Entscheidungsdatum
02.02.2018Norm
AVG §66 Abs2Spruch
W207 2115525-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 26.02.2014, AZ XXXX, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2012, beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Agrarmarkt Austria zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte am 19.04.2012 einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2012 und beantragte unter anderem die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für das Antragsjahr 2012 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Der Beschwerdeführer ist Auftreiber auf die XXXX mit der BNr. XXXX, für die vom zuständigen Almbewirtschafter ebenfalls ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde. Außerdem ist der Beschwerdeführer Almbewirtschafter/Obmann der XXXX mit der BNr. XXXX, für welche von ihm als Obmann ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde. Dabei wurde in der Beilage Flächennutzung für die XXXX eine Almfutterfläche von 144,01 ha und für die XXXX eine Hutweidefläche von 124,71 ha angegeben. Für den Heimbetrieb wurde vom Beschwerdeführer eine Fläche von 11,63 ha beantragt.
Eine Vor-Ort-Kontrolle der AMA am 22.06.2012 am Heimbetrieb des Beschwerdeführers mit der BNr. XXXX ergab für das Antragsjahr 2012 eine tatsächliche Fläche von 11,45 ha, beantragt waren 11,63 ha. Somit ergab sich eine Differenzfläche von 0,18 ha.
Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 28.12.2012 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2012 eine EBP in Höhe von EUR 3.574,44 gewährt. Dabei wurde - nach korrigierendem Abzug der Flächen, die die Mindestschlagfläche von 0,10 ha nicht erfüllen – von einer beantragten Gesamtfläche von 30,65 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 6,24 ha) ausgegangen. Die ermittelte Gesamtfläche betrug 30,47 ha, die ermittelte Almfutterfläche betrug 6,24 ha; zur Auszahlung gelangten somit 30,47 flächenbezogene Zahlungsansprüche. Die Futterfläche der XXXX mit der BNr. XXXX konnte in diesem Bescheid vorerst noch nicht berücksichtigt werden. Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle am Heimbetrieb des Beschwerdeführers seien Flächenabweichungen bis höchstens 3 % und maximal 2 ha festgestellt worden. Wegen der geringen Flächenabweichung wurde keine Sanktion verhängt, es kam nur zu einer Flächenrichtigstellung. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Eine Vor-Ort-Kontrolle der AMA am 04.09.2013 auf XXXX mit der BNr. XXXX ergab für das Antragsjahr 2012 eine tatsächliche Almfutterfläche von 132,56 ha, beantragt waren 144,01 ha. Somit ergab sich eine Differenzfläche von 11,45 ha.
Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 26.09.2013 wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2012 nunmehr eine EBP in Höhe von EUR 6.891,78 gewährt. Ein Betrag in Höhe von EUR 368,59 (10 %) wurde im Rahmen der Modulation abgezogen. Dabei wurde - nach korrigierendem Abzug der Flächen, die die Mindestschlagfläche von 0,10 ha nicht erfüllen – von einer beantragten Gesamtfläche von 65,51 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 41,10 ha) ausgegangen, dies bei 64,21 vorhandenen flächenbezogenen Zahlungsansprüchen. Die ermittelte Gesamtfläche betrug somit 64,21 ha, die ermittelte Almfutterfläche entsprach der beantragten Almfutterfläche; zur Auszahlung gelangten somit 64,21 flächenbezogene Zahlungsansprüche. Es wurde keine Differenzfläche mehr festgestellt. Die Futterfläche der XXXX mit der BNr. XXXX wurde in diesem Bescheid nunmehr berücksichtigt. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Im Akt befindet sich eine "Bestätigung gemäß Task Force Almen", mit welcher die zuständige Landwirtschaftskammer dem Beschwerdeführer als Almbewirtschafter der XXXX mit der BNr. XXXX für das Antragsjahr 2012 bestätigt, dass die Fläche im Rahmen einer erfolgten amtlichen Ermittlung (Digitalisierung) nach bestem Wissen und Gewissen auf Basis des Almleitfadens nach den Vorgaben der AMA ermittelt worden sei und die Flächenabweichung dem Landwirt und der Bezirksbauernkammer nicht erkennbar gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Abänderungsbescheid der AMA vom 26.02.2014 wurde dem Beschwerdeführer aufgrund des Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrollen für das Antragsjahr 2012 eine Betriebsprämie in Höhe von nur mehr EUR 6.723,87 gewährt und eine Rückforderung in Höhe von EUR 167,91 ausgesprochen. Ein Betrag in Höhe von EUR 349,94 (10 %) wurde im Rahmen der Modulation abgezogen. Dabei wurde - nach korrigierendem Abzug der Flächen, die die Mindestschlagfläche von 0,10 ha nicht erfüllen – eine beantragte Gesamtfläche von 65,51 ha, eine ermittelte Gesamtfläche im Ausmaß von 62,56 ha, eine beantragte anteilige Almfutterfläche von 41,10 ha und eine ermittelte anteilige Almfutterfläche von 38,33 ha und somit 62,56 auszubezahlende flächenbezogene Zahlungsansprüche zugrunde gelegt. Es wurde – aufgrund der 64,21 vorhandenen flächenbezogenen Zahlungsansprüche - eine Differenzfläche von 1,65 ha festgestellt. Begründend führte die belangte Behörde aus, aufgrund der durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen seien Flächenabweichungen bis höchstens 3 % und maximal 2 ha festgestellt worden. Wegen der geringen Flächenabweichung wurde keine Sanktion verhängt, es kam nur zu einer Flächenrichtigstellung. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wurde von der belangten Behörde ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wird ausgeführt, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden treffe, da immer alles nach bestem Wissen und Gewissen beantragt worden sei.
Der Beschwerde liegt die Darstellung des Beschwerdeführers als Obmann der XXXX mit der BNr. XXXX betreffend die Vorgangsweise der Almfutterflächenfeststellung auf der Alm seit dem Jahr 2000 bei.
Am 08.10.2015 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit als "Nachreichung zur Beschwerdevorlage vom 08.10.2015" bezeichnetem Begleitschreiben vom 30.08.2016 übermittelte die belangte Behörde einen so genannten "Report – Einheitliche Betriebsprämie 2012 Berechnungsstand: 15.07.2016", aus dem hervorgeht, dass sich eine Änderung der Zahlungsansprüche und der Flächendaten ergeben habe, und einen Kontrollbericht zur Vor-Ort-Kontrolle vom 29.09.2015 auf der XXXX mit der BNr. XXXX. Aus dem Begleitschreiben vom 30.08.2016 geht hervor, dass sich die Aktenlage dahingehend geändert habe, dass auf der Alm BNr. XXXX eine rückwirkende Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt worden sei. Im übermittelten "Report" geht die Behörde - nach korrigierendem Abzug der Flächen, die die Mindestschlagfläche von 0,10 ha nicht erfüllen - von einer beantragten Gesamtfläche von 65,51 ha (davon 41,10 ha anteilige Almfutterfläche) und einer ermittelten Gesamtfläche im Ausmaß von 59,93 ha aus, die ermittelte Almfutterfläche wird mit 35,70 ha festgestellt. Zur Auszahlung sollen somit nur noch 59,93 flächenbezogene Zahlungsansprüche gelangen, es wird eine Differenzfläche von 2,81 ha festgestellt. Anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle vom 29.09.2015 auf der XXXX mit der BNr. XXXX seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden. Der errechnete Beihilfebetrag auf Basis der angeführten Daten betrage laut diesem Report EUR 5.884,32. Bei diesem Betrag ist allerdings keine allenfalls zu verhängende Flächensanktion berücksichtigt. Zu einer möglichen Verjährung wird im vorgelegten "Report" nichts ausgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2.
Satz VwGVG. (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013)
§ 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für
eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Aus dem von der Behörde übermittelten "Report" ergibt sich, dass sich die Anspruchsgrundlagen seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentlich geändert haben bzw. dass eine Berücksichtigung bisher nicht berücksichtigter Sachverhaltselemente eine andere Entscheidung in der Sache zur Folge haben könnte.
Im konkreten Fall wurde von der AMA - ausgehend von dem nachgereichten "Report" - eine Vor-Ort-Kontrolle im vorgelegten "Report" erstmals berücksichtigt. Die Behörde geht - nach korrigierendem Abzug der Flächen, die die Mindestschlagfläche von 0,10 ha nicht erfüllen - von einer beantragten Gesamtfläche von 65,51 ha (davon 41,10 ha anteilige Almfutterfläche) und einer ermittelten Gesamtfläche im Ausmaß von 59,93 ha aus, die ermittelte Almfutterfläche wird mit 35,70 ha festgestellt. Zur Auszahlung sollen somit nur noch 59,93 flächenbezogene Zahlungsansprüche gelangen, es wird eine Differenzfläche von 2,81 ha festgestellt. Anlässlich der bisher noch nicht berücksichtigten Vor-Ort-Kontrolle vom 29.09.2015 auf der XXXX mit der BNr. XXXX seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden. Der errechnete Beihilfebetrag auf Basis der angeführten Daten betrage laut diesem Report EUR 5.884,32. Bei einer Flächenabweichung von über 3 % und bis höchstens 20 % ist grundsätzlich auch eine Sanktion zu verhängen, zu einer allenfalls zu verhängenden Sanktion finden sich im übermittelten "Report" jedoch keine Ausführungen. Auch zu einer möglichen Verjährung wird im vorgelegten "Report" nichts ausgeführt.
Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt ist. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts. Die AMA wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens dem neu zu erlassenden Bescheid den bisher nicht berücksichtigten Sachverhalt (die Vor-Ort-Kontrolle vom 29.09.2015) zugrunde zu legen haben.
Auch wenn der VwGH der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das BVwG versuchen wollte, die Beschwerde im Hinblick auf das Antragsjahr 2012 einer Entscheidung zuzuführen.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH (siehe die zu Punkt A angeführte Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Bescheidabänderung, einheitlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2115525.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.02.2018