TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/1 W229 2103831-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

01.02.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §14 Abs2
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W229 2103831-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , BNr. XXXX gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 14.11.2013, AZ XXXX , betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2009, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 27.04.2009 stellte die Beschwerdeführerin einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2009 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Die Beschwerdeführerin ist Bewirtschafterin der Alm mit der BNr. XXXX .

2. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2009, AZ XXXX , wurde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2009 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 930,54 gewährt. Dabei wurden 15,08 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 18,66 ha, davon 6,46 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA von 15,08 ha, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 14,97 ha zugrunde gelegt, sodass sich eine Differenzfläche von 0,11 ha ergab. Begründend wurde auf die Vor-Ort-Kontrolle vom 03.09.2009 verwiesen bei der Flächenabweichungen bis höchstens 3 % und maximal 2 ha festgestellt worden seien.

3. Mit Schreiben vom 12.01.2010 erhob die Beschwerdeführerin Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen den Bescheid vom 30.12.2009.

4. Mit Bescheid der AMA vom 29.09.2010, AZ XXXX (Beschwerdevorentscheidung), wurde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2009 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 930,54 gewährt. Dabei wurden 15,08 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 18,66 ha, davon 6,46 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA von 15,08 ha, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 14,97 ha zugrunde gelegt, sodass sich eine Differenzfläche von 0,11 ha ergab. Begründend wurde auf die Vor-Ort-Kontrolle vom 03.09.2009 verwiesen bei der Flächenabweichungen bis höchstens 3 % und maximal 2 ha festgestellt worden seien. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

5. Am 12.11.2010 fand am Heimbetrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der diverse Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab eine Differenzfläche von 3,71 ha.

6. Am 29.10.2012 fand auf der Alm mit der BNr. XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der diverse Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab eine Almfutterfläche von lediglich 4,54 ha.

7. Am 20.12.2012 erfolgte durch persönliche Vorsprache der Beschwerdeführerin bei der zuständigen Bezirkslandwirtschaftskammer eine rückwirkende Almfutterflächenkorrektur für die Alm mit der BNr.

XXXX für das Antragsjahr 2009 dahingehend, dass die beantragte Futterfläche nunmehr 5,56 ha betrage. Am 30.01.2013 erfolgte die Bearbeitung des rückwirkenden Korrekturantrags durch die AMA mit dem Vermerk, dass diese berücksichtigt wurde.

8. Mit Bescheid der AMA vom 14.11.2013, AZ XXXX , wurde der Bescheid vom 29.09.2010 abgeändert und wurde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2009 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 555,08 gewährt und der Betrag iHv EUR 375,46 rückgefordert. Dabei wurden 15,08 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche von im Ausmaß 17,76 ha, davon 5,56 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA im Ausmaß von 15,08 ha, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 13,03 ha, davon 4,54 ha Almfläche, zugrunde gelegt, sodass sich eine Differenzfläche im Ausmaß von 2,05 ha.

Begründend wurde auf die Vor-Ort-Kontrolle vom 12.11.2010 verwiesen bei der Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt, weshalb der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt worden sei.

9. Mit Schreiben vom 21.11.2013 erhob die Beschwerdeführerin Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen den Bescheid vom 14.11.2013 und stellte die Anträge:

1. den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, andernfalls

2. den angefochtenen Bescheid in der Weise abzuändern, dass

a) die Bemessung der Rückzahlung nach Maßgabe ihrer Berufungsgründe erfolge

b) jedenfalls keine Kürzungen und Ausschlüsse verfügt werden

3. auszusprechen, dass die Rückzahlung bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens aufgeschoben sei,

4. jedenfalls ihr sämtliche Prüfberichte der kontrollierten Alm(en) im Rahmen seines Parteiengehörs vorzulegen,

5. einen Augenschein an Ort und Stelle durchzuführen und

6. mit einem eigenen Feststellungsbescheid die Alm-Referenzfläche auszusprechen.

Weiters brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, im Jahr 2012 sei eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt worden. Diese Vor-Ort-Kontrolle habe eine Fläche von 5,09 ha festgestellt. Im Zuge der Referenzflächenfeststellung durch die AMA im Frühjahr 2013 sei eine Futterfläche von 5,32 ha festgestellt worden. Dieses Ergebnis sei auch durch die Vor-Ort-Kontrolle 2013 bestätigt worden. Sie habe immer mit besten Wissen und Gewissen sich an die Richtlinien der AMA gehalten. Sie habe sich bei der Antragstellung immer auf die amtlich festgestellten Futterflächen der AMA verlassen. Sie habe sich gemäß § 9 der geltenden Invekos-GIS-VO auf das jeweilige amtliche Ergebnis auch verlassen können, da es weder in der Natur noch in der Bewirtschaftungsänderungen gegeben habe. Es liege ein Irrtum der zuständigen Behörde aufgrund der früheren (unzuverlässigeren) Mess-Methode vor. Die Rückzahlungsverpflichtung sei bereits verjährt.

10. Die Beschwerde wurde gemäß § 14 Abs 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte für das Antragsjahr 2009 einen Mehrfachantrag-Flächen. Sie ist Bewirtschafterin der Alm mit der Betriebsnummer XXXX .

Am 12.11.2010 fand am Heimbetrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der diverse Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab eine Differenzfläche von 3,71 ha.

Am 29.10.2012 fand auf der Alm mit der BNr. XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der diverse Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab eine Almfutterfläche von lediglich 4,54 ha.

Am 20.12.2012 erfolgte durch persönliche Vorsprache der Beschwerdeführerin bei der zuständigen Bezirkslandwirtschaftskammer eine rückwirkende Almfutterflächenkorrektur für die Alm mit der BNr. XXXX für das Antragsjahr 2009 dahingehend, dass die beantragte Futterfläche nunmehr 5,56 ha betrage. Am 30.01.2013 erfolgte die Bearbeitung des rückwirkenden Korrekturantrags durch die AMA mit dem Vermerk, dass diese berücksichtigt wurde.

Dem angefochtenen Bescheid vom 14.11.2013 wurde eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 13,03 ha, davon 4,54 ha anteilige Almfutterfläche zu Grunde gelegt, eine Differenzfläche von 2,05 ha festgestellt und als Flächensanktion der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt. Begründend wurde auf die bei der Vor-Ort-Kontrolle vom 12.11.2010 festgestellten Flächenabweichungen verwiesen.

Die Beschwerdeführerin konnte nicht belegen, dass das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrollen unrichtig ist und dass sie an der fehlerhaften Beantragung der Einheitlichen Betriebsprämie 2009 kein Verschulden trifft.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und wurden nicht bestritten. Auch die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen wurden von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten und werden der gerichtlichen Entscheidung daher zugrunde gelegt.

Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft darlegen bzw. belegen, dass sie die Fehlerhaftigkeit der Beantragung nicht habe erkennen können. Mit dem bloßen Hinweis, nach besten Wissen und Gewissen gehandelt zu haben, vermag die Beschwerdeführerin nämlich nicht zu belegen, dass sie sachlich richtige Angaben bei der Beantragung gemacht habe. Auch haben sich sonst keine Anhaltspunkte für ein mangelndes Verschulden aus dem Beschwerdevorbringen bzw. dem Akteninhalt ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Allgemeines

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels spezieller Bestimmung besteht Einzelrichterzuständigkeit.

Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.

Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl. Nr. 376/1992, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die aufgrund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen

Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21.04.2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 73/2009 des Rates sowie mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates, ABl. L 141 vom 30.04.2004, S. 18, im Folgenden VO (EG) 796/2004, lautet auszugsweise:

"Artikel 2

[...]

22. "Ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;"

"Artikel 12

Inhalt des Sammelantrags

(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere

a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;

b) die betreffenden Beihilferegelungen;

c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;

d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;

[...]

f) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat."

"Artikel 19

Berichtigung offensichtlicher Irrtümer

Unbeschadet der Artikel 11 bis 18 kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt."

"Artikel 22

Rücknahme von Beihilfeanträgen

(1) Ein Beihilfeantrag kann jederzeit schriftlich ganz oder teilweise zurückgenommen werden. [...]

Hat die zuständige Behörde den Betriebsinhaber jedoch bereits auf Unregelmäßigkeiten im Beihilfeantrag hingewiesen oder ihn von ihrer Absicht unterrichtet, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, und werden bei dieser Kontrolle Unregelmäßigkeiten festgestellt, so können die von einer Unregelmäßigkeit betroffenen Teile des Beihilfeantrags nicht zurückgenommen werden.

(2) Rücknahmen nach Absatz 1 versetzen den Antragsteller wieder in die Situation, in der er sich vor Einreichung des betreffenden Antrags oder Antragsteils befand."

"Artikel 23

Allgemeine Grundsätze

(1) Die in dieser Verordnung geregelten Verwaltungskontrollen und Vor-Ort-Kontrollen werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Standards für die anderweitigen Verpflichtungen eingehalten wurden."

"Artikel 50

Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen

(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.

(2) Ergibt sich bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt.

(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die im Sammelantrag angegebene Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 51 und 53 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

[...]"

"Artikel 51

Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von Übererklärungen

(1) Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], über der gemäß Artikel 50 Absätze 3 und 5 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.

Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.

Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des Betrags, der der Differenz zwischen der angegebenen Fläche und der gemäß Artikel 50 Absätze 3 und 5 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen. [...]"

"Artikel 68

Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse

(1) Die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

(2) Die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.

Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."

"Artikel 73

Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge

(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 3 berechneten Zinsen verpflichtet.

[...]

(4) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.

Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.

(5) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte von der zuständigen Behörde erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Der in Unterabsatz 1 genannte Zeitraum wird jedoch auf vier Jahre verkürzt, wenn der Begünstigte in gutem Glauben gehandelt hat.

(6) Für Beträge, die aufgrund von Kürzungen und Ausschlüssen gemäß den Bestimmungen des Artikels 21 und des Titels IV zurückgezahlt werden müssen, gilt eine Verjährungsfrist von vier Jahren.

(7) Die Absätze 4 und 5 gelten nicht bei Vorschüssen."

3.2.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:

Nach den angeführten Rechtsvorschriften erfolgt die Auszahlung der Einheitlichen Betriebsprämie auf Grundlage eines Antrages des Beihilfeempfängers. Im vorliegenden Fall hat eine Vor-Ort-Kontrolle vom 29.10.2012 eine Reduktion der Almfutterfläche und eine Vor-Ort-Kontrolle vom 12.11.2010 eine Reduktion der Heimfläche ergeben. Da aufgrund dessen eine Differenzfläche von 2,05 ha – also eine Flächenabweichung von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % – festgestellt wurde, war gemäß Art. 51 VO (EG) 796/2004 der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche zu kürzen.

Das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrollen ist, wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, auf Grund welcher Umstände das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle von der Behörde nicht hätte verwendet werden dürfen. Die Beschwerdeführerin trifft jedoch die Verantwortung für die Richtigkeit der von ihr beantragten Flächenausmaße (VwGH 09.09.2013, 2011/17/0216).

Zur Rückforderung ist darauf zu hinzuweisen, dass Art. 58 VO (EU) 1306/2013 und ähnlich bisher Art. 9 VO (EG) 1290/2005 die Mitgliedstaaten verpflichten, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere auch zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Dies wurde auch in Art. 73 Abs. 1 VO (EG) 796/2004 festgelegt. Aus Vorgängerbestimmungen leitete der Europäische Gerichtshof das unbedingte Gebot der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Prämien, auch aus den Vorjahren, ab (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd. und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 9.9.2013, 2011/17/0216, neuerlich ausgesprochen, dass die Verwaltungsbehörden insbesondere berechtigt und verpflichtet sind, die dem Unionsrecht entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und die Bescheide, mit denen die Betriebsprämien in einer bestimmten Höhe (aber entgegen dem Unionsrecht) zuerkannt worden sind, abzuändern.

Durchbrochen wird dieses Gebot durch den in Art. 73 Abs. 4 VO (EG) 796/2004 geregelten Grundsatz des Vertrauensschutzes und durch den Entfall der Rückforderung, wenn ein Behördenirrtum vorliegt, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Es liegt jedoch kein Behördenirrtum vor, weil fehlerhafte Flächenangaben in die Sphäre des Antragstellers fallen. Ausgehend von dem Grundsatz, dass den Antragsteller die Verantwortung für die Richtigkeit der von ihm beantragten Flächenausmaße trifft, ist es an ihm gelegen, in Zweifelsfällen die beihilfefähige Fläche selbst oder durch Beauftragte, allenfalls auch unter Beiziehung von Sachverständigen zu ermitteln. Dies ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 7.10.2013, 2013/17/0541). Dass die Beschwerdeführerin vor der Antragstellung dahingehende besondere Anstrengungen unternommen hat, wurde von ihr nicht belegt.

Die Beschwerdeführerin geht in ihrer Beschwerde zudem von einem Irrtum der Behörde aus, weil sich die Messsysteme bzw. Messgenauigkeit geändert hätten. Nach den oben angeführten Rechtsvorschriften ist jedoch nur die tatsächlich genutzte Futterfläche beihilfefähig. Mit Bäumen bestandene Flächen können nur insoweit beantragt werden, als auf ihnen die Nutzung der Futterfläche unter denselben Bedingungen möglich ist wie auf Flächen, die nicht baumbestanden sind. Zur Erleichterung der Berechnung nach diesen beiden Kriterien stellte die AMA im Jahr 2000 einen Leitfaden zur Verfügung, der die Ermittlung der Futterfläche auf Almen erleichtern sollte ("Almleitfaden"). In diesem Leitfaden wurde zur Erleichterung der Feststellung des Überschirmungsgrades, also der unproduktiven Fläche unter Bäumen, eine Abschätzung in Prozentschritten vorgeschlagen. Für die Feststellung der nach Abzug der überschirmten Flächen noch verbleibenden unproduktiven Flächen, wie beispielsweise Geröllflächen, wurde keine spezielle Vorgangsweise vorgeschlagen. Jeder Antragsteller blieb dennoch verpflichtet, nur die beihilfefähigen Flächen zu beantragen (vgl. Pkt. 4 des Almleitfadens). Wenn die Beschwerdeführerin einen Irrtum der Behörde darin erblickt, dass diese unzulängliche Flächenfeststellungssysteme zur Verfügung gestellt hat, übersieht sie, dass die Behörde dem Antragsteller lediglich Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen hat, die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben aber beim Antragsteller verbleiben (VwGH 28.06.2016, 2013/17/0025-16). Es wäre in der Beschwerde konkret darzulegen gewesen, wie sich dieser Umstand auf die falsche Beantragung durch die Beschwerdeführerin ausgewirkt hat.

Die VO (EG) 796/2004 enthält in Art. 73 Abs. 5 spezielle Verjährungsbestimmungen. Danach gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als 10 Jahre bzw. bei gutem Glauben mehr als 4 Jahre vergangen sind. Mit der bloßen Beteuerung, die Almfutterfläche sei nach bestem Wissen und Gewissen beantragt worden, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, guten Glaubens gehandelt zu haben. Zudem kann der Rückforderung des übersteigenden Betrages auch deswegen nicht Verjährung entgegen gehalten werden, weil am 12.11.2010 und am 29.10.2012 Vor-Ort-Kontrollen durch die AMA erfolgt sind, durch die die Verjährungsfrist unterbrochen wurde (vgl. VwGH 2012/17/0198, 29.05.2015).

Zum Vorbringen betreffend die Sanktion ist darauf zu verweisen, dass gem. Art. 68 Abs. 1 VO (EG) 796/2004 Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung finden, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Eine Flächensanktion darf demnach nicht verhängt werden, wenn den Beschwerdeführer kein Verschulden an der unrichtigen Beantragung trifft, wobei hier sowohl der EuGH als auch der VwGH einen strengen Maßstab anlegen (vgl. Kahl/Müller, Recht der Unionsbeihilfen: Das österreichische "Almchaos" aus unionsrechtlicher Sicht, in Jäger/Haslinger /Hrsg), Jahrbuch Beihilferecht 2014, 519ff mit Judiakturhinweisen). Die Beweislast dafür, dass ihn kein Verschulden trifft, trägt der Landwirt (VwGH 26.03.2010, 2009/17/0069). Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt konnte die Beschwerdeführerin das fehlende Verschulden nicht belegen. Vor dem Hintergrund der Beweislastumkehr des Art. 68 Abs. 1 VO (EG) 796/2004 reicht die bloße die Behauptung des gewissenhaften Vorgehens nicht aus, um mangelndes Verschulden darzulegen. Dass die Beschwerdeführerin etwa einen Sachverständigen zur Flächenermittlung beigezogen hätte, ergab sich im Verfahren nicht. Die Verhängung einer Flächensanktion war daher ebenfalls nicht zu beanstanden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein Eingehen auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zum Beweisantrag, es mögen der Beschwerdeführerin sämtliche Prüfberichte der kontrollierten Alm vorgelegt werden, ist festzustellen, dass sämtliche Daten und Unterlagen, die Grundlage für die Gewährung der Beihilfe darstellen, dem Landwirt oder dem Almobmann als seinem Vertreter online im Rahmen der Internet-Applikation INVEKOS-GIS zur Verfügung stehen, soweit diese nicht ohnehin persönlich zugestellt werden (§ 10 INVEKOS-GIS-Verordnung). Darüber hinaus ist ebenso auf die ungenützte Möglichkeit zur Akteneinsicht zu verweisen.

Zum Begehren mit einem eigenen Feststellungsbescheid, die Alm-Referenzfläche auszusprechen, wird auf die diesbezügliche Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach weder eine unionsrechtliche noch eine innerstaatliche gesetzliche Grundlage für eine gesonderte Festsetzung der Referenzfläche mittels Feststellungsbescheid besteht (VwGH 10.10.2016, Ra 2014/17/0014).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. eines Lokalaugenscheins konnte abgesehen werden, da das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und die Tatsachenfeststellungen nicht substantiiert bestritten wurden. Das Gericht konnte so aufgrund des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte (VwGH 20.3.2014, 2013/07/0146). Auch der EuGH setzt offensichtlich voraus, dass die Flächenermittlung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (INVEKOS) primär auf Basis der vorliegenden Orthofotos zu erfolgen hat (vgl. EuGH Urteil vom 27. Juni 2013, C-93/12 Agrokonsulting).

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter 3.2.2. angeführte umfangreiche Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).

Schlagworte

Antragsänderung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,
Bescheidabänderung, Beschwerdevorentscheidung, Beweislast,
Beweislastumkehr, Direktzahlung, einheitliche Betriebsprämie,
Feststellungsantrag, Feststellungsbescheid, Flächenabweichung,
INVEKOS, Irrtum, konkrete Darlegung, Konkretisierung, Kontrolle,
Kürzung, Mehrfachantrag-Flächen, Prämienfähigkeit, Prämiengewährung,
Rückforderung, Verjährung, Verjährungsfrist, Verschulden,
Vorlageantrag, Zahlungsansprüche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W229.2103831.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten