Entscheidungsdatum
09.01.2018Index
82/05 LebensmittelrechtNorm
LMSVG §21Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der Frau W. X. und der X. GmbH, beide vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 3.2.2017, Zahl: MBA … - S 59231/16, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG iVm der Verordnung über Lebensmittelhygiene,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 1.000 Euro auf 800 Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 12 Stunden auf 2 Tage herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch anstelle der Wortfolge „Kapitel l, Art. 1, Abs.1 lit. C der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene (Bei Lebensmitteln, die nicht ohne Bedenken bei Raumtemperatur gelagert werden können, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden.)“ Die Wortfolge „ Anhang ll Kapitel lX Ziffer 5 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, wonach Rohstoffe, Zutaten, Zwischenerzeugnisse und Enderzeugnisse, die der Vermehrung pathogener Mikroorganismen oder die Bildung von Toxinen fördern können, nicht bei Temperaturen aufbewahrt werden dürfen, die einer Gesundheitsgefährdung Vorschub leisten könnten“ zu stehen hat. Ferner hat bei den verletzten Rechtsvorschriften anstelle „Kapitel l, Art. 1, Abs.1 lit. C der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene“ „Anhang ll Kapitel lX Ziffer 5 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004“ zu stehen.
Der Strafsatz hat richtig zu lauten: „§ 90 Abs. 3 2. Strafsatz LMSVG“.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 80 Euro festgesetzt, das sind 10% der verhängten Geldstrafe.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.) Das angefochtene Straferkenntnis ist gegen Frau W. X. als Beschuldigte gerichtet und enthält folgenden Spruch:
„l. Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der X. GmbH mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin im Sinne des § 21 LMSVG in dem Betrieb in Wien, G.-gasse, mit der Berechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants am 18.10.2016,folgende Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene nicht eingehalten hat:
Kapitel l, Art. 1, Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene
(Bei Lebensmitteln, die nicht ohne Bedenken bei Raumtemperatur gelagert werden können, darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden.)
, da nach einer Überprüfung durch die MA59, Marktamt für den … Bezirk, folgende Mängel festgestellt wurden:
Die Probe mit der Bezeichnung „Rindfleisch roh, für Tepanyaki“ ist ein in hygienischer Hinsicht sensibles Produkt, das gekühlt bei Temperaturen bis maximal +7°C zu lagern ist. Sie wurde jedoch laut Probebegleitschreiben bei einer Temperatur von +10°C vorgefunden.
Die vorliegende Probe widerspricht daher der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmitteihygiene.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 90 Abs.3 Z.1 in Verbindung mit § 21 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG), BGBl. 1 Nr. 13/2006 in der geltenden Fassung in Verbindung mit Kapitel l, Art. 1, Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 1.000,00, falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 12 Stunden
gemäß § 90 Abs.3 Strafsatz LMSVG.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 1.100,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
ll. Barauslagen
Gemäß § 64 Abs.3 des Verwaltungsstrafgesetzes haben Sie außerdem die in diesem Strafverfahren entstandenen Barauslagen zu ersetzen; € 82,95,- für die Begutachtung durch die AGES Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
lll. Haftung
Die X. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen Berufene , Frau W. X. verhängte Geldstrafe von € 1.000,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 100,00 samt Barauslagen in der Höhe von € 82,95 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.“
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird eingewendet, dass die bescheiderlassende Behörde keine Behörde sei, sondern nur eine Hilfsapparat des Landeshauptmannes, des Bürgermeisters und der Landesregierung. Bescheiderlassendes Organ könnte nur der Landeshauptmann, der Bürgermeister, die Landesregierung oder allenfalls eines ihrer Mitglieder sein. Daher sei der Bescheid rechtswidrig. Ferner läge kein Bescheid vor, da ohne sichtbare Anführung der bescheiderlassenden Behörde auf dem Bescheid kein Bescheid vorliege.
Es habe gegenständlich keine Beweisaufnahme durch die Verwaltungsbehörde stattgefunden. Es mangle an einem Ermittlungsverfahren. Die Beschwerdeführerin habe keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Es mangle am rechtlichen Gehör.
Die angeführten Rechtsvorschriften würden nicht besagen, dass Rindfleisch für Depanyaki bei maximal +7 °C zu lagern sei.
Ferner träfe die Feststellung, dass die Speise bei +10 °C gelagert worden sei, nicht zu. Rindfleisch werde stets bei einer Temperatur von unter +3 °C gelagert.
2.) Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt geht im wesentlichen folgender Sachverhalte vor:
Die vorliegende Anzeige wurde am 30.11.2016 gelegt. Darin wird der in der Folge inkriminierte Sachverhalt zur Anzeige gebracht. Es handle sich bei der Ware um ein hygienisch sensibles Produkt, welches gekühlte Temperaturen von maximal +7 °C zu lagern sei. Laut Probenbegleitschreiben sei die Ware jedoch bei +10 °C vorgefunden worden.
Aus dem vorliegenden Probenbegleitschreiben geht hervor, dass die Probenziehung am 18.10.2016 um 11:35 Uhr im Betrieb der Beschwerdeführerin stattgefunden hat. Die Probe wurde am Buffet in der Niro-Wanne vorgefunden. Die Art der Aufbewahrung sei gekühlt gewesen. Die Temperatur im Aufbewahrungsort habe 10 °C betragen, diese sei mit Infrarotthermometer gemessen worden. Die Ware sei am 18.10.2016 erzeugt worden.
Aus dem vorliegenden Gutachten der AGES vom 21.11.2016 geht hervor, dass bei der Ware „Rindfleisch roh, für Tepanyaki“ der Geruch unauffällig gewesen sei. Gemäß Kapitel I, Art. 1, Abs. 1 lit.c der Verordnung (EG) Nummer 852/2004 über Lebensmittelhygiene dürfe bei Lebensmitteln, die nicht ohne Bedenken bei Raumtemperatur gelagert werden können, die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Die vorliegende Probe sei ein in hygienischer Sicht sensibles Produkt welches gekühlte Temperaturen bis maximal +7 °C zu lagern sei. Sie sei jedoch laut Probenbegleitschreiben bei einer Temperatur von +10 °C vorgefunden worden. Die Probe entspräche daher nicht der Verordnung (EG) Nummer 852/2004.
3.) In der Sache fand vor dem Verwaltungsgericht Wien am 20.9.2017, fortgesetzt am 25.10.2017 eine öffentliche Verhandlung statt, zu welcher der Vertreter der Beschwerdeführerin, der Zeuge St. M., der Zeuge K. X. und die Sachverständige Dr. S. erschienen und Folgendes zu Protokoll gaben:
„Der Vertreter der Beschwerdeführerin gibt Folgendes zu Protokoll:
Ich verweise auf das Vorbringen.
Vor Ort gibt es einen Kühlbereich in der Küche.
Gegenständlich relevant gibt es auch einen Buffetbereich. Dieser wird laufend von Mitarbeitern überprüft. Der heute anwesende Zeuge war dafür auch zuständig und kann dazu nähere Angaben machen.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Produkte auf jenen Bereich des Buffets vorgefunden wurden, welche bereits im Bereich der Kunden sich befindet: Die Kunden holen sich dort die Ware ab und bringen sie zu einem anderen Bereich wo sie gebraten werden.
ZB könnte es sein, dass ein Kunde einen Teller befüllt und diesen zwischenzeitig wo abstellt. Ich selbst habe auch vor Ort gesehen, dass manche Kunden innerhalb des Buffets ein paar Sachen „aussondern“ und in ein Eck des Buffetsbereich schieben. Wohl um es sich später zu holen. Es kommt auch vor, dass manche sich etwas nehmen und dann vom Teller wieder zurücklegen.
Mitarbeiter des Betriebs sind auch vor Ort beim Buffet.
Die Amtssachverständige gibt folgende Stellungnahme ab:
Jedes rohe Lebemsmittel ist ein sensibles Lebensmittel. Dies ist insbesondere für den Fisch besonders hervorzuheben. Jede Temperaturerhöhung ist eine schlechte Beeinflussung des Lebensmittels, da das Bakterienwachstum steigt. Im Lebensmittelkodex Kapitel A5 ist die Empfehlung enthalten, wo grundsätzlich negativ nachteilig Beeinflussungen möglichst hintangehalten werden. D.h., bei Fisch 0 – 2 Grad und bei Fleisch 2 – 4 Grad.
Es ist für kurzfristige Zeiträume eine erhöhte Temperaturlagerung zu tolerieren in einer gewissen Schwankungsbreite. Dies heißt, eine Tolerant ist gegeben und in Ordnung. Wenn ich nach 4 Grad bei Fisch und 7 Grad bei Fleisch gefragt werde, so kann dies sein.
Ein Fisch bei 12 Grad und Fleisch bei 10 Grad ist heikel und zu viel.
Wie das Gutachten beim Pangasiusfilet zeigte, sind die Keime auch schon gewachsen. Dies zeigt, dass auch die kurzfristige Lagerung zu hoch war.
Nach der Zeugenangabe:
Ich würde jedenfalls eine Temperaturmessung mindestens zweimal täglich empfehlen. Sonst könnte die kurzfristige Toleranztemperatur überschritten werden.
Befragt durch den BfV:
Es kann dann positiv sein, dass die Praxis so ausschaut, dass das Buffet nachgefüllt wird unmittelbar aus den Kühlzellen immer wieder. Dies nämlich dann, wenn die Kühlung allgemein gut funktioniert. Sonst nicht.
Der BfV bringt weiters vor:
Aus dem Lebensmittelbuch geht hervor, dass Temperaturen von 0 – 9 Grad zu wählen sind. Es handelt sich bei den Angaben von Fisch und Fleisch darin nur um eine Kann-Bestimmung und nicht um eine Vorgabe, die jedenfalls einzuhalten wäre.
Der BfV beantragt die Einvernahme der Zeugin Y. Su., G.-gasse, Wien zum Beweis, dass die Speisen „Pangasiusfilet geschnitten“ und „Rindfleisch roh“ für Tepanyaki um 11:28 Uhr unter 4 Grad C Temperatur hatten und das auch eine entsprechende Kontrolle durch Herrn X.`s Vertretung, Frau L., durchgeführt wurde.
Dem BfV wird aufgetragen, die entsprechenden Temperaturmesskontrolllisten der relevanten Kühlelemente mitzubringen.“
Der Zeuge K. X. gab Folgendes zu Protokoll:
„Ich will aussagen.
Die Bf ist meine Schwester. Ich bin im Betrieb vor Ort tätig.
Am Tag der Kontrolle bin ich in den Betrieb gekommen, als die Kontrolle bereits fast zu Ende war. Ich bin eigentlich zuständig für fast alles in diesem Geschäft.
Normalerweise ist es so, dass wir um 9:30 Uhr putzen. Um 10:30 Uhr wird das Buffet aufgebaut. Wir haben 8 – 9 Mitarbeiter.
Die Waren werden dann von der Kühlzelle geholt und auf das Buffet gelegt. Wir haben sowohl rohe Lebensmittel als auch bereits verarbeitete Lebensmittel am Buffet. Um 9:50 Uhr werden die Kühlsysteme für das Buffet eingeschaltet, sowohl für warm als auch für kalt.
Betreffend kalt:
Es gibt einen Technikschalter, den ich auf Stufe 4 – 5 einschalte. Mehr weiß ich dazu nicht.
Die Temperatur wird nur in der Früh kontrolliert. Genauer gesagt, kontrolliere ich ca 1 – 1,5 Stunden nach einschalten des Kühlsystems. Wir haben dafür ein Lasertemperaturmessgerät.
Die Temperatur wird grundsätzlich nicht nochmals kontrolliert. Man würde einen Fehler der Kühlung insofern merken, als die Eisbildung im Buffetbereich sonst weg wäre.
Ich kann mir nur vorstellen, dass die Kontrolle in dem Zeitraum war, als die Waren aus der Kühlzelle auf das Buffet gelegt wurden und die Temperatur noch nicht voll herabgekühlt war.
Wann genau die Kontrolle war, kann ich nicht sagen. Ich war dabei zu spät. Ich habe mit dem Meldungsleger nicht gesprochen.
Ich habe erst durch einen Brief von dem Vorwurf erfahren.
Befragt durch den BfV:
An dem Tag war das Buffet noch nicht voll, als ich ankam. Eine Eisbildung habe ich zu dem Zeitpunkt auch noch nicht wahrgenommen.
Wir öffnen das Restaurant um 11 Uhr. Es sind aber oft schon Gäste ca 15 Minuten davor da. Die Türe muss ab 10 Uhr offen sein. Dies ist Vorgabe der ….
Wir sind angehalten, die Temperatur in allen Kühlelementen zu kontrollieren. Ich kontrolliere die Temperatur in den Kühlzellen normalerweise in der Früh. Gerade an diesem Tag war ich verspätet und habe sie nicht kontrolliert. Ich habe die Temperatur der Kühlzellen etc an diesem Tag um ca 14 Uhr – 15 Uhr kontrolliert, es war damals in Ordnung.
Befragt durch die ASV:
Die Kontrolle der Kühltemperatur erfolgt durch Ablesen der Anzeige, welche in der Kühlzelle ist und durch mein Lasertemperaturmessgerät. Wir führen auch Messlisten. Diese habe ich heute nicht dabei. Sie liegen im Geschäft auf. Ich kann sie vorlegen.
Wenn ich nicht da bin, ist Frau L., entsprechend ausgebildet, zuständig für diese Kontrollen.
Ich weiß nicht, ob das Lasertemperaturmessgerät geeicht ist. Ich bin nicht Techniker. Ich verlasse mich darauf, dass die Temperatur richtig angezeigt wird.
Befragt durch den BfV:
Frau Y. Su. war an diesem Tag bei der Kontrolle anwesend.
Befragt durch die ASV:
Das Buffet ist durchgängig von 11 Uhr bis 22 Uhr aufgelegt.“
Der Zeuge St. M. gab Folgendes zu Protokoll:
„Ich bin öfter in dem Lokal und führe öfter Kontrollen durch, die konkrete Kontrolle ist mir daher nicht mehr genau in Erinnerung.
Im Buffetbereich, welcher meiner Erinnerung nach für Kunden voll zugänglich ist, gibt es einen warmen und kalten Bereich. Für rohe Zutaten, so das Rindfleisch für Tepanyaki und glaublich auch Garnelen und Fisch, gibt es jenen kühlen Bereich, wo die Gäste sich verschiedenen Saucen draufgeben können und dies frisch für sie zubereitet wird.
Auf Vorhalt Aktenblatt 2, letzter Absatz des VHP vom 20.9.2017:
Derartige Vorgehensweisen sind mir nicht aufgefallen während meiner Kontrolle.
Das Restaurant war jedenfalls bereits geöffnet, das Buffet war bereit und gefüllt, es waren auch Gäste vor Ort.
Ich habe nach Temperaturkontrolllisten gefragt, diese wurden mir nicht vorgelegt.
Ich habe + 10 °C beim Rindfleisch und + 12 °C beim Fisch gemessen. Dies zunächst mit Infrarotthermometer und danach mit geeichtem Einstichthermometer. Bei der Probennahme war die Gattin des Betriebsinhabers (wie mir gesagt wurde) dabei. Es wurde, soweit erinnerlich, keinerlei Kommentar oder Erklärung zur Messung abgegeben.
Die Kontrolle selbst hat ca. 30 bis 45 Minuten gedauert. Fisch und Fleisch sind währenddessen in der genannten Nirowanne gelegen und wurden für Kunden bereitgehalten.“
Mit Schreiben vom 23.10.2017 teilte der Vertreter der Beschwerdeführerin mit, dass auf die Teilnahme der Zeugin W. X. verzichtet werde. Auch auf die Einvernahme von Y. Su. werde verzichtet. Es werde ersucht, aufgrund der Aktenlage zu entscheiden und zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin alles getan habe, was einer Geschäftsführerin zumutbarer Weise möglich gewesen sei, um die sichere Einhaltung der Temperatur der Speisen sicherzustellen. Es sei nicht verifizierbar, ob die höhere Temperatur im Anlassfall überhaupt vorgelegen sei. Es werde Einstellung des Verfahrens in in dubio pro reo beantragt. Ferner handle es sich bei der bescheiderlassenden Behörde um keine Behörde. Ferner fehle es an einer gesetzlich verankerten Prämisse für die Annahme eines Rechtsverstoßes, da die Vorschriften keine Lagerung bei maximal +7 °C vorsehen würden. Die Abweichung sei darüber hinaus minimal und sei zumindest eine deutliche Strafherabsetzung durchzuführen.
In der fortgesetzten Verhandlung vom 25 10. 2017 wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien verkündet. Mit Schreiben vom 2.11.2017 wurde eine Ausfertigung beantragt
4.) Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß Artikel 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die den Arbeitsgängen gemäß Abs. 1 nachgeordnet sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II sowie etwaige spezielle Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 zu erfüllen.
KAPITEL IX
….
5. Rohstoffe, Zutaten, Zwischenerzeugnisse und Enderzeugnisse, die die Vermehrung pathogener Mikroorganismen oder die Bildung von Toxinen fördern können, dürfen nicht bei Temperaturen aufbewahrt werden, die einer Gesundheitsgefährdung Vorschub leisten könnten. Die Kühlkette darf nicht unterbrochen werden. Es darf jedoch für begrenzte Zeit von den Temperaturvorgaben abgewichen werden, sofern dies aus praktischen Gründen bei der Zubereitung, Beförderung und Lagerung sowie beim Feilhalten und beim Servieren von Lebensmitteln erforderlich ist und die Gesundheit des Verbrauchers dadurch nicht gefährdet wird. Lebensmittelunternehmen, die Verarbeitungserzeugnisse herstellen, bearbeiten und umhüllen, müssen über geeignete, ausreichend große Räume zur getrennten Lagerung der Rohstoffe einerseits und der Verarbeitungserzeugnisse andererseits und über ausreichende, separate Kühlräume verfügen.
Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere Sachverständigenaussage und Zeugeneinvernahmen steht fest, dass die Kühlkette nicht nur kurz unterbrochen war. Das Ausmaß der Unterbrechung war über jenes, welches aus praktischen Gründen bei der Zubereitung, Beförderung und Lagerung sowie beim Feilhalten und beim Servieren von Lebensmitteln möglich wäre und die Gesundheit des Verbrauchers dadurch nicht gefährde. Darüber hinaus war die vorgefundene Temperatur bei +10 °C. Es lag auch kein Versehen durch einen Kunden vor. Es handelt sich um eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung. Im Bereich der Stadt Wien war daher der Magistrat der Stadt Wien die zuständige bescheiderlassende Behörde.
Die Feststellungen ergeben sich aus folgenden Erwägungen:
Der Zeuge X. wirkte versiert in den Angaben betreffend Handhabung der Temperaturmessung und –einhaltung. Wie er selbst angab, war er an diesem Tag verspätet und hatte noch keine Messung durchgeführt vor der durchgeführten Kontrolle (welche wiederum bereits zu Geschäftszeiten und bei anwesenden Gästen durchgeführt wurde). Eine Temperaturmessung seinerseits hatte daher nicht stattgefunden. Demnach war die Anlastung auch nicht durch seine Messung und Wahrnehmung zu entkräften. Dass die Temperaturmessung gegenständlich und im allgemeinen korrekt und lückenlos erfolgt, erscheint aufgrund der Angaben des Zeugen auch nicht gegeben. Einerseits verwendete er dabei kein geeichtes Messgerät. Gerade bei sensiblen, rohen Lebensmitteln, ist eine genaue Messung (zur Hintanhaltung allfälligen Keimwachstums) von großer Bedeutung, alleine geringe Temperaturunterschiede können dabei von Bedeutung sein, wie man an den von der Sachverständigen dargelegten Toleranzbereichen für Fisch und Fleisch erkennt. Zum anderen legte er glaubhaft dar, eine Eisbildung am Buffet nicht wahrgenommen zu haben. Eine solche ist aber seinen eigenen Angaben nach auch ein Hinweiszeichen auf ausreichende Kühlung. Dass die Temperatur um ca. 14 Uhr nachmittags in Ordnung war, mag sein, ändert jedoch nichts an der zu geringen Temperatur im Zeitpunkt der durchgeführten Kontrolle (11.35 Uhr).
Wie die Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar darlegte, ist aus hygienischer Sicht die Einhaltung einer maximalen Temperatur bei Fisch von 2 Grad Celsius und bei Fleisch von 4 Grad Celsius einzuhalten. Die angeführten 4 Grad bzw. 7 Grad beinhalten bereits eine Toleranzgröße. Diese Angaben entsprechen auch den Grenzen, welche im österreichischen Lebensmittelbuch (als allgemeines Gutachten) enthalten sind. Dass bei gemessener Temperatur von 12 Grad bei Fisch und 10 Grad bei Rindfleisch diese zu hoch sind, ist jedenfalls vor dem Hintergrund der einzuhaltenden Grenzen von 2 Grad (Fisch) bzw. 4 Grad (Fleisch) als wesentlich zu erachten, wie sich nachvollziehbar aus den gutachtlichen Ausführungen in der durchgeführten Verhandlung ergibt. Daraus geht auch hervor, dass die Lagerung keine kurzfristige gewesen sein kann, welche im Sinne des Kapitel IX Z. 5 des Anhanges II noch erlaubt wäre. Im Rahmen des genannten Toleranzrahmens (von 4 Grad bei Fisch bzw. 7 Grad bei Fleisch) wäre eine kurzfristige Lagerung im Sinne des Kapitel IX Z. 5 des Anhanges II noch erlaubt, gegenständlich lag die gemessene Temperatur jedoch klar über dem Toleranzwert, sodass dadurch der Gefahr einer Gesundheitsgefährdung Vorschub geleistet wurde und die Kühlkette unterbrochen war.
Die durchgeführte Kontrollmessung fand ordnungsgemäß statt, der einvernommene Zeuge M. - welcher die Kontrolle mittels geeichtem Einstichtermomether durchgeführte hatte - wirkte versiert und um Wahrheitsfindung bemüht. Dass spezielle Vorgehensweisen von Kunden dazu geführt hätten, dass gerade just im Kontrollzeitpunkt die gezogenen Proben wegen unzurechenbaren Kundenverhaltens eine erhöhte Temperatur gehabt hätten, wie der Rechtsvertreter ausführte, konnte der Zeuge glaubhaft ausschließen. Da er über einen längeren Zeitraum vor Ort war, hätte er auch entsprechendes Verhalten wahrnehmen können. Da auch keine Temperaturkontrollisten vorlegt wurden – weder vor Ort dem Meldungsleger – noch auf Auftrag des Verwaltungsgerichtes Wien diesem, konnten die Feststellungen durch Messung einer zu hohen Temperatur auch nicht entkräftet werden.
Der objektive Tatbestand stand daher als erwiesen fest.
Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesen besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.
Es entspricht nun herrschender Rechtsprechung, dass der Verantwortliche, der persönlich nicht mehr sämtlichen Überwachungsaufgaben nachkommen kann, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von seinerseits wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen hat, dass die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden (VwGH 19.2.1986, 85/09/0037). Nur wenn der Verantwortliche glaubhaft machen kann, dass die ihm angelastete Verwaltungsübertretung trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (VwGH 27.9.1988, 87/08/0026).
Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft machen, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Im vorliegenden Fall wäre es ihre Sache gewesen, von sich aus der Behörde darzulegen, welche konkreten Maßnahmen sie gesetzt hat, um Übertretungen der gegenständlichen Art wirkungsvoll zu verhindern. Da nicht einmal Temperaturkontrolllisten vorgelegt werden konnten, aus welchen sich eine lückenlose Kontrolle ergeben könnte und auch aus der Vorgehensweise der Messung (Art und Häufigkeit), wie der Zeuge X. angab, auch keine wirkungsvolle Kontrolle hervorgeht, ist auch der subjektive Tatbestand als erwiesen zu erachten.
Zur Strafbemessung:
Laut Aktenlage wurde die Beschwerdeführerin nicht erstmals wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelhygiene bzw. gegen die Bestimmung des § 21 LMSVG bestraft. Indem daher ein Wiederholungsfall zweiter Strafsatz LMSVG betreffend der Übertretung von einem Strafrahmen bis zu 100.000.- Euro auszugehen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, so weit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-,Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen besonders zu berücksichtigen.
Die vorliegende Übertretung schädigte in erheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelhygiene, die unter anderem jene Maßnahmen und Vorkehrungen postulieren, die letztlich gewährleisten sollen, dass nur in jeder Hinsicht unbedenkliche und genusstaugliche Lebensmittel in Verkehr gebracht werden. Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretung erweist sich angesichts Art nicht unerheblich.
Auch kann das Ausmaß des Verschuldens im vorliegenden Fall nicht als geringfügig bezeichnet werden, da nichts hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift von der Beschwerdeführerin besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Eine vorsätzliche Begehung kann - nach dem nunmehr durchgeführten Ermittlungsverfahren – nicht festgestellt werden.
Milderungsgründe liegen nicht vor. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht zu Tage getreten.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin sind als unterdurchschnittlich zu werten. Sorgepflichten für zwei Kinder waren zu berücksichtigen.
Unter Bedachtnahme auf die dargestellten Strafzumessungsgründe, insbesondere dem Strafrahmen bis zu 100.000.- Euro war spruchgemäß mit einer Strafherabsetzung vorzugehen. Einer weiteren Herabsetzung standen auch spezial- und generalpräventive Erwägungen entgegen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Tepanyaki; Rindfleisch roh; Lagerung; Temperatur; Buffet; Nirowanne; Pangasius; KühlketteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.022.056.2835.2017Zuletzt aktualisiert am
08.02.2018