TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/24 99/12/0205

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Veröffentlicht am 24.05.2000
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §62c Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Grazbachgasse 39/II, gegen den Bescheid des bei der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft, Generaldirektion, eingerichteten Personalamtes vom 16. Juni 1999, GZ. 119676-HC/99, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Bemessung des Ruhegenusses für die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen

Begründung

Der im Dezember 1943 geborene Beschwerdeführer steht seit 1962 in einem Dienstverhältnis zum Bund, das seit 1969 öffentlich-rechtlich war; zuletzt war der Beschwerdeführer als "Inspektor" bis zu seiner Ruhestandsversetzung gemäß § 14 BDG 1979 mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. August 1997 mit Ablauf des 30. September 1997 im Bereich der Direktion Graz als Postamtsleiter tätig. Zur Vorgeschichte wird weiters auf das in dieser Angelegenheit des Beschwerdeführers ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1997, Zl. 97/12/0002, verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren erfolgte die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers jedenfalls in rechtlich unbedenklicher Form aus den gleichen Gründen wie im ersten Rechtsgang.

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 22. September 1997 wurde der Ruhegenuss des Beschwerdeführers - nunmehr ausgehend von einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 35 Jahren und zwei Monaten - berechnet. Unter Anwendung der Abschlagsregelung des § 4 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung des Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, ergab sich eine Ruhegenussbemessungsgrundlage von 67,5 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges. Daraus folgte für den Beschwerdeführer ein monatlicher Ruhegenuss von S 22.007,--.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, dass sein Ruhestandsversetzungsverfahren bereits vor dem 16. Februar 1996 (= Stichtag nach § 62c PG 1965) eingeleitet worden sei.

Der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem diese Berufung abgewiesen wurde, deckt sich inhaltlich - abgesehen vom zeitlichen Hinausschieben der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers und der nunmehr gegebenen rechtlichen Unbedenklichkeit des Ruhestandsversetzungsbescheides vom 20. August 1997 - mit dem im vorher genannten Verfahren (97/12/0002) angefochtenen Bescheid, sodass zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen ein Hinweis auf das vorgenannte Erkenntnis diesbezüglich genügt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine als Gegenschrift bezeichnete Äußerung, die aber keine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen enthält, abgegeben und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ruhegenussbemessung in gesetzlicher Höhe gemäß den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 (§§ 3 ff PG 1965) durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere seines § 62c verletzt. Die Pensionsbemessung ausgehend von der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit des Beschwerdeführers ist damit aber - abgesehen von der Problematik der Abschlagsregelung - unbestritten geblieben.

Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billiger Weise zugemutet werden kann.

Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bilden 80 vH des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage. Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, der am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist, lautet:

"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60 Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 Prozent um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden."

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der gemäß BGBl. I Nr. 357/1998 am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fassung des Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, findet eine Kürzung nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. in der obgenannten Fassung gilt ein Beamter nur dann als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Nach § 41 Abs. 1 PG 1965 gelten künftige Änderungen dieses Bundesgesetzes auch für Personen, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben.

§ 62c PG 1965 in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautet auszugsweise:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Die §§ 4 und 12 PG 1965 in der im § 62c Abs. 1 genannten Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kennen im Fall der "Frühpensionierung" (vor Vollendung des 60 Lebensjahres) keine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Auf das Wesentlichste zusammengefasst, vertritt der Beschwerdeführer - wie im Verwaltungsverfahren - die Rechtsauffassung, dass sein Ruhestandsversetzungsverfahren bereits vor dem im § 62c Abs. 1 PG 1965 festgesetzten Stichtag "16. Februar 1996", nämlich bereits durch seine dienstbehördliche Vorladung und den Untersuchungsauftrag an den Facharzt Dr. Niederkorn am 13. Dezember 1995, eingeleitet worden sei.

Im Beschwerdefall steht auf Grund der unbedenklichen Aktenlage fest, dass der Beschwerdeführer wegen seines "Krankenstandes" seit 5. Oktober 1995 mehrfach anstalts- bzw. amtsärztlich untersucht wurde. Es ist zutreffend, dass im Betreff des Untersuchungsauftrages der Dienstbehörde erster Instanz vom 12. Dezember 1995 an den vorher genannten Facharzt für Neurologie und Psychiatrie die Formulierung "Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit" verwendet wurde. Inhaltlich wird dazu ergänzend bemerkt, dass in dem am 5. März 1996 vom genannten Facharzt erstellten Gutachten der Beschwerdeführer aber nur als derzeit konkret arbeitsunfähig bezeichnet wurde; sein Leidenszustand sei nicht dauernd, sondern unter fachärztlicher Therapie innerhalb von drei Monaten besserungsfähig; die ganztägige Erfüllung der Arbeitszeit ohne zusätzliche Erholungspausen sei möglich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 62c Abs. 1 PG 1965 zum Ausdruck gebracht, dass die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens jedenfalls einen entsprechenden Willensakt der Behörde voraussetzt, der der zuständigen Dienstbehörde zuzurechnen sein muss. Für das Vorliegen eines solchen Willensaktes ist maßgeblich, ob die oberste Aktivdienstbehörde eine Amtshandlung gesetzt hat, die - objektiv betrachtet - darauf abzielte, den Sachverhalt der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten im Sinne des § 14 BDG 1979 zu klären (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0315).

Mit Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, hat der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet dessen, dass nachgeordnete Dienstbehörden ab 1. September 1995 wegen Änderung der DVV durch die Novelle BGBl. Nr. 540/1995 nicht mehr für die Durchführung des Ruhestandsversetzungsverfahrens zuständig waren, anerkannt, dass dann, wenn die PVAng im Namen der obersten Dienstbehörde in einer Art mittelbaren Beweisaufnahme wegen Beurteilung der gesundheitlichen Eignung befasst worden ist, bereits dieses Faktum als Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens im Sinne des § 62c Abs. 1 PG 1965 zu werten ist.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist festzustellen, dass im Beschwerdefall ein derartiger maßgeblicher Verfahrensschritt seitens der nachgeordneten Dienstbehörde mit gleichzeitigem Bericht an die zuständige oberste Dienstbehörde jedenfalls erst mit 25. März 1996, also nach dem im § 62c Abs. 1 PG 1965 vorgesehenen Stichtag erfolgte.

Die belangte Behörde ist daher - mangels eines eigenen Antrages des Beschwerdeführers und mangels eines Willensaktes der Behörde im vorher dargestellten Sinne - zu Recht (siehe das bei gleicher Sachlage ergangene hg. Erkenntnis vom 28. April 2000, Zl. 99/12/0196) davon ausgegangen, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren des Beschwerdeführers erst nach dem genannten Stichtag eingeleitet worden ist. Die Anwendung der Abschlagsregelung für den Zeitraum ab Beginn der Ruhestandsversetzung (1. Oktober 1997) bis zur Änderung der Rechtslage ab 1. Jänner 1998 (Einfügung des § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 PG 1965) entsprach daher dem Gesetz.

Ungeachtet desssen, dass der Beschwerdeführer die Anwendung der vorher genannten ab 1. Jänner 1998 geänderten Rechtslage durch die belangte Behörde während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens nicht ausdrücklich geltend gemacht hat, ist dies aber dem Grunde nach vom Beschwerdepunkt (nämlich: Bekämpfung der Anwendung der Abschlagsregelung) mitumfasst.

Die belangte Behörde hätte auf die während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens durch die Einfügung der Z. 3 im § 4 Abs. 4 PG 1965 erfolgte Rechtsänderung aus folgenden Gründen Bedacht zu nehmen gehabt:

Die Entscheidung über die Feststellung der Gebührlichkeit des monatlich wiederkehrenden Ruhebezuges ist - wie dies für Dauerrechtsverhältnisse allgemein gilt - ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und (oder) tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides. Ein im Verwaltungsverfahren ergangener Berufungsbescheid hat die aus § 66 Abs. 4 AVG resultierende Wirkung, dass der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgegangen und diese Berufungsentscheidung, sobald sie erlassen und solange sie aufrecht ist, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist. Ein in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG ergangener Bescheid bedeutet daher eine endgültige Erledigung der betreffenden Verwaltungssache bis zu dem Zeitpunkt seiner Erlassung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500).

Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die während des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens ab 1. Jänner 1998 eingetretene Änderung der Rechtslage (§ 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 7 PG 1965), die für die Bemessung des Ruhebezuges des Beschwerdeführers ab dem 1. Jänner 1998 von Bedeutung sein kann, im Zuge ihres Verfahrens zu prüfen und gegebenenfalls eine ab diesem Zeitpunkt eintretende Änderung des Ruhebezuges in ihren Bescheid aufzunehmen.

Die belangte Behörde hat daher dadurch, dass sie über den Ruhegenuss des Beschwerdeführers auch für die Zeit ab 1. Jänner 1998 abgesprochen und dabei die möglichen Auswirkungen des ab 1. Jänner 1998 eingefügten § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 PG 1965 (Entfall der Kürzung im Fall der dauernden Erwerbsunfähigkeit ab diesem Zeitpunkt), dessen Anwendung auch im Beschwerdefall in Betracht kommt, außer Acht gelassen hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in diesem Umfang aufzuheben war; im Übrigen (das heißt, soweit der angefochtene Bescheid über den Zeitraum bis 31. Dezember 1997 abgesprochen hat) war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999120205.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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