Entscheidungsdatum
05.02.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W192 2183386-1/2E
W192 2183392-1/2E
W192 2183380-1/2E
W192 2183382-1/2E
W192 2183389-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX alle StA. Syrien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom 20.06.2017, Zl. Ankara-ÖB/KONS/1248/2017, beschlossen:
A) Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der Bescheid behoben und die Angelegenheiten zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige Syriens, die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter und gesetzliche Vertreterin der jeweils minderjährigen Zweit- bis FünftbeschwerdeführerInnen. Sie stellten am 30.06.2016 bei der Österreichischen Botschaft Ankara (im Folgenden: "ÖB Ankara") jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der minderjährigen Zweit- bis FünftbeschwerdeführerInnen namhaft gemacht, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016, rechtskräftig am 16.06.2016, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war.
Den ausgefüllten Antragsformularen lagen (soweit erforderlich inklusive deutscher Übersetzung) Kopien relevanter Seiten der syrischen Reisedokumente der erst- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien, Auszüge aus dem Personenregister der Syrischen Arabischen Republik vom 22.06.2016 betreffend die erst- bis
fünftbeschwerdeführenden Parteien, Geburtsurkunden der erst- bis
fünftbeschwerdeführenden Parteien, die Heiratsurkunde der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson, ausgestellt am 22.06.2016, ein Auszug aus dem syrischen Familienregister, der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016, mit welchem der Bezugsperson der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war, sowie die Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG und eine österreichische Meldebestätigung der Bezugsperson, bei.
1.2. Am 17.05.2017 wurde seitens des BFA mitgeteilt, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Antragsteller die Erfüllung der näher angeführten Einreisevoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht nachweisen hätten können und die Einreise der Antragsteller zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK nicht geboten wäre. Im Zuge einer zugleich übermittelten Stellungnahme des BFA vom 17.05.2017 wurde präzisierend im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des Zeitpunkts der Rechtskraft des Bescheides der Bezugsperson sei § 35 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden und sei sohin eine Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 bis 3 AsylG 2005 erforderlich, welche gegenständlich zu verneinen sei. Im vorliegenden Fall hätten sich überdies gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten, im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG relevanten, Familienverhältnisses ergeben, da es im Herkunftsstaat der Verfahrensparteien möglich wäre, jedes Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt auch entgegen der wahren Tatsachen widerrechtlich zu erlangen und sich massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Unterlagen ergeben hätten. Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses hätten sich bei einer Gegenüberstellung der Angaben (Antrag, Zeugeneinvernahme, Angaben im Bezugsakt der Bezugsperson, etc.) gravierende Widersprüche ergeben. Im Übrigen wurde auf eine unvollständige Ausfüllung des Antragsformulars sowie die fehlende Möglichkeit einer Verständigung mit der Erstantragstellerin in arabischer Sprache hingewiesen.
1.3. Den beschwerdeführenden Parteien wurde die oben angeführte Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 30.05.2017 im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht, zu welcher deren rechtsfreundliche Vertreterin am 07.06.2017 eine schriftliche Stellungnahme einbrachte. In dieser wurde zusammenfassend ausgeführt, ein Nachweis der in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen im Sinne eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, einer Versicherung sowie Einkommensnachweisen in der Höhe der Richtsätze des § 293 ASVG, sei im konkreten Fall nicht erforderlich, zumal die Erbringung dieser Nachweise gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nur dann erforderlich wäre, wenn der Antrag auf Einreise mehr als drei Monate nach der Rechtskraft der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an die Bezugsperson gestellt werde. Demnach erweise sich eine Abweisung des Antrages aufgrund Fehlens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 als unzulässig. Gemeinsam mit der Stellungnahme würden nunmehr vollständig ausgefüllte Antragsformulare übermittelt, um den entsprechenden Mangel zu heilen. Aus welchen Gründen eine Verständigung in arabischer Sprache nicht möglich gewesen sein soll, sei nicht ersichtlich. Konkrete Hinweise, aus welchem Grund die im Verfahren im Original vorgelegten Dokumente nicht für echt befunden worden wären – etwa in Form eines kriminaltechnischen Untersuchungsberichts –, seien nicht dargelegt worden. Der Stellungnahme vom 17.05.2017 sei überdies nicht zu entnehmen, welche Widersprüche aufgetreten wären, die ein maßgebliches Familienleben zwischen der Bezugsperson und den beschwerdeführenden Parteien unglaubwürdig erscheinen lassen würden, wodurch es den antragstellenden Parteien nicht möglich wäre, zu diesen Stellung zu beziehen. Schließlich habe die Behörde das Verfahren durch Unterlassen einer Belehrung über die Möglichkeit einer DNA-Analyse im Sinne des § 13 Abs. 4 BFA-VG mit einem wesentlichen Mangel belastet.
1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.06.2017 verweigerte die ÖB Ankara die Erteilung der Einreisetitel gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Antragsteller die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht nachgewiesen hätten und sich bei der Prüfung des bestehenden Familienlebens, welches durch keine unbedenklichen Beweismittel nachgewiesen worden wäre, überdies gravierende Widersprüche ergeben hätten.
Mit Schreiben vom 04.07.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechtzuerhalten, zumal im Heimatland keine rechtmäßige Ehe bestanden hätte und eine Familieneigenschaft nicht glaubhaft gemacht worden wäre. Im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme vom gleichen Datum führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründend im Wesentlichen aus, schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, da im Heimatland keine gültige Ehe bestanden hätte; die Ehe und ein gemeinsames Familienleben hätten nicht nachgewiesen werden können, sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Die Bezugsperson habe eine Eheschließung im Jahr 2004 behauptet, doch sei eine solche mit keinen aus diesem Jahr stammenden Unterlagen belegt worden, es sei lediglich ein am 26.06.2016 erstellter Internetauszug des elektronischen Portals der Zivilangelegenheiten des syrischen Innenministeriums vorgelegt worden. Dieses Dokument sei jedoch in sich widersprüchlich, zumal darin eine Eheschließung am 27.07.2004 bestätigt werde, welche jedoch am 19.07.2004 genehmigt (registriert) worden wäre. Auch stelle sich die Frage, wie im Falle eines seit Dezember 2013 durchgehenden Aufenthalts in der Türkei eine Beglaubigung jener Internetausdrucke durch das syrische Außenministerium in Damaskus möglich gewesen wäre. Desweiteren seien die Antragsformulare insofern unvollständig ausgefüllt, als Angaben zum Reiseweg bzw. zur Dauer des Aufenthalts in der Türkei bewusst ausgelassen worden wären. Aufgrund der Unzulänglichkeiten des Formulars sei von Seiten der Botschaft versucht worden, mit der Erstantragstellerin, welche der Volksgruppe der Araber angehöre, telefonisch in Kontakt zu treten, was jedoch misslungen wäre, da diese weder der arabischen, noch der türkischen Sprache mächtig wäre. Desweiteren seien der in Österreich aufhältigen Bezugsperson trotz eines ausreichenden Bildungsstandes weder die exakten Geburtsdaten ihrer angeblichen Ehegattin sowie ihrer Kinder, noch das genaue Eheschließungsdatum bekannt gewesen. Gegenständlich sei anzunehmen, dass die behauptete Eheschließung vordergründig zur Absicht gehabt hätte, sich Vorteile in einem späteren Einreiseverfahren zu verschaffen. Bezüglich der angeblichen gemeinsamen Kinder sei davon auszugehen, dass es sich bei diesen um keine Kinder der Bezugsperson handle, zumal Letztere deren Geburtsdaten nicht benennen habe können und die Familienzugehörigkeit zudem nicht durch ein "altes" Familienbuch nachgewiesen wäre.
Der oben dargestellte Bescheid wurde der rechtsfreundlichen Vertreterin der beschwerdeführenden Parteien, ebenso wie die ergänzende Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2017, am 04.07.2017 per E-Mail zugestellt.
1.5. Gegen den Bescheid richtet sich die im Wege der nunmehrigen Rechtsvertreterin eingebrachte Beschwerde vom 24.07.2017, in welcher begründend im Wesentlichen ausgeführt wurde, die beschwerdeführenden Parteien hätten im Rahmen der Stellungnahme vom 07.06.2017 ihre Bereitschaft zur Durchführung eines DNA-Tests zum Ausdruck gebracht und um eine entsprechende Belehrung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ersucht, welche in der Folge jedoch ohne weitere Begründung unterblieben wäre. Die Vaterschaft der Bezugsperson werde trotz vorliegender Identitätsdokumente lediglich angesichts der – im arabischen Raum kulturspezifischen weit verbreiteten – Unkenntnis des Kindesvaters über die exakten Geburtsdaten der Kinder in Abrede gestellt. Unter Hinweis auf § 13 Abs. 4 BFA-VG wäre den beschwerdeführenden Parteien im Falle von Zweifeln an dem behaupteten Verwandtschaftsverhältnis die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen gewesen, durch Unterlassen dieser Vorgehensweise wäre das Verfahren mit einem wesentlichen Mangel behaftet worden. Dass das Familienleben über Jahre hinweg in Syrien stattgefunden hätte, ergebe sich nicht zuletzt aus dem in sämtlichen vorgelegten Dokumenten ersichtlichen Geburtsort der gemeinsamen Kinder, welcher einen ununterbrochenen Aufenthalt der Familie zumindest von 2007 bis 2013 in einer näher bezeichneten Stadt in Syrien nahelege. Konkrete Hinweise, weshalb die im Original vorgelegten Dokumente als nicht echt befunden würden, seien nicht offengelegt worden. Zufolge höchstgerichtlicher Judikatur erweise sich ein bloß allgemeiner Verdacht als unzureichend, um vorgelegten Urkunden generell den Beweiswert abzusprechen. Auch aufgrund der in den Reisedokumenten der Kinder ersichtlichen einheitlichen Familiennamen sowie der dort eingetragenen Namen ihrer Eltern sei erkennbar, dass es sich bei den Verfahrensparteien und der Bezugsperson um Mitglieder einer Kernfamilie handle. Soweit die Behörde die Beglaubigung der Dokumente angesichts der Abwesenheit der Bezugsperson aus Syrien seit 2013 als fragwürdig erachtete, so sei dies insofern leicht erklärbar, als der Genannte einen Anwalt mit der Vornahme der entsprechenden Schritte beauftragt hätte. Die Antragsformulare seien gemeinsam mit der Stellungnahme vom 07.06.2017 neuerlich, vollständig ausgefüllt, vorgelegt worden. Für den anzunehmenden Fall einer positiven DNA-Analyse wäre jedoch jedenfalls – völlig unabhängig von der Glaubwürdigkeit der Eheschließung – vor dem Hintergrund des Artikels 8 EMRK und Erwägungen des Kindeswohls auch der Erstbeschwerdeführerin als Kindesmutter ein Einreisetitel zu erteilen.
Gemeinsam mit der Beschwerde wurden (nochmals) Kopien der Reisepässe und Geburtsurkunden der beschwerdeführenden Parteien, Auszüge aus dem Personenstandsregister, die Heiratsurkunde sowie das Familienbuch, jeweils inklusive deutscher Übersetzung, übermittelt.
1.8. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 15.01.2018, am 18.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt. Hierbei wurde darüber informiert, dass keine Beschwerdevorentscheidung erstellt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Behebung des Bescheides und Zurückverweisung:
2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 60 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
"Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
2.2. § 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
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Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
2.3. § 13 Abs. 4 BFA-VG lautet:
"Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält."
2.4. § 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
2.5. Sofern die belangte Behörde die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreistiteln mit der Begründung eines fehlenden Nachweises der in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 normierten Erteilungsvoraussetzungen abgewiesen hat, ist zunächst festzuhalten, dass eine Erfüllung der in der genannten Bestimmung festgelegten Voraussetzungen im zu beurteilenden Verfahren nicht erforderlich gewesen ist. So stellten die nunmehrigen beschwerdeführenden Parteien die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln am 30.06.2016 und machten dabei eine Bezugsperson namhaft, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016, rechtskräftig am 16.06.2016, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war. Die Antragstellung auf Erteilung von Einreisetiteln erfolgte demnach weniger als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson, demnach ist eine Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 durch die beschwerdeführenden Parteien dem Gesetzeswortlaut zufolge nicht erforderlich (vgl. § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005). Eine Abweisung auf Grundlage der Nichterfüllung der in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 festgelegten Erfordernisse kommt sohin fallgegenständlich nicht in Betracht, weshalb die Begründung der Behörde insoweit ins Leere geht.
2.6. Der VwGH führt in seinen Erkenntnissen vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, aus, dass für das geltende Recht, das Anträge auf internationalen Schutz aus dem Ausland sachlich begründbar nicht mehr kennt, entsprechend den Vorgaben des VfGH sicherzustellen ist, dass über den Antrag auf Erteilung des Einreisetitels eines Familienangehörigen des in Österreich befindlichen Schutzberechtigten in einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren entschieden wird und insbesondere auch Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK berücksichtigt werden. Diesen Erfordernissen kann im geltenden Recht aber auch ohne Zulassung eines Antrags auf internationalen Schutz aus dem Ausland entsprochen werden.
Dazu hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das BFA zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des BFA schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Problematisch wäre hingegen, die Entscheidung über den Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 an eine Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes zu binden, die im Visaverfahren vom Antragsteller nicht effektiv in Frage gestellt werden könnte und keiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterläge.
Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, wurde in § 9 Abs. 3 FPG jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das BVwG zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem BVwG, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem BVwG offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das BFA seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das BVwG gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegen gehalten werden (vgl. auch VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).
Hinzu kommt, dass der VfGH in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert hat, im Visaverfahren nach § 35 AsylG 2005 auch die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. insbesondere auch VfGH vom 6. Juni 2014, B 369/2013, und vom 23. November 2015, E 1510- 1511/2015-15).
2.7. Im gegenständlichen Fall wurde jedoch Verfahrensvorschriften nicht ausreichend Rechnung getragen. So erfordert eine korrekte Anwendung des § 13 Abs. 4 BFA-VG eine Belehrung des Fremden über die Möglichkeit der Vornahme einer DNA-Analyse. Ihm ist auf sein Verlangen und auf seine Kosten eine solche zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine derartige Belehrung offenbar nicht in Erwägung gezogen, sondern sich (neben dem bereits erörterten Aspekt der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005) lediglich auf "gravierende Widersprüche bei einer Gegenüberstellung der Angaben (Antrag, Angaben im Akt der Bezugsperson, Beilagen etc.)" sowie auf (nicht näher konkretisierte) "massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Unterlagen" bezogen. Da die vorgelegten Dokumente somit offenkundig als nicht geeignet befunden wurden, um das behauptete Verwandtschaftsverhältnis zwischen den minderjährigen Beschwerdeführern und der Bezugsperson nachzuweisen, wäre eine DNA-Analyse zum Nachweis der Familienangehörigeneigenschaft notwendig gewesen. Der Argumentation der Behörde, demzufolge der Bezugsperson die Benennung der exakten Geburtsdaten ihrer angeblichen Kinder nicht möglich gewesen wäre – wobei sich dem Akteninhalt auch nicht entnehmen lässt, auf welche konkreten Aussagen der Bezugsperson diese Annahme gestützt werde – kommt insofern kein ausreichender Begründungswert für die Verneinung der Eigenschaft der minderjährigen beschwerdeführenden Parteien als Familienangehörige der Bezugsperson zu.
Die Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren eine entsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG durchzuführen und den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Vornahme einer solchen DNA-Analyse zu geben haben.
2.8. Ohne die Bindungswirkung an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Frage zu stellen, fehlt in der vorliegenden Entscheidung jedoch außerdem die erforderliche Nachvollziehbarkeit. So wurden die Widersprüche zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson, auf die sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den Ausführungen zur Angehörigeneigenschaft bezieht, nicht näher konkretisiert. Daher war es nicht nur den Beschwerdeführern unmöglich zu den Vorhaltungen konkret Stellung zu nehmen, sondern auch das Bundesverwaltungsgericht konnte diese mangels Darstellung in geeigneter Weise im Verwaltungsakt nicht nachvollziehen.
Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH sind mögliche Widersprüche, die sich aus den Einvernahmen mit der Bezugsperson und aus den Angaben der Antragsteller ergeben können, konkret bekannt zu geben, um einem Antragsteller eine entsprechende Stellungnahme dazu zu ermöglichen (VwGH, 09.11.2010, 2007/21/0323).
Im gegenständlichen Verfahren übermittelte die belangte Behörde der gewillkürten Vertreterin der beschwerdeführenden Parteien am 30.05.2017 die Mitteilung über die negative Wahrscheinlichkeitsprognose und bezughabende Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, in welcher, wie angesprochen, unter anderem auf – nicht näher präzisierte – "gravierende Widersprüche" hingewiesen wurde. Auf diesen Umstand und die daraus resultierend fehlende Möglichkeit der Abgabe einer entsprechenden Stellungnahme wurde in der bezugnehmenden Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertreterin vom 07.06.2017 in zutreffender Weise hingewiesen. Die belangte Behörde erstellte daraufhin am 20.06.2017 die nunmehr in Beschwerde gezogene abweisende Erledigung. Am 04.07.2017 wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine ergänzende Stellungnahme abgegeben, in welcher die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht erhalten wurde und die Zweifel am Bestehen eines relevanten Familienverhältnisses zum Teil näher dargelegt wurden. Jenes Schreiben wurde der gewillkürten Vertreterin in der Folge am gleichen Datum wie der Bescheid zugestellt, wodurch die beschwerdeführenden Parteien vor Bescheiderlassung keine Möglichkeit hatten, zu den konkreten Gründen der ablehnenden Entscheidung – insbesondere zu den als widersprüchlich erachteten Angaben bezüglich des Eheschließungsdatums – im Rahmen des Parteiengehörs Stellung zu beziehen. Auch wurde nicht konkretisiert, in wie fern die Antragsformulare (welche gemeinsam mit der Stellungnahme vom 07.06.2017 neuerlich übermittelt wurden) nach wie vor als unvollständig anzusehen wären bzw. in wie weit allfällige sprachliche Verständigungsschwierigkeiten (die in diesem Zusammenhang erwähnten Telefonate sind im Verwaltungsakt im Übrigen nicht näher dokumentiert) eine Unglaubwürdigkeit der vorgebrachten familiären Beziehungen begründen. Das BFA hat in seinen Mitteilungen vom 17.05.2017 und vom 04.07.2017 keine entsprechenden nachvollziehbaren Gründe für das gänzliche Fehlen familiärer Beziehungen der Beschwerdeführer zur Bezugsperson geltend gemacht.
Im fortgesetzten Verfahren werden daher diese Widersprüche, möchte sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl weiterhin darauf stützen, entsprechend darzulegen und den antragstellenden Parteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen zu sein.
Sofern Zweifel an der bestehenden Ehe vorliegen, wäre - unter Einbeziehung der DNA-Analyse der Kinder und nach entsprechendem Vorhalt - auch Art. 8 EMRK entsprechend zu berücksichtigen.
2.9. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zum Familienleben der Beschwerdeführer mit der Bezugsperson in Österreich nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels wurden am 30.06.2016, und damit nach Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht, weshalb § 35 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden war.
2.10. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A) wurde ausgeführt, dass die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in Visaangelegenheiten nicht im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Familienangehöriger,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W192.2183386.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.02.2018