Entscheidungsdatum
01.02.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W191 2138925-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2016, Zahl 1073308209-150665161, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.01.2018 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.02.2019 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 11.06.2015 irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte nach seinem Aufgriff in Parndorf, Burgenland, mit vorläufiger Festnahme mangels eines Aufenthaltstitels (gemeinsam mit fünf weiteren Fremden) am darauffolgenden Tag einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF am 25.05.2016 in Mytilini (Griechenland) erkennungsdienstlich behandelt worden war.
1.2. In seiner Erstbefragung am 12.06.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Burgenland, CC (Competence Center) Eisenstadt, gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi im Wesentlichen Folgendes an:
Er stamme aus Ghazni, Afghanistan, sei Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, (schiitischer) Moslem und ledig. Nachdem seine Eltern in Afghanistan im Krieg gestorben seien, als er ein Jahr alt gewesen sei, sei sein Onkel mit ihm und seinem (Zwillings-) Bruder XXXX im Jahr 1999 in den Iran (Kerman) gegangen. Der BF und sein Bruder hätten zuletzt selbst für sich gesorgt und es hätte ihnen die Abschiebung nach Afghanistan gedroht.
Vor ca. drei Monaten sei der BF schlepperunterstützt über die Türkei und Griechenland sowie Mazedonien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich gebracht worden, wo er von der Polizei aufgegriffen worden sei.
Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er im Iran keine Aufenthaltserlaubnis gehabt habe und nicht in die Schule habe gehen dürfen. Da er dort keine Zukunft gehabt habe, habe er beschlossen, das Land zu verlassen.
1.3. Im Verwaltungsakt (Seite 37) liegt ein Aktenvermerk mit einem - nicht ausgefüllten - Formularvordruck mit der Überschrift "Indikatoren für Altersfeststellung" ein. In der Folge wurde das Alter des BF um ein Jahr korrigiert (älter) festgeschrieben.
1.4. Bei seiner Einvernahme am 15.10.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari und einer Vertrauensperson, bestätigte der BF die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und gab im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Einvernahmeniederschrift, Schreibfehler im Original):
" [...] LA [Leiter der Amtshandlung]: Haben Sie Beweismittel, die Sie vorlegen möchten?
VP [Verfahrenspartei]: Ja ich möchte diverse Bestätigungen vorlegen.
Anmerkungen: Die Bestätigung wird in Kopie zum Akt genommen.
LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
VP: Ich bin gesund.
LA: Wo genau in Afghanistan haben Sie gelebt?
VP: Ich habe im Iran gelebt.
LA: Seit wann haben Sie im Iran gelebt?
VP. Ich war ein kleines Kind, als ich vom Onkel mütterlicherseits in den Iran gebracht wurde. Mein Onkel hat mich wegen der Genesung in den Iran gebracht, ich habe am ganzen Körper Brandwunden.
LA: Woher haben Sie diese Brandwunden?
VP: So wie ich es gehört habe, ist unser Haus in Brand gesetzt worden, meine Eltern sind dabei ums Leben gekommen und ich habe diese Brandwunden erlitten.
LA: Wissen Sie wann das genau war?
VP: Ich war 1 1/2 oder 2 Jahre alt.
LA: Wo genau im Iran haben Sie gelebt?
VP: In der Stadt Kerman. Ich hatte keinen fixen Wohnplatz. In meiner Kindheit habe ich im Viertel Kohbanan gelebt. Danach habe ich in Zaran, Barsir, Rafsanjan.
LA: Warum haben Sie die Viertel immer wieder gewechselt?
VP. Weil ich illegal aufhältig war, ich fühlte mich nicht sicher. Ich hatte keinen Status im Iran.
LA: Wer hat für Ihren Lebensunterhalt im Iran gesorgt?
VP: Bis zu meinem 5-6 Lebensjahr hat mein Onkel für mich gesorgt, dann ist er nach Afghanistan zurückgekehrt, und hat mich bei seinem Arbeitgeber zurückgelassen. Dort habe ich gearbeitet. Und später habe ich dann am Bau gearbeitet.
LA: Haben Sie eine Schulbildung?
VP: 2-3 Jahre habe ich selber einen Alphabetisierungskurs besucht.
LA: Wie wurde die Ausreise finanziert?
VP: Ich selbst.
LA: Warum haben Sie den Iran verlassen?
VP: 5 Mal wurde ich vom Iran abgeschoben. Beim 5 Mal war es schon schwierig für mich, die Situation war nicht mehr auszuhalten, deshalb beschloss ich den Iran zu verlassen.
LA: Haben Sie Probleme mit der Polizei oder sonstigen staatlichen Stellen in der Heimat?
VP: Nein. Ich war mein ganzes Leben im Iran.
LA: Welcher Religion gehören Sie an?
VP: Schiit/Islam
LA: Hatten Sie Probleme wegen Ihrer Religion?
VP: Schon, an meinem Aussehen sieht man, dass ich Afghane bin. Es gibt immer diese Probleme. Im Autobus musste ich grundlos aussteigen zum Beispiel.
LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
VP: Hazare.
LA: Gab es Probleme wegen Ihrer Volksgruppe?
VP: Ja, ich persönlich nicht.
LA: Wie bestreiten Sie nun in Österreich Ihren Lebensunterhalt? Welche Unterstützungen beziehen Sie?
VP: Die Grundversorgung.
LA: Haben Sie Familienangehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?
VP: Nein.
LA: Haben Sie Familienangehörige in EU-Staaten?
VP: Nein. Ich habe auch niemanden in Afghanistan. Ich habe nur einen Bruder.
LA: Wo befindet sich Ihr Bruder?
VP: Den letzten Kontakt hatte ich vor 6 Monaten, da wurde er aus dem Krankenhaus entlassen.
LA: Wie hatten Sie Kontakt mit Ihrem Bruder?
VP: Er hat mich angerufen.
LA: Hatten Sie vorher Kontakt mit Ihrem Bruder im Iran?
VP: Ich und mein Bruder sind Zwillinge. Wir waren beide im Iran, aber nachdem er abgeschoben wurde, hat er sich nicht mehr bemüht. Er wurde in Afghanistan von einer unbekannten Person angeschossen, deshalb die Bilder.
LA: Wohin wurden Sie gebracht, wenn man Sie abgeschoben hat?
VP: Nach Nimrouz.
LA: Wielange blieben Sie dort immer?
VP: Eine Nacht, 5-10 Tage höchstens.
LA: Wo haben Sie diese Zeit dann immer verbracht?
VP: Dort gibt es ganz viele Restaurants, wo man auch schlafen kann. Und es sind auch Schlepper dort.
LA: Haben Sie sich diese Aufenthalte immer selber finanziert?
VP: Ja. Es gab einen Afghanen im Iran, der schon Jahre dort aufhältig war, und bei diesem habe ich mein Geld immer hinterlegt.
LA: Haben Sie in Österreich Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?
VP: Für 4-5 Monaten habe ich einen Deutschkurs absolviert. Und es gab auch freiwillige Helfer, die uns unterrichtet haben.
LA: Was können Sie auf Deutsch sagen?
VP: Ich heiße XXXX, ich habe Bruder. Ich bin Maurer (Ast. antwortet auf Deutsch)
LA: In welchen Vereinen oder Organisationen sind und waren Sie Mitglied in Österreich?
VP: Nein.
LA: Was war nun das auslösende Ereignis, warum Sie geflüchtet sind
VP: Afghanistan kenne ich nicht, ich habe meine Eltern dort verloren. Als dann der Vorfall meines Bruders passiert ist, war ich sehr besorgt. Die iranischen Behörden haben mich immer sehr unterdrückt, ich musste auch für die iranischen Behörden 2 Wochen ohne Bezahlung arbeiten und wenn ich es nicht getan habe, musste ich meine Hand in die Klomuschel reinstecken. Nachdem ich es nicht getan habe, wurde ich dann abgeschoben.
LA: Wo ist der Vorfall mit Ihrem Bruder passiert?
VP: In Mazar Sharif.
LA: Was wissen Sie über den Vorfall?
VP: Er hat mir nichts näheres genauers erzählt. Ein gemeinsamer Freund von uns, hat mich angerufen und erzählt, dass unbekannte Personen mit verdeckten Gesicht auf meinen Bruder geschossen hätten.
LA: Können Sie mir den Namen Ihres Bruder angeben!
VP: XXXX.
LA: Wo ist Ihr Bruder jetzt?
VP: Seit 6-7 Monaten weiß ich nichts mehr von ihm. Das war der letzte Kontakt, da ging es ihm schon besser.
LA: Warum können Sie nun nicht mehr in die Heimat zurückkehren?
VP: Ich habe meine Eltern in diesem Land verloren, dann hat sich der Vorfall mit meinem Bruder ereignet. Ich habe am ganzen Körper Brandwunden. Ich möchte nicht mehr in das Land. Einmal im Jahr 1388 als ich abgeschoben wurde, sind die afghanischen Polizisten auch nicht gut mit mir umgegangen.
LA: Was meinen Sie damit?
VP: Ich musste vom Autobus aussteigen, ich wurde durchsucht, ich musste das Geld abgeben. Es war ein Freund von mir dabei, man hat ihm die Kette abgenommen. Man hat zwar nicht auf ihn geschossen aber daneben. Wir mussten auf den Boden hinliegen, und hat sie haben auf uns umhergetrampelt. Ich wollte mich damals um eine Tazkira kümmern, damit ich dieses Leid an den Grenzen nicht mehr aushalten musste, es ist mir aber nicht gelangen.
LA: Möchten Sie die aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland erläutert bekommen, insbesondere über die Sicherheitslage in Kabul ?
VP: Ich kenne alles. Ich habe alles über die Medien mitbekommen, dass es Anschläge gibt und über die Taliban. An den Grenzen habe ich eh schon erzählt wie es war. [...]"
Im Verfahren vor dem BFA wurden seitens des BF Belege bezüglich des angegebenen Schussattentats auf seinen Bruder in Afghanistan (Fotos über dessen Schussverletzung am Bauch) sowie Belege bezüglich der Integration des BF in Österreich vorgelegt.
1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 16.10.2016 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 12.06.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF "2 Wochen" [richtig: 14 Tage] ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Der BF habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Afghanistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Der BF sei aufgrund der schlechten Lebensbedingungen für Afghanen im Iran, wohin sein Onkel mit ihm und seinem Zwillingsbruder als Kleinkind gegangen sei, und nachdem er fünfmal nach Afghanistan, einem Land mit sehr schlechter Sicherheitslage, abgeschoben worden sei, nach Europa geflohen. Damit habe er keine asylrelevante Verfolgung - aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention - geltend gemacht.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat von einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes, speziell in der Landeshauptstadt Kabul, aus Sicht der erkennenden Behörde nicht gesprochen werden könne.
Er könne seinen Lebensunterhalt in Kabul oder Mazar-e Sharif selbst bestreiten. Zusätzlich könne ihn "seine Familie" auch weiterhin vom Iran aus unterstützen.
1.6. Gegen diesen Bescheid brachte der BF fristgerecht mit Schreiben seines rechtsfreundlichen Vertreters das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Rechtswidrigkeit infolge "Verletzung von Verfahrensvorschriften" ein.
In der Beschwerdebegründung wurde das Vorbringen des BF zusammengefasst wiederholt und weiters ausgeführt, dass der Onkel des BF diesen und dessen Zwillingsbruder, als diese ca. fünf Jahre alt gewesen sein, im Iran bei seinem "Arbeitgeber" zurückgelassen hätte. Von da an hätten der BF und sein Bruder Kinderarbeit leisten müssen. Er habe keine Schulbildung erhalten, sondern lediglich einen Alphabetisierungskurs absolviert.
Moniert wurde, dass das BFA die Gründe erörtern hätte müssen, weshalb es zum Brandanschlag auf das Haus der Eltern des BF gekommen sei. Es sei bekannt, dass Angehörige der Volksgruppe der Hazara im Herkunftsstaat verfolgt würden.
Da der BF in Afghanistan keine Angehörigen habe, sei ihm jedenfalls der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.
1.7. Laut Abschlussbericht der PI Ilz kam es am 18.10.2016 in der Neuen Mittelschule zu einem Streit zwischen dem BF und einem weiteren afghanischen sowie einem iranischen Asylwerber, wobei der BF und der iranische Asylwerber leicht verletzt wurden.
Ein gerichtliches Strafverfahren wurde nicht eingeleitet.
1.8. Das BVwG führte am 08.01.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi durch, zu der der BF in Begleitung seines gewillkürten anwältlichen Vertreters und einer Vertrauensperson persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete im Vorhinein auf die Teilnahme an der Verhandlung.
Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
" [...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?
BF: Dari, aufgrund meines langjährigen Aufenthaltes im Iran spreche ich aber etwas besser Farsi.
RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?
D: Farsi.
RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.
Zur heutigen Situation:
RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
BF: Ja.
RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?
BF: Ich leide an Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen.
BFV [Vertreter des BF] legt vor medizinische Belege betreffend den Gesundheitszustand des BF, denen zufolge er u.a. an einer schweren depressiven Episode und an PTBS leidet.
RI: Ich habe im Akt ein Foto mit Brandwunden gefunden, handelt es sich dabei um Sie oder um Ihren Bruder?
BF: Das war ich als Kind, als auf unser Haus ein Brandanschlag verübt wurde. Ich habe heute noch Narben an beiden Armen, am Bauch und an den Beinen.
[Anmerkung: es handelt sich tatsächlich um Fotos betreffend den Zwillingsbruder des BF mit seinen Schusswunden am Bauch]
BF zeigt seine Narben an den Armen und am Bauch.
[...]
Der BF hat bisher keine Bescheinigungsmittel bezüglich seiner Identität und sein Fluchtvorbringen vorgelegt und hat auch heute keine bei sich. Bezüglich seiner Integration (Empfehlungsschreiben, Teilnahme Werte- und Orientierungskurs, Unterricht in der Neuen Mittelschule, Belege ehrenamtlicher Tätigkeiten, Tätigkeit als Erntehelfer - laut BF in der Biolandwirtschaft das Schneiden von Weinstöcken) und seiner Gesundheit legt der BF diverse Belege vor, die in Kopie zum Akt genommen werden.
[...]
Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen
Lebensumständen:
RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?
BF: Mein Name stimmt, mein Geburtsdatum ist entweder der XXXX (umgerechnet XXXX) oder der XXXX (umgerechnet XXXX), aber ich kann es nicht sagen.
RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?
BF: Ich bin Hazara.
RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?
BF: Ich bin schiitischer Moslem.
RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?
BF: Ich bin ledig und nicht verlobt.
RI: Haben Sie Kinder?
BF: Nein.
RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?
BF: Ich habe zwei Jahre lang einen Alphabetisierungskurs besucht, die Schule habe ich nicht besucht.
RI: Womit haben Sie sich im Iran Ihren Lebensunterhalt verdient bzw. wer ist für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen?
BF: Als ich jung war, habe ich in der Landwirtschaft für einen Iraner gearbeitet, als ich älter wurde, habe ich als Bauarbeiter gearbeitet. Seitdem ich mich erinnern kann, habe ich nur gearbeitet.
RI: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat zuletzt genau verlassen?
BF: Ich weiß es nicht genau, ich war eineinhalb oder zwei Jahre alt, als ich mit meinem Zwillingsbruder und meinem Onkel in den Iran gegangen bin.
Zur derzeitigen Situation in Österreich:
RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?
BF: Nein.
RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.
RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch die D verstehen können?
BF: Ja, ich verstehe einiges, kann aber nicht so gut sprechen.
RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und holprig auf Deutsch beantwortet hat.
RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs, oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?
BF: Ja.
RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?
BF: Ich könnte als Hilfskraft in einem landwirtschatlichen Betrieb anfangen.
RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach?
BF: Ich gehe ins Fitnesscenter, ich laufe und fahre mit dem Fahrrad. Ich wollte sehr gerne als ein Feuerwehrmann arbeiten, ich durfte das aber nicht. Da ich nicht mehr arbeitslos sein wollte, habe ich meinen Deutschlehrer darum gebeten, mir zu helfen, eine ehrenamtliche Arbeit zu finden. Ich war einige Male in einem Seniorenheim und wollte dort ehrenamtlich arbeiten, ich erhielt jedes Mal eine Absage, da ich Probleme mit meiner Versicherung hatte. Am Freitag bin ich mit meinem Lehrer XXXX zu diesem Altenheim gefahren und habe mich ein weiters Mal beworben, sie meinten, dass sie mein Problem mit der Versicherung lösen werden und ich dann dort arbeiten kann. Ich spiele auch Fußball und besuche einen Deutschkurs. Ich war auch auf der Suche nach einer Lehrstelle, ich habe in einem Restaurant in Loipersdorf nachgefragt. Sie meinten, dass ich im neuen Jahr ein weiteres Mal kommen sollte, dann könnte ich mich bewerben, sie sind auf der Suche nach einem Lehrling.
RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?
BF: Nein.
RI: Es gab einen Vorfall mit einer Rauferei, was war da los?
BF: Ich habe mich mit einem Iraner gestritten, er hat mich zu Boden gestoßen, und wir sind gemeinsam zur Polizeidienststelle gegangen und haben den Vorfall erzählt. Einige Zeit später sollten wir es noch einmal erzählen, wir haben aber dann nichts mehr davon gehört. Er war verärgert, weil ich ihm nicht bei einem Diebstahl helfen wollte.
RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?
BF: Ich habe noch sporadisch telefonischen Kontakt mit Personen im Iran (ehemaligen Arbeitskollegen), ca. alle drei oder vier Monate. Mit meinem Bruder hatte ich bis zum Frühjahr 2017 manchmal Kontakt. Wir hatten Probleme miteinander. Wenn es nicht sein musste, hat er mich nicht angerufen.
RI: Was ist dann passiert, warum haben Sie jetzt keinen Kontakt mehr mit ihm?
BF: Er hatte keine guten Freunde, er hat geraucht und ich war dagegen. Wir haben uns gestritten, und danach hatten wir keine freundschaftliche Beziehung mehr zu einander.
RI: Welchen Vorfall mit Ihrem Bruder haben Sie in Ihrer Einvernahme am 15.10.2016, Aktenseite 83, gemeint?
BF: An der Grenze zwischen Nimroz und dem Iran haben wir uns getrennt. Ich habe vorgeschlagen, dass wir zurück in den Iran fahren sollen, er meinte, dass er das nicht möchte. Sein Freund hat gesagt, dass Mazar-e Sharif sicher sei. Mein Bruder wollte dorthin ziehen. Es gab eine Schießerei vor dem Haus seines Freundes in Mazar-e Sharif, dabei wurde er verletzt.
RI: Was passierte dann?
BF: Bis zu meinem letzten Kontakt hatte er dort gelebt. Ich weiß nicht, wo er jetzt lebt.
Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
RI: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.
Sind Ihnen diese Angaben noch erinnerlich und, wenn ja, halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint? Sie haben dafür nun ausreichend Zeit und auch die Gelegenheit, allfällige Beweismittel vorzulegen.
BF: Das Gesagte entspricht der Wahrheit, ich möchte nichts mehr hinzufügen.
RI: Wer hat diesen Brandanschlag auf das Haus Ihrer Eltern durchgeführt und warum?
BF: Ich war jung, ich weiß es nicht.
RI: Wann ist der Onkel wieder aus dem Iran nach Afghanistan zurückgegangen und warum?
BF: Ich weiß es nicht genau, vielleicht ist er nach sechs, sieben oder acht Jahren zurückgekehrt. Manche haben gesagt, dass er nach Afghanistan zurückgekehrt ist, und andere meinten, dass er bei einem Gasunfall ums Leben gekommen ist. Vielleicht wollte er uns einfach zurücklassen.
RI: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?
BF: Ich weiß es nicht, es kann sein, dass mir das widerfährt, was meinen Eltern und meinem Bruder passiert ist. Ich habe keine Schulbildung genossen, ich kenne mich dort nicht aus, und ich kenne dort niemanden.
RI: Wo stand das Haus Ihrer Eltern?
BF: In der Provinz Ghazni, im Distrikt Jaghori.
RI fragt VP [Vertrauensperson] um seinen Eindruck zum BF.
VP (sichtlich berührt und bewegt): Ich bin ehrenamtlich Lehrer für Asylwerber. Der BF ist ein grundehrlicher Bursche. Er wurde jahrelang als Zwangsarbeiter ausgenutzt und hat in seinem Leben erst mit elf Jahren erstmals erfahren, dass es einen Lohn für Arbeit gibt. Er ist fleißig und hilfsbereit und hat sich schon im Iran kritische Gedanken zur Politik, zur Stellung der Frauen u.a.m. gemacht. Er wäre ein Gewinn für unsere Gesellschaft.
Der RI bringt unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen die dieser Niederschrift beiliegenden Feststellungen und Berichte [...] in das gegenständliche Verfahren ein.
Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.
RI folgt BFV Kopien dieser Erkenntnisquellen aus und gibt ihm die Möglichkeit, dazu sowie zu den bisherigen Angaben des BF eine mündliche Stellungnahme abzugeben oder Fragen zu stellen.
BFV: Der BF lebte seit seiner frühesten Kindheit im Iran und wurde dort quasi als Kindersklave gehalten. Er konnte im Iran keinerlei Ausbildung absolvieren und verfügt weder im Iran, aber vor allem in Afghanistan über keinerlei soziales oder familiäres Netz. Der BF hat zu keinem Zeitpunkt seines Lebens in Kabul oder in einer anderen afghanischen Großstadt gelebt. Er hat in Afghanistan noch nie gearbeitet und wüsste auch nicht, an wen er sich im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan wenden sollte.
RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.
RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht. [...]"
Das erkennende Gericht brachte weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).
Das BFA beantragte nicht die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und beteiligte sich auch sonst nicht am Verfahren vor dem BVwG. Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 12.06.2015 und der Einvernahme vor dem BFA am 15.10.2016 sowie die Beschwerde vom 31.10.2016
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktenseiten 94 bis
158)
* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 08.01.2018 sowie Einsichtnahme in folgende in der Verhandlung vorgelegte Dokumente:
? Bestätigung Teilnahme an Werte- und Orientierungskurs
? Bestätigung Unterricht in der Neuen Mittelschule
? Belege ehrenamtlicher Tätigkeiten
? Bestätigung Tätigkeit als Erntehelfer
? Empfehlungsschreiben
* Einsichtnahme in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom BVwG zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:
o Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat sowie zur Lage der Hazara (Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017)
o Zusammenfassung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom April 2016
o Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Innern vom Dezember 2016
o Artikel in Asylmagazin 3/2017 "Überleben in Afghanistan? Zur humanitären Lage von Rückkehrenden und ihren Chancen auf familiäre Unterstützung" von Friederike Stahlmann
o Auszug aus einer Anfragebeantwortung von ACCORD zur Situation für AfghanInnen (insbesondere Hazara), die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben und dann nach Afghanistan kommen (u.a. mögliche Ausgrenzung oder Belästigungen); Verhalten der Taliban gegenüber Hazara, die aus dem Iran zurückkehren, vom 12.06.2015 (a-9219)
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:
3.1. Zur Person des BF:
Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX, ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari, er spricht aufgrund seines fast lebenslangen Aufenthaltes im Iran besser Farsi.
3.1.2. Lebensumstände:
Der BF wurde in der Provinz Ghazni geboren, verließ diese aber schon als Kleinkind (ein bis zwei Jahre alt) nach einem Brandanschlag auf sein Elternhaus, bei dem dieses vernichtet und die Eltern getötet wurden und der BF Brandverletzungen (mit Narben bis heute) erlitten hat. Sein Onkel nahm den BF und dessen Zwillingsbruder mit in den Iran und verließ die Brüder wieder, als diese ca. fünf Jahre alt waren, und ging alleine nach Afghanistan zurück.
Der BF und sein Bruder mussten Kinderarbeit leisten und haben keine Schulbildung erhalten, sondern lediglich einen Alphabetisierungskurs absolviert. Er musste als Helfer in der Landwirtschaft sowie später als Bauarbeiter arbeiten.
3.1.3. Anknüpfungspunkte:
Der BF hat keine Verwandten oder Bekannten in Afghanistan, mit denen er Kontakt pflegt. Mit seinem Bruder, der offenbar im Suchtmittelmilieu verhangen ist, hat der BF seit einem Vorfall, bei dem der Bruder eine Schusswunde am Bauch erlitten hat, keinen Kontakt mehr, und sein Onkel hat ihn schon vor ca. 15 Jahren alleine im Iran zurückgelassen.
3.1.4. Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
3.2.1. Der BF hat Afghanistan als Kleinkind (im Alter von ein bis zwei Jahren) verlassen, nachdem seine Eltern bei einem Brandanschlag auf ihr Haus gestorben sind. Der BF hat keine eigenen Erinnerungen an sein Leben in Afghanistan und weiß nichts von den Gründen für den Brandanschlag auf das Haus.
3.2.2. Der BF verließ den Iran, da er als afghanischer Flüchtling über keine Aufenthaltsberechtigung verfügte und bereits mehrmals nach Afghanistan abgeschoben worden war, sowie wegen der schwierigen Lebensbedingungen für im Iran aufhältige Afghanen.
3.2.3. Der BF wurde nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert, ist nicht vorbestraft und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nicht politisch tätig und gehörte nicht einer politischen Partei an.
3.2.4. Der BF hat sein Vorbringen, dass konkret ihm als Angehörigem der Volksgruppe der Hazara sowie schiitischem Muslim Verfolgung drohe bzw. dass jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara sowie schiitische Muslim in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre, nicht glaubhaft gemacht, und konnten somit asylrelevante Gründe des BF für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft gemacht werden.
3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
3.3.1. Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.
3.3.2. Dem BF würde derzeit bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Ghazni, einer besonders volatilen Provinz Afghanistans, in der die Taliban (überwiegend Angehörige der Volksgruppe der Paschtunen) sehr aktiv und präsent sind, ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
Zudem liefe er bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Ghazni mangels familiärer Anknüpfungspunkte, mangels Kenntnis der dortigen Gegebenheiten, Örtlichkeiten und Lebensgewohnheiten Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
3.3.3. Eine Rückkehr und Ansiedelung außerhalb seiner Herkunftsprovinz, insbesondere in Kabul oder Mazar-e Sharif, ist dem BF aufgrund seiner individuellen Umstände (keine sozialen Anknüpfungspunkte, keine Kenntnis der dortigen Gegebenheiten, Örtlichkeiten und Lebensgewohnheiten, der BF war seit seinem zweiten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufhältig, spricht die in Afghanistan gesprochene Sprache Dari nicht mehr gut, hat gesundheitliche Probleme psychischer Art, deren Behandlung in Afghanistan nicht hinreichend gesichert erscheint u.a.m.) nicht zumutbar, zumal er auch dort Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.
3.4. Der BF leidet an gesundheitlichen Problemen (schwere depressive Episode und PTBS) und steht diesbezüglich in ärztlicher Behandlung.
Er hat - wenngleich er hinsichtlich Schulbildung und Ausbildung keine gute Ausgangslage hatte - recht beachtliche Integrationserfolge (soziale Kontakte, Erwerbsmöglichkeiten als Hilfskraft in einem landwirtschaftlichem Betrieb sowie in einem Altenheim etc.) zu verzeichnen.
3.5. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
3.5.1. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 21.12.2017, Schreibfehler teilweise korrigiert):
Politische Lage:
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.) und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vgl. auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.01.2004).
Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.01.2017), nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vgl. CRS 12.01.2017).
Parlament und Parlamentswahlen:
Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9.2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.01.2017).
Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.04.2016 vgl. auch: CRS 12.01.2017).
Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.04.2016).
Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge zum Teil über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9.2016).
Parteien:
Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einigen von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).
Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016).
Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, das von allen Parteien verlangte, sich neu zu registrieren, und zum Ziel hatte, ihre Anzahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber anscheinend nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).
Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine weltanschauliche Organisation oder ein Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratien sind (USIP 3.2015). Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani verbrachte selbst die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 9.2016).
Friedens- und Versöhnungsprozess:
Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG):
Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.09.2016) unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.01.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.09.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.09.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.01.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.09.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 04.02.2017).
Sicherheitslage:
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.01.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint Einzelberichten zufolge auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.02.2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
Mit Stand September 2016 schätzt die Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.01.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 05.01.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: Intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen den Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.08. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen:
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im dritten Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.01.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal an: Zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit fünf von sechs Distrikten und Helmand mit acht von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.01.2017).
Rebellengruppen:
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin, durch Bedrohungen, Entführungen und gezielte Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistische Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen ge