrem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 16. Juni 1998 den dem Beschwerdeführer ab 1. Juli 1998 zustehenden monatlichen Ruhegenuss unter Anwendung der Kürzungsbestimmungen der PO 1995 bemessen.
In einem späteren Verfahren hat diese Dienstbehörde mit Bescheid vom 19. März 1999 festgestellt, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 nicht vorliegen. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 1999 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz abgewiesen und deren Entscheidung bestätigt. Dadurch hat sie deren Ausspruch zum Inhalt ihres Bescheides gemacht und im Ergebnis eine Neubemessung des dem Beschwerdeführer (ab dem Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung) zustehenden Ruhegenusses ohne Anwendung der Kürzungsbestimmung abgelehnt. Darin liegt der entscheidende Unterschied zum obzitierten Vorerkenntnis.
Der Beschwerdefall wirft aber eine andere Frage auf. Hat die Dienstbehörde erster Instanz mit ihrem rechtskräftigen Bescheid vom 16. Juni 1998 eine abschließende Entscheidung bezüglich der (in Anwendung der Kürzungsbestimmungen vorgenommenen) Ruhegenussbemessung des Beschwerdeführers getroffen, die der späteren Entscheidung über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 (die gleichfalls - ungeachtet der Formulierung - für die Ruhegenussbemessung bedeutsam ist) entgegenstand?
Der rechtskräftige Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 16. Juni 1998 wurde nach der am 28. April 1998 im Landesgesetzblatt kundgemachten 4. Novelle zur PO 1995 erlassen, mit der (rückwirkend ab 1. Jänner 1998) § 4 Abs. 4 leg. cit. (Entfall der Kürzungsbestimmungen) um Z. 3 (dauernde Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Ruhestandversetzung) erweitert wurde. Er geht in seiner Begründung mit keinem Wort auf die neue Rechtslage nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 ein. Das schlösse allerdings für sich allein nicht den abschließenden Charakter der Festsetzung aus, sind doch auch allenfalls rechtswidrige Bescheide, die in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und zu beachten.
Der Verwaltungsgerichtshof geht im Beschwerdefall - insbesondere unter Berücksichtigung des zeitgleichen Auftrages an die MA 15 zur Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 - davon aus, dass der rechtskräftige Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 16. Juni 1998 bezüglich der Ruhegenussbemessung keine abschließende, sondern bloß eine vorläufige Entscheidung ("Interimsbescheid") getroffen hat. Seine Rechtskraft stand daher der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich in diesem Zusammenhang zu folgender Klarstellung veranlasst: Nach dem bisherigen System der PO 1995 ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch den Aufbau dieses Gesetzes im Regelfall eine relativ schematische Ermittlung der Ruhegenussbemessung ermöglichen wollte, die - ausgehend von bestimmten "Eckdaten", die im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung (des Todes) des Beamten typischerweise bereits vorliegen - vergleichsweise rasch erfolgen kann. Dies dient u.a. offenbar dem Ziel, dass die bescheidmäßig vorzunehmende Ruhegenussbemessung, die im Regelfall nur gesetzliche Ansprüche feststellt, solche aber nicht begründet, möglichst in zeitlicher Nähe zur Ruhestandsversetzung erfolgen kann. Von diesem üblicherweise relativ einfachen Verfahrensablauf der Ruhegenussbemessung weicht § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 insofern ab, als der Entfall der Kürzung wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit im Streitfall in einem relativ komplexen Ermittlungsverfahren (in dem in der Regel jedenfalls ärztliche Sachverständige beizuziehen sind), das unter Einhaltung eines dem Gesetz entsprechenden Verwaltungsverfahrens länger dauern kann, von der Dienstbehörde im Ruhegenussbemessungsverfahren zu klären ist. Zwar kann die Dienstbehörde dazu auf bereits im Ruhestandsversetzungsverfahren angestellte Ermittlungen (insbesondere ärztliche Gutachten) zurückgreifen, soweit dort dazu Untersuchungen angestellt wurden (was insbesondere für den hier nicht vorliegenden Fall bedeutsam ist, dass - wie im Bundesbereich der Regelfall - die für die Ruhestandsversetzung zuständige (Aktiv)Dienstbehörde und die für die Ruhegenussbemessung zuständige (Pensions)Dienstbehörde zwei verschiedene Behörden (aus verschiedenen Ressorts) sind). Zu beachten ist aber, dass sich der Begriff der (dauernden) Dienstunfähigkeit im Sinn der Ruhestandsversetzung (vgl. § 68 Abs. 1 Z. 2 bzw. Abs. 2 Z. 1 DO 1994) - nur dieser ist für den Ausgang des Ruhestandsversetzungsverfahrens von entscheidender Bedeutung - nicht mit dem der dauernden Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 deckt. Der letztgenannte Begriff ist daher im Streitfall nicht im Ruhestandsversetzungsverfahren, sondern im Ruhegenussbemessungsverfahren zu klären, für dessen Ausgang er rechtserheblich ist. Der Gesetzgeber geht im Fall der "Frühpensionierung" (das heißt - derzeit - vor Vollendung des 60. Lebensjahres) offenbar davon aus, dass die (relativ einfach und schematisch zu handhabende) Kürzung der Ruhegenussbemessung der Regelfall, deren Entfall nach § 4 Abs. 4 (hier nach Z. 3) PO 1995 der Ausnahmefall ist. Berücksichtigt man dies, so ist vor dem Hintergrund des oben dargelegten Grundsatzes der Einfachheit und Raschheit des Ruhegenussbemessungsverfahrens davon auszugehen, dass die (zuständige) Dienstbehörde im Falle der Frühpensionierung nur dann endgültig über den Ruhegenuss abzusprechen hat, wenn nach der Lage des Falles das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Ausnahmetatbeständen von der Kürzung unstrittig ist. Ist dies nicht der Fall und daher mit einem längeren Verfahren zur Klärung des dafür maßgebenden Sachverhaltes zu rechnen, hält es der Verwaltungsgerichtshof für zulässig, unter Anwendung der Kürzungsbestimmung den Ruhegenuss nur vorläufig zu bemessen und die Entscheidung über den möglichen Entfall der Kürzungsbestimmung einer gesonderten Entscheidung vorzubehalten. Dies ist in einem solchen Bescheid klar zum Ausdruck zu bringen. Freilich gelten auch für das vorbehaltene Verfahren die Entscheidungsfristen des nach dem DVG anzuwendenden § 73 AVG.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, beim Begriff der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 handle es sich um einen Rechtsbegriff, den die belangte Behörde zu beurteilen habe. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen sei es bloß, der Behörde bei der Feststellung des Sachverhaltes fachtechnisch geschulte Hilfe zu leisten. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass in keinem einzigen der von ihm vorgelegten Befunde seine Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen werde, gehe dies von einer unrichtigen rechtlichen Voraussetzung aus. Im Übrigen hätte das von ihm vorgelegte Gutachten Dris. I. hinreichende Anhaltspunkte für den vom Beschwerdeführer gezogenen Schluss geboten, dass er erwerbsunfähig sei. Trotz der unterschiedlichen Diktion der §§ 4 und 9 PO 1995 sei die soziale Zumutbarkeit auch bei § 4 Abs. 4 Z. 3 PO 1995 zu berücksichtigen. Die Nichtberücksichtigung dieser sozialen Komponenten würde zu einer unzumutbaren Härte und einer Ungleichbehandlung der einzelnen im Erwerbsleben stehenden Personen führen.
Dazu ist zu bemerken, dass die vom Beschwerdeführer behauptete bzw. geforderte Identität der im § 4 Abs. 4 Z. 3 und im § 9 PO 1995 verwendeten Begriffe nicht besteht oder anzunehmen ist (vgl. dazu bereits das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, 99/12/0152).
Das vom Beschwerdeführer als inhaltlich rechtswidrig angesehene Begründungselement der belangten Behörde, in keinem der von ihm vorgelegten (ärztlichen) Befunde werde eine Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, ist keinesfalls zwingend so zu verstehen, die belangte Behörde sei dabei von einer rechtlich unrichtigen Auffassung der Aufgabenverteilung zwischen Sachverständigen und Behörde ausgegangen. Dieses Argument wurde nämlich dazu verwendet, die Meinung der Behörde, der Beschwerdeführer habe auf Grund seiner Beschwerden, die aus ärztlicher Sicht anders bewertet worden seien, (bloß) laienhafte Schlüsse gezogen, zu untermauern. Darin liegt nicht die vom Beschwerdeführer gerügte Verkennung der Rechtslage. Ob diese Annahme im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten Dris. I. unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften zutrifft, wird unten näher behandelt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde Aktenwidrigkeit vor. Sie habe angenommen, dass die Bypassoperation mit Sicherheit zu einer Besserung der Durchblutungssituation des Herzmuskels geführt habe. Dem seien die von ihm vorgelegten objektiven Befunde entgegenzuhalten, wonach eine irreversible Ischämie bestanden habe, sodass aus diesem Grund auch nur zwei Bypässe hätten eingesetzt werden können und ein Teil des Herzmuskels abgestorben sei. Eine Besserung der Durchblutungssituation eines abgestorbenen Herzmuskels bzw. eines Teiles davon sei aber unmöglich. Unter dem Gesichtspunkt einer Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe sich auf einen internistischen Befund der MA 15 vom 5. August 1998 gestützt, in dem ihm nach einer Belastungsuntersuchung (Ergometrie) eine gute körperliche Leistungsfähigkeit bescheinigt werde, wobei Durchblutungsstörungen des Herzmuskels nicht hätten objektiviert werden können. Das Gutachten der Ärztin der MA 15 vom 2. Februar 1999 führe aber selbst aus, dass etwaige hämodynamisch wirksame Verschlüsse an Herzkranzgefäßen erfahrungsgemäß keine selbständige Rückbildungstendenz aufwiesen. Da er sich (schon) in seiner Berufung unter Anschluss von Unterlagen darauf berufen habe, habe seines Erachtens eine Diskrepanz zwischen dem internistischen Befund der MA 15 vom 5. August 1998 und den Aussagen in der Befundung vom 2. Februar 1999 bestanden. Da eine selbständige Rückbildungstendenz von Verschlüssen nicht anzunehmen sei und dennoch keine Durchblutungsstörungen hätten festgestellt werden können, hätte diese Frage neuerlich internistisch abgeklärt werden müssen.
Dem ist zu erwidern, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde vom KH Lainz aus der Zeit vor seiner Bypassoperation im AKH stammen. Sein im Verwaltungsverfahren zu diesem Punkt darüber hinaus gehendes Vorbringen hat sich - von diesen Befunden abgesehen - nur auf von ihm behauptete Äußerungen seines Operateurs bezogen. Die Argumentation der belangten Behörde, die auf diese zeitliche Lagerung hinweist und sich im Wesentlichen auf eine Belastungsuntersuchung beruft, die nach der Operation in zeitliche Nähe zur Ruhestandsversetzung durchgeführt wurde, kann im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof nur eingeschränkt zustehenden Kontrolle der freien Beweiswürdigung nicht als unschlüssig bzw. ergänzungsbedürftig angesehen werden.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, die Behörde sei nicht auf seine bestehenden psychischen Defekte (Depression mit Todesängsten, Schlafstörungen und Nervosität, agitierte Depression) eingegangen. Im amtsärztlichen Gutachten vom 2. Februar 1999 sei bloß lapidar auf die nervenärztliche Begutachtung vom 10. August 1998 verwiesen worden, wonach sich unter laufender Medikation keine krankheitswertige psychiatrische Symptomatik finden lasse. Dies stehe im Widerspruch zum Gutachten Dris. I., das auf gleicher fachlicher Ebene stehe. Dr. I. habe auf die Therapieresistenz der Depression auf Grund einer lange durchgeführten antidepressiven Medikation hingewiesen. Das stehe in Widerspruch zur Feststellung im amtsärztlichen Gutachten vom 10. August 1998, wonach angeblich bei laufender Medikation keine krankheitswertige psychiatrische Symptomatik zu finden gewesen sei. Zur Aufklärung des Widerspruches fehlten aber entsprechende Ermittlungen.
Dieses Vorbringen trifft zu. Den vorgelegten Verwaltungsakten ist lediglich im Gutachten der Ärztin der MA 15 vom 20. August 1998 aus der Darstellung der verwerteten Befunde zu entnehmen, dass laut neurologischem Gutachten Dris. H. vom 13. August 1998 (dies ist das im Gutachten der Ärztin der MA 15 genannte Datum) der psychiatrische Status unauffällig gewesen sei. Wie der Gutachter Dr. H. zu dieser Feststellung gekommen ist bzw. ob er die weiteren Aussagen getroffen hat, auf die sich das ergänzende Gutachten der MA 15 vom 2. Februar 1999 in Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten Dris. I. gestützt hat, lässt sich den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen. Daher lässt sich die Schlüssigkeit dieser Beurteilung nicht nachvollziehen und entzieht sich der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof.
Da bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde zu einem anderen (aus der Sicht des Beschwerdeführers günstigeren) Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Mai 2000
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000120032.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008