TE Vwgh Beschluss 2018/1/22 Ra 2017/05/0220

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Veröffentlicht am 22.01.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §31 Abs1 Z4;
VwGG §31 Abs1;
VwGG §31 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über den Antrag der E H, vertreten durch Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40, auf Ablehnung des Hofrates des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Moritz den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. Dezember 2002 wurde der Antragstellerin als Eigentümerin der Baulichkeit auf einer näher bezeichneten Liegenschaft der Auftrag erteilt, das nicht plangemäß errichtete Kleingartenwohnhaus im Ausmaß von 11,04 m × 6,11 m (Keller) mit einer Gebäudehöhe von 6,39 m (an der höchsten Stelle) und 6,02 m (an der niedrigsten Stelle) binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides beseitigen zu lassen.

2 Mit der im Instanzenzug ergangenen Vollstreckungsverfügung der Wiener Landesregierung vom 21. Juli 2010 wurde die zwangsweise Durchführung dieses behördlichen Auftrages durch Ersatzvornahme angeordnet.

3 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Dezember 2014 wurden der Antragstellerin gemäß § 11 Abs. 1 und 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 - VVG die Kosten für die Durchführung der angeordneten Ersatzvornahme vorgeschrieben.

4 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 21. Juni 2017 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Antragstellerin als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in welcher die Antragstellerin unter anderem die Ablehnung des Hofrates des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Moritz mit der Begründung zum Ausdruck bringt, dass "ein in bisher allen Vorverfahren beteiligte Richter ua einen umstrittenen Kommentar (zB aM Siegbert Morscher) zur Wiener Bauordnung verfasste, welcher einem unbeteiligten Beobachter den Anschein von Unobjektivität vermitteln könnte".

6 Der abgelehnte Richter erklärte, nicht befangen zu sein. 7 Gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 VwGG haben sich die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten, wenn sonstige wichtige Gründen vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen.

8 Aus den in § 31 Abs. 1 VwGG genannten Gründen können die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer gemäß § 31 Abs. 2 VwGG auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z 4 leg. cit., so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen.

9 Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs. 1 Z 4 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann (vgl. etwa VwGH 31.1.2008, 2007/06/0325, mwN). Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten. Das Gesetz fordert dabei eine substantiierte Begründung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes (vgl. VwGH 16.12.2015, 2015/03/0005).

10 Eine derartige substantiierte Begründung lässt sich dem vorliegenden Ablehnungsantrag nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass der von der Antragstellerin abgelehnte Richter am Zustandekommen von ihr gegenüber ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofes mitgewirkt hat, bildet keine Grundlage für die Annahme einer Befangenheit dieses Richters im Fall der Behandlung einer weiteren Eingabe, vorliegendenfalls der außerordentlichen Revision, der Antragstellerin, selbst wenn die Antragstellerin die zuvor ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofes für unrichtig hält (vgl. wiederum VwGH 16.12.2015, 2015/03/0005).

11 Warum das Verfassen eines Kommentares zur Wiener Bauordnung durch den abgelehnten Richter dessen mangelnde objektive Einstellung gegenüber der Antragstellerin begründen soll, wird von der Antragstellerin nicht konkret ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich, zumal bereits unklar bleibt, inwiefern dieser Kommentar bei der Beurteilung der gegenständlichen Revision, welcher - wie eingangs dargelegt - ein nach den Bestimmungen des VVG geführtes Verfahren zugrunde liegt, überhaupt relevant sein könnte. Dass die in einem Gesetzeskommentar vertretenen Rechtsansichten nicht von allen Rechtsanwendern geteilt werden, liegt in der Natur der Sache und bildet für sich allein keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit des betreffenden Richters im Fall der Behandlung der vorliegenden Revision.

12 Konkrete Umstände, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung des abgelehnten Richters gegenüber der Antragstellerin hindeuten könnten, werden von ihr somit nicht glaubhaft gemacht.

Der Antrag war daher gemäß § 31 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

Wien, am 22. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017050220.L00

Im RIS seit

12.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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