TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/31 L512 1433303-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L512 1433303-3/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas WALDHOF, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, 30.11.2015, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.11.2017, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge "Pakistan" genannt), stellte nach illegaler Einreise am 10.11.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 11.11.2012 Folgendes vor:

Er sei ledig, Moslem/Sunnit, gehöre der Volksgruppe der Punjabi an und habe 9 Jahre die Schule in Pakistan besucht. Zuletzt sei der BF keiner Arbeit nachgegangen. Er habe Pakistan im Juni 2010 verlassen, um in Europa zu leben. Er habe den Weg einer Visumsantragstellung bei der österreichischen Botschaft nicht ausgewählt, da er Analphabet sei. Er habe nicht gewusst, wie alles funktioniere. Er habe auch kein Geld und keine Sicherheiten gehabt. Außerdem habe er einen Streit mit seiner reichen Familie. Der BF habe ein Verhältnis mit seiner Cousine gehabt. Der Onkel des BF und die Cousins habe dies nicht gewollt, da der BF aus einer armen Familie stamme. Der Onkel des BF habe den BF mit dem Tod und die Cousins täglich bedroht. Der BF könne nicht mehr zurück da sein Onkel ihn töten würde (Teil I, AS 25 ff.).

Vor einem Organwalter des damals zuständigen Bundesasylamtes (kurz: BAA) brachte der BF am 22.11.2012 im Wesentlichen Folgendes vor:

Er habe bis zu seiner Ausreise aus Pakistan am 24.06.2010 mit seinen Eltern und Geschwistern im Dorf XXXX , Bezirk Gujranwala gelebt. Zum Fluchtgrund befragt führte der BF aus, er habe mit seiner Cousine eine Affäre gehabt. Als dies der Onkel erfahren habe, sei der BF von den Cousins verprügelt und mit dem Tod bedroht worden. Der BF habe mit einem Cricketschläger einen Schlag auf die linke Stirnhälfte bekommen und zwei Tage im Krankenhaus verbracht. Er sei ein- bis eineinhalb Jahre mit der Cousine zusammen gewesen, die Beziehung sei aber rein platonisch gewesen. Mittlerweile sei die Cousine jedoch bereits verheiratet. Bei einer Rückkehr nach Pakistan fürchte der BF, von der Familie des Mädchens umgebracht zu werden. Außerdem müsse seine Schwester verheiratet werden und in Pakistan könne er das nicht finanzieren (Teil I, AS 67 ff.).

I.1.2. Der (erste) Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 22.11.2012, Az.: 12 16.414-BAT, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt III) (Teil I, AS 99 ff.).

I.1.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als nicht glaubwürdig und auch nicht als asylrelevant. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in Pakistan eine begründete Furcht vor Verfolgung zu vergegenwärtigen gehabt habe oder im Falle einer Rückkehr einer solchen ausgesetzt wäre.

I.1.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf das Bundesasylamt ausführliche Feststellungen.

I.1.2.3. Rechtlich führte das Bundesasylamt aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK, noch § 8 (1) AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Auch stelle eine Ausweisung keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben dar.

I.1.2.4. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 23.11.2012.

I.1.3. Der rechtsfreundliche Vertreter des BF brachte mit Schriftsatz vom 19.12.2012 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und erhob gleichzeitig Beschwerde gegen den oa. Bescheid (Teil I, AS 183 ff.).

I.1.3.1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde damit begründet, dass der BF am XXXX an einer Demonstration in XXXX teilgenommen habe und ihm anschließend die Rückkehr in sein Quartier in XXXX verweigert worden sei. Darin liege ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis.

I.1.3.2. In der Beschwerde wurde der Bescheid des BAA zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, es seien keine ausreichenden Recherchen in Hinblick auf den konkreten Fall vorgenommen worden.

I.1.4. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 19.12.2012 wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 09.01.2013, Az:

12 16.414-BAT, gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen (Teil I, AS 197 ff.).

I.1.4.1. Begründend wurde ausgeführt, die Zustellung des Bescheides sei am 23.11.2012 nachweislich erfolgt, die behaupteten Rückkehrversuche ins Lager XXXX seien jedoch nicht glaubwürdig, zumal es keine diesbezüglichen Aufzeichnungen gäbe.

I.1.4.2. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am 11.01.2013.

I.1.5. In Erledigung der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 24.01.2013 wies der Asylgerichtshof mit Beschluss vom 12.06.2013, Zl. E12 433.303-2/2013-6E, die Beschwerde gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG als unbegründet ab (Teil I, AS 269 ff.).

I.1.5.1. Begründend wurde ausgeführt, dass den BF ein nicht unerhebliches Verschulden an der Versäumung der Rechtsmittelfrist treffe.

I.1.5.2. Die Zustellung des oa. Erkenntnis erfolgte am 14.06.2013.

I.1.6. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 18.06.2013, Zl. E12 433.303-1/2013-4E, wurde die Beschwerde vom 19.12.2012 gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen (Teil I, AS 297 ff.).

I.1.6.1. Die Zustellung des oa. Erkenntnis erfolgte am 20.06.2013.

I.2. Der BF stellte am 22.04.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 22.04.2014 Folgendes vor (Teil II, AS 1 ff.):

Er habe Österreich seit dem negativen Ausgang seines ersten Asylverfahrens nicht verlassen. Seine bisher vorgebrachten Asylgründe seien nach wie vor aufrecht. Die Lage habe sich aber insofern verschlechtert, als seine Familie nun von der Familie des Onkels attackiert worden sei. Der Vater und der Bruder des BF seien zusammengeschlagen und verletzt worden. Seit ca. 6 Monaten würde sich die Familie des BF in einer anderen Stadt versteckt halten. Sie möchten Pakistan verlassen, es sei aber unmöglich, dass die gesamte Familie des BF das Heimatland gemeinsam verlässt. Zudem habe er neue Asylgründe. Er sei bei der Besetzung der XXXX dabei gewesen sei. Er habe sich gegen das System und die Regierung in Pakistan ausgesprochen und habe nun Angst, bei einer Rückkehr von der Polizei bzw. der Regierung umgebracht zu werden. Von Personen, die nach der Besetzung abgeschoben worden seien, sei deren Aufenthalt nun unbekannt und man wisse nicht, ob diese noch leben würden.

Vor einem Organwalter des nunmehr zuständigen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) brachte der BF am 17.07.2014 im Wesentlichen Folgendes vor (Teil II, AS 153 ff.):

Er möchte seinen bisherigen Fluchtgrund dahingehend ergänzen, dass die Cousine des BF schwanger geworden sei. Er habe dies im ersten Asylverfahren nicht erwähnt, weil er sich geniert habe. Nach seiner Ausreise nach Österreich habe sich seine Familie mit der Familie des Mädchens versöhnen wollen, der Onkel habe aber den Vater und den Bruder des BF verprügelt. Aus diesem Grund sei die Familie des BF umgezogen und der BF wisse nicht, wo sie derzeit sei. Außerdem sei während der Besetzung der XXXX gegen die pakistanische Regierung protestiert worden. Die Verbindung zu den ausgewiesenen Flüchtlingen sei abgerissen. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland habe er Angst vor der pakistanischen Polizei.

Mit Schreiben vom 24.07.2014 nahm der BF zu den in der Einvernahme vorgehaltenen Länderinformationen Stellung (Teil II, AS 163).

In einer nochmaligen niederschriftlichen Einvernahme brachte der BF vor einem Organwalter der belangten Behörde am 07.05.2015 vor, er sei seit eineinhalb Monaten [Anfang April 2015] nach islamischen Recht mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er wolle sein im Verfahren angegebenes Geburtsdatum korrigieren lassen, da er nun alle Dokumente beisammen habe, um heiraten zu können. Zu seiner Familie in Pakistan habe er Kontakt, es gehe allen gut. Den neuen Asylantrag habe er gestellt, weil er wegen der Teilnahme an Demonstrationen in Österreich, wo er über die schlechte Situation in Pakistan gesprochen habe, nun große Probleme in Pakistan habe (Teil II, AS 239 ff.).

Am 07.05.2015 wurde XXXX als Zeugin einvernommen. Sie gab zusammengefasst an, sie habe den BF bei Gericht kennen gelernt und sei mit ihm seit 02.04.[2015] nach islamischen Recht verheiratet. Sie selbst sei nicht Muslimin. Der BF übernachte manchmal bei ihr. Zum Fluchtgrund des BF befragt führte sie aus, sie wisse von ihm, dass die Familie wegen seiner Beziehung zu einer Cousine zerstritten sei (Teil II, AS 263 ff.).

I.3. Das BFA stellte am 12.05.2015 bezüglich der Angaben des BF eine Anfrage an die Staatendokumentation (Teil II, AS 273).

I.3.1. Laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.09.2015 wurden Ermittlungen durch einen Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Pakistan durchgeführt. Dabei wurde festgehalten, dass die Identität des BF verifiziert werden konnte, sein Geburtsdatum sei jedoch mit XXXX angegeben worden. Hinweise auf Familienstreitigkeiten oder eine Beziehung zur Cousine hätten sich nicht ergeben. Auch seien keine Informationen zu allfälligen Medienberichten in Pakistan über die Teilnahme des BF an der XXXX auffindbar gewesen. (Teil II, AS 285 ff.).

I.3.2. Laut ergänzender Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.10.2015 sei in Pakistan in einigen Medien über die sogenannten " XXXX " berichtet worden, der Namen des BF sei jedoch nicht gefunden worden. Es seien auch keine Informationen zu jenen Personen auffindbar gewesen, die aus Österreich nach Pakistan zurückgekehrt seien.

I.4. In der ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme vom 25.11.2015 brachte der BF vor, er befürchte aufgrund seiner Verurteilung wegen Schlepperei bei einer Rückkehr nach Pakistan der brutalen Staatsmacht dort ausgesetzt zu sein. Er führe in Österreich ein normales Leben, habe eine Kleintransportfirma und lebe glücklich mit seiner Frau, mit der er traditionell verheiratet sei. Zum Vorhalt der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation bestätigte der BF sein dort mit XXXX angegebenes Geburtsdatum, erkannte auf den Fotos seine Familie und bestätigte, dass es keinen Familienstreit und auch keine Beziehung zur Cousine gegeben habe (Teil II, AS 443 ff.).

I.5. Der gegenständliche Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV) (Teil II, AS 453 ff.).

I.5.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde die Identität des BF mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments für nach wie vor ungeklärt. Hinsichtlich des Vorbringens sprach die belangte Behörde dem BF die Glaubwürdigkeit ab, da seine diesbezüglichen Angaben vage und widersprüchlich gewesen seien und teilweise auch widerlegt worden wären.

I.5.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.5.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe in Höhe von 14 Tagen, da keine Gründe im Sinne des nach § 55 Abs 1 a FPG vorliegen würden.

I.5.4. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 10.12.2015 (Teil II, AS 589).

I.6. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben (Teil II, AS 591ff).

I.6.1. Der Bescheid der belangten Behörde wurde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung zur Gänze angefochten und die Anträge gestellt,

-

dem BF Asyl zu gewähren;

-

allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren;

-

allenfalls den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die I.

Instanz zurückzuverweisen;

-

einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen;

-

eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen;

-

allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären;

-

allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu

erteilen;

-

allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung nach Pakistan unzulässig sei.

I.6.2. Der BF berief sich auf seinen Asylantrag aus politischen Gründen bzw. aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Eine Auseinandersetzung mit der Schutzwilligkeit der pakistanischen Behörden sei unterlassen worden. Auch stehe dem BF keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Bei einer Rückkehr des BF würde dieser aufgrund seiner geraumen Abwesenheit in eine existzenzbedrohende Lage geraten. Zudem sei die Integration des BF in Österreich nicht ausreichend berücksichtigt worden und sei er aufgrund seiner langen Abwesenheit von seiner Heimat entwurzelt.

I.6.3. Mit Beschwerdeergänzung vom 10.01.2016 verwies der BF unter Vorlage eines Studentenausweises (Kopie) auf die korrekte Namhaftmachung seiner Verlobten. Anderslautende diesbezügliche Ausführungen im Bescheid seien unrichtig (OZ 1).

I.7. Nach entsprechender Anforderung des erkennenden Gerichtes langten Gerichtsunterlagen in Bezug auf die Verurteilung des BF ein sowie die Mitteilung über die rechtskräftige Verurteilung des BF ein.

I.8. Für den 13.11.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

I.8.1. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte der BF die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen [Ordnungszahl 13Z].

I.9. Am 23.11.2017 langte eine Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung des BF ein.

I.10. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Der Beschwerdeführer

Beim BF handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, welcher aus dem Dorf XXXX , Bezirk Gujranwala, Provinz Punjab stammt, die Sprachen Punjabi, Urdu, Englisch und ein bisschen Griechisch spricht und sich zum Mehrheitsglauben der Sunniten bekennt.

Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger.

Der BF ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage. Er verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung.

Familienangehörige des BF (seine Eltern, seine drei Schwestern und zwei Brüder sowie weitere Verwandte) leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF.

Der BF reiste illegal nach Österreich ein. Der (erste) Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 10.11.2012 wurde mit Bescheid des BAA vom 22.11.2012, Az.: 12 16.414-BAT, gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt. Der BF hat am 22.04.2014 seinen zweiten, gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Er ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit dem 02.04.2015 nach muslimischem Ritus verheiratet und möchte sie standesamtlich heiraten. Der BF wohnt mit seiner Lebensgefährtin seit dem 25.08.2016 in einer Wohnung zusammen. Der Vater der Lebensgefährtin des BF zahlt die Miete für die Wohnung und kommt für den Lebensunterhalt des BF und seiner Tochter auf. Der BF erhält zudem staatliche Unterstützung. Der BF hat mehrere Deutschkurse besucht. Der BF hat die ÖSD Prüfung Niveau A2 mit gut bestanden.

Der BF war vom 13.10.2015 bis zum 22.09.2016 im Besitz eines Gewerbescheines für Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen bis zu einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von 3.500 kg. Der BF war nicht im Besitz eines Führerscheins und ist nie dieser Arbeit nachgegangen. Der BF schuldet der WKO die Grundumlage für 2015 und 2016 in Höhe von € 174,00, wobei es zu einer Ermäßigung (ursprünglicher Betrag von € 269,00) gekommen ist. Diesbezüglich ist eine Ratenvereinbarung von € 44,00 vier Mal vereinbart.

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , GZ: XXXX wegen dem Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 siebter und achter Fall, Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Der BF hat zusammen mit einer weiteren Person vorschriftswidrig Suchtgift und zwar Marihuana gewerbsmäßig einem verdeckten Ermittler angeboten und überlassen.

Zudem wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , GZ: XXXX wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und 3 Z 2, Z 2 und Abs 4 erster Fall FPG zu einer Freiheitstrafe von 7 Monaten, 6 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Die Identität des BF steht nicht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.7.2017: Anschlag auf einen Gemüsemarkt in Lahore (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einem Gemüsemarkt im ostpakistanischen Lahore sind mindestens 26 Menschen getötet und 58 verletzt worden (DAWN 24.7.2017). Die Explosion ereignete sich auf einem Markt während eines Polizeieinsatzes. (Kurier 24.7.2017).

In Lahore sind in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Anschläge verübt worden. Zu Ostern 2016 waren mehr als 70 Menschen bei einem Selbstmordattentat getötet worden (Zeit Online 24.7.2017).

Die Verantwortung für diesen Anschlag übernahmen die pakistanischen Taliban und beendete eine Periode relativer Ruhe in Pakistans zweitgrößter Stadt (abc News 24.7.2017).

Quellen:

-

abc News (24.7.2017): 26 killed in blast near Lahore's Ferozepur Road,

http://abcnews.go.com/International/wireStory/pakistan-car-bomb-killed-12-wounded-25-lahore-48813419, Zugriff 25.7.2017

-

DAWN (24.7.2017): 26 killed in blast near Lahore's Ferozepur Road, https://www.dawn.com/news/1347364/26-killed-in-blast-near-lahores-ferozepur-road, Zugriff 29.6.2017

-

Kurier (24.7.2017): Pakistan: Mindestens 26 Tote bei Anschlag in Lahore,

https://kurier.at/politik/ausland/pakistan-mindestens-25-tote-bei-explosion-in-lahore/276.825.892, Zugriff 25.7.2017

-

The Telegraph (24.7.2017): At least 26 killed in Lahore Taliban suicide blast that targeted police , http://www.telegraph.co.uk/news/2017/07/24/least-15-killed-lahore-blast-attack-near-government-building/, Zugriff 25.7.2017

-

Zeit Online (24.7.2017):Viele Tote bei Anschlag in Pakistan, http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-07/bombenexplosion-pakistan-anschlag-tote-lahore, Zugriff 25.7.2017

KI vom 4.5.2017: Update zur Sicherheitslage: Anschlagszahlen 1. Quartal 2017 (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Update: Anschlagszahlen des 1. Quartals 2017 laut Aufzeichnungen Pakistan Institute for Peace Studies

Im Jänner 2017 war Pakistan insgesamt von 29 Terroranschlägen betroffen, bei denen 40 Personen getötet wurden. 128 Personen wurden verletzt. Die regionale Verteilung zeigt folgendes Bild: Khyber Pakhtunkhwa – 6 Anschläge mit einem Toten; Sindh - 4 Anschläge mit 3 Toten; alle in Karatschi; Belutschistan - 14 Anschläge mit 7 Toten; FATA - 3 Anschläge mit 27 Toten (PIPS 10.2.2017). Darunter fiel auch der Sprengstoffanschlag auf einen Gemüsemarkt in Parachinar / Kurram Agency, bei welchem am 21.1.2017 mindestens 25 Menschen getötet und rund 85 Personen verletzt worden sind (Dawn 22.1.2017). Die Kurram Agency ist eine mehrheitlich von Schiiten bewohnte Agency, der Verwaltungssitz Parachinar oft Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten (NZZ 31.3.2017). Punjab war von 2 Anschlägen mit 2 Toten betroffen. In Gilgit-Baltistan und XXXX wurden keine Anschläge gemeldet (PIPS 10.2.2017).

Der Februar war nach einer langen Zeitspanne rückläufiger terroristischer Gewaltakte von einem starken Anstieg betroffen. In sechs aufeinanderfolgenden Selbstmordanschlägen wurden allein in weniger als einer Woche beinahe 100 Menschen getötet (BBC News 17.2.2017). Im Februar stiegen die Anschläge und Opferzahlen auf 159 Tote und 426 Verletzte in 32 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Regionale Verteilung: Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 23 Toten; Belutschistan - 8 Anschläge mit 9 Toten; Sindh - 92 Tote in 5 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Darunter finden sich auch die Opfer des Selbstmordanschlages auf den Lal Shahbaz Qalandar - Schrein des Sufismus in Sehwan vom 16.2.2017 (Dawn 17.2.2017). Drei der registrierten Anschläge fanden in Karatschi statt. Punjab war von einem Anschlag mit 16 Toten betroffen. Azad Jammu Kaschmir war von einem Anschlag mit 2 Verletzten betroffen. In der FATA wurden 10 Anschläge mit 19 Toten verübt. XXXX verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 17.3.2017).

Im März ging die Zahl der Anschläge wieder zurück auf 28. Dabei wurden 40 Menschen getötet und 98 verletzt. Regionale Verteilung:

Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 9 Toten; FATA – 9 Anschläge, 30 Tote. Darunter war wieder ein größerer Anschlag in Parachinar, der alleine 23 Tote forderte. In Belutschistan fanden 9 Anschläge statt, niemand wurde dabei getötet. Sindh verzeichnete 2 Anschläge ohne Tote, dabei fand kein Anschlag in Karatschi statt. Der Punjab zählte einen Anschlag mit einem Toten. XXXX verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 14.4.2017).

Das 1. Quartal 2017 verzeichnet mit insgesamt 89 Anschlägen bei einer Opferzahl von 239 Toten und 652 Verletzten zwar eine geringere Anzahl von Anschlägen als im Vergleichszeitraum des 1. Quartals 2016. In diesem wurden 103 Anschläge mit 285 Toten und 547 Verletzte aufgezeichnet (eigene Auswertung aus: PIPS 10.2.2017, PIPS 17.3.2017, PIPS 14.4.2017, PIPS 7.2.2016, PIPS 7.3.2016, PIPS 7.4.2016).

Quellen:

-

BBC News (17.2.2017): Pakistan: IS attack on Sufi shrine in Sindh kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-38994318, Zugriff 17.2.2017

-

Dawn (22.1.2017): 'Terrorists will fail in their attempt to regain lost relevance,' army chief says, http://www.dawn.com/news/1309800/terrorists-will-fail-in-their-attempt-to-regain-lost-relevance-army-chief-says, Zugriff 23.1.2017

-

Dawn (17.2.2017): At least 70 dead as bomb rips through Lal Shahbaz shrine in Sehwan, Sindh, http://www.dawn.com/news/1315136/at-least-70-dead-as-bomb-rips-through-lal-shahbaz-shrine-in-sehwan-sindh, Zugriff 17.2.2017

-

NZZ – Neue Züricher Zeitung(31.3.2107): Mindestens 24 Tote auf belebten Markt,

https://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/bombenanschlag-in-pakistan-mindestens-zehn-tote-auf-belebten-markt-ld.154575, Zugriff 3.5.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (10.2.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2017, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (17.3.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2017, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (14.4.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2017, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.2.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2016, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2016, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.4.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2016, Zugriff 28.4.2017

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province/NWFP) sowie den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von XXXX aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in XXXX abhängig (AA 12.2016a).

Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2016 auf knapp unter 202 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 12.1.2017).

Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die durch die Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 12.2016a).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 12.2016a).

Bei den Parlamentswahlen vom 11.5.2013 wurde eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 – 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief. Die PML-N erreichte eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI (Pakistan Tehreek-e-Insaf) des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion im Parlament (AA 12.2016a).

Ebenfalls am 11.5.2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50 Prozent der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 12.2016a).

Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen war überraschend hoch (NZZ 11.5.2013). Die TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hielt die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Anschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz (DZ 11.5.2013). Im Rahmen der Vorwahlzeit und der Wahlen verübten terroristische Gruppen mehr als 150 Anschläge, bei denen ca. 170 Menschen getötet und 700 verletzt wurden (BFA 10.2014).

Am 30.7.2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9.9.2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari als Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts wurde als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie in Pakistan gewürdigt (AA 12.2016a).

Ministerpräsident Nawaz Sharif erklärte wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit. Die Regierung setzt ihren vorsichtigen Reformkurs fort (AA 12.2016a).

Katastrophen

Nach dem Erdbeben 2005 wurde die National Disaster Management Authority (NDMA) und 2010 Katastrophenmanagement-Behörden in den Distrikten und Provinzen eingerichtet, doch leiden diese an einem Mangel an ausgebildetem Personal, Koordination und finanziellen Ressourcen (IRIN 3.4.2014). In den letzten Jahren haben sich allerdings die Kapazitäten der Regierungsbehörden, der Sicherheitskräfte und der heimischen zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Bewältigung von Katastrophen deutlich verbessert (UNOCHA 31.1.2016).

Bei einem Erdbeben der Stärke 7,5 am 26.10.2015 kamen mindestens 248 Menschen ums Leben. Das pakistanische Militär und Zivilbehörden führten die Rettungsmaßnahmen durch (Dawn 28.10.2015). Beinahe 666.000 Menschen wurden in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa und der Agency Bajaur durch das Beben vertrieben (IDMC/NRC 5.2016). Zwischen März und Juli 2016 wurden 239 Menschen bei starken Monsoon Regenfällen in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa getötet. Die Regierung führte die Rettungs- und Suchaktionen durch, die internationale Gemeinschaft wurde nicht um Hilfe gebeten (UNOCHA 4.7.2016). Im April 2016 kamen 5 Menschen in Pakistan bei einem Erdbeben ums Leben, die Provincial Disaster Management Authority von Khyber Pakhtunkhwa sowie die NDMA übernahmen die Versorgung der von den Fluten Betroffenen, auch hier wurde die internationale Gemeinschaft nicht um Hilfe gebeten (UNOCHA 11.4.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Pakistan – Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 18.3.2017

-

BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 18.13.2017.

-

Dawn (28.10.2015): Earthquake toll reaches 248, relief efforts continue, https://www.dawn.com/news/1215703, Zugriff 29.10.2015

-

IDMC/NRC - Internal Displacement Monitoring/Norwegian Refugee Council (5.2016): GRID 2016 Global Report on Internal Displacement, http://www.internal-displacement.org/globalreport2016/pdf/2016-global-report-internal-displacement-IDMC.pdf, Zugriff 28.11.2016.

-

IRIN (3.4.2014): Analysis: How effective is Pakistan’s disaster authority?,

http://www.irinnews.org/report/99880/analysis-how-effective-is-pakistan-s-disaster-authority, Zugriff 18.3.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (11.5.2013): Hohe Wahlbeteiligung in Pakistan Anschläge fordern mindestens 24 Todesopfer, http://www.nzz.ch/aktuell/international/anschlaege-islamistischer-extremisten-auf-wahllokale-fordern-mindestens-16-todesopfer-1.18079638, Zugriff 18.3.2017

-

UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.1.2016): Humanitarian Bulletin Pakistan Issue 37, December 2015 - January 2016, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/humanitarian_bulletin_dec_jan_2016.pdf, Zugriff 18.3.2017

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.4.2016): Flash Update: #1 Afghanistan-Pakistan Earthquake, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/ocha_flash_update_afg_pak_earthquake_20160410_1_0.pdf, Zugriff 18.3.2017

-

UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (4.7.2016): Flash Update: #2 Pakistan Rains, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/ocha_flash_update_2_pak_rains_20160704.pdf, Zugriff 18.3.2017

-

DZ - Die Zeit (11.5.2013): Anschläge überschatten Wahlauftakt in Pakistan,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-05/pakistan-parlamentswahl-anschlagk, Zugriff 18.3.2017

Sicherheitslage

Zentrales Problem für die innere Sicherheit Pakistans bleibt die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinz Khyber-Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch die pakistanischen Großstädte wie Karachi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 12.2016a). Jedoch hat sich die allgemeine Sicherheitslage quer durchs Land in den letzten drei Jahren verbessert (PIPS 1.2017).

Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen (AA 30.5.2016). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (Federally Administered Tribal Areas - FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden (AA 12.2016a).

Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess jedoch mit Beginn der Militäroperation in Nord-Wasiristan im Juni 2014 abgebrochen. Am 15.4.2014 begann eine umfassende Militäroperation in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der aufständischen Gruppen in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 12.2016a). Die Operation bezog auch benachbarte Regionen der FATA mit ein und hatte das Ziel aufständische Gruppen und Terrorismus zu zerschlagen und die vollständige Kontrolle des Staates über die Stammesgebiete herzustellen (AA 30.5.2016). Ein erheblicher Teil der Rebellen und Terroristen wich jedoch vor der Militäroperation in andere Gebiete Pakistans oder über die Grenze nach Afghanistan aus, so dass der Anti-Terror-Kampf auf absehbare Zeit weiter eine große Herausforderung für das Land darstellen wird (AA 12.2016a).

Als Ergebnis dieser und früherer Operationen der Sicherheitskräfte in den Stammesgebieten gibt es derzeit rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene (AA 30.5.2016). Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen (BAA 6.2013; vgl. BFA 10.2014). Die geordnete Rückführung der vertriebenen Bevölkerung in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 30.5.2016).

Im Na

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten