Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des DA in W, vertreten durch Dr. Raits, Dr. Ebner, Dr. Aichinger, Dr. Bleiziffer, Dr. Bräunlich, Mag. Leitner und Dr. Illichmann, Rechtsanwälte in Salzburg , Ignaz-Rieder-Kai 11c, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 9. November 1998, Zl. UVS-9/104/4-1998, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft; nunmehr auch: Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom 4. August 1997 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 137 Abs. 3 Einleitungssatz WRG 1959 wegen Übertretung des § 137 Abs. 3 lit. g erster Fall i.V.m. § 32 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 lit. a leg. cit. und im Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG eine Strafe in der Höhe von S 25.000,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, verhängt.
Der Beschwerdeführer habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der A. Baugesellschaft m.b.H. zu verantworten, dass von dieser Gesellschaft am 25. März 1997 im Zuge der Errichtung eines Kanalstranges in Salzburg an einer näher bezeichneten Kreuzung eine Verrohrung, welche quer zur Künette in der Reinholdgasse verlaufen sei, abgetrennt worden und somit sämtliches Oberflächenwasser in die Kanalkünette eingedrungen sei; daraufhin sei das Wassser aus der Künette in eine Oberflächenentwässerung eingeleitet worden, welche in den Aigner Bahngraben und in weiterer Folge in den Aubach münde. Dadurch sei eine starke Verunreinigung des Aubachs durch Schlamm und Sand verursacht worden, obwohl Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen, jedenfalls aber die Einbringung von Schlamm und Sand in den Aubach nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer führte in der dagegen erhobenen Berufung aus, dass die Behörde erster Instanz ihrer Begründungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Die Behörde erster Instanz habe nicht ausgeführt, von welcher Beweiswürdigung sie sich habe leiten lassen; der schlichte Verweis auf den Sachverhalt "laut Anzeige" sei hiefür nicht ausreichend. Sie habe sich weder inhaltlich noch prozessual mit dem vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanbot auseinander gesetzt. In seiner rechtlichen Begründung beschränke sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anführung der verba legalia. Die Beeinträchtigung oder Nichtbeeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit von Gewässern lasse sich nicht aus den Verfahrensergebnissen ableiten, sondern werde von diesen vielmehr vorausgesetzt. Die Behörde erster Instanz habe (bei der Begründung der Strafbemessung) rechtsirrig ausgeführt, dass der Schutzzweck der übertretenen Verwaltungsvorschrift darin bestehe, Gewässer vor jeglichen Einwirkungen zu bewahren. Sie übersehe dabei aber, dass geringfügige Einwirkungen nach § 32 Abs. 1 WRG keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedürften. Es sei nicht festgestellt worden, welche Mengen an Schlamm oder Sand überhaupt durch die Maßnahmen der A. Baugesellschaft m.b.H. in den Aigner Bahngraben eingebracht worden seien - dies hätte nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und durch unmittelbar an den Vorfall anschließende Befundaufnahme an Ort und Stelle erfolgen können.
§ 32 Abs. 1 WRG 1959 wolle die Geringfügigkeit einer Einwirkung mit ähnlichen Maßstäben gemessen sehen wie die erlaubte Ausübung des Gemeingebrauchs (§ 32 Abs. 2 i.V.m. § 8 WRG 1959). Der Gemeingebrauch in § 8 Abs. 1 WRG sehe auch die Gewinnung von Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen etc. vor, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt oder jemandem ein Schaden zugefügt werde. Wenn aber die Gewinnung von Schlamm und Sand aus Gewässern in einem bestimmten Ausmaß zulässig sei, so sei der Vorgang einer solchen Gewinnung gar nicht ohne Aufwirbelung, Verfrachtung und Ablagerung dieser Substanzen an anderen Stellen des Gewässers denkbar. Was für die Gewinnung gelte, müsse auch für die geringfügige Einbringung gelten.
Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Regenwasserkanal, der von der Künette unterquert werden sollte, vor allem Niederschlagswässer sammle und ausschließlich in den Aigner Bahngraben und sodann in den Aubach entwässere. Das bedeute, dass sämtliche Schlammfrachten und Schwebstoffe, die bei anfallenden Oberflächenwässern besonders nach Niederschlagsperioden mitgeführt würden, ebenfalls in den Aigner Bahngraben und in den Aubach transportiert würden. An der nächsten, westlich gelegenen Straßenkreuzung nach der Einmündung der Carl-Storch-Straße in die Reinholdgasse sei ein Rigol am Straßenrand gelegen; dieses entwässere in einen Regenwasserkanal DN 500, der im weiteren Verlauf in den oben beschriebenen Regenwasserkanal DN 1000 münde. Das bedeute, dass das in das betreffende Rigol eingeleitete Wasser wiederum in den Aigner Bahngraben und in den Aubach abfließe. Der Regenwasserkanal DN 1000 sei von der von der A. Baugesellschaft m. b.H. errichteten Künette im schrägen Winkel unterfahren worden. Dabei sei das bestehende Betonfalzrohr mittels Stahlträgern gesichert worden. Dennoch sei es zum Ausbruch von zwei Elementen dieses Rohres gekommen, weshalb es in weiterer Folge notwendig geworden sei, sechs Elemente auszutauschen. In der Sohle dieses Regenwasserkanals hätten sich bei und oberhalb der Bruchstelle größere Schlammablagerungen gebildet, weiters sei das den Kanal durchfließende Wasser an der Bruchstelle ausgetreten. Es sei nötig gewesen, dieses Wasser und den anfallenden Schlamm über das oben beschriebene Rigol in den Oberflächenkanal DN 500 und über diesen wiederum in den Oberflächenkanal DN 1000 - der an der oberhalb liegenden Schadensstelle unterbrochen war - zurückzuleiten, um Schäden an der Künette und an den Liegenschaften der Anrainer zu vermeiden. Der gesamte Vorgang sei daher so zu beschreiben, dass Wasser und Schlamm aus dem gebrochenen Kanal ausgetreten und gefälleabwärts wieder in den selben Kanal eingeleitet worden seien. Daher seien in den Regenwasserkanal DN 1000 und in weiterer Folge in den Aigner Bahngraben keine anderen Verunreinigungen oder Schlammmengen eingebracht worden, die sich nicht bereits vorher im Kanal befunden hätten. Ob Schlammrückstände im offenen Bereich des Aigner Bahngrabens auf dieses Ereignis oder frühere Regenperioden zurückzuführen seien, sei nicht feststellbar. Die Behörde erster Instanz habe sich auch nicht mit dem Vorbringen auseinander gesetzt, dass ein Notfall vorgelegen sei, da Schäden an der Künette und an den Liegenschaften der Anrainer zu erwarten gewesen seien. Der Ausbruch von Teilen des Betonfalzrohrs sei für die Mitarbeiter der A. Baugesellschaft m.b.H. nicht vorhersehbar gewesen. Das ausgetretene Wasser samt Schlamm und Sand wieder in denselben Kanal zurückzuleiten sei in Abwägung der Rechtsgüter unbedingt notwendig, erforderlich, erfolgversprechend und der geringstmögliche Eingriff in das durch § 32 Abs. 1 WRG geschützte Rechtsgut "Beschaffenheit eines Gewässers" gewesen. Weiters sei nicht festgestellt worden, ob die vom einschreitenden Organ der Magistratsabteilung 01/07 vorgefundenen Schlammrückstände im offenen Bereich des Aigner Bahngrabens überhaupt auf das gegenständliche Ereignis vom 25. März 1997 oder auf frühere Niederschlagsereignisse zurückzuführen seien. Diese Feststellung hätte in dubio zugunsten des Beschwerdeführers getroffen werden müssen, da eine alternative Verursachung der Schlammrückstände wahrscheinlicher sei als eine Verursachung durch das Verhalten der Mitarbeiter der A. Baugesellschaft m.b.H.
Die Ausführungen im Straferkenntnis die Höhe der Strafe betreffend seien nicht zutreffend: § 137 Abs. 3 WRG 1959 sehe eine Geldstrafe bis S 100.000,-- (ohne Untergrenze) vor. Die Untergrenze bestimme sich nach § 13 VStG mit S 100,--. Die Strafe von S 25.000,-- liege daher keinesfalls im unteren Bereich des vorgesehenen Strafrahmens. § 19 Abs. 1 und 2 VStG hätte berücksichtigt werden müssen. So wäre, wenn nicht ohnehin bereits eine Notstandssituation anzunehmen gewesen wäre, § 34 Z 11 StGB (notstandsähnliche Lage), § 34 Z 13 StGB (kein Schaden) und § 34 Z 15 StGB (Bemühung der Wiedergutmachung) anzunehmen gewesen. Abgesehen davon sei bereits im Oktober 1994 der Prokurist der A. Baugesellschaft m.b.H. zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Einhaltung aller verwaltungsrechtlichen Vorschriften für den Bereich Zweigniederlassung Salzburg der A. Baugesellschaft m.b.H. bestellt worden und habe dieser der Bestellung zugestimmt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Das Wasser in der Künette sei laut Aussage des vernommenen Zeugen getrübt gewesen und in diesem Zustand in einen Kanalschacht eingeleitet worden, welcher in den Aigner Bahngraben und letztlich in den Aubach münde. Auch dieser Kanalschacht sei aufgrund des eingeleiteten trüben Wassers entsprechend verunreinigt gewesen. Die im Aigner Bahngraben und in Aubach vorgefundenen Feinteile und der Schlamm würden also eindeutig von jenem verunreinigten Wasser herrühren, welches aus der Baugrube abgepumpt worden sei. Für diese Einleitung sei gemäß § 32 WRG 1959 eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich. Die Argumentation des Beschuldigten sei insofern nicht schlüssig, als lediglich auf Abs. 1 ("bloß geringfügige Einwirkungen") verwiesen werde, Abs. 2 ("Der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 bedürfen jedenfalls...) aber außer Acht gelassen werde. Da zweifelsfrei eine Einbringung von Stoffen in ein Gewässer im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. vorgelegen sei, sei dies nur mit wasserrechtlicher Bewilligung erlaubt gewesen. Bei entsprechender Sorgfalt wäre dem Beschuldigten auch bewusst geworden, dass für Zwischenfälle wie diesen vorgesorgt werden müsse. Immerhin sei aus den Plänen klar ersichtlich gewesen, dass der Kanalstrang durch die Künette gequert werde. Wenn der Beschuldigte in Kauf genommen habe, dass im Fall einer Beschädigung des Kanalstranges keine erlaubten Sofortmaßnahmen (z.B. Ableitung des Wassers in Mischwasserkanal) zur Verfügung stünden, so sei ihm dies als grobe Fahrlässigkeit anzulasten und könne daher keinesfalls als "unvorhersehbarer Notfall" angesehen werden. Zur bestrittenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Beschuldigten sei festzustellen, dass die übermittelten Unterlagen ausschließlich die Bestellung des Prokuristen zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gemäß Arbeitsinspektionsgesetz zum Gegenstand hätten. Dies habe jedoch keine Auswirkungen auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung des Wasserrechtsgesetzes; diese liege also gemäß § 9 Abs. 1 VStG weiterhin beim handelsrechtlichen Geschäftsführer der A. Baugesellschaft m.b.H., also beim Beschuldigten.
Zur Strafbemessung sei zu bemerken, dass der Strafrahmen für die vorliegende Übertretung bis zu S 100.000,-- reiche. Die übertretene Norm solle den Schutz der Gewässer vor schädlichen Einflüssen sicherstellen. Durch das Auspumpen von Künettenwasser, welches sämtliche Stoffe der Künette (hier Steine, Schlamm und Erdreich) enthalte, werde diesem Zweck zuwidergehandelt, auch wenn es sich hier im Wesentlichen um eine (massive) optische Beeinträchtigung handle. Die Entfernung von Schlammrückständen durch die A. Baugesellschaft m.b.H. könne nicht als Wiedergutmachung des Schadens und strafmildernd gewertet werden, da es sich dabei lediglich um die Befolgung eines entsprechenden Auftrages der Wasserrechtsbehörde gehandelt habe und bei Nichtbefolgung eine weitere Übertretung des WRG 1959 vorgelegen wäre. Sonstige Strafmilderungsgründe lägen nicht vor, allerdings auch keine Straferschwerungsgründe oder sonstige Tatfolgen. Zur subjektiven Tatseite sei auf einige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Beschuldigten (z.B. mehrere Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen) zu verweisen, die den Verdacht nahe legten, dass es dem Beschuldigten grundsätzlich an der entsprechenden Sorgfalt mangle. Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten seien anlässlich der Berufungsverhandlung nicht bekannt gegeben worden, es könne daher bei einem Geschäftsführer eines nicht unbedeutenden Bauunternehmens von zumindest durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung dieser Strafbemessungskriterien sei eine Strafe, die lediglich ein Viertel der möglichen Höchststrafe ausmache, jedenfalls angemessen im Sinne des § 19 VStG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt. Gegen die Bedeutung, die die belangte Behörde dem Wort "jedenfalls" im Einleitungssatz des § 32 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung vor der Novelle beilegt, spreche auch eine systematische Auslegung dieser Gesetzesstelle. Interpretiere man den Einleitungssatz des § 32 Abs. 2 WRG 1959 wörtlich, so ergebe sich aus dem Sinn des § 32 Abs. 1 leg. cit. die Ausnahme der Bagatelleinwirkungen von der Bewilligungspflicht. Weiters habe die belangte Behörde den unzulässigen Umkehrschluss gezogen, dass durch die Vorlage der Meldungen an das Arbeitsinspektorat eine Bestellung zum allgemeinen verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG automatisch ausscheide. Außerdem habe sie einen rechtfertigenden (übergesetzlichen) oder einen entschuldigenden Notstand nach § 6 VStG zu Unrecht ausgeschlossen. Der Sachverhalt sei ergänzungsbedürftig, insbesondere seien die vom Beschwerdeführer beantragten Sachverständigengutachten und Zeugeneinvernahmen für eine vollständige Sachverhaltsdarstellung wesentlich.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Daraufhin replizierte der Beschwerdeführer, dass die Bestellung des Prokuristen zum verantwortlichen Beauftragten ein zulässiges und geeignetes Beweisthema gewesen wäre; die beantragte Zeugeneinvernahme sei jedoch durch die belangte Behörde nicht durchgeführt worden. Durch die Aussage eines Zeugen, mit freiem Auge eine Trübung des Aigner Bahngrabens wahrgenommen zu haben, könne nicht verifiziert werden, welche Ursache die Trübung gehabt habe; dies hätte nur durch ein Sachverständigengutachten festgestellt werden können. Der Kanalstrang sei trotz ordnungsgemäßer Absicherung mittels Stahlträger gebrochen und stelle daher einen unvorhersehbaren Notfall dar. Diese ordnungsgemäße Sicherung hätte durch eine Zeugeneinvernahme bestätigt werden können, was aber von der belangten Behörde infolge eines Verfahrensmangels unterlassen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 VStG ist im gegenständlichen Fall das WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, vor der Wasserrechtsgesetznovelle 1997, BGBl. Nr. 74/1997, anzuwenden.
Gemäß § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 4 oder 5 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 100 000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs. 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt;
Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
Gemäß Abs. 2 lit. a dieses Paragraphen bedürfen der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 jedenfalls die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen.
Gemäß § 30 Abs. 2 leg. cit. wird unter Reinhaltung der Gewässer in diesem Bundesgesetze die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.
Gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. ist in öffentlichen Gewässern der gewöhnliche, ohne besondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benutzung durch andere nicht ausschließende Gebrauch des Wassers, wie insbesondere zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen, dann die Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, schließlich die Benutzung der Eisdecke überhaupt, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt noch jemandem ein Schaden zugefügt wird, ohne besondere Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich erlaubt.
Bei dem durch die Strafnorm des § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 erfassten Tatbestand der Gewässerverunreinigung nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei welchem zufolge des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG das Verschulden des Täters vermutet wird, sofern er nicht beweist, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Hiebei hat der Beschuldigte initiativ durch Beibringung von Beweismitteln bzw. Stellung von entsprechenden Beweisanträgen alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 1989, Zl. 88/07/0115, und vom 23. Mai 1995, Zl. 94/07/0091, mwN). Als Täter im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle kommt jede Person in Betracht, welche eine Einwirkung auf ein Gewässer ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt oder durch andere Personen vornehmen lässt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1995, Zlen. 94/07/0091 und 94/07/0092).
Tatbestandsvoraussetzung des § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 ist die Vornahme von Einwirkungen auf Gewässer ohne erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 Abs. 1 und 2 WRG 1959. Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 ist immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist. Von geringfügigen und damit bewilligungsfreien Einwirkungen kann nur dann gesprochen werden kann, wenn diese einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht im Wege stehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/07/0151). Unter einer zweckmäßigen Nutzung des Gewässers in diesem Sinne ist eine solche zu verstehen, welche dem Ziel und Begriff der Reinhaltung des § 30 WRG 1959 entspricht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1961, Slg. NF Nr. 5.575/A). Die hier zu beurteilende Einbringung von Schlamm und Sand stellt sich als eine Beeinträchtigung auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser dar, die durch Einbringung von Stoffen mit damit verbundener Beeinträchtigung der Wassergüte erfolgt ist. Da schon jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht eine Gewässerverunreinigung im Sinne des § 30 Abs. 2 WRG 1959 darstellt, ohne dass noch auf weitere Kriterien, etwa ob eine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier eintritt, Bedacht zu nehmen ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 3. Dezember 1985, Zl. 84/07/0364, vom 19. Juni 1990, Zl. 88/07/0093, und vom 19. März 1998, Zl. 97/07/0131), vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit in der Annahme der Strafbehörden, die Einbringung von Sand und Schlamm in einen Bach ohne wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG 1959 stelle eine nach § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 zu ahndende Vornahme einer Einwirkung auf Gewässer dar, nicht entgegenzutreten. Auch aus der Regierungsvorlage zur WRG-Novelle, BGBl. Nr. 74/1997, lässt sich für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewinnen, da darin ausgeführt wird, dass "durch die dem Text vor 1990 angenäherte Neuformulierung klargestellt wird, dass einerseits die Aufzählung der bewilligungspflichtigen Sachverhalte in § 32 Abs. 2 nicht abschließend sein kann, und dass andererseits auch die Frage der Geringfügigkeit als Bagatellgrenze zu prüfen ist. Auf die hiezu ergangene umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird hingewiesen."
Zu den vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängeln ist Folgendes zu bemerken: Abgesehen von den Fällen, in denen eine Verwaltungsvorschrift den Sachverständigenbeweis ausdrücklich vorschreibt, ist Befund und Gutachten eines Sachverständigen dann einzuholen, wenn zur Erforschung der materiellen Wahrheit besondere Fachkenntnisse notwendig sind. Reichen die allgemeine Lebenserfahrung oder die Fachkenntnisse der Behörde zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes aus, liegt kein Verfahrensmangel darin, dass kein Sachverständigenbeweis eingeholt wird (vgl. hg. Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 93/10/0209). Aus dem vom Beschwerdeführer angeführten Erkenntnis vom 11. September 1970, Zl. 538/70, lässt sich nichts gewinnen, weil sich dieses auf einen anderen Sachverhalt, nämlich die mögliche Beeinträchtigung des Grundwassers durch versickernde Jauche bezieht, der nur auf fachkundiger Basis geklärt werden konnte. Es ist jedoch offenkundig, dass in eine Kanalkünette aufgrund eines Gebrechens eindringendes Wasser sich mit Sand und Schlamm vermischt, und es in weiterer Folge zu einer Einbringung von Stoffen in ein Gewässer kommt. Des Weiteren wurde genau dieser Hergang durch einen Zeugen bestätigt.
Täter im Sinne der hier anzuwendenden Gesetzesstellen ist jeder, der entweder eine Einwirkung auf ein Gewässer ohne die hiezu erforderliche Bewilligung selbst vornimmt oder durch andere Personen vornehmen lässt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1985, Zl. 84/07/0378). Aufgrund der von der belangten Behörde in einem mängelfreien Verfahren getroffenen Feststellungen hat die belangte Behörde die inkriminierte Tat in rechtlich einwandfreier Weise dem Beschwerdeführer zugerechnet. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1987, 86/18/0073, mwN). Ein derartiger Zustimmungsnachweis wurde der belangten Behörde nur hinsichtlich der Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zur Kenntnis gebracht. Da mit der bloßen willentlichen Übertragung zwischen Geschäftsführer und dem von diesem beauftragten Angestellten keine Veränderung des Verantwortungsbereiches iSd § 9 Abs. 2 VStG nach außen hin eintritt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1988, Zl. 87/08/0230), ist von der Täterschaft des Beschwerdeführers bezüglich der Übertretung des WRG 1959 auszugehen.
Von der Notstandssituation, die der Beschwerdeführer darin erblickt, dass die Künette bzw. benachbarte Grundstücke zu Schaden hätten kommen können, wenn die ihm angelastete Tat von der A. Baugesellschaft m.b.H. nicht durchgeführt worden wäre, ist nicht auszugehen. Denn der Begriff des Notstands ist stets mit einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leben, Freiheit oder Vermögen verbunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1961, Zl. 1825/59, VwSlg. 5495 A/1961, mwN). Die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung allein oder bloß nachteilige Folgen dieser Art können einen Notstand nicht rechtfertigen (vgl. hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1952, Zl. 1952/51, VwSlg. 2783 A/1952 zweiter Teil und vom 28. September 1965, Zl. 0886/65, mwN). Aus diesen Erwägungen war - ausgehend von den Behauptungen des Beschwerdeführers - auch die Einvernahme der beantragten Zeugen zur Frage des Vorliegens einer Notstandssituation nicht erforderlich.
Im Beschwerdefall hätte der Beschwerdeführer vielmehr vor Beginn der Arbeiten infolge der vorherzusehenden Gefahr für den in der Folge auch tatsächlich beschädigten und örtlich nahe liegenden Kanal entsprechende Vorsorge treffen müssen (vgl. hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/05/0137).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. Mai 2000
Schlagworte
Sachverständiger Entfall der BeiziehungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastVerantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999070003.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
03.03.2010