TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/30 W235 2154422-1

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Entscheidungsdatum

30.01.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2154422-1/8E

W235 2154419-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX, geb. XXXX und 2. XXXX, geb. XXXX, beide StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2017, Zl. 1140205407-170053519 (ad 1.) und Zl. 1140204203-170053505, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zweiter Satz zu lauten hat:

"Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz ist gemäß Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Italien zuständig."

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und Staatsangehörige des Iran. Sie stellten nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 12.01.2017 Anträge auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage hat ergeben, dass die Beschwerdeführer am XXXX08.2016 jeweils Asylanträge in der Schweiz gestellt hatten.

Ferner haben Abgleichungen im VIS System des Bundesministeriums für Inneres ergeben, dass den Beschwerdeführern von der italienischen Botschaft in Teheran Visa für elf Tage im Zeitraum XXXX08.2016 bis XXXX08.2016 erteilt worden waren (vgl. AS 13 im Akt des Erstbeschwerdeführers und AS 9 im Akt der Zweitbeschwerdeführerin).

1.2. Am 13.01.2017 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei die Beschwerdeführer zunächst in ihren jeweiligen Erstbefragungen angaben, an keinen Krankheiten zu leiden. Die Zweitbeschwerdeführerin gab ferner an, dass sie nicht schwanger sei. Zu Familienangehörigen in Österreich oder im Gebiet der Europäischen Union gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er jeweils in Deutschland, Großbritannien und Frankreich Cousins habe. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte vor, dass zwei ihrer Schwestern in der Schweiz leben würden.

Darüber hinaus brachte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung vor, dass er (gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin) im Juni oder Juli 2016 illegal aus dem Iran in die Türkei gereist sei. Er habe zwar einen Reisepass gehabt, der ihm jedoch vom Schlepper im Iran abgenommen worden sei. Von der Türkei aus sei er über Griechenland und Italien in die Schweiz gefahren, wo er von August 2016 bis ca. XXXX oder XXXX01.2017 gewesen sei. Die Schweiz sei eines der schlimmsten Länder in Europa. Es habe keine Zivilisation und keine Geschäfte gegeben, sondern nur Wald und Schnee. In der Schweiz hätten sie Anträge auf internationalen Schutz gestellt und negative Bescheide bekommen. Von der Schweiz seien sie nach Italien zurückgebracht worden. Dort seien ihm die Fingerabdrücke ohne sein Einverständnis abgenommen worden. Außerdem hätten die Beschwerdeführer keine Schlafmöglichkeiten gehabt und hätten auf Straße leben müssen. Nach zwei Tagen seien sie von Italien nach Österreich gereist. Der Erstbeschwerdeführer habe in der Schweiz erfahren, dass mit seinem Reisepass ein Visum für Italien beantragt worden sei. Er sei mit dem Schlepper in die italienische Botschaft gegangen und habe dort ein Visum für Italien beantragt. Der Schlepper habe gemeint, dass man am leichtesten ein Visum für Italien bekomme. Den Reisepass habe er von der italienischen Botschaft in Teheran nicht mehr abgeholt. Das Visum selbst habe er nie gesehen.

Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte in ihrer eigenen Erstbefragung im Wesentlichen die Angaben des Erstbeschwerdeführers und brachte ergänzend vor, dass sie in Italien zwei Nächte auf der Straße hätten schlafen müssen. Sie wolle das Asylverfahren nicht in Italien führen, weil sie dort keine Sicherheit habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe in der italienischen Botschaft in Teheran ein Visum beantragt, habe sich jedoch nicht getraut, mit dem Visum nach Österreich zu reisen. Der Reisepass mit dem Visum müsste noch in der italienischen Botschaft liegen.

Den Beschwerdeführern wurde weiters am 13.01.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihnen zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit der Schweiz die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.01.2017 auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmegesuche an die Schweiz.

Mit Schreiben vom 20.01.2017 gaben die schweizer Behörden bekannt, dass sie den Ersuchen auf Wiederaufnahme der Beschwerdeführer nicht entsprechen könnten, da die Beschwerdeführer zwar am XXXX08.2016 in der Schweiz um Asyl angesucht hätten, die italienischen Behörden jedoch am XXXX11.2016 der Übernahme der Beschwerdeführer implizit zugestimmt hätten und diese daher am XXXX01.2017 nach Italien überstellt worden seien. Es werde daher ersucht, die Ersuchen an die italienischen Behörden zu richten.

1.4. Am 23.01.2017 richtete das Bundesamt auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestützte Wiederaufnahmegesuche an Italien.

In der Folge teilte das Bundesamt der italienischen Dublinbehörde mit Schreiben vom 27.02.2017 mit, dass die Zuständigkeit im Fall der Beschwerdeführer wegen Unterlassung einer fristgerechten Antwort auf die österreichischen Wiederaufnahmegesuche auf Italien übergegangen ist

Am 27.02.2017 wurden dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin Verfahrensanordnungen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG übergeben, mit welchen ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, ihre Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§ 29 Abs. 3 Z 4 AsylG), da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Italien angenommen wird.

1.5. Am 23.03.2017 fand jeweils eine Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Beide Beschwerdeführer gaben in ihren jeweiligen Einvernahmen an, dass sie nicht über Verwandte im österreichischen Bundesgebiet verfügen würden.

In seiner eigenen Einvernahme brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er Tropfen gegen Knochenschmerzen nehmen müsse. Er gehe auch regelmäßig zum Arzt. Er habe am XXXX07.2016 persönlich in der italienischen Botschaft in Teheran ein Schengen-Visum beantragt, das am XXXX07.2016 ausgestellt worden sei. Die Ausstellung des Visums habe jedoch zu lange gedauert, sodass die Beschwerdeführer ohne Pass ausgereist seien. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, seine Außerlandesbringung nach Italien auszusprechen, brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass sie in Italien von der Polizei schlecht behandelt worden seien. Sie seien gezwungen worden, ihre Fingerabdrücke abzugeben und ihnen sei gedroht worden, dass sie abgeschoben würden. Es habe keine Unterkunft und keine Verpflegung gegeben. In Italien kümmere sich niemand um Flüchtlinge. In Österreich habe der Erstbeschwerdeführer die Möglichkeit, behandelt zu werden. Hier gebe es Ärzte und Psychologen. Auf die Frage, ob er in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, gab der Erstbeschwerdeführer an, hätte er einen Antrag gestellt, wäre er in ein Lager gekommen. Sie hätten jedoch nicht in Italien bleiben wollen. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen verwies der Erstbeschwerdeführer auf unterstrichene Passagen, in denen es um Probleme bei der Unterbringung und Versorgung von Asylwerbern in Italien geht. Das seien die Gründe, warum er nicht nach Italien wolle. Vor allem wolle er wegen der schlechteren medizinischen Versorgung nicht nach Italien.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie regelmäßig zum Arzt gehen müsse. Die Behandlung im Krankenhaus würde noch zwei Wochen dauern. Auch sei sie zweimal in der Woche beim Arzt im Flüchtlingsheim. Ihr Reisepass befinde sich in der italienischen Botschaft in Teheran. Dort habe sie um ein Visum angesucht, habe jedoch ihren Pass nicht mehr abgeholt. Sie sei zweimal in Italien eingereist. Das erste Mal Mitte August 2016. Da sei sie einen Tag in Italien gewesen und dann in die Schweiz gefahren. Das zweite Mal sei sie von der Schweiz nach Italien abgeschoben worden und sei eine Nacht dort aufhältig gewesen. Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, ihre Außerlandesbringung nach Italien zu veranlassen, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie nicht nach Italien zurückwolle. Sie sei gezwungen worden, ihre Fingerabdrücke abzugeben und dann sei sie auf die Straße "geschmissen" worden. Flüchtlinge würden in Italien schlecht behandelt werden. Nicht nur die Polizei habe sie schlecht behandelt. Auf einem italienischen Bahnhof hätten Betrunkene versucht, sie zu vergewaltigen und hätten auch versucht, den Beschwerdeführen Geld zu stehlen. Wegen der versuchten Vergewaltigung sei sie nicht bei der Polizei gewesen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei im Iran vergewaltigt worden und komme dies alles nach der versuchten Vergewaltigung in Italien "wieder hoch". Sie habe in Italien keinen Asylantrag gestellt. Zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes zu Italien gab sie an, dass Iraner in Italien keine Chance hätten, Asyl zu bekommen. In Italien würden Menschenrechte von Behörden und der Mafia ständig verletzt.

Im Rahmen dieser Einvernahme legte der Erstbeschwerdeführer nachstehende ärztliche Unterlagen vor:

* Ambulanzbericht vom XXXX03.2017 mit den Diagnosen Opiatabhängigkeit (kontrollierter Konsum) sowie depressive Störung mittelgradiger Episode und einer medikamentösen Therapieempfehlung;

* Arztbericht internistische Notaufnahme vom XXXX02.2017, dem zu entnehmen ist, dass der Erstbeschwerdeführer mit der Diagnose Ganzkörperschmerz in ambulanter Behandlung war und in gutem Allgemeinzustand entlassen wurde samt medikamentöser Therapieempfehlung und Terminvereinbarung in einer Drogenambulanz;

* Gesamtübersicht einer klinischen- und Gesundheitspsychologin vom XXXX03.2017, der zu entnehmen ist, dass sich der Erstbeschwerdeführer seit dem XXXX01.2017 für zehn Einheiten wegen einer substitutionsgestützten Rehabilitation in klinisch-psychologischer Beratung befindet und

* Karteiauszug betreffend dem Erstbeschwerdeführer verschriebene Medikamente vom XXXX03.2017

Die Zweitbeschwerdeführerin legte ebenso folgende medizinische Unterlagen vor:

* Gesamtübersicht einer klinischen- und Gesundheitspsychologin vom XXXX03.2017, der zu entnehmen ist, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin seit XXXX01.2017 für fünf Einheiten wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in klinisch-psychologischer Beratung befindet;

* Ambulanzbericht vom XXXX03.2017 mit der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung mit der Empfehlung einer weiterführenden psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung und

* Karteiauszug betreffend der Zweitbeschwerdeführerin verschriebene Medikamente vom XXXX03.2017

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b [korrekt wäre: Art. 12 Abs. 4] Dublin III-VO für die Prüfung dieser Anträge zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. der jeweiligen angefochtenen Bescheide wurde gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Italien zulässig ist.

Begründend wurde betreffend beide Beschwerdeführer im Wesentlichen festgestellt, dass diese Staatsangehörige des Iran seien und an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden würden. Der Abgleich der Fingerabdrücke habe ergeben, dass die Beschwerdeführer in der italienischen Botschaft in Teheran Schengen-Visa beantragt hätten, die am XXXX07.2016 ausgestellt worden seien. Ferner habe der Abgleich mit der Eurodac-Datenbank ergeben, dass die Beschwerdeführer am XXXX08.2016 in der Schweiz jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätten. Die schweizer Behörden hätten die Wiederaufnahmegesuche aufgrund der Zuständigkeit Italiens abgelehnt. Am 24.02.2017 sei die Zuständigkeit für die in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz auf Italien übergegangen. Abgesehen vom jeweils mitgereisten Ehepartner, dessen Antrag ebenfalls als unzulässig zurückgewiesen und dessen Außerlandesbringung nach Italien ebenso angeordnet worden sei, hätten die Beschwerdeführer keine weiteren Angehörige in Österreich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt betreffend beide Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass aufgrund eines für die Schengen Staaten gültig gewesenes Visums, ausgestellt von den italienischen Behörden in Teheran am XXXX07.2016, die Identität und die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer feststehen würden. Dass die Beschwerdeführer an akut lebensbedrohlichen Krankheiten leiden würden, sei aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Betreffend den Erstbeschwerdeführer wurde ausgeführt, dass die vorgelegten Befunde überwiegend unauffällig ausgefallen seien und eine stationäre medizinische Betreuung nicht notwendig gewesen sei. Bei seiner Entlassung nach ambulanter Behandlung habe er sich in gutem Allgemeinzustand befunden. Es sei lediglich eine Medikation empfohlen worden. Die Medikamente, die der Erstbeschwerdeführer in Österreich bekommen habe, würden der Entwöhnung von Opiaten und den damit verbundenen Symptomen dienen. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin wurde darauf verwiesen, dass auch in ihrem Fall die vorgelegten Befunde überwiegend unauffällig ausgefallen seien. Bei der diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung würde es sich um keinen psychiatrischen Notfall handeln und sei eine stationäre Betreuung nicht notwendig gewesen. Es sei lediglich eine weiterführende psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung empfohlen worden. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus den unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Die Angaben der Beschwerdeführer zu ihrem Privat- und Familienleben hätten sich aus den niederschriftlichen Einvernahmen ergeben. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Zu den Angaben der Beschwerdeführer, sie wären in Italien schlecht behandelt worden, werde ausgeführt, dass der Aufenthalt viel zu kurz gewesen sei, um ein objektives Urteil über die (medizinische) Behandlung und Versorgung in Italien zu fällen. Die Beschwerdeführer hätten nicht glaubhaft vorgebracht, in Italien Misshandlung, Verfolgung oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass der jeweils mitgereiste Ehepartner im selben Umfang von den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sei, weshalb die Ausweisung keinen Eingriff in das Familienleben darstelle. Im Rahmen einer umfassenden Interessensabwägung sei weiters festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung das private Interesse der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. von Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Italien sei bereit, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen, ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Italien aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen den Beschwerdeführern gegenüber zu erfüllen. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergebe, hätten sich die Aufnahmekapazitäten und Versorgungsbedingungen in Italien aufgrund der Maßnahmen der italienischen Behörden zur Sicherstellung der Vorgaben des Tarakhel-Urteils wesentlich geändert, weshalb die Einholung von Einzelfallzusicherungen nicht erforderlich gewesen sei. Zusammengefasst sei daher festzustellen, dass in Italien von einer unbedenklichen asylrechtlichen Praxis, der Beachtung des Non-Refoulement-Schutzes, der Existenz einer Grund- und Gesundheitsversorgung sowie einer unbedenklichen Sicherheitslage ausgegangen werden könne. Bezüglich der gesundheitlichen Probleme werde angeführt, dass nicht ersichtlich sei, dass die Beschwerdeführer an einer Erkrankung jener besonderen Schwere leiden würden, die erforderlich sei, um die Außerlandesschaffung eines Fremden als in Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend erscheinen zu lassen. Es sei in den Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass gerade die Beschwerdeführer bei einer Rücküberstellung nach Italien keinen Zugang zu medizinischer Versorgung hätten. Ein von den Beschwerdeführern im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Zu den Spruchpunkten II. der jeweils angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen die oben angeführten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer nunmehr bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde und stellten Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde nach Wiederholung des Verfahrensganges und des bisherigen Vorbringens der Beschwerdeführer unter Verweis auf eine (der Beschwerde beigelegte) Bestätigung des Frauennotrufs Salzburg vom XXXX04.2017 ausgeführt, dass die Zweitbeschwerdeführerin ohne Zweifel Opfer schwerer sexueller Gewalt geworden sei und ein charakteristisches Zustandsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung aufweise. Eine Rückschiebung der Zweitbeschwerdeführerin nach Italien würde eine hochgradige gesundheitliche Gefährdung bedeuten. Die Beschwerdeführer seien der Meinung, dass alle Flüchtlinge in Italien so behandelt würden wie sie. Beide würden medizinische Behandlung benötigen, die sie in Österreich bereits erhielten. In Italien wäre das nicht der Fall. Flüchtlingen gegenüber werde von den italienischen Behörden Gleichgültigkeit an den Tag gelegt. Es komme zu einer systematischen Verletzung fundamentaler Menschenrechte. Mangelnde Versorgung und die Verweigerung der Unterkunftsmöglichkeiten seien Realität. Die Versorgung von Asylwerbern sei in Italien nicht gewährleistet. Zudem werde ihnen die Möglichkeit der Asylantragstellung massiv erschwert. Sie würden auf der Straße ohne jegliche Unterstützung leben. Der lapidare Verweis der belangten Behörde auf die Länderfeststellungen sei nicht gerechtfertigt, da es nicht auf die Theorie, sondern auf die wahren Verhältnisse in Italien ankomme. Ferner habe sich die Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht näher auseinandergesetzt. Es bestehe in Italien die reale Gefahr des fehlenden Verfolgungsschutzes sowie einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung.

Der Beschwerde waren folgende Unterlagen beigelegt:

* Bericht über ein ärztliches Beratungsgespräch des Erstbeschwerdeführers vom XXXX03.2017 betreffend seine Opiatabhängigkeit mit der Diagnose Traumafolgestörung und einer medikamentösen Therapieempfehlung;

* schlecht leserlicher, handschriftlich ausgefüllter ärztlicher Befundbericht vom XXXX03.2017 betreffend den Erstbeschwerdeführer mit der Diagnose Opiatabhängigkeit;

* (in der Beschwerde erwähnte) Bestätigung des Frauennotrufs Salzburg vom XXXX04.2017 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und

* Ambulanzbericht vom XXXX04.2017 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin mit der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung;

4. Am 20.07.2017 wurden die Beschwerdeführer gemeinsam auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Die Beschwerdeführer sind ein Ehepaar und Staatsangehörige des Iran. Den Beschwerdeführern wurde von der italienischen Botschaft in Teheran Schengen-Visa für elf Tage im Zeitraum XXXX08.2016 bis XXXX08.2016 erteilt. In Besitz dieser Visa reisten die Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 12.01.2017 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten. Festgestellt wird sohin, dass die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich in Besitz von italienischen Visa waren, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind. Zuvor stellten die Beschwerdeführer am XXXX08.2016 Asylanträge in der Schweiz und wurden von den schweizer Behörden am XXXX01.2017 nach Italien überstellt, von wo aus sie am nächsten Tag nach Österreich weitergereist sind.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 23.01.2017 Wiederaufnahmegesuche an Italien. Aufgrund von Verfristung trat die Zuständigkeit Italiens zur Durchführung der Asylverfahren der Beschwerdeführer ein, was der italienischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 27.02.2017 mitgeteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Italiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Italien Gefahr laufen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der Erstbeschwerdeführer leidet an einer Opiatabhängigkeit und - damit verbunden - an einer depressiven Störung. Wegen der Diagnose Ganzkörperschmerz wurde er am XXXX02.2017 ambulant behandelt und konnte in gutem Allgemeinzustand entlassen werden. Bei der Zweitbeschwerdeführerin wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Beide Beschwerdeführer erhielten in Österreich eine medikamentöse Therapie sowie eine klinisch-psychologische Beratung. Eine darüber hinausgehende bzw. zum Zeitpunkt der Überstellung vorgelegen habende Behandlungsbedürftigkeit beider Beschwerdeführer kann nicht festgestellt werden. Sohin kann in einer Gesamtbetrachtung festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet.

Am 20.07.2017 wurden die Beschwerdeführer gemeinsam auf dem Luftweg nach Italien überstellt. Festgestellt wird, dass die Überstellung ruhig verlaufen ist und kein Ambulanz- bzw. Notarzteinsatz erforderlich war.

1.2. Zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien:

Zum italienischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien wurden in den angefochtenen Bescheiden umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Dublin-Rückkehrer:

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen am Flughafen Rom-Fiumicino, einige auch am Flughafen Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Questura für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab.

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in IT gestellt hat, kann er dies tun, wie jeder andere auch.

2. Ist das Verfahren des AW noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere AW.

3. Hat er beim ersten Aufenthalt in Italien eine negative Entscheidung erhalten und dagegen keine Beschwerde eingelegt, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE gebracht werden.

4. Wurde das Verfahren des Rückkehrers negativ entschieden, dieser aber nicht informiert (weil er etwa schon weg war), kann er Beschwerde einlegen.

5. Hat der AW Italien vor seinem persönlichen Interview verlassen und erging folglich eine negative Entscheidung, kann der Rückkehrer ein neues Interview beantragen (AIDA 1.2015).

Im Falle einer 8-köpfigen afghanischen Familie, welche über Italien nach Österreich und weiter in die Schweiz gereist ist und welche im Rahmen der Dublin-Verordnung von der Schweiz nach Italien rückzuüberstellen war, hat der EGMR am 4.11.2014 festgestellt, dass eine Überstellung nach Italien das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) verletzen würde, falls die Schweiz nicht vorab von Italien Einzelfallzusicherungen für eine altersgerechte Betreuung der Kinder und für die Wahrung der Einheit der Familie einholt (sogen. Tarakhel-Urteil) (EGMR 4.11.2014; vgl. AIDA 12.2015).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (Mdl 15.2.2016).

b). Unterbringung:

Mit LD 142/2015 wurde ein 2-Phasen-Unterbringungssystem eingeführt, das im Wesentlichen dem davor Üblichen entspricht. Die erste Phase bilden die Ersthelfer- und Unterbringungszentren CPSA, Erstaufnahmezentren CPA und Notfallzentren CAS, sowie Unterbringungszentren CARA. In diesen Einrichtungen sollen AW nur temporär untergebracht werden, bis Verlegung in SPRAR möglich ist. Das SPRAR bildet die 2. Phase der Unterbringung. Fremde sind zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und wenn eine Bedürftigkeit besteht, welche auf Basis von Eigendeklaration festgestellt wird. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung (bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist). Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht das Recht auch bis zu Entscheidung des Gerichts (AIDA 12.2015).

Die Praxis, dass der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der Verbalizzazione (formelle Registrierung des Antrags) gegeben ist, anstatt sofort nach Fotosegnalamento (erkennungsdienstliche Behandlung), bestand laut AIDA aber zumindest bis Ende September 2015 fort. Zwischen diesen beiden Schritten waren, abhängig von Region und Antragszahlen, vor allem in den großen Städten Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich. Betroffene AW waren daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen oder es drohte ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Auch ist nicht bekannt, wie sich die Situation momentan darstellt. Betroffen waren außerdem nur Personen, die ihren Antrag im Land stellten, keine auf See geretteten AW (AIDA 12.2015).

[...]

Als größtes Problem für Rückkehrer wird die Unterbringungssituation betrachtet. Dublin-Rückkehrer (AW oder Schutzberechtigte), die zuvor in Italien nicht untergebracht waren, haben bei Rückkehr Zugang zu Unterbringung. Eine Aussage darüber, wie lange es dauert bis auch tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Berichten zufolge ist es in der Vergangenheit zu Fällen gekommen, in denen Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden konnten und sich selbst unterbringen mussten, mitunter in Behelfssiedlungen (AIDA 12.2015).

Gleichzeitig besagten ältere Berichte, dass ein AW, der dem Unterbringungszentrum ohne Genehmigung über eine bestimmte Frist fernbleibt, seinen Unterbringungsplatz verliert und danach nicht wieder in derselben Struktur untergebracht werden kann (AIDA 1.2015). Angeblich gilt dieses Verbot der erneuten Unterbringung für 6 Monate nach dem Verlassen der Unterbringung (SFH 5.2011).

Um die Unterbringungssituation von Dublin-Rückkehrern zu verbessern, wurden ab 2011 im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds (FER) Projekte nahe der Flughäfen finanziert, an denen diese am häufigsten ankommen (ARCO, ARCA, ASTRA am Flughafen Rom-Fiumicino; STELLA, ALI, TERRA am Flughafen Mailand-Malpensa; und weitere in Venedig, Bari und Bologna) (AIDA 1.2015). Informationen aus dem ital. Innenministerium zufolge, sind diese Projekte mittlerweile alle ausgelaufen und wurden von der EU nicht nachfinanziert. Die Betroffenen sind derzeit durchweg in den national unterhaltenen Zentren untergebracht (CPSA, CDA, CARA, CIE, SPRAR). Die genaue Aufteilung auf die diversen Arten von Einrichtungen ist nicht bekannt, jedoch die Aufteilung nach Region. Am 29.2.2016 waren insgesamt 107.387 Personen in diversen Einrichtungen untergebracht (VB 10.3.2016).

[...]

c). Medizinische Versorgung:

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. AW haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrages. Das gilt sowohl für untergebrachte als auch für nicht untergebrachte AW. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.);

Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung;

kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. In einem Zentrum Untergebrachte erhalten bei diesem Schritt Hilfe von ihren Betreuern. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sich AW offiziell arbeitslos melden, um die Ticketbefreiung behalten zu können. Zum effektiven Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber und Schutzberechtigte erklärt AIDA, dass bei den Mitarbeitern im Gesundheitsbereich Desinformation und Mangel an Erfahrung in der Behandlung von Migranten häufig sind. Die Sprachbarriere ist aber das größte Zugangshindernis (AIDA 12.2015).

AW und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. In der Praxis können sie von spezialisierten Dienstleistungen profitieren, die im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes und von spezialisierten NGOs und Privaten angeboten werden. Verschiedene medizinische Zentren und Ärzte, die früher im sogenannten NIRAST (Italian Network for Asylum Seekers who Survived Torture) organisiert waren, arbeiten unter verschiedenen Finanzierungen weiter in der Unterstützung von Folteropfern (AIDA 12.2015).

Irreguläre Migranten haben das Recht auf medizinische Notversorgung und präventive Versorgung zum Schutz der individuellen und kollektiven Gesundheit. Damit haben sie dieselben Rechte wie italienische Staatsbürger (AIDA 12.2015).

Illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in den jeweiligen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Auch wurden in den Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide die von Italien aufgrund des Urteils des EGMR Tarakhel gegen die Schweiz unternommenen Maßnahmen zur Verbesserung, insbesondere der Versorgungs- und Unterbringungslage, für Asylwerber angeführt und stützen sich diese nahezu ausschließlich auf Quellen, welche (zum Teil weit) nach dem EGMR Urteil Tarakhel gegen die Schweiz (sohin nach dem 04.11.2014) entstanden sind.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Italien den Feststellungen des Bundesamtes in den angefochtenen Bescheiden zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihrer familiären Beziehung zueinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zu ihrer Einreise nach Österreich sowie zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.

Dass den Beschwerdeführern von der italienischen Botschaft in Teheran Schengen-Visa für elf Tage im Zeitraum XXXX08.2016 bis XXXX08.2016 erteilt wurden und sie sohin zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich in Besitz von italienischen Visa waren, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, ergibt sich ebenso aus dem unbedenklichen Akteninhalt und wurde darüber hinaus von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten. Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin gaben an, dass sie in der italienischen Botschaft in Teheran jeweils ein Visum für Italien beantragt hätten. Ferner ergibt sich diese Visa-Erteilung auch aus den Abgleichungen im VIS System des Bundesministeriums für Inneres. Aus welchen Gründen das Bundesamt im Spruch der angefochtenen Bescheide von einer Asylantragstellung in Italien - der Spruch bezieht sich auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO - ausgeht, ist nicht ersichtlich und beruht aller Wahrscheinlichkeit nach auf einem Irrtum. Die Beschwerdeführer haben übereinstimmend angegeben, in Italien keinen Asylantrag gestellt zu haben und findet sich diesbezüglich auch kein Eurodac-Treffer der Kategorie 1 in Bezug auf Italien, der auf eine Asylantragstellung hinweisen würde. Dass die Beschwerdeführer zuvor - nämlich am XXXX08.2016 - in der Schweiz Asylanträge stellten, ergibt sich zweifelsfrei aus dem diesbezüglichen Eurodac-Treffer und wurde auch von den Beschwerdeführern selbst angegeben. Hinzu kommt, dass diese Asylantragstellung von den schweizer Behörden in ihrem Schreiben vom 20.01.2017 bestätigt wurde. Aus diesem Schreiben der schweizer Behörden ergibt sich auch die Feststellung, dass die Beschwerdeführer am XXXX01.2017 von der Schweiz nach Italien überstellt worden waren.

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zum Übergang der Zuständigkeit an Italien aufgrund Verfristung sowie zur diesbezüglichen Mitteilung durch das Bundesamt ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Italiens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellungen, dass der Erstbeschwerdeführer an einer Opiatabhängigkeit und - damit verbunden - an einer depressiven Störung leidet sowie, dass er wegen der Diagnose Ganzkörperschmerz am XXXX02.2017 ambulant behandelt wurde und in gutem Allgemeinzustand entlassen werden konnte, ergibt sich aus den diesbezüglich vorgelegten ärztlichen Unterlagen vom XXXX02.2017 und vom XXXX03.2017. Dass betreffend die Zweitbeschwerdeführerin die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung gestellt wurde, ergibt sich aus den vorgelegten Ambulanzberichten vom XXXX03.2017 und vom XXXX04.2017. Ferner wurde in der Beschwerde eine Bestätigung des Frauennotrufs Salzburg vom XXXX04.2017 vorgelegt, in welcher ausgeführt wurde, dass die Zweitbeschwerdeführerin Opfer sexueller Gewalt geworden sei und das Zustandsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung aufweise. Dass sich beide Beschwerdeführer in Österreich einer medikamentösen Therapie sowie einer klinisch-psychologischen Beratung unterzogen haben, ergibt sich aus den vorgelegten "Gesamtübersichten" einer klinischen- und Gesundheitspsychologin vom XXXX03.2017 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und vom XXXX03.2017 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin) sowie aus den Karteiauszügen vom XXXX03.2017 (Erstbeschwerdeführer) und vom 21.03.2017 (Zweitbeschwerdeführerin). Da in weiterer Folge - nämlich nach dem XXXX04.2017 - weder beim Bundesamt noch beim Bundesverwaltungsgericht medizinische Unterlagen und/oder ärztliche Atteste einlangten, die auf darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeiten der Beschwerdeführer hinweisen, und sich auch sonst keine Hinweise auf die Inanspruchnahme medizinischer bzw. psychologischer Hilfe sowie auf eine vorliegende Behandlungsbedürftigkeit der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Überstellung dem Akteninhalt entnehmen lassen, war die diesbezügliche Feststellung zu treffen. Aus diesem Grund war auch die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Italien entgegengestanden wären, zu treffen gewesen.

Die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich ergibt sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführer in ihren jeweiligen Verfahren. Gegenteiliges ist auch den sonstigen Akteninhalten nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab beide Beschwerdeführer dezidiert an, keine familiären Beziehungen in Österreich zu haben.

Die Feststellung zur Überstellung der Beschwerdeführer nach Italien ergibt sich aus den diesbezüglichen Berichten der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 20.07.2017. Aus diesen Berichten ergibt sich auch die Feststellung, dass bei der Überstellung kein Ambulanz- bzw. Notarzteinsatz erforderlich war und diese ruhig verlaufen ist.

2.2. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Italien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und - jedenfalls zum Überstellungszeitpunkt - aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Italien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit gegeben, sich zu den Länderberichten zu äußern, welche von ihnen auch wahrgenommen wurde. Der Erstbeschwerdeführer bezog sich selbst auf die Feststellungen des Bundesamtes und verwies auf die Ausführungen zur Unterbringung und Versorgung von Asylwerbern in Italien. Die Zweitbeschwerdeführerin gab lediglich unsubstanziiert an, dass Iraner in Italien keine Chance auf Asyl hätten und Menschenrechte von den Behörden und "von der Mafia" verletzt würden. Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist diesen Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen. Auch in der Beschwerde wurde den Länderberichten des Bundesamtes nicht entgegengetreten. Es wurde lediglich vorgebracht, dass es in Italien zu einer systematischen Verletzung von Menschenrechten komme, die Versorgung und Bereitstellung von Unterkünften nicht gewährleistet sei und Flüchtlingen die Möglichkeit der Asylantragstellung massiv erschwert bzw. verweigert werde. Allerdings wurde dieses Vorbringen lediglich ohne nähere Begründung und ohne Beleg einfach in den Raum gestellt. Einer näheren Überprüfung auf seine Richtigkeit ist dieses Vorbringen sohin nicht zugänglich, zumal auch keine alternative Berichte in das Verfahren eingeführt wurden. Ebenso verhält es sich mit den Ausführungen, der "lapidare" Verweis der Behörde auf die Länderfeststellungen sei nicht gerechtfertigt, da es nicht auf die Theorie, sondern auf die wahren Verhältnisse in Italien ankomme. Allerdings hat die Beschwerde in weiterer Folge weder ausgeführt, gegen welche Feststellungen sich die Kritik richtet noch wurden Berichte über die "wahren Verhältnisse in Italien" angeführt oder zitiert. Zum Vorbringen betreffend Erschwernis bzw. Verweigerung der Asylantragstellung ist zusätzlich auszuführen, dass dies wohl auf die Beschwerdeführer nicht zutreffen kann, da diese selbst angegeben haben, dass sie in Italien gar keine Asylanträge stellen wollten. Da sohin offensichtlich kein Interesse von Seiten der Beschwerdeführer zur Stellung von Asylanträgen in Italien war, kann nicht erkannt werden, inwieweit ihnen dies hätte erschwert werden sollen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht z

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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