Entscheidungsdatum
27.06.2017Index
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
WMG §21 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde der Frau S. K., Wien, G.-gasse, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Region ..., Sozialzentrum ... für den ... Bezirk, vom 16.03.2017, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2017/1400447-001, mit welchem gemäß § 21 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltenden Fassung die für den Zeitraum von 01.05.2016 bis 07.01.2017 zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von 1.707,29 rückgefordert wurden,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid vom 16. März 2016 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin zur Zahl MA 40 – Sozialzentrum ... – SH/2017/01400447-001 verpflichtet, die für den Zeitraum von 1. Mai 2016 bis 7. Jänner 2017 zu Unrecht empfangene Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 1.707,29 zurückzuzahlen.
Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, nämlich Frau M. K., habe sich seit 18. Mai 2016 in stationärer Pflege in einer Krankenanstalt befunden, womit ihr Lebensmittelpunkt nicht mehr an der Meldeadresse der Einschreiterin gelegen gewesen sei. Weiters habe sie im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 und 31. Dezember 2016 Beihilfe in der Höhe von EUR 7,67 täglich bezogen. Weder die Unterbringung der Tochter der Einschreiterin noch der Bezug einer Beihilfe sei der Behörde unverzüglich gemeldet worden. Daher habe die nunmehrige Beschwerdeführerin Leistungen zu Unrecht empfangen, weswegen eine Forderung in der Höhe des Rückforderungsbetrages entstanden sei.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde legte die nunmehrige Rechtsmittelwerberin auszugsweise Nachstehendes dar:
„Mein Tochter M. K., geb. am ...1999 ist seit 13.5.2016 stationär im AKH untergebracht auf der Kinder und Jugendpsychiatrie. Seit ihrer Volljährigkeit im Jänner ist sie nun in der Erwachsenenpsychiatrie.
Wie lange ihr Aufenthalt im Krankenhaus dauern wird, war nicht absehbar. Ich bin davon ausgegangen, dass sie nicht lange stationär bleiben wird. Dass sich der Aufenthalt auf über 11 Monate ausdehnen wird, war nicht abzusehen.
Leider war mir nicht bewusst, dass ich diese Änderung melden muss. Ich habe weiterhin für meine Tochter gesorgt, ihr Taschengeld gegeben von monatlich 200,- Euro. Zusätzlich habe ich ihre Handyrechnung (ca. 20,- Euro/Monat) und die Therapie (80,- Euro/Monat) bezahlt. Auch ihre sonstigen Wünsche habe ich ihr nach Möglichkeit erfüllt, in der Hoffnung dass es ihr besser gehen wird. Ihr Vater hat ein Suchtproblem und ist sehr instabil und trägt daher zur finanziellen Versorgung nichts bei. Ich bin daher sowohl in finanzieller Hinsicht als auch sonst für meine Tochter alleine verantwortlich.
Ich habe in dieser Zeit, für die nun die Rückforderung gestellt wird monatlich wesentlich höhere Ausgaben für meine Tochter gehabt, als ich an Bezug über die Mindestsicherung erhalten habe.
Ich bin selbst in gesundheitlich schlechter Verfassung, nehme täglich Medikamente und bin in psychiatrischer Behandlung aufgrund meiner schweren Depression. Die Situation meiner Tochter belastet mich zusätzlich sehr schwer.
Ich habe mich seit Mai letzten Jahren bemüht alles für meine Tochter zu tun, damit sich ihre gesundheitliche Situation stabilisiert. Außerdem habe ich für meinen jüngeren Sohn gesorgt und mache eine Ausbildung um mein Einkommen für mich und meine Familien erhöhen zu können. Ich bin alleinerziehend und muss mich um alles alleine kümmern.
Daher habe ich es leider verabsäumt mich darüber zu informieren, dass ich den Krankenhausaufenthalt meiner Tochter hätte melden müssen. Ich hatte unzählige Arzttermine und Gespräch, regelmäßig und teilweise wöchentlich, Ausgänge mit meiner Tochter und Besuche, weshalb ich neben der Versorgung meines jüngeren Sohnes keine Gelegenheit hatte ich um die einlangenden Schreiben zu kümmern. Mir ist bewusst, dass das ein Fehler war, jedoch war ich nicht in der Lage, diese Situation zu ändern.
Mein aktueller Bezug vom AMS beträgt täglich 18,09 Euro (Notstandshilfe) und 1,95 Euro Kursnebenkosten und 7,67 Euro Beihilfen zur Deckung des Lebensunterhalts. Wahrscheinlich wird sich dieser Bezug noch verringern, da ich keine Familienbeihilfe mehr für meine Tochter erhalte, weil sie volljährig geworden ist. Sie müsste die Familienbeihilfe selbst beantragen, wozu sie jedoch aktuell nicht in der Lage ist.
Die Rückforderung der Mindestsicherung bedeutet daher für mich eine Notlage, da meine finanziellen Mittel jetzt schon kaum ausreichen um die Fixkosten und die Ausgaben für meine Kinder, vor allem die krankheitsbedingten Ausgabe für meine Tochter, abzudecken.“
Auf Grund dieses Vorbringens wurde zur Abklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes am 19. Juni 2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführt, zu welcher neben der Beschwerdeführerin ein informierter Vertreter der belangten Behörde geladen war. Die belangte Behörde verzichtete mit Eingabe vom 8. Juni 2017 ausdrücklich auf die Teilnahme an dieser Verhandlung.
In ihrer Einlassung zur Sache legte die Beschwerdeführerin Nachstehendes dar:
„Die im Bescheid angeführten Einkommen werden zugestanden. Meine Tochter ist seit ungefähr 6 Wochen aus dem Spital. Meine Tochter war insgesamt 11 Monate im Spital. Sie ist am 8. Mai 2016 ins Krankenhaus gekommen. Seit damals war sie durchgehend elf Monate lang im Spital.
Wenn ich nunmehr dazu befragt werde, warum ich die Unterbringung meiner Tochter der Sozialbehörde nicht gemeldet habe, gebe ich an, dass ich damals sehr schwer unter Schock stand und es nicht gewusst habe. Ich möchte jedoch anmerken, dass ich trotz der Unterbringung meiner Tochter die Kosten für ihre Lebensführung zu tragen hatte. Etwa hat sie das Essen im Krankenhaus nicht angenommen. Ich bezahlte eine Therapeutin, eine Reihe von Toilettenartikeln und sonstige für die Lebensführung notwendige Dinge. Ich verweise diesbezüglich auf die vorgelegten Rechnungen.
Wenn mir nunmehr die Belehrung des Zuerkennungsbescheides vorgehalten wird, gebe ich an, dass ich dachte, das bezieht sich auf mich und nicht auf meine Tochter. Ich möchte nach Erörterung dessen dabei bleiben. Es war eine sehr, sehr schwierige Zeit für mich. Meine Tage haben um 04:30 Uhr in der Früh begonnen, ich hatte unzählige Gespräche im Krankenhaus und war psychisch derart stark belastet, dass ich meine Meldepflicht schlichtweg vergaß. Ich bin auch nach wie vor selbst in Behandlung.
Wenn ich nunmehr dazu befragt werde, welche Auswirkungen die Beibehaltung des Rückforderungsbetrages für mich bedeuten würde, gebe ich an, dass ich das nicht zahlen könnte. Ich habe lediglich ein Einkommen von EUR 1.000,-- monatlich. Davon habe ich sämtliche Fixkosten zu zahlen wie Miete usw. Ich muss sogar mit dem Energieanbieter Ratenzahlungsvereinbarungen schließen. Ich habe auch sehr viele Schulden bei Freunden. Kredit bei einer Bank habe ich keinen. Mir bleibt oft am Ende des Monats für die letzten 8 bis 9 Tage lediglich ein Betrag von 20,-- Euro. Ich schöpfe auch meinen Überziehungsrahmen von EUR 250,-- monatlich voll aus.“
Abschließend führte die Einschreiterin aus, sie habe wirklich nicht gewusst, dass sie den Krankenhausaufenthalt ihrer Tochter melden müsse und aufgrund ihrer psychischen Situation wäre sie auch zu einer allfälligen Meldung nicht imstande gewesen. Sie würde die Durchsetzung der vorgeschriebenen Rückforderung jedenfalls ruinieren. Sie habe keine Wertgegenstände, auf welche sie zurückgreifen könnte. Sie habe weiters dieselben Kosten für ihre Tochter zu tragen gehabt wie vor deren Unterbringung.
Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:
Mit Eingabe vom 18. Dezember 2015 beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin die Zuerkennung von Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes sowie Mietbeihilfe nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz. Diesem Antrag wurde insoweit entsprochen, als der Einschreiterin zuletzt mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Februar 2016 eine monatliche Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum zwischen 1. März 2016 und 7. Jänner 2017 zuerkannt wurde. Bei der Bemessung dieser Leistungen wurde Frau M. K. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft unter Bezug von Unterhalt in der Höhe von EUR 50,-- monatlich berücksichtigt. Auf Seite 4 des angesprochenen Bescheides befindet sich der ausdrückliche Hinweis an die Hilfe empfangende Person, dass u.a. jede Änderung Familien- oder Wohnverhältnisse unverzüglich dem Magistrat anzuzeigen ist und dass im Falle der Verletzung dieser Verpflichtung zu Unrecht empfangene Leistungen zurückbezahlt werden müssen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft und wurden die so zuerkannten Leistungen der Beschwerdeführerin vollumfänglich ausbezahlt.
Am 8. Mai 2016 begab sich Frau M. K. in stationäre Pflege in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien, wo sie sich bis April 2017 durchgehend aufhielt. Weiters wurde der Beschwerdeführerin im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 und 31. Dezember 2016 eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes in der Höhe von EUR 7,67 ausbezahlt. Eine unverzügliche Meldung dieser Änderungen der Einkommens- und Wohnverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft erfolgte nicht.
Mit Antrag vom 5. Jänner 2017, bei der Behörde an diesem Tage eingelangt, suchte die Beschwerdeführerin erneut um Zuerkennung von Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes sowie Mietbeihilfe nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz an. Diesem Antrag wurde eine Aufenthaltsbestätigung des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien betreffend Frau M. K. beigelegt, womit die Behörde erstmals von der Wohnsitzänderung dieses Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft Kenntnis erlangte. Auch der angesprochene Beihilfenbezug gelangte der Behörde erst im Zuge des Ermittlungsverfahrens zu diesem Ansuchen zur Kenntnis.
Die Beschwerdeführerin ist weiters Mutter des am 8. August 2012 geborenen N. K., welcher mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebt und für welchen sie abzüglich des ihr zukommenden Kindesunterhaltes ebenso Mittel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bezieht. Sie hat auch nach Unterbringung ihrer Tochter maßgebliche Auslagen für diese aufzuwenden gehabt, etwa stellte sie trotz des Spitalsaufenthaltes Lebensmittel sowie Kleidung für Frau M. K. zur Verfügung, trug zu deren Therapiekosten bei und hat außerdem für Kosten resultierend aus dem Aufenthalt ihrer Tochter in der Krankenanstalt aufzukommen, welche allein für den Zeitraum zwischen 18. Mai 2016 und 4. Februar 2017 EUR 1.044,60 betragen. Die Beschwerdeführerin verfügt mit Ausnahme ihres derzeitigen Einkommens über keine weiteren Vermögenswerte.
Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Die getätigten Feststellungen ergeben sich aus dem insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt sowie insbesondere aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien sowie den in dieser Verhandlung vorgelegten Unterlagen.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz) hat Anspruch auf Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung, wer
1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,
2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,
3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,
4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.
Gemäß § 7 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben volljährige Personen Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Absatz 1 und 2. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen Mindeststandards an die anspruchberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.
Gemäß § 7 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes erfolgt die Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft nach folgenden Kriterien:
1. Volljährige alleinstehende Personen und volljährige Personen, die mit anderen volljährigen Personen in Wohngemeinschaft leben, bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft.
2. Volljährige Personen im gemeinsamen Haushalt, zwischen denen eine unterhaltsrechtliche Beziehung oder eine Lebensgemeinschaft besteht, bilden eine Bedarfsgemeinschaft.
3. Minderjährige Personen im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Elternteil oder mit einer zur Obsorge berechtigten Person bilden mit diesem oder dieser eine Bedarfsgemeinschaft.
4. Volljährige Personen mit Anspruch auf Familienbeihilfe und volljährige Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr ohne Einkommen oder mit einem Einkommen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Eltern- oder Großelternteil bilden mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft.
5. Volljährige Personen ab dem vollendeten 21. Lebensjahr und volljährige auf die Dauer von mindestens einem Jahr arbeitsunfähige Personen bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie im gemeinsamen Haushalt mit einem Eltern- oder Großelternteil leben.
Gemäß § 10 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.
Gemäß § 10 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes erfolgt bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.
Gemäß § 21 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben Hilfe empfangende Personen haben jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen.
Gemäß § 21 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind Leistungen, die auf Grund einer Verletzung der Anzeigepflicht gemäß Abs. 1 zu Unrecht empfangen wurden, mit Bescheid zurückzufordern. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen. Abs. 3 dieser Bestimmung normiert, dass die Rückforderung in Teilbeträgen erfolgen oder unterbleiben kann, wenn die anzeigepflichtige Person glaubhaft macht, dass die Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruht, die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde, der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre oder der Betrag unbedeutend ist.
Gemäß § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes kann die Rückforderung in Teilbeträgen erfolgen oder unterbleiben, wenn die anzeigepflichtige Person glaubhaft macht, dass die Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruht, die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde, der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre oder der Betrag unbedeutend ist.
Somit sind durch die Behörde Leistungen, welche auf Grund einer Verletzung der Anzeigepflicht durch die Hilfe empfangende Person zu Unrecht empfangen wurden, zurückzufordern. Der so normierten Anzeigepflicht wird dann entsprochen, wenn die Hilfe empfangende Person jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzeigt. Insbesondere umfasst diese Meldepflicht auch Änderungen der Wohnverhältnisse, wie Änderungen der Bedarfsgemeinschaft wegen Krankenhausaufenthalten eines Kindes oder Änderungen des Einkommens eines Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft durch Auszahlung einer zusätzlichen Förderung.
Wie festgestellt, hielt sich Frau M. K. seit 18. Mai 2016 durchgehend über den gesamten hier relevanten Betrachtungszeitraum in einer Krankenanstalt auf, was jedoch der Behörde nicht unverzüglich, sondern erst im Zuge der Einbringung eines Folgeantrages mit 5. Jänner 2017 gemeldet wurde. Auch die Auszahlung einer Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 und 31. Dezember 2016 durch das Arbeitsmarktservice wurde durch die Einschreiterin nicht gemeldet, sondern kam dieser Bezug ebenso erst im Jänner 2017 hervor. Der nunmehr geltend gemachte Rückforderungsanspruch besteht somit dem Grunde sowie auch der Höhe nach grundsätzlich zu Recht, wobei sich der durch die Behörde festgesetzte Rückforderungsbetrag aus den für die Monate Mai 2016 bis einschließlich Jänner 2017 ausbezahlten Mindeststandards entfallend auf Frau M. K. sowie der erwähnten Beihilfe zusammensetzt.
Weiters ist im gegebenen Zusammenhang festzuhalten, dass § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ausdrücklich normiert, dass die Rückforderung in Teilbeträgen erfolgen oder unterbleiben kann, wenn die anzeigepflichtige Person glaubhaft macht, dass die Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruht, die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde, der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre oder der Betrag unbedeutend ist. Die Beschwerdeführerin macht im gegebenen Zusammenhang geltend, sie habe die Dauer des Krankenhausaufenthaltes ihrer Tochter nicht absehen können, weiters habe sie auch nach deren Unterbringung Aufwendungen für sie zu tätigen gehabt und trage auch ihr Vater nichts zu ihrem Unterhalt bei. Auch habe sie selbst schwere psychische Probleme und sei auf Grund der besonderen Situation ihrer Tochter und der zusätzlichen Beanspruchung durch ihre Rolle als alleinerziehende Mutter nicht in der Lage gewesen, sich um die Meldung zu kümmern. Die Rückforderung der Mindestsicherung bedeute für sie eine Notlage, zumal ihre aktuellen finanziellen Mittel zur Abdeckung der Fixkosten kaum ausreichten. Im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien legte die Einschreiterin ergänzend dar, dass sie im Zeitpunkt der erfolgten Einweisung ihrer Tochter schwer unter Schock und auf Grund des negativen Krankheitsverlaufes ihrer Tochter unter massiven psychischen Druck gestanden sei, weswegen sie ihre Meldeobliegenheiten vergessen habe. Auch sei ihre finanzielle Situation sehr angespannt, sie könne kaum ihre Fixkosten bedienen, lebe vielfach von ihrem Überziehungsrahmen bei der Bank und bleibe ihr für ihren und den Lebensunterhalt ihres Sohnes nur sehr wenig Geld.
Eingangs ist im gegebenen Zusammenhang festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung glaubhaft darlegte, durch die Erkrankung ihrer Tochter massiv belastet gewesen zu sein, wobei sie zusätzlich auch ihre Rolle als alleinerziehende Mutter wahrzunehmen hatte. Auf Grund dieser besonderen Situation habe sie die Meldung der Unterbringung ihrer Tochter schlichtweg vergessen. In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass es zwar als durchwegs nachvollziehbar erscheint, dass eine Situation wie die vorliegende und die damit einhergehende Beanspruchung der Hilfe empfangenden Person ein Unterlassen der sofortigen Erfüllung der Meldeobliegenheit nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz nach sich ziehen kann. Allerdings steht im vorliegenden Falle zu bedenken, dass die Meldung der Unterbringung der Frau M. K. erst im Jänner 2017 erfolgte und es auch unter Berücksichtigung der geschilderten Umstände als nicht erklärlich erscheint, aus welchen Gründen eine Meldung über einen derart langen Zeitraum von mehr als sieben Monaten unterlassen wurde, zumal die Einschreiterin auch rechtzeitig einen Folgeantrag auf Gewährung von Mitteln aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung vorlegte, was ihr somit offensichtlich schon möglich war. Wiewohl es grundsätzlich möglich wäre, bei der Bemessung der Rückforderung derartige besondere Umstände zu berücksichtigen und insbesondere während einer akuten Inanspruchnahme der Hilfe empfangenden Person durch eine bestimmte Lebenssituation von einem geringen Verschulden an der Unterlassung der Meldeobliegenheit auszugehen (vgl dazu etwa VGW-141/023/5639/2017 vom 22. Juni 2017 zur Möglichkeit, den Rückforderungsbetrag zu mäßigen), war ein gänzliches Absehen von der Rückforderung auf Grund geringfügigen Verschuldens im Sinne des § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes vorliegend aus den obigen Erwägungen und insbesondere auf Grund des langen Säumniszeitraumes nicht möglich.
Allerdings brachte die Einschreiterin auch glaubwürdig vor, als alleinerziehende Mutter mit einem sehr geringen Einkommen – sie bezieht nach wie vor für sich und ihren minderjährigen Sohn Mittel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung - ihr Auslangen finden zu müssen und zusätzlich weiterhin und insbesondere auch während ihres Krankenhausaufenthaltes entsprechende Aufwendungen für ihre Tochter getätigt zu haben. Zur Bescheinigung dessen wurde ein Konvolut von Rechnungen sowie insbesondere eine Rechnung des Allgemeinen Krankenhauses Wien über einen Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 1.044,60 sowie eine Honorarnote über ein Erstgespräch mit einer Klinischen Psychologin vorgelegt. Grundsätzlich ist im gegebenen Zusammenhang festzuhalten, dass der andauernde Bezug von Mitteln aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung für sich allein nicht ausreichen kann, eine Notlage im Sinne des § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes zu begründen (vgl. dazu etwa das h.g. Erkenntnis vom 14. April 2015, Zl. 141/023/3105/2015). Allerdings darf im vorliegenden Fall nicht übersehen werden, dass sich die Beschwerdeführerin allein für den Krankenhausaufenthalt ihrer Tochter mit einer Forderung in der Höhe von knapp EUR 1.050,-- konfrontiert sieht und auch während der Unterbringung ihrer kranken Tochter nachgewiesenermaßen Aufwendungen für diese tätigte, welche letztendlich unter Heranziehung der ausbezahlten Mittel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung finanziert wurden. Somit steht jedoch fest, dass der überschießend ausbezahlte Mindeststandard betreffend die Tochter der Beschwerdeführerin nachweislich für deren Unterhalt trotz erfolgter Unterbringung aufgewendet wurde und die Einschreiterin sich diese Mittel nicht erspart hat, woraus sie nunmehr ihren Lebensunterhalt bestreiten könnte. Vielmehr ist festzuhalten, dass eine nähere Überprüfung der finanziellen Situation der Einschreiterin durch Einsichtnahme in ihre Kontoauszüge ergab, dass diese finanziell stark beansprucht ist und eine Rückforderung wie durch die belangte Behörde festgesetzt – auch in Raten – durchaus geeignet wäre, eine Notlage bei der Einschreiterin hervorzurufen. Dies insbesondere auch unter dem Blickwinkel, dass die Einschreiterin alleinerziehende Mutter eines knapp fünf Jahre alten Kindes ist und sich die so zu befürchtende Notlage letztendlich zusätzlich bei diesem Kind niederschlagen würde, was auch die Rückforderung jenes Einkommens, welches durch Auszahlung einer Beihilfe durch das Arbeitsmarktservice zwischen Oktober 2016 und Dezember 2016 lukriert wurde, als nicht sachgerecht erscheinen lässt. Aus all diesen Erwägungen heraus erscheint es daher als angemessen, die Rechtswohltat des § 21 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes im vorliegenden Falle zur Anwendung zu bringen und von der Rückforderung des festgesetzten Betrages abzusehen.
Somit ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin erfolgreich glaubhaft machte, dass durch die Rückforderung der in den Monaten Juli 2016 bis Jänner 2017 bezogenen Mittel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bei dieser eine Notlage herbeigeführt werden würde. Die Beschwerdeführerin wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine auf Grund ihrer konkreten Situation erfolgte Einzelfallentscheidung handelt und im Falle einer neuerlichen Unterlassung der unverzüglichen Meldung der Änderung ihrer Verhältnisse diese Abwägung auch zu einem anderen Ergebnis führen kann. Es wird ihr daher ausdrücklich zur Kenntnis gebracht, dass die Änderung des Einkommens sowie Änderungen des Wohnsitzes von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft für die Bemessung der Leistung maßgebliche Umstände darstellen und die Beschwerdeführerin daher jedenfalls die Obliegenheit trifft, im Falle der Änderung ihrer Einkommensverhältnisse sowie generell eine mehr als zwei Wochen dauernde Abwesenheit eines Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft vom gemeinsamen Wohnsitz den Sozialhilfeträger umgehend hiervon zu verständigen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Mindestsicherung; Rückersatz; Anzeigepflicht; Meldung; Wohnverhältnis, Änderung des; Einkommen, Änderung des; Rückforderung, Absehen von der; akute NotlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.023.6503.2017Zuletzt aktualisiert am
12.02.2018