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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, über die Revision des G R H in V, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 2017, Zl. W264 2149682- 1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 10. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 8. Februar 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. November 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. September 2017 als unbegründet ab. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/20/0115, mwN).
7 Soweit zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vorgebracht wird, dass unter anderem die Sicherheits- und Versorgungslage in ganz Afghanistan - aufgrund von zahlreichen Anschlägen und diesbezüglichen Verweisen - dergestalt sei, dass dem Revisionswerber zumindest subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen wäre und von der Rechtsprechung zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz bei "afghanischen Asylwerbern, die ihr gesamtes Leben außerhalb von Afghanistan verbracht haben," abgewichen worden sei, ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage, ob einem Fremden im Fall der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht, zu treffen sind.
Im vorliegenden Fall traf das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung konkrete, sowohl die persönliche Situation des Revisionswerbers (ua. zu dessen unbeeinträchtigter Gesundheit, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner abgeschlossenen Schulbildung und universitären Ausbildung, seinen ausgeübten Tätigkeiten sowie zum Vorhandensein familiärer Anknüpfungspunkte sowohl in Kabul als auch in Bamyan) als auch die allgemeine Sicherheits- und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat (insbesondere in Kabul und Bamyan) - bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt - betreffende Feststellungen, sodass ein Abweichen von den angeführten Leitlinien fallbezogen nicht ersichtlich ist (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089 sowie VwGH 22.6.2017, Ra 2017/20/0085). Insofern die Revision darauf verweist, das Verwaltungsgericht verkenne die Rechtslage in Hinblick darauf, dass der Revisionswerber sein "ganzes Leben außerhalb Afghanistans" verbracht habe, geht das Rechtsmittel nicht von den festgestellten Tatsachen aus, wonach dieser seine Kindheit im Herkunftsland verbracht hat. Zudem verfügt der Revisionswerber laut den getroffenen Feststellungen über enge familiäre Anknüpfungspunkte sowohl in Kabul als auch in Bamyan.
8 Wenn in diesem Zusammenhang die Revision ihre Zulässigkeit im Weiteren in der Außerachtlassung einer Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Dezember 2017 (sohin nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses vom 6. November 2017) sowie im nach dem Entscheidungszeitpunkt liegenden Geschehnissen und Entwicklungen im Herkunftsland erblickt, so ist zu entgegnen, dass der Berücksichtigung der vorgebrachten und allenfalls maßgeblichen Sachverhaltsänderungen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG zu beachtende Neuerungsverbot entgegensteht (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089). Dies gilt auch für das erstmalig in der Revision erstattete Vorbringen, der Revisionswerber würde aufgrund seines "Hazaragi-Dialekts aus Pakistan" Diskriminierungen ausgesetzt sein. Die Revision macht auch nicht geltend, dass es dem Revisionswerber nicht möglich gewesen wäre, ein solches Vorbringen schon vor Einbringung der gegenständlichen Revision zu erstatten. Damit verstößt auch dieses Vorbringen gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot und kann daher gemäß § 41 VwGG keine Beachtung finden (vgl. VwGH 19.5.2015, Ra 2015/16/0035).
9 Schlussendlich wird die Zulässigkeit der gegenständlichen Revision mit der fälschlichen Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative begründet. Mangels einer konkreten Bezugnahme auf den im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 15.9.2016, Ra 2016/20/0209 bis 0211 sowie VwGH 19.12.2016 , Ra 2016/20/0135).
10 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 12. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200003.L00Im RIS seit
12.02.2018Zuletzt aktualisiert am
28.02.2018