TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/24 99/12/0180

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Veröffentlicht am 24.05.2000
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §4 Abs1;
PG 1965 §4 Abs4 Z3;
PG 1965 §62c Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der W in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 20. Mai 1999, Zl. 118259-HC/99, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Pensionsbemessung für die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1942 geborene Beschwerdeführerin war seit 1972 bei der Post im "Gesamtschalterdienst", zuletzt als Fachoberinspektor, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund eingesetzt; sie wurde mit Bescheid vom 19. Dezember 1996 mit Ablauf des 31. Jänner 1997 in den Ruhestand versetzt.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei sie "nach dem Ergebnis der chefärztlichen Beurteilung durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten" vom 7. November 1996 auf Grund ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage gewesen, ihre dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Ein gleichwertiger, entsprechender Arbeitsplatz habe der Beschwerdeführerin nicht zugewiesen werden können. "Sie haben am 24. Juli 1996 Ihre Ruhestandsversetzung beantragt. Es ist daher Ihrem Antrag entsprechend nach der im Spruch genannten Gesetzesstelle Ihre Versetzung in den Ruhestand zu verfügen."

Bereits am 3. Dezember 1996 war der Beschwerdeführerin das (letzte) Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (= PVAng) zur Kenntnis gebracht worden; zugleich hatte die Beschwerdeführerin erklärt, dass ihr kein Arbeitsplatz (bei der Post) bekannt sei, auf dem sie noch einsetzbar wäre, und hatte sie die Abschlagsregelung bei Pensionierung vor Vollendung des 60. Lebensjahres zur Kenntnis genommen.

Nach Zustellung des Ruhestandsversetzungsbescheides wurde die Beschwerdeführerin unter Übermittlung einer Reihe von in ihrem Fall eingeholten ärztlichen Gutachten von der Dienstbehörde mit Schreiben vom 22. Jänner 1997 in Kenntnis gesetzt, dass die Voraussetzungen für eine Zurechnung nach § 9 PG 1965 nicht gegeben seien, sie dazu aber binnen 14 Tagen unter Anschluss allfälliger Gutachten Stellung nehmen könne.

Hiezu gab die Beschwerdeführerin im Rahmen der Frist keine Stellungnahme ab.

Mit Bescheid vom 18. Februar 1997 setzte die Dienstbehörde erster Instanz den Ruhegenuss der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 4, 6 und 7 PG 1965 mit monatlich brutto S 14.994,-- fest.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im Wesentlichen geltend machte, sie habe bereits seit Herbst 1995 ihren Dienst nicht mehr erfüllen können und sei vom Anstaltsarzt noch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 3 PG 1965 als dienstunfähig qualifiziert worden. Trotz dieses ärztlichen Gutachtens habe sie noch weitere Untersuchungen bei der PVAng über sich ergehen lassen müssen, die auf Grundlage des seit 1995 bestehenden Krankheitsbildes zum selben Ergebnis gekommen seien. Rechtens hätte ihre Ruhestandsversetzung bereits auf Grund des anstaltsärztlichen Gutachtens eingeleitet werden müssen; in diesem Fall hätte sie nicht den Abschlag zu tragen gehabt. Sie bitte daher, "die prozentuelle Kürzung meiner Ruhegenussbemessungsgrundlage zu stornieren."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 4 und 62 c PG 1965 abgewiesen.

Zur Begründung führt die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrens und der Rechtslage (§§ 4 und 62 c PG 1965) im Wesentlichen weiter aus:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens von Amts wegen einen Willensakt der zur Entscheidung berufenen Behörde voraus. Einen solchen Willensakt habe zum damaligen Zeitpunkt die Beauftragung der PVAng zur Erstellung eines Gutachtens als Grundlage für die allfällige Versetzung in den Ruhestand dargestellt. Ein derartiger Verfahrensschritt sei im Beschwerdefall auf Grund des Ergebnisses der anstaltsärztlichen Untersuchung vom 19. März 1996 erstmals am 29. März 1996 gesetzt worden. Alle bis dahin durchgeführten anstaltsärztlichen Untersuchungen seien von der Dienstbehörde veranlasst worden, um die Dienstabwesenheiten der Beschwerdeführerin zu rechtfertigen; keinesfalls sei daraus eine Willensäußerung des Dienstgebers abzuleiten, ein Ruhestandsversetzungsverfahren einzuleiten.

Auf Grund der am 25. Juni 1996 erfolgten Stellungnahme des Chefarztes der PVAng sei die Beschwerdeführerin zum Dienst aufgefordert worden, weil sie nach diesem Gutachten in der Lage gewesen sei, ihre Tätigkeit am "Gesamtschalter" weiterhin auszuüben. Sie habe jedoch ihren Dienst nicht angetreten und am 24. Juli 1996 ihre Ruhestandsversetzung beantragt. Die Dienstbehörde der Beschwerdeführerin habe daher am 13. August 1996 eine weitere Untersuchung bei der PVAng in Auftrag gegeben. Da die Beschwerdeführerin weitere fachärztliche Gutachten vorgelegt habe, sei mit 2. September 1996 der Chefarzt der PVAng mit einer nochmaligen Begutachtung beauftragt worden. Nach Einlangen der Untersuchungsergebnisse sei von der Dienstbehörde die Ruhestandsversetzung durchgeführt worden. Es sei damit eindeutig, dass das Verfahren der Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin, selbst wenn man die erstmalige Beauftragung der PVAng heranzöge, nach dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die "belangte Behörde" (nach dem verwendeten "Kopfpapier" und der Eigenbezeichnung in der Antragstellung das seit der Novelle zum PTSG BGBl. I Nr. 161/1999 nicht mehr bestehende Personalamt beim Vorstand der Post und Telekom Austria AG; vgl. diesbezüglich auch die hg. Entscheidung vom heutigen Tage, Zlen. 99/12/0261, 0335) hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Ruhestandsbezüge im gesetzlichen Ausmaß nach den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere seines § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 sowie seines § 62 c Abs. 1 PG 1965 verletzt.

Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billiger Weise zugemutet werden kann.

Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bilden 80 v. H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage. Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, der am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist, lautet:

"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 Prozent um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden."

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der nach Z. 13 BGBl. I Nr. 35/1998 am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fassung des Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, findet eine Kürzung nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. in der obgenannten Fassung gilt ein Beamter nur dann als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Nach § 41 Abs. 1 PG 1965 gelten künftige Änderungen dieses Bundesgesetzes auch für Personen, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben.

§ 62 c PG 1965 in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautet auszugsweise:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Die §§ 4 und 12 PG 1965 in der im § 62 c Abs. 1 genannten Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kennen im Fall der "Frühpensionierung" (vor Vollendung des 60. Lebensjahres) keine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 62 c Abs. 1 PG 1965 zum Ausdruck gebracht, dass die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens jedenfalls einen entsprechenden Willensakt der Behörde voraussetzt, der der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen sein muss. Für das Vorliegen eines solchen Willensaktes ist maßgeblich, ob die zuständige Aktivdienstbehörde eine Amtshandlung gesetzt hat, die - objektiv betrachtet - darauf abzielte, den Sachverhalt der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten im Sinne des § 14 BDG 1979 zu klären (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0315).

Mit Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, hat der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet dessen, dass nachgeordnete Dienstbehörden ab 1. September 1995 wegen Änderung der DVV durch die Novelle BGBl. Nr. 540/1995 nicht mehr für die Durchführung des Ruhestandsversetzungsverfahrens zuständig waren, anerkannt, dass dann, wenn die PVAng im Namen der obersten Dienstbehörde in einer Art mittelbaren Beweisaufnahme wegen Beurteilung der gesundheitlichen Eignung befasst worden ist, bereits dieses Faktum als Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62 c Abs. 1 PG 1965 zu werten ist.

     Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst im Wesentlichen die

Auffassung, ihr Ruhestandsversetzungsverfahren sei bereits durch

die Aufforderung der Post- und Telegraphendirektion für Wien,

Niederösterreich und Burgenland vom 12. Oktober 1995 bzw. vom

18. Jänner 1996 eingeleitet worden, nach denen sie zur

fachärztlichen Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit eingeladen worden

sei. Zwar handle es sich bei der konkret tätig gewordenen Stelle

nicht einmal um die Dienstbehörde erster Instanz; dem könne aber im

Lichte der materiell-rechtlichen Regelungen des § 52 BDG 1979, auf

dessen Grundlage diese Untersuchungsaufträge wohl ergangen seien,

keine entscheidende Bedeutung zukommen. Insbesondere sei in den

genannten Untersuchungsaufträgen keine Eingrenzung dahin erfolgt,

ob es sich um eine Untersuchung nach § 52 Abs. 1 ("... Zweifel an

der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen

körperlichen oder geistigen Eignung ...") oder nach Abs. 2 der

genannten Bestimmung ("Der infolge Krankheit, Unfalls oder

Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte hat sich ... einer

ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen ...") gehandelt habe. Ungeachtet dessen sei es geradezu eine der typischen Ergebnisvarianten einer solchen Erhebung, dass eine dauernde Dienstunfähigkeit festgestellt werde. Damit liege im Sinne der Rechtsprechung ein Ermittlungsschritt vor, an dessen Ende ein Bescheid über die Ruhestandsversetzung stehe. Dies gelte besonders für die Aufforderung vom 18. Jänner 1996, weil damals die Frage einer dauernden Dienstunfähigkeit bereits massiv im Raum gestanden sei. Es sei daher spätestens durch diese Anordnung das Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet worden, wobei die Direktion Wien für die Dienstbehörde tätig geworden sei. Dieses Verfahren sei erst durch die tatsächliche Ruhestandsversetzung beendet worden.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten:

Das auf Grund des Auftrages vom 18. Jänner 1996 erstattete fachärztliche Gutachten vom 8. Februar 1996 ergab folgende "Zusammenfassung und Beurteilung":

"1. ... liegen von orth. Seite folgende Leidenszustände vor:

a) Cervikalsyndrom, wobei die HWS bei der Untersuchung stark bewegungseingeschränkt dargestellt wird, die Nacken-Schultermuskulatur aber völlig ohne Verspannungszeichen ist, periphere Ausfälle nicht nachweisbar.

b)

leichtes Carpaltunnelsyndrom links.

c)

Anamnestisch Lumbalgie, wobei die LWS praktisch frei beweglich und ohne Verspannungszeichen ist.

              d)              Statische Insuffizienz

              2.              Die angeführten Veränderungen können gelegentliche Schmerzen auslösen.

Schlafstörungen sind aber dadurch nicht zu erklären. Die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer dadurch nicht herabgesetzt.

              3.              Die Beschwerden können fallweise auftreten, in wechselnden Abständen und sind insbesondere nach Überanstrengung zu erwarten. Sie können dann Stunden, in seltenen Fällen auch Tage anhalten.

              4.              Die Beschwerden sind im Allgemeinen schwach, bis zu 1/4 der Zeit auch mittelstark.

              5.              Die körperliche Mobilität ist nicht sehr wesentlich, die geistige Mobilität überhaupt nicht eingeschränkt.

              6.              Die Beamtin ist wieder dienstfähig, ein weiterer Krankenstand ist nicht gerechtfertigt.

              8.              Gehäufte und länger dauernde berechtigte Krankenstände sind auf Grund des erhobenen Befundes nicht zu erwarten.

              9.              Der derzeitige Zustand ist als dauernd anzusehen.

10.-12. Die Untersuchte ist wieder wie bisher, für ihre berufliche Tätigkeit vollschichtig geeignet. Im Allgemeinen sind ihr alle leichten und mittelschweren Arbeiten bei den normalen Arbeitszeiten und üblichen Unterbrechungen möglich. Die angeführten Tätigkeiten kann sie alle ausführen.

13. Zusätzliche Erholungspausen sind nicht erforderlich. Ein möglicher Arbeitgeber müsste keine besondere Nachsicht üben."

Nach der Aktenlage wurde die Beschwerdeführerin daraufhin zum Dienstantritt aufgefordert und ist dieser Aufforderung - wenn auch nur einige Tage - nachgekommen. Erst auf Grund einer neuerlichen, durch Krankheit bedingten Dienstabwesenheit der Beschwerdeführerin wurde die zuständige Aktivdienstbehörde mit Schreiben der Direktion Wien vom 28. März 1996 informiert, dass wegen einer allfälligen Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 an die PVAng herangetreten werde.

Zutreffend wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides diese Maßnahme als erster im Sinne der Rechtsprechung - allenfalls - relevanter, der zuständigen Dienstbehörde zurechenbarer Willensakt zur Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens der Beschwerdeführerin gedeutet.

Aber auch auf Grund dieses eingeholten Gutachtens zeigte sich nicht, dass die Beschwerdeführerin gesundheitlich nicht in der Lage gewesen wäre, ihre berufliche Tätigkeit weiter auszuüben. Die Beschwerdeführerin wurde daher neuerlich zum Dienstantritt aufgefordert, trat aber daraufhin ihren Erholungsurlaub an und ersuchte mit Schreiben vom 24. Juli 1996 ihrerseits um Versetzung in den Ruhestand.

Ein daraufhin eingeholtes neuerliches PVAng-Gutachten brachte "keine wesentliche Befundänderung gegenüber 25.6.1996".

Trotzdem folgte dann im Hinblick auf die bei der Beschwerdeführerin gegebene Einschränkung ihrer Hebe- und Trageleistung im Hinblick auf das auf ihrem Arbeitsplatz gegebene Anforderungsprofil die Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin mit Ablauf des 31. Jänner 1997.

Im Beschwerdefall steht auf Grund der unbedenklichen Aktenlage fest, dass die für eine Ruhestandsversetzung damals maßgebende Beurteilung durch die PVAng erstmals jedenfalls nach dem Stichtag 16. Februar 1996 (= § 62 c Abs. 1 PG 1965) eingeholt worden ist. Erst diesem Ersuchen kann die Bedeutung einer amtswegigen Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung diesbezüglich vertretenen "Willensakt-Theorie" beigemessen werden. Da bereits diese erste rechtlich relevante Verfügung aber nach dem maßgebenden Stichtag erfolgte, kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die tatsächliche Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf ihr Ansuchen vom 24. Juli 1996 und erst nach einer neuerlichen PVAng-Begutachtung erfolgte.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin erst nach dem genannten Stichtag eingeleitet worden ist. Die Anwendung der so genannten Abschlagsregelung entspricht daher dem Gesetz.

Berechtigung kommt der Beschwerde aber in der Frage des Entfalles des Abschlages nach der Rechtslage ab 1. Jänner 1998 (Einfügung des § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 PG 1965) zu (vgl. zur Verpflichtung zur Anwendung der neuen Rechtslage auf anhängige Fälle der Ruhegenussbemessung insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500).

Im Beschwerdefall ist zwar die von der "belangten Behörde" in ihrer Gegenschrift geäußerte Rechtsauffassung zutreffend, dass die Bejahung der zumutbaren Erwerbsfähigkeit nach § 9 Abs. 1 PG 1965 grundsätzlich das Vorliegen der Erwerbsunfähigkeit nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 ausschließt (vgl. zum Verhältnis zwischen der Erwerbsunfähigkeit nach § 9 Abs. 1 bzw. nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 auch das Erkenntnis vom heutigen Tage Zl. 99/12/0245). Im Beschwerdefall ist aber zu bedenken, dass weder der erstinstanzliche noch der angefochtene Bescheid zur entscheidenden Frage der Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin, und zwar weder nach § 9 noch nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965, Aussagen enthält. Selbst ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift vermögen die fehlenden Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 11. April 1983, VwSlg. Nr. 11.496/A, u.v.a.). Weiters erfolgte die Befassung der Beschwerdeführerin im Verfahren nach § 9 Abs. 1 PG 1965 mit Schreiben der belangten Behörde vom 22. Jänner 1997, demnach zu einem Zeitpunkt, in dem die Regelung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 noch gar nicht bestand. Mangels einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin auf Grund dieses Schreibens der Behörde vom 22. Jänner 1997 wurde das Verfahren nach § 9 Abs. 1 PG 1965 für die Beschwerdeführerin auch nicht rechtskräftig mit einem abschlägigen Bescheid beendet.

Da der Abspruch der belangten Behörde für die Zeit ab 1. Jänner 1998 demnach nicht auf einwandfreien verfahrensrechtlichen Grundlagen beruht, war der angefochtene Bescheid, was die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; im Übrigen (d. h., soweit der angefochtene Bescheid über den Zeitraum vorher abgesprochen hat) war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Was den Kostenausspruch zu Lasten des Bundes betrifft, wird auf die Ausführungen im Erkenntnis vom 28. April 2000, Zl. 99/12/0352, hingewiesen.

Wien, am 24. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999120180.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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