Entscheidungsdatum
31.01.2018Norm
BBG §42Spruch
L518 2183996-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Oberösterreich, GZ: OB: XXXX , vom 11.12.2017, beschlossen:
A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass der Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Oberösterreich, GZ: OB: XXXX , vom 11.12.2017gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) BGBl. I Nr. 33/2013 idgF aufgehoben und zur Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden "BF" bzw. "bP" genannt) beantragte mit Schreiben vom 6.9.2017, am 8.9.2017 bei der belangten Behörde (folglich "bB" bezeichnet) die Neuausstellung des Behindertenpasses, sowie die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und brachte zur Untermauerung ihres Vorbringens ein Konvolut von ärztlichen Schreiben in Vorlage.
Eine am 30.10.2017 von 13.40 Uhr bis 14.00 Uhr durchgeführte klinische Untersuchung sowie am 21.11.2017 erfolgte Gutachtenserstellung durch Dr.in XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, erbrachte im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:
Anamnese:
Nachuntersuchung-Besserung des rechten Knies zu erwarten;
zwischenzeitlich: 07/17: Magenbypass mini
St.p. Strumektomie; Sonstige: KTEP re 11/13, Synovektomie, Narbenresektion und Inlaywechsel 6/15, Narbenexcision und
Debridement 6/15 ,Achiliessehnenruptur re 9/16 - kons.
Derzeitige Beschwerden:
"Möchte BP und Parkausweis unbefristet." Seit Bypass 31 kg verloren, Hungergefühl prakt. weg, sie ist sehr zufrieden damit. Schlafen mit Maske ohne Sauerstoff, Gelenke unverändert, Wirbelsäule verschlechtert. Zwischenzeitlich Achillessehneneinriss rechts-konservativ. "Hüfte rechts ist um 4 cm verschoben. ISG tut mir sehr weh, muß Krücken nehmen für kurze Strecken und Stufen."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Co-renistad Tbl 20mg/12,5mg 1-0-0
Codidol Ret Ftbl 60mg 1-0-0
Tebofortan Ftbl 40mg 1-0-0
Dilatrend Tbl 25mg 0-0-1/2
Simvastatin Rtp Ftbl 20mg 0-0-1
Adenuric Ftbl 80mg 0-0-1
Foster 100/6mcg 1-0-1
Thyrex Tbl 75mcg 1-0-0
Mometason Rtp Na-spray 1-0-1
Magnosolv Gran 6,lg Btl 0-0-1
Paracetamol,
PPI
Calciduran 500 mg/800 IE Ktbl. 1-0-1 bis 3.1.2018
Multivitamin,
Restex, +ret.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2005 04 SV Gutachten mit 60% Dr. XXXX Gutachten Papierakt
2016-11 SV Gutachten mit 70% Dr. XXXX 2017-02 Lumboglutealgie re. b. musk. Verspannung, Z.n. KTEP bds, Ärztl.
Entlassungsbericht, XXXX
Die allgemeinen Untersuchungen ergaben keinen Hinweis auf signifikante kardio-pulmonale Einschränkung: für die trainingstherapeutische Reha-Belastbarkeit.
Lumbogluteaigie rechts bei musk. Verspannung (M.piriformis)
Z.n. KTEP bds.(rechts 11/13, links 3/13)
Adipositas
art. Hypertonie
Psoriasis vulgaris ;
(bei Entlassung: Bewegungssicherheit und Mobilität gebessert;
Aktivitäten u. statisch/dynamische Ausdauer gebessert für: Sitzen 1 h; Gehen >10 min ohne GH; Treppensteigen im Wechselschritt mit Handlauf ohne GH; )
2017-07 Morbide Adipositas, Art. Hypertonie, Obstrukt. Schlafapnoesyndrom, Kurzarztbrief, Klinikum Wels-Grieskirchen
Morbide Adipositas, Arterielle Hypertonie, Obstruktives Schlafapnoesyndrom {AHI 14,1) mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit
Z.n. LCHE, Degenerative LWS-Veränderungen
Durchgeführte Maßnahmen
Ix Mini gastric bypass 03.07.2017
2017-08 CT d. ISG, Sonographie d. re. Achillessehne
Z.n. Achillessehnenpartialruptur mit 2,5 cm langen Narbengewebe der Achillessehne im Rupturbereich. Sonogr. erhaltene Kontinuität.
2017-09 Tablettenauflistung
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
Adipositas p.m.-( seit Reha 01/17 weiter Abnahme von 150 auf 129kg)
Größe: 176,00 cm Gewicht: 129,00 kg Blutdruck: Hypertonie
Klinischer Status – Fachstatus:
interner Status unauffällig
OE: altersadäquat, Kreuz/Nackengriff durchführbar; UE: Z.n. bds. KTEP, Knie verplumpt, blande Narben bds. 0-0-110 bds, Hüften frei;
WS: DS über bdn. ISG, Rotation und Seitneigung ca. 1/3 vermindert.Haut unauffällig
Gesamtmobilität – Gangbild:
mit Krücke rechts langsam, sicher; Zehenspitzen-und Fersenstand nicht möglich, Einbeinstand rechts möglich mit Anhalten, links nicht;
Status Psychicus:
orientiert, klagsam, bestimmt
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr. -Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: -Pos.Nr. -Gdb %
1 -Wirbelsäulenabnützung
unveränderte Einschätzung bei entsprechenden bekannten radiologischen Veränderungen mit chronischen Beschwerden bei mäßiger Funktionsminderung -02.01.02 -40
2 -Beschwerden in großen Gelenken, Gelenksersatz beider Knie, Z.n. Achillessehnenpartialruptur rechts
oberer RS bei chronischen Beschwerden und mäßigen Funktionsminderungen -02.02.02 -40
3 -Chronisch obstruktive Lungenerkrankung - COPD II
moderate Form-unverändert zum Vorgutachten -06.06.02 -30
4 -Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom - mittelschwere Form
unverändert, CPAP ohne Sauerstoff -06.11.02 -30
5 -Mäßige Hypertonie
Fixsatz -05.01.02 -20
6 -Schuppenflechte
unverändert zum Vorgutachten -01.01.02 -20
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Punkt 1 wird durch Punkt 2, bei negativer Wirkung auf den Gesamtleidenszustand in funktioneller Hinsicht, um eine Stufe erhöht; die übrigen Punkte zu geringfügig von funktionellen Wirksamkeit um zu steigern.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Z.n. Magenbypass
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Verbesserung zum Vorgutachten von 10/2016 hinsichtlich der Mobilität einerseits durch Gewichtsabnahme( Magenbypass) und zufriedenstellende Funktion der Knieendoprothesen mit normaler Belastbarkeit. Auch kardiopulmonal keinerlei Hinweise auf verminderte Herzleistung oder Dekompensation. Daher Punkt 2 und 5 neu bewertet.Punkt 1,3,4 und 6 unverändert.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Keines der angeführten Leiden oder Einschränkungen erreichen eine Ausprägung, die der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Wege stehen oder sie verunmöglichen würde; siehe Rehabericht von 01/2017:"Gehen >10 min ohne Gehhilfe; Treppensteigen im Wechselschritt mit Handlauf ohne Gehhilfe; "-Stand Jänner 2017; weiters weitere Gewichtsabnahme >20kg seit Jänner erfolgt; auch kein Hinweis auf signifikante kardio-pulmonale Einschränkung gegeben. -kurze Wegstrecken von 300-400m können ohne Einschränkung zu Fuß zurückgelegt werden. Niveauunterschiede von 20-30cm können ohne Einschränkung überwunden werden. Das Gehen und Stehen in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist bei ausreichender Kraft und Standsicherheit möglich, Haltegriffe können benutzt werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nicht vorliegend
Mit im Spruch bezeichnetem Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen, wogegen die BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde mit der Begründung, dass seitens der Sachverständigen keine klinische Untersuchung erfolgt sei, einbrachte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen:
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister bzw. den im Akt befindlichen sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen – wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrundelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der, gegen die Gutachten gerichteten, sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird ( VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
In dem, für die Entscheidungsfindung der bB in Auftrag gegebenen, Sachverständigengutachten wird der klinische Status – Fachstatus in drei Zeilen sehr rudimentär und oberflächlich festgehalten. Wenngleich bei der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Ausführungen getroffen wurden, so war festzustellen, dass diese auf einen ca. 10 Monate (1/2017) zurückreichenden Reha-Bericht zurückzuführen waren, jedoch durch die in der Beschwerdeschrift zutreffend angeführten rudimentären und oberflächlichen klinischen Untersuchung keine Deckung fanden. Insoweit die Aktualität der festgestellten Leiden sowie die daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht gegeben war, erweist sich ein neuerliches Ermittlungsverfahren als unerlässlich. Verschärft wird diese Beurteilung durch die Nichtgewährung des Parteiengehörs.
Es genügt nach der Rechtsprechung des VwGH nicht, in einem ärztlichen Sachverständigengutachten die dauernde Gesundheitsschädigung darzustellen, vielmehr müssen in einem Gutachten die Auswirkungen der Gesundheitsschädigungen einer bP auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt werden. "Im konkreten Fall hätte daher mit Hilfe der ärztlichen Sachverständigen aktuell festgestellt werden müssen, ab welcher Gehstrecke beim Beschwerdeführer angesichts der genannten Gesundheitsschädigungen Schmerzen oder andere Leidenszustände auftreten und welches Ausmaß diese Auswirkungen im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer zu bewältigende Distanz bis zur nächsten Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel erreichen. Gleiches gilt hinsichtlich möglicher Schmerzen oder anderer wesentlicher Auswirkungen bei der Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln" (VwGH vom 23.05.2012, 2008/11/0128). Insbesondere wäre anhand des aktualisierten klinischen Befundes aus medizinischer Sicht darzulegen gewesen, inwieweit das Einsteigen, sowie der ausreichend sichere Transport in einem sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmittel, insbesondere bei der Anfahrt und Verzögerung sowie Richtungsänderung des öffentlichen Verkehrsmittel, trotz der bestehenden Leiden möglich wäre. Das bloße zurückgreifen auf einen ca. 10 Monate alten Reha-Bericht ohne entsprechende Aktualisierung durch eine der Entscheidung zeitnahe erfolgte klinische Untersuchung vermag dieser Anforderung nicht gerecht zu werden.
Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist dadurch das Gutachten nicht schlüssig und nachvollziehbar. Es fehlt gerade betreffend des Antragsbegehrens an einer ausführlichen Begründung. Eine bloße pauschale Verweisung auf Richtlinien bzw. diverse Erlässe ist unzureichend und widerspricht der Nachvollziehbarkeit des Ermittlungsverfahrens. Gleiches gilt, wenn es dem Gutachten an einer ausführlichen Begründung für das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für den Zusatzeintrag in dem Behindertenpass fehlt (siehe dazu VwGH vom 20.03.2001, GZ 2000/11/0321).
Wie der VwGH auch, wie bereits oben angeführt, aussprach, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Im gleichen Maße bedarf es auch einer der Entscheidung zeitnahe erfolgten Begutachtung bzw. Feststellung der Leiden und der daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigung.
Zusammenfassend erfüllt das, von der bB für seine Entscheidung herangezogene, Sachverständigengutachten nicht die von der einschlägigen Judikatur geforderten Mindestanforderungen und leidet dadurch an einem wesentlichen Mangel (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Wie bereits ausgeführt wird diese Problematik durch die Missachtung des Parteiengehörs verstärkt.
Bei Einhaltung der gebotenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen hätte die bB ihre Entscheidung aufgrund einer anderen, nämlich umfassenderen Befund- und Beweislage getroffen.
Dies hat auch die bP erkannt, die in ihrer Beschwerde sinngemäß darlegt, dass seitens der bB nicht auf ihre Erkrankung in Zusammenhang mit dem Antragsbegehren eingegangen wurde, bzw. keine entsprechende Begründung in dem Gutachten Niederschlag gefunden hat.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und die in den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Dies auch unter dem Aspekt, dass, um eine Entscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren treffen zu können, vorher vom Bundesverwaltungsgericht noch notwendige ergänzende Ermittlungen durch Einholung von weiteren Sachverständigengutachten vorzunehmen wären. Dementsprechend würde es das Verfahren iSd § 28 Abs. 2 VwGVG nicht beschleunigen und auch keine Kostenersparnis mit sich bringen. Die Behörde ist in diesem Fall an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Gemäß § 46 2. Satz BBG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zwölf Wochen.
Gegenständliche Entscheidungsform stellt nach Ansicht des ho. Gerichtes ein verfahrensökonomisches Instrument, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche verfahrensbeschleunigende Wirkung dar, welches generell vorab durch die Behörde zu prüfen und einzelfallbezogen in Betracht zu ziehen wäre.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Nach Ansicht des Gerichtes liegt zwar die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor. Eine Senatszuständigkeit, wie sie im § 45 Abs. 3 BBG normiert ist, wird dadurch aber nicht begründet. Dies ergibt sich u.a. aus § 28 iVm § 31 VwGVG in Zusammenschau mit der zitierten Bestimmung des BBG. Laut § 45 Abs. 3 BBG liegt eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung vor. Im gegenständlichen Fall bedarf es aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung.
Schlussfolgernd liegt keine Zuständigkeit für einen Senat iSd § 45 Abs. 3 BBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.
3.3. § 45 Abs. 3 AVG entsprechend hätte die bB gegenüber der bP das Parteiengehör zu wahren gehabt. Dieser Obliegenheit kam sie jedoch nicht nach und wurde von ihr das Parteiengehör vernachlässigt.
Im Verwaltungsverfahren ist das "Überraschungsverbot" zu beachten. Darunter ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren (für viele: Erk. vom 29.10.2015, Ro 2015/07/0032 mwN).
Zwar geht der VwGH davon aus, dass seine ständige Rechtsprechung, wonach eine im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Verletzung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren saniert werden kann, auf das Beschwerdeverfahren vor dem VwG übertragen wird - eine im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erfolgte Verletzung des Parteiengehörs kann dann durch die mit Beschwerde an das VwG verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert werden, wenn der damit bekämpfte Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergegeben hat (Erk. d. VwGH vom 10.9.2015, Ra 2015/09/0056). Es stellt sich aber die Frage, ob dies stets der Fall ist und das Verwaltungsgericht immer verhalten ist, das aufgrund des nicht gewährten Parteiengehörs mangelhafte Ermittlungsverfahren zu ergänzen oder sogar über weite Strecken erstmals zu führen bzw. hierdurch der Behörde die Möglichkeit eingeräumt werden soll, den Grundsatz des Parteiengehörs systematisch zu ignorieren, sich so der Verpflichtung zur Ermittlung eines wesentlichen Teils des maßgeblichen Sachverhalts bzw. dessen rechtlicher Würdigung zu entledigen und diese Ermittlungstätigkeit gezielt auf das Verwaltungsgericht abzuwälzen.
Der VwGH legt der Gewährung des Parteiengehörs hohes Gewicht bei, und zeigt die ständige Rechtsprechung, dass die Höchstgerichte das Parteiengehör zu den fundamentalen Grundsätzen des Rechtsstaates, der Hoheitsverwaltung und eines geordneten Verwaltungs-verfahrens zählen (für viele: Erk. d. VwGH vom 1.9.2015, 2013/15/0295 mwN; Erk. d. VwGH vom 8.4.2014, 2012/05/0004 mwN) und dessen Verletzung einen besonders qualifizierten und schwerwiegenden Verfahrensmangel darstellt. Die völlige Vernachlässigung des Parteiengehörs stellt einen so wesentlichen Verfahrensmangel dar, dass er als willkürliches Vorgehen der Behörde und Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zu qualifizieren ist (Erk. des VwGH vom 29.5.2013, 2011/01/0241; vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1998 in VfSlg. Nr. 15.149/1998; sowie das hg. Erkenntnis vom Vorheriger Suchbegriff3Nächster Suchbegriff. September 2001, Zl. 2001/10/0004) und so in die Verfassungssphäre eingreift.
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Verfahren der Verletzung des Parteiengehörs eine besondere Gewichtung zukommt, weil im Beschwerdeverfahren ein Neuerungsverbot besteht.
Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung geht der Gesetzgeber bei den Verwaltungsgerichten vom Primat der Sachentscheidung aus, wenn er festlegt, dass gem. § 28 Abs. 1 VwGVG das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Beim vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Konzept – nämlich dem Primat der Sachentscheidung und dem untergeordnet die Möglichkeit der Verwaltungsgerichte, bei bestimmten qualifizierten Fallkonstellationen eine kassatorische Entscheidung zu treffen – ging dieser sichtlich von einer belangten Verwaltungsbehörde voraus, welche redlich bemüht ist, ein rechtskonformes Ermittlungsverfahren zu führen. Dass ihr trotz dieses Bemühens Fehler unterlaufen können, ist evident und wird vom Gesetzgeber zugestanden. Sicherlich hatte der Gesetzgeber keine belangte Behörde vor Augen, welche Ermittlungstätigkeiten gezielt und systematisch unterlässt, und sich so ihrer ihr zugewiesenen Zuständigkeit über weite Strecken entledigt.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher im Lichte der oa. Ausführungen insbesondere dann in Betracht kommen,
-
wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,
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wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder
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bloß ansatzweise ermittelt hat.
-
Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Das ho. Gericht verkennt nicht, dass es im Einzelfall zweckmäßig und sinnvoll sein kann, ein durch ein mangelhaft gewährtes Parteiengehör unvollständiges Ermittlungsverfahren im Beschwerdeverfahren zu ergänzen und die Beschwerdesache durch eine meritorische Entscheidung zu finalisieren. Ein solcher Fall liegt hier jedoch aufgrund der nachfolgenden Ausführungen nicht vor:
Im gegenständlichen Fall bestehen aufgrund der identen Vorgangsweise der bB in einer Vielzahl von Verfahren konkrete Anhaltspunkte, dass die bB sowohl in diesem Einzelfall, als auch systematisch in einer Vielzahl anderer Verfahren den – wie vom VwGH bezeichnet – fundamentalen Grundsatz des Parteiengehörs gänzlich ignoriert und so nicht nur in diesem Einzelfall, sondern in einer Vielzahl von Verfahren Willkür übt und gezielt einen essentiellen Teil von Ermittlungen unterlässt.
Ebenso wird darauf hingewiesen, dass die Gewährung des Parteiengehörs regelmäßig mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Stellungnahme der Partei zur Folge hat, wenn sie jenen Sachverhalt von dem die Behörde ausgeht, für unrichtig bzw. unvollständig hält. Diese Stellungnahme bzw. die im Rahmen dieser Stellungnahme angebotenen Beweismittel sind wiederum ein wesentliches Bescheinigungsmittel zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes.
Die bB setzt offensichtlich gezielt auf den Umstand, dass das Verwaltungsgericht den oa. Umstand in seinem Verfahren aufgreift, sich mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, welche in der Beschwerde erstmals die Möglichkeit hatte Stellung zu nehmen, auseinandersetzt und im Ermittlungsverfahren in angemessener Weise berücksichtigt. Dies führt regelmäßig zu einem wesentlich komplexeren Beschwerdeverfahren als es der Fall gewesen wäre, wenn die bB ordnungsgemäß das Parteiengehör gewahrt und die Stellungnahme der Partei in ihrem Verfahren berücksichtigt und so ihren weiteren Ermittlungen zu Grunde gelegt hätte.
Die Verwaltungsbehörde unterließ letztlich offensichtlich gezielt und systematisch Ermittlungen, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden müssen (vgl. das bereits zitierte Erk. d. VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Einzelfallbezogen ergibt sich Folgendes:
Dem Akteninhalt nach unterließ es die belangte Behörde, der bP das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten zur Kenntnis zu bringen und hat die bB somit den elementaren Grundsatz des Parteiengehörs ignoriert. Die Stellungnahme hierzu hätte ein entscheidendes Bescheinigungsmittel dargestellt, in dessen Rahmen es der bP auch möglich gewesen wäre, einen etwaig neu aufgetretenen, aber auch einen bis dato nicht vorgetragenen Sachverhalt zu schildern. Durch diese Vorgehensweise der belangten Behörde hatte die bP nicht die Möglichkeit, sich zum Sachverhalt zu äußern und hat hiermit essentielle Ermittlungsschritte auf das ho. Gericht abgewälzt (zur Relevanz der Verletzung des Parteiengehörs siehe repräsentativ für eine Mehrzahl von Entscheidungen auch ho. Beschluss vom 12.5.2016, L515 2125064-1/3E, insbesondere wird auf die dortigen Ausführungen in Bezug auf die Relevanz der systematischen Verletzung des Parteiengehörs verwiesen).
Gegenständlich kommt noch hinzu, dass das Gutachten vom 17.11.2017 – jedenfalls im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung – aus oben dargelegten Erwägungen zur Entscheidungsfindung nicht geeignet ist.
Aufgrund der in den Vorabsätzen beschriebenen Umstände ist das gegenständliche Verfahren mit Mängeln behaftet, welche zu einer Behebung des angefochtenen Bescheides gem. § 28 Abs. 3 VwGVG führen müssen.
Im Lichte der in den Vorabsätzen dargelegten Überlegungen wird die belangte Behörde die entsprechenden Verfahrensschritte – Einholung eines verwertbaren Gutachtens (unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen, insbes. "2. Beweiswürdigung") – nachzuholen und – nach Gewährung von Parteiengehör – einen entsprechenden Bescheid zu erlassen haben.
Trotz der Einrichtung von Außenstellen des BVwG ist auszuführen, dass aufgrund des organisatorischen Aufbaues des BVwG und des Sozialministeriumservices eine Weiterführung des Verfahrens durch das BVwG im Sinne des § 28 Abs. 2 u 3 VwGVG nicht mit einer Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist bzw. zu keiner wesentlichen Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens führt.
Dies hat zur Folge, dass seitens der bB die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, indem der Sachverhalt iSd § 37 AVG nicht ausreichend ermittelt wurde, keine Berücksichtigung fanden.
Bei Einhaltung der gebotenen verfahrensrechtlichen Bestimmungen hätte die bB ihre Entscheidung aufgrund einer anderen, nämlich umfassenderen Befund- und Beweislage getroffen.
Durch die Zurückverweisung wird die Rechtssache nicht materiell erledigt, sondern es handelt sich um eine prozessuale Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senats und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.
Da die gegenständliche Rechtssache für eine materielle Entscheidung mangels hinreichend feststehenden Sachverhaltes (Abklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes) für den Senat noch nicht verhandlungs- bzw. entscheidungsreif war, ergibt sich die Zuständigkeit für diese Zurückverweisung als Einzelrichter und ist unter Zugrundelegung der oben angeführten Erwägungen der Bescheid nach § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und zur neuerlichen Erlassung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
Dies auch unter dem Aspekt der Raschheit und Wirtschaftlichkeit iSd § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG, da aufgrund der infrastrukturellen Gegebenheiten des BVwG das anhängige Verfahren mit Sicherheit nicht rascher, sondern nur kostenintensiver im Vergleich zum Sozialministeriumservice, durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten, durchgeführt werden kann.
3.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Im vorliegenden Fall stand bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war und das Mehrbegehren zurückzuweisen war, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung iSd § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen konnte.
3.5. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 BVwGG iVm § 28 Abs. 3 VwGVG von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diesbezüglich liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes Gründe vor, insbesondere aufgrund der im
§ 45 Abs. 3 BBG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen.
In diesem Sinne ist die Revision zulässig.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L518.2183996.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.02.2018