TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/1 W103 1420849-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2018
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Entscheidungsdatum

01.02.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W103 1420849-3/4E

W103 2172042-1/4E

W103 1424455-3/4E

W103 1435772-3/4E

W103 2152773-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXXalias XXXX, geb. XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, 4.)XXXX, geb. XXXX und 5.) XXXX, geb.XXXX, alle StA. Russische Föderation und vertreten durch den XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 06.09.2017, Zln. 1.) 553199707-151181189, 2.) 553199805-150336685, 3.) 579704710-151181235, 4.) 647390808-151181243 und 5.) 1057253505-150337067, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG sowie § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erste Verfahren auf internationalen Schutz:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, Staatsangehörige der Russischen Föderation (aus Dagestan) und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, stellten am 05.04.2011 Anträge auf internationalen Schutz. Im Bundesgebiet wurden in der Zwischenzeit die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder, die nunmehrigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer, geboren, für die ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz gestellt wurden.

Am 05.04.2011 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, meinte der Erstbeschwerdeführer, dass man ihn nicht in Ruhe gelassen habe. Er habe Probleme gehabt (Feinde durch eine religiöse Gruppe - Wahhabiten - Widerstandskämpfer). Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat habe er Angst um sein Leben. Er befürchte, umgebracht zu werden. Dies sei ihm schon mehrfach angedroht worden. Der Erstbeschwerdeführer fürchte sich vor den Wahhabiten, da diese der Meinung seien, dass der Erstbeschwerdeführer Informationen über diese der Polizei liefere.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Laufe ihrer Erstbefragung an, dass man sie und ihren Ehemann nicht in Frieden leben habe lassen. Ihr Ehemann habe Probleme gehabt. Ihr Ehemann und sie seien von den Wahhabiten und der Polizei sehr stark bedroht worden. Von der Polizei sei ihr Ehemann mitgenommen und auf der Station verhört worden.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wurden am 09.05.2011 durch die Erstaufnahmestelle West niederschriftlich einvernommen.

Auf Nachfrage erklärte der Erstbeschwerdeführer, derzeit an keinen Krankheiten zu leiden. Er sei früher wegen eines Herzleidens behandelt worden. Er habe sehr oft Kopfschmerzen und nehme dahingehend Tabletten. Der Erstbeschwerdeführer sei aufgrund seines Herzleidens im Herkunftsstaat bei einem Kardiologen in Behandlung gestanden. Sein Inlandspass sei bereits während seines 18. Lebensjahres ausgestellt worden. Einen internationalen Pass habe er nie beantragt.

Die letzten zweieinhalb Wochen vor seiner Ausreise habe er keinen ständigen Aufenthalt mehr gehabt. Zuletzt habe er sich bei verschiedenen Bekannten in Dagestan - jedoch nie länger als zwei Tage - aufgehalten.

Bis zum Jahr 2010 habe er als LKW-Fahrer und als Bauarbeiter gearbeitet. Zuletzt habe er von seinen eigenen Ersparnissen gelebt. Unterkunft und Essen habe er von seinen Bekannten erhalten. Im Herkunftsstaat würden sich nach wie vor seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester aufhalten. Er habe dort auch noch diverse Onkel, Tanten und Cousins.

Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass er seinem Nachbarn im Dezember 2010 sein Auto verkauft habe. Dieser namentlich genannte Nachbar habe den Wahhabiten angehört, was der Erstbeschwerdeführer jedoch erst später erfahren habe. Der Nachbar habe den PKW wieder weiterverkauft und habe den Erstbeschwerdeführer eines Tages gebeten, Sachen in mehreren Taschen von seinem zuhause zu einer Datscha außerhalb der Stadt zu bringen. Mitte Jänner 2011 seien schließlich bei einer Razzia im Heimatort des Erstbeschwerdeführers drei Wahhabiten von der Polizei getötet worden. Drei Tage später seien völlig unerwartet Polizisten zum Erstbeschwerdeführer nachhause gekommen. Er sei festgenommen und auf die lokale Polizeistation gebracht worden.

Dem Erstbeschwerdeführer sei der Zulassungsschein seines ehemaligen Fahrzeuges gezeigt worden, da sein ehemaliges Auto bei den drei bei der Razzia getöteten Personen gefunden worden sei. Einer der drei Getöteten sei der erwähnte Nachbar des Erstbeschwerdeführers gewesen. Der Erstbeschwerdeführer sei beschuldigt worden, Terrorist und Wahhabit zu sein, da er mit dem getöteten Nachbarn zusammen gesehen worden sei und sein Auto bei den Getöteten gefunden worden sei. Der Erstbeschwerdeführer sei aufgefordert worden, ein Geständnis zu unterschreiben, was er jedoch verweigert habe. Er sei noch in der Nacht freigelassen worden.

Vier bis fünf Tage später seien bewaffnete Männer zum Erstbeschwerdeführer nachhause gekommen. Es habe sich um Mitglieder der Wahhabiten (XXXX-Gruppe) gehandelt. Sie hätten zum Erstbeschwerdeführer gesagt, dass sie darüber Bescheid wissen würden, dass er bei der Polizei gewesen wäre. Er sei von den Wahhabiten einerseits gefragt worden, ob er Angaben bei der Polizei gemacht habe, andererseits sei er von diesen mit dem Umbringen sowie dem Zerstören seines Hauses bedroht worden. Der Erstbeschwerdeführer habe ihnen gesagt, dass er keinerlei Angaben über sie bei der Polizei gemacht habe. Die Wahhabiten hätten gemeint, dass sie dies überprüfen würden. Sie hätten weiters erklärt, eventuell wiederzukommen, damit der Erstbeschwerdeführer für sie weitere Transporte durchführe. Der Erstbeschwerdeführer habe daraufhin sein Auto verkauft.

Ein halbes Monat später - ca. Ende Februar 2011 - sei er von der Straße weg entführt worden. Er sei in einen Raum gebracht worden, der einem Polizeizimmer geähnelt habe. Es seien drei Geheimpolizisten in Zivil zu ihm gekommen und hätten gemeint, dass sie ein Mitglied der XXXX-Gruppe festgenommen hätten. Dieses Mitglied habe ausgesagt, dass es den Erstbeschwerdeführer kenne und er die Gruppe unterstütze. Der Erstbeschwerdeführer habe dies verneint, woraufhin er zusammengeschlagen worden sei. Er habe sich auch geweigert, etwas zu unterschreiben, woraufhin ihm die Nase gebrochen worden sei und er das Bewusstsein verloren habe. Als er wieder aufgewacht sei, sei er in dem Vernehmungszimmer gelegen. Seine Familie habe sich bereits Sorgen gemacht. Seine Mutter habe den Freund des Erstbeschwerdeführers beim Sicherheitsdienst aufgesucht und ihn um Hilfe gebeten. Der Freund habe den Erstbeschwerdeführer ausfindig machen können. Er sei auf der Polizeidienststelle in seinem Heimatort gewesen. Seine Mutter habe €

3.000 Lösegeld bezahlen müssen. Seine Familie habe diesen Betrag bezahlt. Nach zwei Tagen sei die Polizei gekommen und hätte ihn mit dem Auto weggebracht. Unterwegs seien sie stehen geblieben und der Erstbeschwerdeführer sei seinem Freund vom Sicherheitsdienst übergeben worden. Bei diesem habe er zwei Tage lang bleiben können. Sein Freund habe ihm zur Ausreise geraten. Zwischenzeitlich habe er seine Ehefrau telefonisch aufgefordert, zu ihren Eltern zu fahren. Der Erstbeschwerdeführer habe seine Ausreise organisiert und sich währenddessen bei Freunden aufgehalten. Ein Verwandter habe schließlich die Ausreise für ihn organisiert. Andere Fluchtgründe habe er nicht.

Vier Tage nach seiner Freilassung sei er über Empfehlung seines Freundes von der Sicherheitspolizei nach XXXX gefahren. Wegen der Anschläge sei die dortige Bevölkerung jedoch gegen Leute aus dem Kaukasus. Man könne nicht auf die Straße gehen, weshalb er nach drei Tagen wieder nach Dagestan zurückgekehrt sei. Der Erstbeschwerdeführer könne keine Beweismittel für sein Vorbringen vorlegen. Er habe jedoch Spuren seiner Misshandlungen. Der Erstbeschwerdeführer brachte seinen Führerschein und seine Heiratsurkunde in Vorlage.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Zuge ihrer Befragung im Wesentlichen vor, den Entschluss zur Ausreise habe ihr Ehemann gefasst, da dieser Probleme gehabt habe.

Unmittelbar vor der Ausreise - ca. einen Monat lang - habe sie bei ihren Eltern gelebt. Im Herkunftsstaat würden sich unverändert ihre Eltern, ihr Bruder und ihre Schwester aufhalten. Sie habe dort auch noch Onkel, Tanten und Cousins.

Das Verlassen ihres Herkunftsstaates liege in den Gründen ihres Ehemannes begründet. Sie selbst habe keine eigenen Fluchtgründe gehabt. Ihr Ehemann habe Probleme mit den Wahhabiten und der Polizei gehabt. Einmal sei die Polizei nachhause gekommen, als die Zweitbeschwerdeführerin zuhause gewesen sei. Ihr Ehemann sei mitgenommen worden. Einmal sei ihr Ehemann auch von der Straße weg entführt worden. Er sei dann zwei Tage lang weg gewesen. Genaueres zu den Problemen ihres Ehemannes mit den Wahhabiten könne sie nicht angeben. Ihr Ehemann habe sein Auto an die Wahhabiten verkauft. Die Polizei sei dann aufgrund seines früheren Autos gekommen, das irgendwo aufgefunden worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin habe persönlich miterlebt, wie ihrem Ehemann ohne Worte Handschellen angelegt worden seien und er mitgenommen worden sei. Noch am selben Tag (in der Nacht) sei er wieder freigelassen worden. Er habe der Zweitbeschwerdeführerin gesagt, dass er verdächtigt werde, Verbindungen zu den Wahhabiten zu haben und er deswegen auch etwas unterschrieben habe. Die Wahhabiten seien auch einmal gekommen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei jedoch nicht zuhause gewesen. Sie hätten mit ihrem Ehemann gesprochen, sie wisse jedoch nicht worüber. Ihr Ehemann habe ihr davon nichts erzählt, da dieser Angst davor gehabt habe, dass ihre Eltern die Zweitbeschwerdeführerin mitnehmen würden.

Als er beim zweiten Mal - nachdem er von der Straße mitgenommen worden sei - wieder zurückgekommen sei, habe er eine gebrochene Nase und eine Gehirnerschütterung gehabt. Er habe jedoch keinen Arzt aufgesucht. Sein Freund habe ihm geraten, dass Haus zu verlassen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei zu ihren Eltern gegangen, ihr Ehemann habe sich bei verschiedenen Bekannten aufgehalten. Die Wahhabiten hätten von ihrem Ehemann auch verlangt, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin nur verschleiert zeigen und eine Pilgerreise nach Mekka machen solle. Die Polizei habe ihrem Ehemann gedroht, dass eine Granate auf sein Elternhaus geworfen werde. Auch der Freund von der Sicherheitspolizei habe gesagt, dass es besser wäre, das Land zu verlassen. Konkret nach asylrelevanten Aspekten einer Verfolgung befragt, meinte sie, dass sie aufgrund ihrer Religion verfolgt worden sei. Dahingehend führte sie die Aufforderung, sich verschleiert zu zeigen und die Mekkareise an.

Am 14.06.2011 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin durch das Bundesasylamt, Außenstelle XXXX, niederschriftlich einvernommen. Eingangs danach befragt, erklärte der Erstbeschwerdeführer, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er habe öfters Kopfschmerzen und nehme bei Bedarf Schmerzmittel. Im Herkunftsstaat sei er dahingehend nicht in Behandlung gestanden. Befragt, ob er mittlerweile irgendwelche Dokumente besorgt habe, verneinte der Erstbeschwerdeführer dies. Er habe keine Dokumente. Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, schilderte der Erstbeschwerdeführer, in Dagestan geboren und aufgewachsen zu sein. Er habe dort die Schule und ein College besucht und im Jahr 2010 geheiratet. Bis zu seiner Ausreise habe er zusammen mit seiner Mutter im Heimatdorf gelebt. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine Mutter lebe nunmehr alleine im Elternhaus. Sie arbeite als Verkäuferin und beziehe eine Alterspension. Der Erstbeschwerdeführer habe die letzten zweieinhalb Jahre als LKW-Fahrer gearbeitet. Davor habe er auf verschiedenen Baustellen als Gelegenheitsarbeiter gearbeitet. Seine Ehefrau habe das letzte halbe Jahr als Kindergärtnerin gearbeitet. Seine Schwester lebe in XXXX, der Bruder lebe in XXXX. Die Ausreise sei im März 2011 erfolgt, wobei hiezu im Wesentlichen dieselben Angaben wie in der Erstbefragung getätigt wurden.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass ihn der Staat nicht in Ruhe gelassen habe und er auch mit einer kriminellen Vereinigung Probleme gehabt habe. Irgendwann um den 20.12.2010 habe er jemandem sein Auto verkauft. Sein Nachbar habe dem Erstbeschwerdeführer dann eine Woche später erzählt, dass dieser Mann das Auto wieder weiterverkauft habe. Der Nachbar habe ihn gebeten, irgendwelche Taschen an einen Ort außerhalb der Stadt zu bringen. Er habe gesagt, dass es sich um Dinge handle, die er nicht mehr brauche. Einige Zeit später habe es eine Razzia in seinem Wohnviertel gegeben, bei der drei Widerstandskämpfer verhaftet worden seien. Drei Tage später sei die Polizei gekommen und habe den Erstbeschwerdeführer mitgenommen. Man habe ihm Fotos von seinem verkauften Auto gezeigt. Das Auto sei dort gestanden, wo die Widerstandskämpfer verhaftet worden seien. Da sei auch klar geworden, dass einer von den Verhafteten sein Nachbar gewesen sei. Es sei behauptet worden, dass der Erstbeschwerdeführer Besitzer dieses Autos sei. Der Erstbeschwerdeführer habe erklärt, dass er das Auto verkauft habe und nicht wissen würde, wie es zu diesem Haus gekommen sei. Man habe dem Erstbeschwerdeführer Fotos gezeigt, wie er mit seinem Nachbarn Säcke schleppe. Er sei beschuldigt worden, die Widerstandskämpfer zu unterstützen. Er sei bis zum Abend desselben Tages festgehalten und verhört worden. Man habe ihn dann freigelassen und gesagt, er werde noch von ihnen hören. Nach einer Woche seien dann drei Männer zu ihm nachhause gekommen. Diese hätten behauptet, den Erstbeschwerdeführer zu kennen. Sie hätten weiters behauptet, dass der Erstbeschwerdeführer ein guter Freund des Nachbarn gewesen sei. Sie hätten den Erstbeschwerdeführer weiters beschuldigt, Informationen an die Polizei weiterzugeben. Der Erstbeschwerdeführer meinte, mit seinem Nachbarn wohl Schlafsäcke und Lebensmittel für die Widerstandskämpfer transportiert zu haben. Die drei Männer hätten weiters behauptet, dass die Polizei durch die Aussagen des Erstbeschwerdeführers das Versteck für diese Dinge gefunden hätte. Der Erstbeschwerdeführer habe seine Telefonnummer hergeben müssen. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass sie ihn wieder anrufen würden. Er sei auch für den Fall bedroht worden, Informationen an die Polizei weiter zu geben. Er sei im Übrigen von den drei Männern zur Zusammenarbeit aufgefordert worden. Der Erstbeschwerdeführer habe einen Freund beim FSB in XXXX kontaktiert. Dieser habe dem Erstbeschwerdeführer geraten, auch sein zweites Auto zu verkaufen, um nicht weiter in Verdacht zu stehen, den Widerstandskämpfern zu helfen. Der Erstbeschwerdeführer habe in der Folge sein zweites Auto an einen Verwandten verkauft.

Am 17. oder 18.12.2010 sei er gegen Abend von der Straße weg in ein Auto gezerrt und mitgenommen worden. Man habe ihm einen Sack über den Kopf gestülpt. Als er wieder sehen habe können, habe er sich in einem Kellerraum befunden. Es habe sich um das Milizrevier seines Bezirks gehandelt. Beamte hätten ihm mitgeteilt, dass ein Verbrecher ausgesagt habe, dass der Erstbeschwerdeführer Widerstandskämpfern Lebensmittel gebracht habe. Der Erstbeschwerdeführer sei auf einem Foto erkannt worden. Seine Mutter habe sich große Sorgen um den Erstbeschwerdeführer gemacht und dann den Freund des Erstbeschwerdeführers beim FSB angerufen. Dieser habe den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers herausgefunden. Seinem Freund sei dann gesagt worden, dass für die Freilassung des Erstbeschwerdeführers € 3.000 bezahlt werden müssten. Garantie, dass er nicht wieder festgenommen werde, könne aber keine gegeben werden. Seine Verwandten hätten das Geld bezahlt, woraufhin der Erstbeschwerdeführer zwei Tage später freigelassen worden sei. Während der Anhaltung sei er auch geschlagen worden, weil er sich geweigert habe, gewisse Unterlagen zu unterschreiben. Es sei ihm auch gedrohten worden, ihm Waffen oder Granaten unterzuschieben und ihn als Terrorist zu verurteilen. In der Zeit der Anhaltung sei er auch auf den Kopf geschlagen worden, weshalb er jetzt Kopfschmerzen habe. Er habe auch einmal das Bewusstsein verloren. Außerdem habe man ihm die Nase gebrochen. Nach zwei Tagen sei er in ein anderes Gebäude gebracht worden, wo man ihn seinem Freund vom FSB übergeben habe. Dieser habe den Erstbeschwerdeführer zu sich nachhause gebracht. Von dort aus habe er telefonischen Kontakt mit seiner Mutter und seiner Ehefrau aufgenommen. Seine Ehefrau habe er aufgefordert, zu ihren Verwandten zu gehen. Auch seine Mutter sei vorübergehend zu Verwandten gegangen. Er sei dann noch einige Zeit bei Freunden und Verwandten gewesen. Er sei sogar einige Zeit in XXXX bei einem Freund gewesen, wo es aber zu Zusammenstößen zwischen Kaukasiern und Russen gekommen sei. Aufgrund dieser Situation habe er in XXXX nicht auf die Straße gehen können, weshalb er wieder nachhause zurückgekehrt sei. Sein Freund vom FSB habe gemeint, dass er sich in einer sehr ernsten Situation befinde und es besser für ihn wäre, das Land zu verlassen. Der Freund habe dann für den Erstbeschwerdeführer die Ausreise organisiert. Seine Ehefrau habe Goldschmuck verkauft und die Ersparnisse gesammelt. In der Folge seien sie ausgereist. Auf konkrete Befragung durch den einvernehmenden Referenten erklärte der Erstbeschwerdeführer, alles erzählt zu haben. Er habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen. Für den Fall einer eventuellen Rückkehr in seine Heimat befürchte er, umgebracht zu werden. Er sei ja von der kriminellen Vereinigung bedroht worden. Er habe aber auch Angst vor den Behörden, da Menschen in seiner Heimat spurlos verschwinden würden. Die behauptete Drohung seitens der kriminellen Vereinigung habe er nicht zur Anzeige gebracht, da er ja von den Behörden selbst beschuldigt worden sei, mit besagter krimineller Vereinigung zusammenzuarbeiten. Auf Vorhalt aktueller Länderinformationen zum Herkunftsstaat erklärte der Beschwerdeführer, dass er zu diesen nicht schriftlich Stellung beziehen wolle. Er verzichte darauf, da ihm die allgemeine Situation in seiner Heimat bekannt sei.

Zu seinem Privat- und Familienleben im Bundesgebiet gab er an, dass er mit seiner Ehefrau in einer Flüchtlingsunterkunft versorgt werde. Sie hätten selbst kein Geld und würden Unterstützung benötigen. Der Beschwerdeführer sei in keinem Verein und keiner Organisation tätig. Er besuche auch noch keinen Deutschkurs. Im Moment mache er nichts. Er sei bislang im Bundesgebiet keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und habe auch keine nahen Bindungen zu Österreich. Abgesehen von seiner Ehefrau habe er im Bundesgebiet keine weiteren Verwandten oder Familienangehörige. In Österreich habe er auch keine Freunde oder Bekannte, die er bereits aus seinem Heimatland kenne.

Abschließend erklärte der Beschwerdeführer auf Nachfrage, alles gesagt zu haben und Gelegenheit gehabt zu haben, alles vorzubringen, was ihm wichtig sei.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Wesentlichen Folgendes an:

Zu ihren Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, schilderte sie, in Dagestan geboren und aufgewachsen zu sein. Sie habe ihren Ehemann im Dezember 2010 geheiratet. Sie habe die Grundschule absolviert und fünf Jahre Recht studiert. Ca. zwei Jahre habe sie als Erzieherin in einem Kindergarten gearbeitet. Dies habe sie neben ihrem Studium gemacht. Ihre Eltern würden in Dagestan leben. Ihre Mutter leite einen Kindergarten, ihr Vater handle mit Autos. Ihre Eltern hätten ein eigenes Haus. Ihre Geschwister würden sich im Herkunftsstaat aufhalten. Nach der Hochzeit sei sie von ihren Eltern zu ihrem Ehemann gezogen.

Konkreter Grund für die Ausreise aus der Heimat sei gewesen, dass ihr Ehemann mit Wahhabiten und der Polizei Probleme gehabt habe. Deswegen seien sie ausgereist. Die Zweitbeschwerdeführerin selbst habe konkret keine Probleme gehabt und sei auch nicht verfolgt worden. Ihr sei auch nicht gedroht worden. Sie sei lediglich aufgrund ihres Ehemannes ausgereist. Auf Nachfrage meinte die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie alles erzählt habe. Sie habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei in ihrem Herkunftsstaat keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen. Es habe auf sie persönlich keine Übergriffe gegeben. Sie sei auch nie von jemandem misshandelt worden. Für den Fall einer Rückkehr befürchte sie, auch von den staatlichen Behörden gesucht zu werden. Sie habe Angst davor mitgenommen zu werden und spurlos zu verschwinden. Dies hänge mit den Problemen ihres Ehemannes zusammen. Dieser sei ja mitgenommen und geschlagen worden.

Zu den Problemen ihres Ehemannes befragt, schilderte die Zweitbeschwerdeführerin, dass ihr Ehemann dessen Auto an einen namentlich genannten Mann verkauft habe. Es habe sich später herausgestellt, dass dieser Widerstandskämpfer sei. Es habe eine Razzia gegeben, in deren Zuge drei Widerstandskämpfer gefunden worden seien. Die drei seien getötet worden. Ihr Ehemann sei in der Folge mitgenommen worden, da ihm vorgeworfen worden sei, dass er mit den Widerstandskämpfern zusammenarbeite. Ihr Ehemann sei zwei Mal verhaftet worden. Er habe seinem Nachbarn auch einmal geholfen Taschen wegzubringen. Darin sollen Lebensmittel für Widerstandskämpfer gewesen sein. Alles habe mit dem Verkauf seines Autos angefangen.

Die Zweitbeschwerdeführerin selbst habe konkret den Besuch der Polizei zuhause miterlebt, bei dem ihr Ehemann ohne Erklärung in Handschellen mitgenommen worden sei. Dieser Vorfall habe sich drei oder vier Tage nach dem Vorfall mit den Widerstandskämpfern zugetragen. Der Vorfall habe sich glaublich Mitte Jänner zugetragen. Die Zweitbeschwerdeführerin und ihr Ehemann seien beide zuhause gewesen. Es habe an der Tür geklopft. Die Zweitbeschwerdeführerin habe die Tür geöffnet. Sie hätten nach Vor- und Nachnamen ihres Ehemannes gefragt. Sie hätten ihn gerufen und ihn danach sofort mitgenommen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe drei Leute gesehen. Auf deren Bekleidung habe sie nicht geachtet. Sie hätten eine Uniform getragen. Sie wisse jedoch nicht, wie diese ausgesehen haben. Die Männer seien bewaffnet jedoch nicht maskiert gewesen. Sie könne sonst nichts über besagte Männer sagen. Ihre Schwiegermutter sei auch zuhause gewesen. Der Vorfall habe nur wenige Minuten gedauert.

Weitere Angaben könne die Zweitbeschwerdeführerin zum Vorfall nicht machen. Es habe keine Hausdurchsuchung gegeben und sie wisse auch nicht mehr, um welchen Wochentag es sich gehandelt habe. Sie könne sich auch nicht mehr an die Uhrzeit erinnern, glaube jedoch, dass es nach dem Mittagessen gewesen sei. Die Männer hätten nichts erklärt. Sie hätten lediglich ihrem Ehemann Handschellen angelegt und ihn mitgenommen. Es sei nichts gesprochen worden. Sie habe lediglich ihren Ehemann gerufen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe nichts gemacht. Ihr Ehemann sei am selben Tag wieder freigelassen worden. Es sei irgendwann in der Nacht gewesen. Die Uhrzeit könne sie nicht sagen. Es sei noch vor Mitternacht gewesen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe noch nicht geschlafen. Beim Besuch der drei unbekannten Männer sei die Zweitbeschwerdeführerin nicht zuhause gewesen. Sie sei bei ihren Eltern gewesen. Ihre Schwiegermutter sei glaublich bei ihren Verwandten gewesen. Die zweite Verhaftung sei von der Straße weg - glaublich Ende Februar 2011 - erfolgt. Über einen Freund hätten sie erst von der Verhaftung erfahren. Nach Zahlung des Lösegeldes sei er freigelassen worden. Ihr Ehemann habe ihr geraten, zu ihren Eltern zu gehen und der Zweitbeschwerdeführerin gesagt, dass er eine Zeit lang nicht nachhause kommen werde.

Zu ihrem Privat- und Familienleben in Österreich erklärte sie, in Österreich mit ihrem Ehemann in einer Flüchtlingsunterkunft zu leben und dort versorgt zu werden. Sie hätten selbst kein Geld und würden Unterstützung benötigen. Sie sei kein Mitglied in einem Verein und besuche auch keine Organisation. Sie besuche auch noch keinen Deutschkurs, man habe ihr aber versprochen, dass es bald einen Kurs geben werde. Sie sei den ganzen Tag zu Hause und mache nichts. Sie sei seit ihrer Einreise keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und habe auch keine nahen Bindungen zu Österreich. Abgesehen von ihrem Ehemann habe sie auch keine Verwandten oder Familienangehörige in Österreich.

Mit Faxeingabe vom 22.06.2011 wurde ein Schreiben eines HNO-Facharztes vorgelegt. Darin wurde dargelegt, dass im Bereich des Nasenbeines des Erstbeschwerdeführers keine frischen knöchernen Verletzungszeichen zu erkennen seien. Eine behauptete vor vier Monaten zugefügte Nasenbeinfraktur sei aus dem heutigen klinisch-radiologischen Befund jedenfalls nicht mit Sicherheit abzuleiten. Vielmehr dürfte es sich um einen angeborenen Nasenschiefstand nach links mit leichter Subluxatio septi handeln. HNO-seitig sei keine spezielle Therapie erforderlich.

Mit Faxeingabe vom 27.06.2011 übermittelten die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien eine von ihnen verfasste handgeschriebene Eingabe, in der sie den Vorfall, als die Polizei zu ihnen nachhause gekommen sei, neuerlich darlegten.

1.2. Mit Bescheiden vom 01.08.2011 wies das Bundesasylamt die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte diesen den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I). Weiters wurde ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und sie gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Den Bescheiden wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt. Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers erachtete das Bundesasylamt als unglaubwürdig, da dieses eine lediglich in den Raum gestellte Behauptung darstelle. Das Vorbringen sei nicht plausibel und auch nicht nachvollziehbar vorgetragen worden. Im Übrigen hätten sich Widersprüche ergeben. Der Erstbeschwerdeführer habe die jeweils von ihm geschilderten Vorfälle lediglich vage und oberflächlich schildern können und insbesondere keine genaue zeitliche Einordnung treffen können. Für die belangte Behörde sei weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit, der emotionslose Sachvortrag des Erstbeschwerdeführers gewesen. Es hätten sich auch keine Umstände für die Erteilung subsidiären Schutzes ergeben. Die Ausweisung erachtete das Bundesasylamt im Lichte des Art. 8 EMRK als notwendig und geboten.

1.3. Gegen diese Bescheide erhoben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 12.08.2011 fristgerecht Beschwerde, in welcher diese wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache ihrem gesamten Inhalt nach angefochten wurden.

1.4. Am XXXX wurde der nunmehrige Drittbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren, für welchen durch seine gesetzliche Vertreterin am 28.12.2011 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.01.2012 bezüglich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wie auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen und die Ausweisung des Minderjährigen in die Russische Föderation verfügt. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit schriftlicher Eingabe vom 03.02.2012 wurden Deutschkursbestätigungen sowie eine Prüfungsbestätigung (A2 Grundstufe Deutsch 2) betreffend die Zweitbeschwerdeführerin übermittelt.

Im Schreiben der LPD XXXX vom 05.12.2012 wurde dargelegt, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund versuchten Ladendiebstahls zur Anzeige gebracht worden sei. Die Staatsanwaltschaft XXXX teilte mit Schreiben vom 07.03.2013 mit, dass von der Verfolgung des Erstbeschwerdeführers wegen versuchtem Ladendiebstahl nach Zahlung eines Geldbetrages zurückgetreten worden sei.

1.5. Am XXXX wurde die nunmehrige Viertbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren und für diese durch ihre gesetzliche Vertreterin am 15.04.2013 ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, welcher mit - in weiterer Folge in Beschwerde gezogenem - Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.05.2013 sowohl bezüglich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen wurde, unter einem wurde die Ausweisung der Viertbeschwerdeführerin in die Russische Föderation verfügt.

Mit E-Mail vom 28.04.2013 wurde eine bedingte Einstellungszusage einer Gebäudereinigungsfirma für den Erstbeschwerdeführer übermittelt.

1.6. Am 28.05.2013 fand vor dem Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei der der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin einvernommen und zur Aktualität ihrer Fluchtgründe bzw. zu einer mittlerweile erfolgten Integration befragt wurden. Dabei wurden aktuelle Länderberichte zur Lage in der Russischen Föderation und insbesondere zu Dagestan vorgelegt und eine entsprechende Stellungnahmefrist gewährt.

Im Zuge der Beschwerdeverhandlung wurde ein Konvolut an Unterlagen in russischer Sprache vorgelegt, wonach nach dem Erstbeschwerdeführer im Herkunftsstaat gefahndet werde und er als Beschuldigter vor die staatlichen Behörden geladen worden sei. Eine entsprechende Übersetzung der vorgelegten Unterlagen wurde durch den Asylgerichtshof infolge der Beschwerdeverhandlung veranlasst.

Im Übrigen wurden die bereits vorgelegte bedingte Einstellungszusage sowie ein Empfehlungsschreiben vorgelegt.

Mit Faxeingabe vom 03.06.2013 wurde eine entsprechende Stellungnahme übermittelt, wonach sich der Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau unmittelbar nach deren Erhalt um Übermittlung der in der Beschwerdeverhandlung vorgelegten russischen Unterlagen bemüht hätten. Diese seien am 08.03.2013 per E-Mail durch die XXXX an den Asylgerichtshof übermittelt worden.

1.7. Die Beschwerden wurden vom Asylgerichtshof mit Erkenntnissen jeweils vom 30.07.2013, Zln. D15 420849-1/2011/15E, D15 420848-1/2011/12E, D15 424455-1/2012/4E und D15 435772-1/2013/3E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 idgF (AsylG 2005) als unbegründet abgewiesen.

Beweiswürdigend ging der Asylgerichtshof im Verfahren des Erstbeschwerdeführers - in den Verfahren seiner Frau und seiner minderjährigen Kinder wurden jeweils keine individuellen Fluchtgründe ins Treffen geführt - im Wesentlichen von den folgenden Erwägungen aus:

"(...)

Der Asylgerichtshof kommt nach Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau zum klaren Ergebnis, dass das von den beiden erstattete Fluchtvorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Das vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau erstattete Fluchtvorbringen stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:

Die Verfolgung des Beschwerdeführers habe ihren Ursprung im Verkauf seines Autos an einen Nachbarn. Bei diesem Nachbarn habe es sich um einen Widerstandskämpfer gehandelt, was der Beschwerdeführer nicht gewusst habe. Bei einer Razzia seien drei Widerstandskämpfer - darunter der bereits erwähnte Nachbar - ermordet worden. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei am Ort der Razzia gefunden worden, weshalb der Beschwerdeführer in der Folge von den staatlichen Behörden festgenommen worden sei. Im Zuge seiner Anhaltung seien ihm Fotos gezeigt worden, auf denen er mit dem Nachbarn große Taschen transportiert habe, was der Beschwerdeführer auch tatsächlich auf Bitte des Nachbarn getan habe. In den Taschen sollen sich Dinge für Widerstandskämpfer befunden haben. Der Beschwerdeführer sei verdächtigt worden, die Widerstandskämpfer zu unterstützen. Der Beschwerdeführer sei vor der Ausreise noch ein zweites Mal durch die staatlichen Behörden festgenommen, verhört und misshandelt worden.

Gleichzeitig hätten Wahhabiten bzw. Widerstandskämpfer in Erfahrung gebracht, dass der Beschwerdeführer von den staatlichen Behörden festgenommen worden sei. Diese hätten den Beschwerdeführer zuhause aufgesucht, da sie ihn verdächtigt hätten, sie zu verraten.

Der Beschwerdeführer befürchte demnach sowohl durch die staatlichen Behörden als auch durch die Wahhabiten bzw. Widerstandskämpfer Verfolgung.

Bereits vor dem Bundesasylamt haben sich im Vorbringen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in zahlreichen Details ihres Vorbringens Widersprüche ergeben. Diese Widersprüche konnten in der Beschwerdeverhandlung nicht aufgeklärt werden. Vielmehr haben sich in der Beschwerdeverhandlung weitere Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben.

In Zusammenhalt mit dem gewonnen Eindruck des erkennenden Senates vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau in der Beschwerdeverhandlung hat sich das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, dass von seiner Ehefrau ergänzt wurde, als vollkommen unglaubwürdig erwiesen.

Vorweg war auszuführen, dass sich keine Anhaltpunkte für Unregelmäßigkeiten in den jeweils am 09.05.2011 und am 14.06.2011 stattfindenden Einvernahmen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau vor dem Bundesasylamt ergeben haben.

In besagten Einvernahmen haben der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nach Rückübersetzung des jeweiligen Einvernahmeprotokolls Berichtigungen durchgeführt. Nachdem das Einvernahmeprotokoll entsprechend berichtigt und rückübersetzt worden ist, wurde die Richtigkeit des Inhalts des Protokolls jeweils mit der Unterschrift des Beschwerdeführers bzw. seiner Ehefrau bestätigt. In der Folge - nämlich mit Faxeingabe vom 27.06.2011 - langte eine weitere Darstellung des Vorfalls, bei dem der Beschwerdeführer zuhause verhaftet worden sei, ein. In besagtem Schreiben finden sich höchst rudimentäre Ausführungen. Wenn der Beschwerdeführer und seine Ehefrau sich in der Beschwerde und auch in der Beschwerdeverhandlung bei Vorhalt von Widersprüchen darauf zurückziehen, dass in den jeweiligen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt falsch protokolliert worden sei bzw. Ausführungen nicht richtig verstanden worden seien, war dies ganz offensichtlich als bloße Schutzbehauptung zu werten. Dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau wurde nämlich - wie dargelegt - jeweils das gesamte Protokoll rückübersetzt, wobei sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehefrau bereits am Ende jeweils einer Einvernahme Berichtigungen vorgenommen haben.

Unregelmäßigkeiten mit dem einvernehmenden Referenten bzw. dem Dolmetscher waren aus den Protokollen der Einvernahmen nicht ersichtlich.

Im Einzelnen gestalten sich die widersprüchlichen Ausführungen wie folgt:

Widersprüchlich gestalten sich bereits die Ausführungen zum Verkauf des Autos des Beschwerdeführers. So führte die Ehefrau aus, dass der Beschwerdeführer bereits vor der Eheschließung sein Auto verkauft habe. Sie erklärte ausdrücklich, dass sie nach der Eheschließung kein Auto mehr gehabt hätten. Auch nach neuerlicher ausdrücklicher Nachfrage der vorsitzenden Richterin blieb die Ehefrau dabei, dass sie und ihr Ehemann ab der Eheschließung bis zur Ausreise kein Auto mehr zur Verfügung gehabt hätten. Sie meinte auch, dass sie kein Auto gebraucht hätten, da sie alles in der Nähe gehabt hätten. (S. 12, Verhandlung 28.05.2013)

Der Beschwerdeführer erklärte jedoch im Gegensatz hiezu bereits vor dem Bundesasylamt ausdrücklich, dass er das Auto am 20.12.2010 verkauft habe, was er auf Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung bestätigte. Er habe es auf jeden Fall nach der Hochzeit verkauft. (S. 19, Verhandlung 28.05.2013) Auch erklärte der Beschwerdeführer, dass er sich nach dem Verkauf des Autos ein neues Auto gekauft habe (AS 179 und 180).

Dem Beschwerdeführer ist es auch nach Vorhalt der Ausführungen seiner Ehefrau nicht gelungen, die entstandenen Widersprüche aufzulösen.

So meinte er vorerst auf den Vorhalt, dass seine Ehefrau gesagt habe, dass der Beschwerdeführer das Auto vor der Eheschließung schon verkauft habe, dass er ja zwei Autos gehabt habe (S. 20, Verhandlung 28.05.2013), womit jedoch nichts gewonnen ist, hat die Ehefrau doch angeführt, dass der Beschwerdeführer nach der Eheschließung überhaupt kein Auto gehabt habe. Hiezu meinte der Beschwerdeführer, dass seine Ehefrau es wohl so gemeint habe, dass sein Auto nicht mehr da gewesen sei. Es habe ein zweites Auto seines Bruders gegeben, das da gestanden sei. Seine Ehefrau habe sicherlich bloß gemeint, dass es das Auto des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben habe. (S. 20 und 21, Verhandlung 28.05.2013) Die Beliebigkeit dieses vollkommen untauglichen Rechtfertigungsversuches wird deutlich, wenn man diese Ausführungen mit dem Vorbringen in der Einvernahme am 14.06.2011 vergleicht. Dort erklärte der Beschwerdeführer nämlich deutlich, dass er sein Auto verkauft und sich ein neues Auto gekauft habe (AS 180). In derselben Einvernahme erklärte er auch, dass er sein zweites Auto an den Mann seiner Schwester verkauft habe (AS 184).

Wesentliche Eckpunkte des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers sind der Verkauf seines Autos sowie die Unterstützung seines Nachbarn beim Transport der großen Taschen mit dem zweiten Auto.

Laut Ausführungen der Ehefrau des Beschwerdeführers hat der Beschwerdeführer zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Probleme des Beschwerdeführers ihren Ausgang genommen haben sollen (Verkaufs des Autos, Taschentransport mit seinem Auto), überhaupt kein Auto mehr gehabt, weshalb bereits aufgrund dieses Widerspruches das Vorbringen vollkommen unglaubwürdig bzw. denkunmöglich erscheint.

Auch das Vorbringen um die erste Festnahme wurde widersprüchlich dargestellt. Bedenklich ist dabei, dass es sowohl dem Beschwerdeführer als auch seiner Ehefrau nicht möglich gewesen ist, ein konkretes Datum bzw. genaue Zeitangaben zur Festnahme zu tätigen.

Eine derartige Festnahme ist offensichtlich ein einschneidendes Erlebnis. Für die Ehefrau soll sie überhaupt der einzige Vorfall gewesen sein, den sie selbst miterlebt haben will. Hinzu kommt, dass die erste Festnahme in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Razzia stehen soll, über die in den Medien berichtet worden sein soll.

Zumal sie wenige Monate nach dieser Festnahme bereits im Bundesgebiet gewesen und durch die Asylbehörden befragt worden sind, ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau keine konkreten Angaben zum Zeitpunkt der ersten Festnahme tätigen haben können.

Vor der ersten Festnahme soll es laut den Ausführungen des Beschwerdeführers eine Razzia gegeben haben, bei der drei Widerstandskämpfer getötet worden seien. Einer der drei Getöteten sei der Nachbar gewesen, dem er sein Auto verkauft habe. Das Auto sei am Ort, wo die drei Widerstandskämpfer aufgespürt worden seien, gestanden.

In der Beschwerdeverhandlung meinte der Beschwerdeführer, dass die Razzia im Jahr 2011 gewesen sei. Es sei kalt gewesen - Dezember oder Jänner. Er sei nach diesem Vorfall verhaftet worden. Sie seien in der Früh gekommen. An das Datum könne er sich nicht mehr erinnern. Soweit der Beschwerdeführer meint, dass er Probleme habe sich Jahreszahlen und Daten zu merken, muss dem entgegengehalten werden, dass er vor dem Bundesasylamt verschiedenste Ereignisse zeitlich exakt einordnen habe können. Der Beschwerdeführer meinte auf diesen Vorhalt, dass die erste Verhaftung im Februar 2011 gewesen sei. (S. 16 und 17, Verhandlung 28.05.2013) Die Ehefrau habe sich überhaupt nicht mehr erinnern können, wann die erste Festnahme des Beschwerdeführers gewesen sei und meinte, dass dies bereits vor zweieinhalb Jahren geschehen sei (S. 8, Verhandlung 28.05.2013). Dem war jedoch entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin wenige Monate nach der Festnahme in das Bundesgebiet eingereist ist und auch zu der zeitnah zur Razzia und der ersten Festnahme durchgeführten Einvernahmen vor dem Bundesasylamt überhaupt keine zeitlichen Angaben tätigen konnte.

Schließlich meinte sie, dass der Beschwerdeführer das erste Mal ungefähr Mitte Jänner mitgenommen worden sei (S. 9, Verhandlung 28.05.2013).

Wie dargelegt, brachte der Beschwerdeführer die erste Festnahme mit einer Razzia samt Sprengung in Zusammenhang, über die in den Medien berichtet worden sein soll. Hiezu erklärte er, dass man darüber Berichte im Internet finden könne. Der Beschwerdeführer meinte jedoch, dass er sich nicht um Vorlage eines derartigen Berichtes bemüht habe. Er erklärte, dass ihm vor der Bundesasylamt ausdrücklich gesagt worden sei, dass ihn die Explosion samt Razzia nicht betreffe. Von Interesse sei lediglich, woran er teilgenommen habe und was er gemacht habe. (S. 17, Verhandlung 28.05.2013) Dieses Vorbringen findet keine Bestätigung in den Einvernahmeprotokollen vor dem Bundesasylamt. Vielmehr wurde der Beschwerdeführer im Verlauf seines Asylverfahrens wiederholt aufgefordert, Unterlagen und Dokumente vorzulegen. Im Übrigen hätte dem Beschwerdeführer spätestens zum Zeitpunkt des negativen Bescheides erster Instanz die Notwendigkeit bewusst sein müssen, entsprechende Unterlagen zum Beweis seines Vorbringens vorzulegen. Es mutet demnach geradezu absurd an, dass der Beschwerdeführer auch mit der Beschwerde keine derartigen - aufgrund des medialen Interesses - einfach zu besorgenden Unterlagen über die Razzia samt Sprengung vorgelegt hat. Auch seine Verantwortung, wonach er zum Zeitpunkt der Razzia nicht gewusst habe, dass diese ihn betreffe (S. 17, Verhandlung 28.05.2013), ändert nichts daran, dass er später entsprechende Berichte aus dem Internet oder anderen Medien sammeln und zum Beweis für sein Verfahren vorlegen hätte können. Der Beschwerdeführer schilderte in der Beschwerdeverhandlung nämlich von der Razzia samt Sprengung und meinte hiezu, dass er davon wisse, dass der Vorfall für die Leute, die ihn gesehen hätten, Tagesgespräch gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe gesehen, wie das Haus umstellt und in die Luft gesprengt worden sei. Die halbe Stadt habe dies gesehen. Alle seien gestanden und hätten zugeschaut. (S. 22 und 23, Verhandlung 28.05.2013) Dieses Vorbringen macht es umso wenig nachvollziehbar, dass dem Beschwerdeführer die zeitliche Einordnung dieser Razzia mit seiner unmittelbar darauf folgenden Festnahme nicht möglich ist.

Der Beschwerdeführer zog sich darauf zurück, dass derartige Vorfälle in seiner Heimat oft passieren würden, was jedoch als Rechtfertigung zu kurz greift (S. 23, Verhandlung 28.05.2013), zumal der Beschwerdeführer eine persönliche Verknüpfung zu diesem Vorfall hat.

Dem Beschwerdeführer wurde auch eine ACCORD-Recherche hinsichtlich Bombenanschläge bzw. Razzien in Dagestan im Jänner 2011 vorgehalten. Laut ACCORD-Bericht gab es im November 2010 im Heimatbezirk des Beschwerdeführers eine Hausblockade, weiters wurde berichtet, dass am 12.01.2011 im Heimatrayon des Beschwerdeführers drei Rebellen getötet wurden. Hiezu erklärte der Beschwerdeführer, dass in der ACCORD-Recherche nur Einzelfälle aufgeführt seien, es gebe tausende solcher Fälle. Der Beschwerdeführer könne einen Haufen Videomaterial vorlegen. Der Beschwerdeführer wisse, dass in seiner Stadt in einem Monat 20 solcher Vorfälle geschehen würden. Der Beschwerdeführer stellte die Vorlage entsprechender Beweismittel in Aussicht. (S. 23, Verhandlung 28.05.2013) Bis zur Entscheidung sind in diesem Zusammenhang keine Berichte vorgelegt worden. Es wird noch einmal ausdrücklich festgehalten, wobei vollkommen lebensfremd ist, dass der Beschwerdeführer nicht bereits unmittelbar nach seiner Einreise bzw. in den letzten zwei Jahren entsprechende Berichte vorgelegt hat.

Der recherchierte Vorfall stimmt zeitlich nicht mit dem vom Beschwerdeführer dargelegten Vorfall überein und wurde auch vom Beschwerdeführer verneint, dass es sich bei dem recherchierten Vorfall um den vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfall handelt.

Tatsache bleibt, dass dem Beschwerdeführer eine zeitliche Einordnung der Razzia samt Sprengung nicht möglich gewesen ist, was - wie dargelegt - Indiz für die Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens ist.

Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau haben aber selbst ihre unpräzisen Eingaben zur ersten Festnahme mit weiteren Widersprüchen belastet. Der Beschwerdeführer gab vor dem Bundesasylamt an, drei Tage nach dem Vorfall mit den Widerstandskämpfern von zuhause mitgenommen worden zu sein. (AS 115 und 179) In der Beschwerdeverhandlung erklärte er, dass er bereits am nächsten Tag nach dem Vorfall mitgenommen worden sei (S. 16, Verhandlung 28.05.2013). Auf Vorhalt zog sich der Beschwerdeführer darauf zurück, dass dies vor dem Bundesasylamt verwechselt worden sei. Er sei am nächsten Tag mitgenommen worden (S. 18, Verhandlung 28.05.2013) Abgesehen davon, dass - wie eingangs dargelegt - keine Unregelmäßigkeiten während den Einvernahmen ersichtlich waren, wurde in zwei unterschiedlichen Einvernahmen protokolliert, dass der Beschwerdeführer drei Tage nach dem Vorfall mit den Widerstandskämpfern festgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer bestätigte auch, dass ihm die Einvernahmen vor dem Bundesasylamt vorgelesen worden seien. (S. 18, Verhandlung 28.05.2013)

In diesem Zusammenhang muss auch ausdrücklich festgehalten werden, dass die Ehefrau vor dem Bundesasylamt erklärte, dass die Polizei drei oder vier Tage nach der Säuberung nachhause gekommen sei (AS 165 im Akt der Ehefrau, Zl. 11 03.272-BAI).

Ein weiterer Widerspruch findet sich auch darüber, wer bei der ersten Festnahme anwesend gewesen sein soll. Die Ehefrau erklärte, dass der Beschwerdeführer und die Schwiegermutter anwesend gewesen seien (S. 8, Verhandlung 28.05.2013). Der Beschwerdeführer hat vor dem Bundesasylamt ausdrücklich und konkret danach befragt, erklärt, dass seine Mutter zum Zeitpunkt der ersten Einvernahme in der Stadt gewesen sei. (AS 181) In der Beschwerdeverhandlung meinte er im Gegensatz dazu, dass neben seiner Ehefrau auch seine Mutter bei der Einvernahme anwesend gewesen sei. Wiederum zog er sich darauf zurück, dass er dies damals verwechselt habe (S. 24, Verhandlung 28.05.2013), was offenbar eine Schutzbehauptung darstellt.

Die Ehefrau hat sich auch dahingehend widersprochen, wie die Männer im Zuge der ersten Festnahme gekleidet worden seien. Vor dem Bundesasylamt erklärte sie, dass diese Leute Uniformen getragen hätten. In einer Berichtigung infolge der niederschriftlichen Einvernahme meinte sie plötzlich, nicht gesehen zu haben, wie die Männer angezogen gewesen seien. Sie meinte jedoch trotzdem, dass es sich um Polizisten gehandelt habe. Auf Nachfrage, wie sie angeben könne, dass es sich um Polizisten gehandelt habe, meinte sie, dass diese sich vorgestellt hätten, dass sie von der Polizei kommen würden. In der Folge meinte sie, die Männer hätten lediglich Namen und Familiennamen des Beschwerdeführers gerufen. Sie hätten nicht gesprochen. Sie habe zuvor gemeint, dass es für sie verständlich gewesen sei, dass sie von der Polizei kommen würden. Auf neuerlichen Vorhalt meinte sie, sie glaube, dass sie in Zivil gewesen seien. Falls sie Uniform getragen hätten, hätte sie es sich wahrscheinlich gemerkt (S. 10,Verhandlung 28.05.2013). Diese Aussagen der Ehefrau sind widersprüchlich und auch nicht nachvollziehbar. Die Ehefrau hat infolge der Einvernahme vor dem Bundesasylamt offensichtlich bemerkt, dass sie eine augenfällige widersprüchliche Ausführung zum Vorbringen des Beschwerdeführers getätigt hat und diese in der Folge "berichtigt".

Auch das Vorbringen zur zweiten Festnahme hat sich widersprüchlich gestaltet. So erklärte der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung, dass die zweite Festnahme am 16. oder 17.02.2012 erfolgt sei (S. 17, Verhandlung 28.05.2013). Auch zu dieser zweiten Verhaftung hat der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt widersprüchlich angegeben und ausgeführt, dass diese am 17. oder 18.12.2010 erfolgt sei. Seine Ehefrau meinte, dass sich diese Ende Februar 2011 zugetragen habe. Auch hier konnte der Beschwerdeführer die entstandene Widersprüchlichkeit nicht aufklären. Wiederum stellte er in den Raum, dass eine falsche Protokollierung erfolgt sei. Es ist jedoch verwunderlich, dass der Beschwerdeführer damals nach der Rückübersetzung eine Berichtigung vorgenommen hat, jedoch nicht das damals angeführte Datum seiner zweiten Festnahme berichtigt hat. Sein neuerlicher Rechtfertigungsversuch, wonach er nicht aufmerksam genug gewesen sei und er durcheinander gewesen sei, überzeugen in keiner Weise und muss einmal mehr als bloße Schutzbehauptung gewertet werden. Am Rande sei noch erwähnt, dass die Ehefrau die erste Festnahme mit ungefähr Mitte Jänner angeführt hat und gleichzeitig erklärte, dass die zweite Festnahme ca. zwei Wochen nach der ersten Anhaltung gewesen sei (S. 8 und 9, Verhandlung 28.05.2013) In der Beschwerdeverhandlung wurde demnach eine weitere widersprüchliche Angabe zur zweiten Festnahme des Beschwerdeführers - nämlich Ende Jänner 2011 - durch die Ehefrau genannt.

In der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer auch ausführlich und mehrmals nach dem Grund für die zweite Festnahme befragt: "...VR: Warum wurden Sie das zweite Mal verhaftet? BF1:

Wegen dem gleichen Vorfall. Sie sagten zu mir, ich helfe den Wahhabiten.

VR: Sonst nichts? Wie lange waren Sie verhaftet? BF1: Zwei Tage hat man mich im Keller festgehalten. Man hat mir vorgeworfen, dass ich Mittäter bin und sie haben mir Papiere zum Unterschreiben gegeben.

VR: War das der gesamte Vorwurf oder gab es einen Anlass? BF1: Sie kamen zu mir in den Keller uns sagten: "Erzähle uns, mit wem du zusammen arbeitest. Wo sind diese Wahhabiten? und: "Wir wissen, dass du Ihnen hilfst." VR: Gab es sonst noch einen bestimmten Anlass, dass man Sie das zweite Mal verhaftet hat? BF1: Ich ging eines Abends auf der Straße und sie nahmen mich von der Straße mit. Sie kamen und steckten mich ins Auto, haben mir einen Sack über den Kopf gestülpt. Es wurde mir kein Grund gekannt. Ich habe geschrien, was ist passiert, wo seid ihr. Einmal habe ich einen Schlag am Kopf bekommen und es wurde gesagt: "Schweige, es wird dann alles erklärt." Als sie mich dorthin brachten, haben sie zu mir gesagt, du hast dort mitgeholfen und das Fahrzeug gehört dir, immer die alte Geschichte, alles wegen der Geschichte mit dem Autoverkauf und dem Schleppen der Säcke. Man warf mir auch vor, dass ich Widerstandskämpfer mit Lebensmittel versorge..." Am 09.05.2013 hat der Beschwerdeführer als Grund für die zweite Festnahme ausdrücklich erklärt, dass die zweite Festnahme deshalb erfolgt sei, da ein Mitglied der XXXX-Gruppe festgenommen worden sei. Dieses Mitglied habe ausgesagt, dass es den Beschwerdeführer erkannt habe und der Beschwerdeführer die XXXX-Gruppe unterstütze. (AS 117) Wiederum zog sich der Beschwerdeführer darauf zurück, dass er nicht richtig verstanden worden sei (S. 25, Verhandlung 28.05.2013), wobei für den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes diese Verantwortung in keiner Weise nachvollziehbar ist.

Auch schilderte er, nach zwei Tagen aus der Haft entlassen worden zu sein. Ein Freund, der damals beim FSB gearbeitet habe, habe ihn abgeholt. Es sei ihm ein Sack über den Kopf gestülpt worden und sei er mit einem Auto irgendwohin gefahren worden. Er sei aus dem Auto herausgeholt worden und habe die Stimme seines Freundes beim FSB gehört. An diesen sei er weitergereicht worden. Sein Freund habe ihm schließlich den Sack vom Kopf genommen und das Auto, mit welchem er geführt worden sei, sei anschließend weggefahren. Sie hätten sich außerhalb der Stadt auf einer Autostraße befunden. Sie seien auf einem Feld gestanden. (S. 26, Verhandlung 28.05.2013) Dieses Vorbringen hat er auch vor dem Bundesasylamt getätigt (AS 186). Dieses Vorbringen steht jedoch in völligem Widerspruch zu seinen Ausführungen in derselben Einvernahme vor dem Bundesasylamt. Dort erklärte er nämlich im Rahmen seiner freien Erzählung, dass er nach zwei Tagen in ein anderes Gebäude gebracht worden sei, wo man ihn an seinen Freund vom FSB übergeben habe (AS 179). Der Beschwerdeführer zog sich darauf zurück, dass dies nicht sein könne. Er erklärte, dass er erzählt habe, wie er auf das WC geführt worden sei. Er sei nicht in einem anderen Gebäude aber in einem anderen Zimmer gewesen. (S. 26 und 27, Verhandlung 28.05.2013) Das Vorbringen in seiner freien Schilderung vor dem Bundesasylamt war jedoch eindeutig. Schilderungen über ein WC wurden dort nicht protokolliert.

Im Zuge der zweiten Festnahme soll der Beschwerdeführer auch misshandelt worden sein. Der Beschwerdeführer führte in diesem Zusammenhang eine Verletzung an der Nase an. Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang auch selbst einen medizinischen Befund eines HNO-Facharztes aus Juni 2011 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass beim Beschwerdeführer im Bereich des Nasenbeines keine frischen knöchernen Verletzungszeichen zu erkennen sind. Beim Beschwerdeführer findet sich ein unauffälliger Befund. Explizit wird im vorgelegten Befund ausgeführt, dass eine behauptete vor vier Monaten zugefügte Nasenbeinfraktur jedenfalls nicht mit Sicherheit abzuleiten ist. Vielmehr wurde beim Beschwerdeführer ein angeborener Nasenschiefstand festgestellt. (AS 195) Auch hier wird deutlich, dass der Beschwerdeführer offensichtlich tatsachenwidrige Ausführungen getätigt hat.

Der Beschwerdeführer hat auch von einem Vorfall geschildert, als Wahhabiten zu ihm gekommen seien. Auch die Ausführungen über das Gespräch mit den Wahhabiten konnte der Beschwerdeführer nicht gleichbleibend schildern.

In der Beschwerdeverhandlung führte er aus, dass die Wahhabiten ihm gedroht hätten, ihm etwas anzutun. Auch hätten sie gedroht, seiner Mutter etwas anzutun bzw. das Haus in die Luft zu sprengen. Sie hätten den Beschwerdeführer beschuldigt, der Polizei zu helfen und ihm angedroht, ihn zu überwachen und ihn nicht in Ruhe zu lassen. Auch hätten sie den Beschwerdeführer aufgefordert ihnen zu helfen. Auf Nachfrage was sonst noch mit dem Beschwerdeführer gesprochen worden sei, erklärte er, dass diese Wahhabiten zu ihm gesagt hätten, dass sie sich nach irgendeiner Zeit erkennbar machen würden und ihn finden würden. Auf neuerliche Nachfrage meinte er schließlich, dass er alles über das Gespräch mit den Wahhabiten gesagt habe. (S. 25, Verhandlung 28.05.2013)

Vor dem Bundesasylamt schilderte der Beschwerdeführer eine ganz andere Version. Dort erklärte er, dass drei Wahhabiten zu ihm gekommen seien und gesagt hätten, dass die Polizei das Versteck der von ihm transportierten Säcke aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers gefunden hätte und er sich hüten solle, weitere Aussagen bei der Polizei zu tätigen. Sie würden ihn beobachten. (AS 179)

Interessant ist auch, dass die Ehefrau in der Beschwerdeverhandlung erklärte, dass sie nicht wisse, was damals zwischen ihrem Ehemann und den Wahhabiten gesprochen worden sei. Ihre Vermutung sei, dass die Wahhabiten erfahren hätten, dass der Beschwerdeführer geholt werde und etwas verraten habe. (S. 11, Verhandlung 28.05.2013) Erst auf Vorhalt ihrer Ausführungen vor dem Bundesasylamt, wo sie erklärte, dass die Wahhabiten verlangt hätten, dass sich die Beschwerdeführerin verschleiert zeigen und eine Pilgerreise nach Mekka machen solle, schilderte sie, dass sie vom Dolmetscher falsch verstanden worden sei. Sie habe auch eine Berichtigung durchgeführt. Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, meinte sie, dass sie bei der Einvernahme nie über die Reise nach Mekka gesprochen habe. Über die Verschleierung habe sie sehr wohl gesprochen. (S. 11, Verhandlung 28.05.2013)

Der Beschwerdeführerin wurde in der Folge ihre eigene handschriftliche Berichtigung vorgehalten, aus der jedoch nicht zu lesen ist, dass sie die Schilderung über Mekka bzw. die Übersetzung des Dolmetschers erwähnt hat. Hiezu meinte sie, dass sie sich jetzt erinnern könne, dass sie über den Dolmetscher und Mekka schreiben habe wollen, es aber dann vergessen habe (S. 11, Verhandlung 28.05.2013). Diese vollkommen aus der Luft gegriffene Verantwortung macht einmal mehr deutlich, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau vollkommen beliebige Ausführungen tätigen. In besagter Einvernahme am 09.05.2011 hat die Beschwerdeführerin das Vorbringen hinsichtlich Verschleierung und Mekka-Reise nicht nur einmal erwähnt, sondern auch auf die allgemeine Frage nach religiösen Problemen befragt, die Verschleierung und die Mekka-Reise angeführt (AS 105 und 107 im Akt der Ehefrau 11 03.207-BAI).

In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin im Übrigen im Gegensatz zu ihren Ausführungen vor dem Asylgerichtshof und vor dem Bundesasylamt gemeint, dass die Wahhabiten gesagt hätten, sie solle bereit sein, eine "schwarze Witwe" zu werden (AS 291). Auch hier zeigt sich die völlige Beliebigkeit der Ausführungen.

Die zahlreichen Widersprüche verdeutlichen eindrucksvoll, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau ein asylzweckbezogenes Vorbringen zu konstruieren versucht haben. Der erkennende Senat geht aufgrund der dargelegten Widersprüche und Ungereimtheiten davon aus, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau tatsächlich unbehelligt im Herkunftsstaat leben konnten und sie nicht aus den von ihnen genannten Gründen ausgereist sind.

Auch die im Zuge der Beschwerdeverhandlung bzw. im März 2013 übermittelten russischen Unterlagen waren nicht geeignet, dem Vorbringen des Beschwerdeführers mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Es haben sich durch diese im Gegenteil neue Ungereimtheiten ergeben, die den erkennenden Senat des Asylgerichtshofes darin bestärkt haben, dass es sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers um ein Konstrukt handelt.

Bei dem vorgelegten Konvolut an russischen Unterlagen handelt es sich um mehrere Ladungen vor die staatlichen Behörden sowie ein Dokument, wonach nach dem Beschwerdeführer gefahndet werde.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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