TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/24 99/12/0185

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Veröffentlicht am 24.05.2000
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §4 Abs4 Z3;
PG 1965 §62c;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Post und Telekom Austria AG Generaldirektion-Personalamt vom 28. Mai 1999, Zl. 118683-HC/99, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Bemessung des Ruhegenusses für die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1943 geborene Beschwerdeführer steht seit 1971 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war vor seiner Ruhestandsversetzung mit 31. Juli 1997 gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 als "Landzusteller" beim Postamt Tauplitz, Steiermark, eingesetzt.

Mit Bescheid des Personalamtes der Direktion Graz der Post und Telekom Austria AG vom 11. Juli 1997 wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer ab 1. August 1997 ausgehend von der Verwendungsgruppe PT 8, Gehaltsstufe 17, und einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von 36 Jahren und 2 Monaten ein Ruhegenuss im Ausmaß von 100 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage in der Höhe von monatlich S 14.122,70 gebühre. Der Begründung ist unter anderem zu entnehmen, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren des Beschwerdeführers auf Grund der postanstaltsärztlichen Untersuchung vom 28. März 1996, also nach dem 16. Februar 1996, eingeleitet worden sei. Die Abschlagsregelung sei daher anzuwenden; die Ruhegenussbemessungsgrundlage betrage daher nur 68,66 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges.

In seiner Berufung vom 30. Juli 1997 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe bereits mit 18. Juli 1995 in den "Krankenstand" gehen müssen. Da seine Ruhestandsversetzung aus den gleichen Gründen erfolgt sei, hätte es zu keinem Abschlag kommen dürfen, weil das Verfahren bereits vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Berufung abgewiesen.

Zur Begründung wird nach Hinweis auf den Ruhestandsversetzungsbescheid der belangten Behörde, den erstinstanzlichen Ruhegenussbemessungsbescheid, die Berufung des Beschwerdeführers und die angewendete Rechtslage (§§ 4 und 62c PG 1965) im Wesentlichen ausgeführt, zunächst sei über die Berufung des Beschwerdeführers nicht entschieden worden, weil zwischenzeitlich zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle beim Verwaltungsgerichtshof anhängig geworden seien und die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten gewesen wären, um eine einheitliche Vorgangsweise in gleichartigen Fällen erzielen zu können.

Die Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens von Amts wegen setze einen Willensakt der zur Entscheidung berufenen Behörde voraus (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1996, Zl. 97/12/0315). Einen solchen Willensakt habe zu damaligen Zeitpunkt die Beauftragung der Pensionsversicherung der Angestellten (PVAng) zur Erstellung eines Gutachtens als Grundlage für die allfällige Versetzung in den Ruhestand dargestellt. Ein derartiger Verfahrensschritt sei im Falle des Beschwerdeführers auf Grund des Ergebnisses der anstaltsärztlichen Untersuchung vom 28. März 1996 am 1. April 1996 (richtig wohl: 5. April) gesetzt worden. Alle bis dahin durchgeführten anstaltsärztlichen Untersuchungen seien von der Dienstbehörde veranlasst worden, um die Dienstabwesenheiten des Beschwerdeführers zu rechtfertigen; keinesfalls sei daraus eine Willensäußerung des Dienstgebers abzuleiten, ein Ruhestandsversetzungsverfahren einzuleiten. Die Untersuchung des Beschwerdeführers durch die PVAng sei im Mai 1996 erfolgt. Nach Einlangen der Untersuchungsergebnisse sei von der Dienstbehörde die Ruhestandsversetzung durchgeführt worden. Somit sei eindeutig klar, dass das Verfahren der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers nach dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ruhestandsbezüge in gesetzlicher Höhe nach den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 durch unrichtige Anwendung insbesondere des § 62c Abs. 1 dieses Gesetzes, sowie seines § 4 Abs. 4 Z. 3 iVm Abs. 7, weiters durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Im Beschwerdefall ist primär die Frage der Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens des Beschwerdeführers strittig, wobei nicht in Frage gestellt wird, dass der Beschwerdeführer selbst keinen Antrag auf Ruhestandsversetzung gestellt hat.

§ 62c des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) lautet in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, auszugsweise:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30.April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Die Bestimmungen in der im § 62c Abs. 1 genannten Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kennen im Fall der "Frühpensionierung" (vor Vollendung des 60. Lebensjahres) keine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Zur Frage der amtswegigen Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens hat die belangte Behörde zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt, dass diese einen der zur Entscheidung berufenen Dienstbehörde zurechenbaren Willensakt, und zwar damals in Form der Beauftragung der PVAng zur Erstellung eines Gutachtens, voraussetzt. Ungeachtet der bereits früher von der Dienstbehörde erster Instanz veranlassten anstaltsärztlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers, denen aber auch im Hinblick auf die diesbezüglichen Beauftragungen keine Hinweise darauf zu entnehmen sind, dass darin gezielt um die Klärung von Tatsachen aus medizinischer Sicht ersucht worden wäre, die im Lichte des § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 rechtserheblich sind (vgl. mit dem Erkenntnis vom 22. Juli 1999, Zl. 98/12/0160), erfolgte das Ersuchen der PVAng zwar durch die Dienstbehörde erster Instanz, aber unter gleichzeitiger Befassung der belangten Behörde, beides mit 5. April 1996, also rechtserheblich jedenfalls erst nach dem Stichtag des § 62c Abs. 1 PG 1965. Die belangte Behörde ist daher ungeachtet der schon längere Zeit gegebenen Erkrankung des Beschwerdeführers im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren des Beschwerdeführers erst nach dem Stichtag 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist.

Der Beschwerde kommt aber - soweit sie die Zeit ab dem 1. Jänner 1998 betrifft - aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

§ 4 Abs. 4 PG 1965, in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, regelt die Fälle, in denen ein Abschlag nach Abs. 3 leg. cit. nicht stattfindet. Durch das 1. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl. I Nr. 138, wurde für die Zeit vom 1. Jänner 1998 bis 31. Dezember 2002 Folgendes normiert:

"(4) Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt

...

3. wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist."

Abs. 7 in der Fassung des ersten Budgetbegleitgesetzes 1997 regelt näher, was unter Erwerbsunfähigkeit in diesem Sinne zu verstehen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1999, Zl. 98/12/0500, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, ergibt sich iVm § 41 Abs. 1 PG 1965, dass die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 3 leg. cit. ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens (= 1. Jänner 1998) auch auf einen Beamten des Ruhestandes anzuwenden ist, dessen Ruhebezug unter Anwendung der Kürzungsbestimmungen des § 4 Abs. 3 PG 1965, idF BGBl. Nr. 201/1996, festgestellt wurde, wenn er zum Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig (iSd § 4 Abs. 7 leg. cit.) war. Da der angefochtene Bescheid nach dem 1. Jänner 1998 erlassen wurde, die Entscheidung über die Feststellung der Gebührlichkeit des monatlich wiederkehrenden Ruhegenusses ein zeitraumbezogener Abspruch ist, der mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und (oder) tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des (letztinstanzlichen) Bescheides gilt, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, selbst diese während des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens ab 1. Jänner 1998 eingetretene Änderung der Rechtslage, die für die Bemessung des Ruhebezuges des Beschwerdeführers ab dem 1. Jänner 1998 von Bedeutung sein kann, im Zuge ihres Verfahrens zu prüfen und gegebenenfalls eine ab diesem Zeitpunkt eintretende Änderung des Ruhebezuges in ihren Bescheid aufzunehmen.

Dem angefochtenen Bescheid lässt sich nicht einmal ein Ansatz dafür entnehmen, dass die belangten Behörde im Beschwerdefall von einer Anwendung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 ausgegangen wäre. Sie hat daher dadurch, dass sie über den Ruhebezug des Beschwerdeführers auch für die Zeit ab 1. Jänner 1998 abgesprochen und dabei die möglichen Auswirkungen des ab diesem Zeitpunkt eingefügten § 4 Abs. 4 Z. 3 iVm Abs. 7 PG 1965 im angefochtenen Bescheid außer Acht gelassen hat, ihren Bescheid für die Zeit ab 1. Jänner 1998 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Daran ändert auch der Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift nichts, es sei eine diesbezügliche Überprüfung durchgeführt worden, dem Beschwerdeführer aber nicht zur Kenntnis gebracht und in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht aufgenommen worden.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG, soweit der Abspruch den Zeitraum ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999120185.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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