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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des W K in I, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 13. Juni 2017, Zl. LVwG- 2017/34/1060-8, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Landeck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Landeck wird unter der Wasserbuchpostzahl 6/476 ein Bewässerungsrecht für diverse Grundstücke geführt. Die Eintragung dieses Wasserbenutzungsrechtes ins Wasserbuch erfolgte auf Grund der Niederschriften vom 26. November 1951.
2 Auf Grund der Annahme, dass sich die zur Wasserbenutzung erforderlichen Anlagen schon über drei Jahre in einem betriebsunfähigen Zustand befänden, stellte die Bezirkshauptmannschaft Landeck mit Bescheid vom 30. März 2017 nach § 27 Abs. 1 lit. g iVm § 29 Abs. 1 WRG 1959 das Erlöschen dieses Wasserbenutzungsrechtes fest und sprach aus, dass letztmalige Vorkehrungen nicht zu treffen und die nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten erloschen seien.
3 Dagegen erhob unter anderem die revisionswerbende Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 13. Juni 2017 wies das Landesverwaltungsgericht unter anderem die Beschwerde der revisionswerbenden Partei nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
5 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, dass im Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Wasserbenutzungsrecht laut Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Landeck (Wasserbuchpostzahl 6/476) die Wiesenbewässerung im Rieselverfahren durch Wasserentnahme aus der Trisanna mittels Wehr und Weiterleitung durch einen Tragwaal erfolgt sei.
6 Nach dem Lawinenereignis im Februar 1999 und vor dem Jahr 2002 sei im verfahrensgegenständlichen Bereich eine Straßengalerie errichtet worden. Dadurch sei der Tragwaal der Bewässerungsanlage zerstört worden. Zumal die Bewässerungsanlage ohne Tragwaal nicht betrieben werden könne, sei die Bewässerung spätestens ab diesem Zeitpunkt mittels mobiler Anlagen (Pumpe, Güllefass, Traktor, Schlauch) erfolgt.
7 Der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung anwesende Revisionswerber habe ausgesagt, dass der Tragwaal spätestens in den Jahren 2000/2001 durch die Errichtung der Straßengalerie zerstört worden sei und das Waalsystem ab diesem Zeitpunkt nicht mehr funktioniert habe. Auch der Amtssachverständige aus dem Fachbereich Siedlungswasserwirtschaft habe bestätigt, dass das Waalsystem nach der Zerstörung des Tragwaals durch die Errichtung der Straßengalerie nicht mehr funktionsfähig sei.
8 Die verfahrensgegenständliche Wasserbenutzungsanlage sei auf Grund der Niederschriften vom 26. November 1951 ins Wasserbuch eingetragen worden.
9 Zu diesem Zeitpunkt sei das WRG 1934, BGBl. II Nr. 316/1934 idF BGBl. Nr. 50/1948, in Kraft gewesen.
10 Die Wasserbuchbehörde habe damals angenommen, dass die Wasserbenutzungsanlage aus der Zeit vor dem Wirksamwerden des früher in Tirol in Geltung gestandenen Landes-Wasserrechtsgesetzes (Gesetz vom 28.8.1870, LGBl. Nr. 64) stamme, in seinem Inhalt, Art und Umfang nicht geändert worden wäre und der Fortbestand dieser Berechtigung rechtzeitig innerhalb der durch Verordnung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 17. Mai 1950 über die Frist für die Anmeldung älterer Wasserrechte zur Eintragung im Wasserrecht festgelegten Frist (diese Frist habe am 31.12.1951 geendet, sei schließlich mit Verordnung vom 24.11.1951, BGBl. Nr. 260/1951, aber bis zum 30. Juni 1953 erstreckt worden) beantragt worden wäre. Sie habe mit 26. November 1951 die Eintragung ins Wasserbuch gemäß § 125 Abs. 2 und 3 WRG 1934 in den vorgenannten Fassungen vorgenommen.
11 Das WRG 1934, BGBl. II Nr. 316/1934 idF BGBl. Nr. 54/1959, sei durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 213/1959 wiederverlautbart worden (WRG 1959).
12 Nach § 142 Abs. 2 WRG 1959, BGBl. Nr. 213/1959, würden die nach den früheren Gesetzen erworbenen Wasserbenutzungs- oder sonstigen auf Gewässer sich beziehende Rechte sowie die hiermit verbundenen Verpflichtungen aufrecht bleiben; Ausübung und Erlöschen richteten sich nach diesem Bundesgesetz.
13 Die Rechtslage bis zum Inkrafttreten des WRG 1959 sei dahin zu umschreiben, dass Wasserbenutzungen, die nach den vor dem 1. November 1934 bestandenen gesetzlichen Bestimmungen keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätten, und Wasserbenutzungsrechte, die auf Grund der gleichen Vorschriften verliehen worden wären, dann untergegangen seien, wenn sie nicht innerhalb der festgesetzten Fristen zur Eintragung in das Wasserbuch angemeldet worden wären. Insofern bedeute die Bestimmung des § 142 Abs. 2 WRG 1959, BGBl. Nr. 213/1959, dass die nach den früheren Gesetzen erworbenen Wasserbenutzungsrechte oder sonstige auf Gewässer sich beziehende Rechte auch weiterhin aufrecht geblieben seien, wenn diese Rechte auf Grund der Bestimmungen des § 125 WRG 1934 in ihrem weiteren Bestande gesichert wären. Hierzu wäre aber erforderlich, dass sie rechtzeitig zur Eintragung in das Wasserbuch angemeldet worden seien und dem Antrag entsprochen worden sei. Der Untergang solcher Rechte richte sich nach dem WRG 1959.
14 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne eine Wasserbenutzungsanlage nur dann als bestehend angesehen werden, wenn die Ausübung der verliehenen Wasserbenutzungsrechte möglich sei. Jeder Teil einer Anlage, ohne den diese nicht betrieben werden könne, müsse als "wesentlicher Teil der Anlage" im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 gelten. Die Möglichkeit, weggefallene oder zerstörte Anlagenteile zu ersetzen, möge in der Regel zwar gegeben sein, doch habe der Gesetzgeber an die Tatsache der Unterbrechung der Wasserbenutzung durch bestimmte Zeit das Erlöschen des Wasserrechts geknüpft, sodass es nicht darauf ankommen könne, ob eine Anlage reparaturfähig sei oder nicht. Für das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im Grunde des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 sei allein der Umstand maßgebend, ob sich die zur Wasserbenutzung erforderlichen Anlagen schon über drei Jahre in einem betriebsunfähigen Zustand befunden hätten. Sei diese Voraussetzung erfüllt, so erlösche das Wasserbenutzungsrecht kraft Gesetzes, der hierüber im Einzelfall ergehende Bescheid habe lediglich deklarative Bedeutung.
15 In Anbetracht der getroffenen Feststellungen sei somit der Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 erfüllt.
16 Im Fall des Erlöschenstatbestandes des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 trete das Erlöschen mit Ablauf der Dreijahres-Frist ein. Gemäß den getroffenen Feststellungen befänden sich die zur Wasserbenutzung erforderlichen Anlagen, nämlich der Tragwaal, über drei Jahre hinweg in einem betriebsunfähigen Zustand.
17 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht wie folgt: Im vorliegenden Fall sei zum einen zu klären gewesen, ob die im WRG 1959 über das Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten enthaltenen Bestimmungen überhaupt zur Anwendung gelangten. Dies sei auf Grund des § 142 Abs. 2 WRG 1959, BGBl. Nr. 213/1959, zu bejahen gewesen. Zum anderen sei zu prüfen gewesen, ob der Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 verwirklicht worden sei. Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes seien für das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 nur objektive Momente des Wegfalls (der Zerstörung) und des Fristablaufs maßgeblich (vgl. etwa VwGH 14.12.1993, 90/07/0087). Der "bisher Berechtigte" gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 sei gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes derjenige, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen sei (vgl. VwGH 28.4.2011, 2007/07/0071). Zumal das gegenständliche Verfahren im Einklang mit den angeführten Gesetzesbestimmungen und der zitierten Judikatur gelöst worden sei, liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor und sei auszusprechen gewesen, dass die ordentliche Revision unzulässig sei.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
20 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
21 In seinen Zulässigkeitsausführungen bringt der Revisionswerber vor, dass zu folgenden Rechtsfragen keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes vorliege:
Zum einen, ob ein seit Jahrhunderten, lange vor Inkrafttreten der heutigen Wasserrechtsgesetzgebung ersessenes Wasserbezugsrecht, das fristgerecht in das Wasserbuch eingetragen und sohin bewahrt worden sei, auf Grundlage des WRG 1959 entzogen werden könne.
Zum anderen, ob das Zerstören der bisherigen technischen Vorrichtung unbedingt zum Löschen des Wasserbezugsrechtes führe, auch wenn der Wasserbezug durch andere technische Hilfsmittel über Jahrzehnte unbeanstandet erfolgt sei.
22 Nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist.
23 Gemäß § 142 Abs. 2 WRG 1959 bleiben die nach den früheren Gesetzen erworbenen Wasserbenutzungs- oder sonstigen auf Gewässer sich beziehenden Rechte sowie die hiermit verbundenen Verpflichtungen aufrecht; Ausübung und Erlöschen richten sich nach diesem Bundesgesetz.
24 Zutreffend bejahte das Landesverwaltungsgericht die Anwendung der im WRG 1959 über das Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten enthaltenen Bestimmungen.
25 Gemäß § 142 Abs. 2 WRG 1959 bleiben nach früheren Gesetzen erworbene Wasserbenutzungsrechte aufrecht, wenn diese auf Grund der Bestimmungen des § 125 WRG 1934 in ihrem weiteren Bestand gesichert waren (VwGH 30.10.2008, 2005/07/0156). Erforderlich ist dabei nach Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, S 568, dass sie rechtzeitig zur Eintragung in das Wasserbuch angemeldet wurden und dem Antrag entsprochen wurde.
26 Unstrittig wurde die Eintragung des verfahrensgegenständlichen Wasserbenutzungsrechtes ins Wasserbuch mit 26. November 1951 gemäß § 125 Abs. 2 und Abs. 3 WRG 1934 - und damit rechtzeitig - vorgenommen.
27 Die Frage des Erlöschens des vorliegenden Wasserbenutzungsrechtes richtet sich somit gemäß § 142 Abs. 2 WRG 1959 nach diesem Bundesgesetz, zumal diese Vorschrift nicht nur mit Bescheid verliehene Wasserbenutzungsrechte, sondern auch Legalkonzessionen, Realberechtigungen, Privilegien etc. erfasst (Bumberger/Hinterwirth, WRG-Wasserrechtsgesetz2, 2013, K1 zu § 142).
28 Die Niederschrift vom 26. November 1951 bildete die Grundlage für die Eintragung in das Wasserbuch. Demnach habe die "vorgenannte Bewässerungsanlage in ihrem gegenwärtigen Bestande schon lange vor dem Jahre 1870 bestanden". In dieser Niederschrift wird ausdrücklich auf den Tragwaal Bezug genommen.
29 Jeder Teil einer Wasserbenutzungsanlage, ohne den diese nicht betrieben werden kann, muss als "wesentlicher Teil der Anlage" im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 gelten (VwGH 21.6.2007, 2005/07/0021).
30 Beim Tragwaal der vorliegenden Wasserbenutzungsanlage handelt es sich um einen solchen wesentlichen Teil der Anlage.
31 Für das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes ist im Grund des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 allein der Umstand maßgebend, ob sich die zur Wasserbenutzung erforderlichen Anlagen schon über drei Jahre in einem betriebsunfähigen Zustand befinden. Ist diese Voraussetzung - wie unstrittig im vorliegenden Revisionsfall - erfüllt, so erlischt das Wasserbenutzungsrecht kraft Gesetzes, der hierüber im Einzelfall ergehende Bescheid hat lediglich deklarative Bedeutung (VwGH 14.5.1997, 96/07/0249).
32 Für das Erlöschen des revisionsgegenständlichen Wasserbenutzungsrechtes ist es ohne Relevanz, dass die Bewässerung nach Zerstörung des Tragwaals der Bewässerungsanlage mittels mobiler Anlagen (Pumpe, Güllefass, Traktor, Schlauch) erfolgte.
33 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Jänner 2018
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017070139.L00Im RIS seit
08.02.2018Zuletzt aktualisiert am
16.02.2018