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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §4 Abs1 Z14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des E E in M, vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. September 2017, Zl. W209 2144013- 1/4E, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben, weil er es unterlassen habe, seinen Dienstnehmer P.S. vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden.
5 Dieser sei für den Revisionswerber jeweils für bestimmte Veranstaltungen nach den Wünschen von dessen Kunden mit dem Auf- und Abbau von Bühnenelementen, der Verkabelung von Licht- und Tonelementen sowie dem Be- und Entladen von Lastwagen tätig geworden. Die Arbeiten seien genau nach Plan und den Kundenwünschen auszuführen gewesen, wobei P.S. und die anderen "Stagehands" jeweils vor Ort vom Revisionswerber in den Aufbauplan eingewiesen worden seien. Eigene Entscheidungen den Aufbau betreffend habe P.S. nicht treffen können. Er habe die Abfolge der einzelnen Arbeitsschritte selbst bzw. in Absprache mit den anderen "Stagehands" bestimmen können. Die Arbeiten seien nach der Fertigstellung durch den Revisionswerber kontrolliert worden. Für die Verpflegung vor Ort sowie Arbeitskleidung und notwendiges (Klein-)Werkzeug hätten die "Stagehands" selbst gesorgt. Die auf- und abzubauenden Bühnenelemente und das sonstige notwendige Material seien vom Revisionswerber zur Verfügung gestellt worden. Für die Tätigkeit sei keine spezielle Ausbildung erforderlich. Der Revisionswerber habe für die Einhaltung der Ordnungsvorschriften (Brandschutz) gesorgt. Die Tätigkeit sei stundenweise abgerechnet worden. P.S. sei für insgesamt sieben bis acht verschiedene Auftraggeber tätig geworden, wobei das größte Auftragsvolumen zu etwa gleichen Teilen von drei großen Auftraggebern gestammt habe. Er habe für die Tätigkeit zum Betretungszeitpunkt einen aufrechten Gewerbeschein besessen. Im Fall der Verhinderung, etwa bei Krankheit, habe er dies dem Revisionswerber mitteilen und selbst für Ersatz sorgen müssen, wobei dafür Kollegen zur Verfügung gestanden seien, die ebenfalls regelmäßig für den Revisionswerber tätig geworden seien.
6 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, dass P.S. nicht auf Grund eines Werkvertrages, sondern auf Grund eines Dienstvertrages tätig geworden sei. Bei den durchgeführten Tätigkeiten handle es sich um einfache manuelle Tätigkeiten, bei denen nach der Lebenserfahrung kein ins Gewicht fallender Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers vorhanden sei und die üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht würden. Gegenläufige Anhaltspunkte, die einer Beurteilung als abhängige Beschäftigung entgegenstünden, lägen nicht vor. Das Tätigwerden für eine - wie hier - überschaubare Zahl von Auftraggebern lasse noch nicht auf eine Tätigkeit "für den Markt" schließen. Der Besitz eines Gewerbescheines stehe der Annahme eines abhängigen Dienstverhältnisses nicht entgegen. Ein generelles Vertretungsrecht habe nicht bestanden.
7 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, es fehle eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, wann ein generelles Vertretungsrecht vorliege, das in Zusammenschau mit weiteren Tatbestandsmerkmalen zur Abgrenzung eines Werkvertrages von einem freien Dienstvertrag bzw. einem Dienstvertrag heranzuziehen sei. Weitere fehle eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ab wann bei Abgrenzung eines Werkvertrages von einem freien Dienstvertrag eine Person für mehr als eine "bloß überschaubare Anzahl" von Auftraggebern tätig sei.
8 Mit diesem Vorbringen vermag der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Zur Frage eines generellen Vertretungsrechts existiert umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, in deren Rahmen sich das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung gehalten hat (vgl. etwa das vom Bundesverwaltungsgericht und auch vom Revisionswerber zitierte Erkenntnis VwGH 16.11.2011, 2008/08/0152, mwN). Darauf, ob die - nur im Verhinderungsfall - vertretungsbefugten Personen nur für denselben Dienstgeber oder auch für andere Dienstgeber bzw. Auftraggeber tätig sind, kommt es entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht an.
9 Die Frage, ob eine Person für eine Vielzahl von Auftraggebern tätig ist, spielt nur bei der Prüfung einer Pflichtversicherung auf Grund eines freien Dienstverhältnisses nach § 4 Abs. 1 Z 14 iVm § 4 Abs. 4 ASVG eine Rolle und ist Teil der Beurteilung, ob der betreffende Dienstnehmer über eine eigene unternehmerische Struktur verfügt und damit "für den Markt" tätig ist (vgl. das vom Bundesverwaltungsgericht ebenso wie vom Revisionswerber zitierte Erkenntnis VwGH 7.8.2015, 2013/08/0159). Für die Abgrenzung zwischen einem freien Dienstvertrag und einem Werkvertrag ist diese Frage nicht von Bedeutung. Das diesbezügliche Zulässigkeitsvorbringen geht daher ins Leere, zumal das Bundesverwaltungsgericht einen Werkvertrag auf Grund der dafür maßgeblichen Kriterien zutreffend verneint hat.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - nach Durchführung des Vorverfahrens und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die niederösterreichische Gebietskrankenkasse - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
11 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017080128.L00Im RIS seit
08.02.2018Zuletzt aktualisiert am
30.03.2018