TE OGH 2018/1/17 15Os148/17d

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Veröffentlicht am 17.01.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Zach, LL.M. (WU), als Schriftführerin in der Strafsache gegen Philipp B***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 11. September 2017, GZ 606 Hv 13/17z-29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Staatsanwalt Dr. Hubmer, des Angeklagten Philipp B***** und seines Verteidigers Mag. Burger zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Philipp B***** wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB nach § 143 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Die Anrechnung der Vorhaft wird dem Erstgericht überlassen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, (verfehlt [RIS-Justiz RS0117261; Lendl, WK-StPO § 259 Rz 2], aber ohne Nachteil für den Angeklagten) auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Philipp B***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 12. Juli 2017 in K***** mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, Medine S***** als Gewahrsamsträgerin eines P*****-Marktes durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld, abzunötigen versucht, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe, und zwar eines Küchenmessers, verübte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der – in Übereinstimmung mit der zutreffenden Stellungnahme der Generalprokuratur – teilweise Berechtigung zukommt.

Der Rechtsmittelwerber reklamiert für sich den Strafaufhebungsgrund des

Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB (nominell Z 9 lit b und Z 10, der Sache nach nur Z 10; vgl RIS-Justiz RS0090474; § 105 Abs 1 StGB) und behauptet das Fehlen von Feststellungen dazu. Dabei orientiert er sich jedoch nicht am Urteilssachverhalt, wonach der Versuch fehlgeschlagen war (US 5: „Weil auch er die Geldlade nicht aufbekam, flüchtete der Angeklagte ohne das erhoffte Bargeld aus dem Supermarkt.“). Da der Angeklagte

davon ausging, dass seine Ausführungshandlung nicht mehr zum Erfolg führen wird, kommt strafbefreiender Rücktritt nicht mehr in Betracht (Hager/Massauer in WK² StGB §§ 15, 16 Rz 157 ff mwN; RIS-Justiz RS0090331; RS0090012). Im Übrigen macht der Rechtsmittelwerber nicht klar, weshalb die geforderten Feststellungen indiziert sein sollten, obwohl er sich nicht in diese Richtung verantwortet hatte. In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Zu Recht kritisiert die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall), dass das Erstgericht bei der Strafbemessung die Tatbegehung während eines anhängigen Ermittlungsverfahrens in Deutschland als erschwerend in Anschlag brachte (US 3, 12).

Die Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens erlangt nämlich bei der Strafbemessung nur dann Bedeutung, wenn das im Zeitpunkt der nunmehr abzuurteilenden Tat anhängig gewesene Strafverfahren mit einem rechtskräftigen Schuldspruch endete. Denn in diesem Fall kommt dem bereits laufenden und in eine Verurteilung mündenden Verfahren eine Warnfunktion zu, deren fehlende Beachtung infolge neuerlicher Delinquenz von einer gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnenden oder gleichgültigen Einstellung zeugt (RIS-Justiz RS0119271).

Indem das Erstgericht dem Nichtigkeitswerber ohne rechtskräftigen Abschluss eines – hier im Übrigen nicht näher umschriebenen – Strafverfahrens (vgl aber ON 31 S 3: wegen „Fahrens ohne Fahrerlaubnis u.a.“) eine Missachtung der Warnfunktion unterstellt, verstößt es gegen die Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK und hat solcherart beim Ausspruch über die Strafe eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache offenbar unrichtig beurteilt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 662, 711 ff).

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Strafausspruch samt Vorhaftanrechnung aufzuheben.

Bei der damit erforderlichen Strafneubemessung waren fünf einschlägige Vorverurteilungen sowie die Begehung während offener Probezeit erschwerend, mildernd hingegen das Geständnis sowie der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, zu werten. Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe (§ 32 StGB) entspricht bei einem Strafrahmen von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe eine solche von fünf Jahren dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat sowie der Täterpersönlichkeit.

Die Anrechnung der Vorhaft kommt gemäß § 400 Abs 1 StPO dem Erstgericht zu.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E120584

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00148.17D.0117.000

Im RIS seit

09.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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